Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281241/16/Py/Hu

Linz, 28.10.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. Mai 2010, GZ: Ge96-22-2009/DJ/RJ, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23. September 2010 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die angewendete Fassung der Arbeitsstättenordnung zu lauten hat: "BGBl. II Nr. 368/1998 idF BGBl. II Nr. 13/2007".

 

II.     Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 90 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  § 64 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 17. Mai 2010, Ge96-22-2009/DJ/RJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.1 Z15 ArbeitnehmerInnen­schutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF iVm § 35 Abs.1 der Arbeitsstättenverordnung (AStV), BGBl. II Nr. 352/2002 idF BGBl. I Nr. 87/2001, eine Geldstrafe in Höhe von 450 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 54 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 45 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin x, Geschäftsanschrift x, folgende Übertretung der Arbeitsstättenverordnung zu verantworten:

Am 29.12.2008 führte ein Organ des Arbeitsinspektorates Wr. Neustadt in der Filiale x, eine Kontrolle durch.

Bei der Besichtigung wurde festgestellt, dass gesetzliche Bestimmungen nicht erfüllt waren:

Zum Zeitpunkt der Kontrolle war Frau x in der Filiale beschäftigt. Für sie stand kein eigener Kleiderschrank zur Verfügung. Zum Zeitpunkt der Besichtigung wurden in zwei der vier in der oben genannten Filiale vorhandenen Kleiderkästen pyrotechnische Artikeln gelagert, einer davon war jener der Frau x. In der Filiale werden drei Arbeitnehmerinnen beschäftigt, es standen aber nur zwei benutzbare Kleiderkästen zur Verfügung.

Dies stellt eine Übertretung des § 35 Abs.1 Arbeitsstättenverordnung – AStV dar, wonach für jede/n Bedienstete/n ein Kleiderschrank zur Verfügung zu stellen ist, der

a)    ausreichend groß, luftig und versperrbar ist,

b)    geeignet ist, Kleidung und sonstige persönliche Gegenstände gegen Wegnahme zu sichern und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche zu schützen ist."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtsgrundlagen aus, dass der Anzeige des Arbeitsinspektorates Wr. Neustadt zu entnehmen ist, dass die Arbeitgeberin x mit Sitz in x den Verpflichtungen betreffend die Einrichtung von Arbeitsstätten nicht nachgekommen ist, indem in der Filiale x für eine Arbeitnehmerin (Frau x) kein Kleiderkasten zur Verfügung gestellt wurde. Zwar seien vier Kleiderkästen für drei beschäftigte Arbeitnehmerinnen in der Arbeitsstätte vorhanden, davon standen allerdings nur zwei benutzbare Kleiderkästen zur Verfügung, da die übrigen zwei Kleiderkästen zur Lagerung von pyrotechnischen Artikeln verwendet wurden.

 

Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit wird vorgebracht, dass die Bestellung des Herrn x zum verantwortlich Beauftragten für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften dem Arbeitsinspektorat Wr.  Neustadt mit Schreiben vom 1. Juni 2006 gemeldet wurde. Die Bestellurkunde vom 9. Mai 2005 sieht vor, dass hinsichtlich des sachlich abgegrenzten Bereichs, für welchen Herrn x die Verantwortung übertragen wurde, jene Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen, ausgenommen sind. Somit liege für die o.a. Verwaltungsübertretung keine rechtswirksame Bestellung des Herrn x als verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher vor und habe der Bw als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der x die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu verantworten. Der Bw hätte dafür Sorge tragen müssen, dass ein Kleiderkasten für die Arbeitnehmerin Frau x zur Verfügung steht und dieser auch als solcher genutzt werden kann, weshalb die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen sei.

 

Zur Strafbemessung wird angeführt, dass strafmildernde Gründe nicht gefunden werden konnten, als straferschwerend seien mehrere Verwaltungsvorstrafen zu werten.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 7. Juni 2010.

 

In dieser wird vorgebracht, dass gemäß § 35 Abs.2 AStV nicht für jede/n Arbeitnehmer/in ein eigener Kleiderkasten zur Verfügung gestellt werden muss, es könne vielmehr auch so erfolgen, dass Mitarbeiter wechselnd Kleiderkästen zur Verfügung gestellt bekommen, sofern sie nur zu Zeiten ihrer Anwesenheit (Arbeitszeit samt Vor- und Nachzeiten) über einen Kleiderkasten verfügen. Da zum Zeitpunkt der Kontrolle nur eine Mitarbeiterin der x in der gegenständlichen Filiale anwesend war, nämlich Frau x, und zu diesem Zeitpunkt zwei benutzbare Kleiderkästen zur Verfügung standen, liege die behauptete Verwaltungsübertretung nicht vor.

 

Des weiteren führt der Bw aus, dass er bereits in seiner Stellungnahme vom 31. März 2009 vorgebracht habe, dass seit der Eröffnung der gegenständlichen Filiale Kleiderkästen in einer dem Gesetz entsprechenden Anzahl vorhanden sind. Wenn Mitarbeiter der x Kleiderkästen für die Lagerung pyrotechnischer Artikel verwenden, war dies dem Bw weder bekannt noch wurde dies von ihm in welcher Art auch immer unterstützt. Alle Mitarbeiter im Unternehmen der x sind darüber informiert, dass im Fall der Lagerung/des Vertriebs pyrotechnischer Artikel Lagerschränke anzufordern sind, welche kurzfristig und rechtzeitig vor der Anlieferung den Filialen zur Verfügung gestellt werden, es liege daher kein vorwerfbares Verschulden vor. Zudem greife im gegenständlichen Sachverhalt die Ausnahmebestimmung des § 35 Abs.2 AStV, da alle Arbeitnehmer der x in den Filialen im Verkauf beschäftigt sind, hiebei keine besondere Arbeits- oder Schutzkleidung, sondern ihre Privatkleidung tragen und das in der Filiale vorhandene Büro samt Fächern, zu welchen Kunden und andere fremde Personen keinen Zutritt haben, eine weitere versperrbare Aufbewahrungsmöglichkeit im Sinn der Z2 und 3 der vorgenannten Norm darstelle.

 

Des weiteren wird vorgebracht, dass der Spruch des gegenständlichen Verwaltungsstraferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a VStG entspreche, da dem Spruch des bekämpften Bescheides nicht zu entnehmen sei, wodurch die Anwendbarkeit des ASchG und des AStV gründet, insbesondere keine der im § 2 Abs.1 ASchG genannten Voraussetzungen festgestellt wurden und der Bescheid hinsichtlich der konkreten Uhrzeit der Kontrolle nicht ausreichend konkretisiert ist. Auch sei dem Spruch des bekämpften Bescheides nicht zu entnehmen, dass das kontrollierte Unternehmen in x, der x zuzurechnen ist und Frau x von dieser Gesellschaft beschäftigt wurde.

 

Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit wird vorgebracht, dass der Bw für die Einhaltung der als behauptet bezeichneten Verwaltungsübertretung eine verantwortliche Beauftragte, nämlich Frau x, bestellt habe. Die Bestellung von Frau x zur verantwortlich Beauftragten wurde auch ausdrücklich nicht widerrufen. Im Unternehmen der x ist es so, dass eine Mehrzahl verantwortlicher Beauftragte bestellt wurde. Es sind dies einerseits zwei leitende Mitarbeiter des Einkaufs, welche für bestimmte Normen, insbesondere diverse Kennzeichnungsvorschriften der jeweiligen Produkte, die Verantwortung tragen. Daneben wurden die vier Verkaufsleiter, welche – gegliedert nach Bundesländern – die Verantwortlichkeit für das ganze Bundesgebiet der Republik Österreich tragen, zu verantwortlichen Beauftragten bestellt. Diese Verantwortlichkeit bezieht sich nach Punkt B.1. der Bestellurkunden zB. auf die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x und deren Schutz betreffenden Vorschriften und Normen, wobei die Verantwortlichkeit für die Einhaltung jener Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen, dezidiert ausgenommen sind. Diese Ausnahme hat den Grund darin, dass die Verkaufsleiter auf derartige Maßnahmen keinen unternehmensinternen Einfluss haben, weswegen diese Verantwortlichkeit gesondert Frau x übertragen wurde. Der Widerruf von früheren Bestellungen, welche in den Schreiben an die jeweiligen Arbeitsinspektorate mitgeteilt wurde, bezieht sich denklogisch und deutlich erkennbar nur auf den Verantwortungsbereich, der Gegenstand der neuen Bestellurkunde, welche an die Arbeitsinspektorate übermittelt wurde, ist. Ausdrücklich nicht widerrufene Verantwortlichkeiten bleiben bestehen, anderenfalls das ganze System verantwortlicher Beauftragter ad absurdum geführt werden könnte. Die entsprechende Bestellurkunde langte auch nachweislich beim zuständigen Arbeitsinspektorat ein, weswegen die verwaltungsrechtliche Verantwortung rechtswirksam auf Frau x übertragen wurde. Dies ergebe sich (zwingend) auch aus den Entscheidungen in diversen, in der Berufung angeführten Verwaltungsstrafverfahren und werde die Beischaffung und Verlesung dieser Akten sowie die Einvernahme von Frau x zum Beweis, dass diese rechtswirksam zur verantwortlich Beauftragten bestellt wurde, beantragt. Zudem werde die Einvernahme der für den gegenständlichen Verkaufsbezirk zuständigen Bezirksleiterin, Frau x, beantragt, sowie die Einvernahme des gewerberechtlichen Geschäftsführers der x, Herrn x, zum Beweis für die rechtswirksame Bestellung von Frau x und zum Beweis, dass die Arbeitnehmer der x angewiesen sind, für die Lagerung pyrotechnischer Artikel eigene Lagerkästen zu bestellen und der Bw von der Unternehmenspraxis weder wusste noch diese unterstützte.

 

3. Mit Schreiben vom 11. Juni 2010 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 23. September 2010. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des zuständigen Arbeitsinspektorates als Parteien teil. Als Zeugen wurden die zuständige Bezirksleiterin, Frau x, sowie der gewerberechtliche Geschäftsführer des Unternehmens, Herr x, und Herr x vom Arbeitsinspektorat Wr. Neustadt einvernommen. In das Verfahren einbezogen wurden zudem die Zeugenaussagen in den ebenfalls am 23. September 2010 durchgeführten Berufungsverhandlungen in den Verfahren VwSen-281192 und VwSen-281220 des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich sowie die schriftliche Stellungnahme des Bw vom 9. September 2010 im Verfahren zu VwSen-281216.

 

Den vom Bw gestellten Anträgen auf Zeugeneinvernahme hinsichtlich der Rechtswirksamkeit der Bestellung von Frau x zur verantwortlichen Beauftragten war nicht Folge zu leisten, da das Einlangen am 3. Juni 2005 beim Arbeitsinspektorat für den 7. Aufsichtsbezirk der mit Schreiben vom 1. Juni 2005 übermittelten Bestellurkunde von Herrn x nicht bestritten wurde und die weitere verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung der Bestellung eine Rechtsfrage darstellt, die einem Beweis nicht zugänglich ist. Des weiteren konnte die Beischaffung und Verlesung der in der Berufung angeführten Verwaltungsstrafakten unterbleiben, da der Unabhängige Verwaltungssenat gehalten ist, die Beurteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bw anhand der Sach- und Rechtslage fallbezogen durchzuführen. Ergänzend dazu ist auszuführen, dass sich die den jeweiligen Verfahren zugrunde liegenden Bestellurkunden sowohl hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausgestaltung, als auch hinsichtlich ihres Wirkungsbereiches (zB. Ausländerbeschäftigung, arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften) unterscheiden und daher die Überprüfung des Vorliegens einer rechtsgültigen Bestellung im jeweiligen Einzelfall gegebenenfalls auch zu einem unterschiedlichen Ergebnis führt. Zudem war in den Verfahren auch die Frage des Zeitpunkts des Einlangens der jeweiligen Bestellurkunde beim zuständigen Arbeitsinspektorat bzw. bei der zuständigen Abgabenbehörde zu beurteilen, weshalb eine Beischaffung dieser Verwaltungsstrafakten zur Beurteilung des gegenständlichen Falles nicht erforderlich ist.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x.

 

Am 1. Jänner 2003 erteilte der Bw der Prokuristin und Vertriebsleiterin der x, Frau x, geb. x, x, die schriftliche Vollmacht, in seinem Namen Verkaufsleiter der x zur verantwortlich Beauftragten im Sinn des § 9 VStG zu bestellen und die Bestellurkunden zur Delegierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an die Verkaufsleiter der x zu unterzeichnen. Des weiteren räumte der Bw in dieser Spezialvollmacht Frau x ausdrücklich die Vollmacht ein, sich selbst in seinem Namen zur verantwortlichen Beauftragten zu bestellen und die Bestellurkunden zu unterfertigen, mit welchen Frau x die Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 VStG hinsichtlich jener neu eröffneten Filialen der x übertragen wird, welche in jenen Verkaufsbezirken eröffnet werden, für welche Frau x durch den Bw die Verantwortlichkeit gemäß § 9 VStG übertragen erhalten hat.

 

Am 3. Juni 2005 langte beim Arbeitsinspektorat für den 7. Aufsichtsbezirk die mit 9. Mai 2005 datierte und von Frau x für die x unterfertigte Bestellurkunde betreffend Herrn x, geb. x, Angestellter, x, ein. Das diesbezügliche, vom Rechtsvertreter des Bw unterfertigte Anschreiben an das Arbeitsinspektorat vom 1. Juni 2005 enthält folgenden Text:

 

Bestellung verantwortlicher Beauftragter:

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Beigeschlossen übermittle ich Ihnen die Bestellurkunde von Herrn x, mit welcher dieser von der x für den in der Bestellungsurkunde wiedergegebenen sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich per 09.05.2005 zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde.

 

Allfällige frühere Bestellungen werden hiermit ausdrücklich widerrufen.

 

Ich verbleibe mit der Bitte um Kenntnisnahme bzw. Erledigung,

 

                                                        mit freundlichen Grüßen

 

Beilage wie erwähnt

                                                                  x

 

 

Die als Beilage übermittelte Bestellurkunde lautet in den für diese Verfahren maßgeblichen Punkten wie folgt:

 

 

II. Bestellung

 

Der Geschäftsführer der x, Herr x, bestellt Herrn x zum verantwortlich Beauftragten für den im nachstehenden Punkt III. bezeichneten sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich der x (§ 9 VStG).

 

Herr x nimmt diese Bestellung an und übernimmt die hiemit verbundene Verantwortung.

 

Den Parteien dieser Vereinbarung ist bekannt, dass die Bestellung von Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich der den Arbeitnehmerschutz betreffenden Bestimmungen sowie der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erst dann rechtswirksam wird, wenn diese Bestellungsurkunde bei den zuständigen Arbeitsinspektoraten (§ 23 ArbIG) bzw. den zuständigen Zollbehörden (§ 28a AuslBG) eingelangt ist.

 

Die Vertragsparteien erklären ausdrücklich, dass Herrn x als leitendem Angestellten maßgebliche Führungsaufgaben zur selbstverantwortlichen Erledigung übertragen wurden, dh. ihm jene maßgebliche Verantwortung und Anordnungsbefugnis eingeräumt wurden, welche es ihm ermöglichen, für die Einhaltung der ihm übertragenen Rechtsvorschriften Sorge zu tragen.

 

Diese Befugnis befreit Herrn x nicht davon, unverzüglich die zur Vertretung berufenen Organe der x von allfälligen Beanstandungen und Verfahren schriftlich zu informieren. 

 

III. Verantwortungsbereich

 

Die Bestellung von Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten gemäß Punkt II. dieser Bestellungsurkunde bezieht sich ausdrücklich auf die im § 9 VStG bezogenen besonderen Fälle der Verantwortlichkeit für den nachstehend abgegrenzten Bereich:

 

A) Der räumlich abgegrenzte Bereich, für welchen Herr x die Verantwortlichkeit trägt, ist mit dem Gebiet der Bundesländer Wien und Niederösterreich, dh. mit allen in diesen Bundesländern gelegenen Niederlassungen / Filialen / Verkaufsstellen / Arbeitsstätten der x, festgelegt.

 

B) Der sachlich abgegrenzte Bereich, für welchen Herr x die Verantwortlichkeit trägt, betrifft

 

1) die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x und deren Schutz betreffenden Vorschriften und der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Ausgenommen hievon ist die Verantwortlichkeit für die Einhaltung jener Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und / oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen;

 

2) die Einhaltung jener Bestimmungen, welche das Inverkehrbringen (vgl. die Definition des § 1 Abs. 2 LMG 1975) aller von der x vertriebenen Waren nach Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist bzw. der Verbrauchsfrist ua (vgl. z. B. § 4 Kosmetikkennzeichnungsverordnung, §§ 4 ff Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ua.) regeln (verbieten);

 

3) die Einhaltung jener Normen des allgemeinen und speziellen Zivil- und Verwaltungsrechtes, die den Schutz Dritter, die Verkehrssicherung, den Schutz von Angehörigen der x oder den Schutz der Konsumenten oder von Mitbewerbern zum Zwecke haben;

 

4) die Einhaltung aller notwendigen Vorkehrungen, um auszuschließen, dass durch die Übertretung der bei Ausübung seiner Tätigkeit zu beachtenden Bestimmungen ein strafrechtlich pönalisierter Erfolg eintritt.

 

Insbesondere, ohne dass die nachfolgende Aufzählung eine erschöpfende darstellt, handelt es sich bei dem oben festgeschriebenen Verantwortungsbereich um die Einhaltung der Normen des Arbeits- und Sozialrechtes, insbesondere des Arbeitsinspektions- und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und -  mit Ausnahme des sachlichen Bereiches des Einkaufes – des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb samt den aufgrund dieser Gesetze ergangenen Verordnungen, des Lebensmittelrechtes samt korrespondierender Verordnungen sowie des Gemeinschaftsrechtes.

 

C) Ausgenommen von der Verantwortlichkeit von Herrn x sind:

 

Die Einhaltung aller Vorschriften hinsichtlich der räumlich abgegrenzten Bereiche des x der x (Zentrallager) in x.

 

Anlässlich einer Kontrolle wurde am 29. Dezember 2008 in der Filiale der x, durch ein Kontrollorgan des Arbeitsinspektorates Wr. Neustadt festgestellt, dass in der Filiale den drei bei der x beschäftigten ArbeitnehmerInnen nur zwei Kleiderkästen zur Verfügung standen, da in zwei der vier in der Filiale vorhandenen absperrbaren Spinden pyrotechnische Artikel gelagert wurden.

 

Die in den Filialen im Verkauf Beschäftigten der x werden vom Unternehmen verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit einen weißen Arbeitsmantel zu tragen.

 

Im vom Bw vertretenen Unternehmen ist kein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet, mit dem sichergestellt ist, dass die gegenständliche Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften hintan gehalten wird.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem Wortlaut der im Akt einliegenden und in das Verfahren einbezogenen Urkunden und Unterlagen sowie den Aussagen der in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen.

 

Unbestritten blieb, dass in der gegenständlichen Filiale zum Kontrollzeitpunkt drei Mitarbeiterinnen beschäftigt waren. Der Umstand, dass höchstens zwei Mitarbeiterinnen gleichzeitig in der Filiale tätig sind, vermag an der rechtlichen Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes nichts zu ändern. Als Ergebnis des Beweisverfahrens steht zudem unzweifelhaft fest, dass die Filiale insgesamt mit zwei versperrbaren Doppelspinden ausgestattet war, von denen einer zum Kontrollzeitpunkt mit pyrotechnischen Gegenständen befüllt war. Dies geht sowohl aus den Aussagen der Zeugin x, als auch aus den Schilderungen des Zeugen x hervor und wird zudem durch die bei der Kontrolle angefertigten und im Akt einliegenden Bilder unter Beweis gestellt, aus denen ersichtlich ist, dass (auch) in dem mit dem Namen "x" beschrifteten Spind pyrotechnische Artikel gelagert sind. Die diesbezüglichen Sachverhaltsfeststellungen blieben zudem unbestritten.

 

Die Sachverhaltsfeststellungen, wonach die im Verkauf tätigen Beschäftigten des Unternehmens einen weißen Arbeitsmantel tragen müssen, ist den Aussagen der Zeugin x zu entnehmen (vgl. Tonbandprotokoll Seite 1: "Wir tragen alle weißen Mäntel. Diese müssen wir selbst besorgen. Wir sind aber alle angewiesen, diese zu tragen."). Diese Angabe wurde zudem in den am Verhandlungstag durchgeführten mündlichen Verhandlungen in den Berufungsverfahren zu VwSen-281192 und VwSen-281220 von allen in den Filialen im Verkauf tätigen Arbeitnehmerinnen der x bestätigt.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

Gemäß § 35 Abs.1 Arbeitsstättenverordnung (AStV), BGBl.II Nr. 1998/368 idgF ist für jede/n Arbeitnehmer/in ein Kleiderkasten zur Verfügung zu stellen, der

  1. ausreichend groß, luftig und versperrbar ist,
  2. geeignet ist, Kleidung und sonstige persönliche Gegenstände gegen Wegnahme zu sichern und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche zu schützen.

 

Gemäß § 35 Abs.2 AStV muss abweichend von Abs.1 nicht für jede/n Arbeitnehmer/in ein eigener Kleiderkasten zur Verfügung gestellt werden, wenn

1. die Arbeitnehmer/innen

         a)ausschließlich mit büroähnlichen Tätigkeiten beschäftigt werden oder

         b) im Verkauf beschäftigt werden und keine besondere Arbeits- oder Schutzkleidung tragen, und

2. für die Kleidung eine andere versperrbare Aufbewahrungsmöglichkeit zur Verfügung steht, in der sie gegen Wegnahme gesichert und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche geschützt ist, und

3. für jede/n Arbeitnehmer/in eine versperrbare Einrichtung zur Aufbewahrung der sonstigen persönlichen Gegenstände zur Verfügung steht.

 

5.2. Dem Bw wird im gegenständlichen Verfahren vorgeworfen, dass in der Filiale des von ihm vertretenen Unternehmens in x nur zwei benutzbare Kleiderkästen zur Verfügung standen, obwohl in der Filiale drei Arbeitnehmerinnen beschäftigt sind. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist dieser Tatvorwurf erwiesen, da am 29.12.2008 zwei der in der Filiale vorhandenen vier absperrbaren Aufbewahrungsmöglichkeiten zur Lagerung von pyrotechnischen Gegenständen benützt wurden. Nach Angabe der Bezirksleiterin wurde der Spind einer Mitarbeiterin für die Lagerung der Feuerwerkskörper ausgeräumt und teilten sich die drei in der Filiale beschäftigten Mitarbeiterinnen die übrigen Spinde. Da sich im Verfahren zudem herausstellte, dass die im Verkauf beschäftigten Arbeitnehmerinnen der x verpflichtet sind, einen weißen Arbeitsmantel als Arbeitskleidung zu tragen (entsprechende Zeugenaussagen erfolgten durch alle am Verhandlungstag einvernommenen Mitarbeiterinnen der x, so auch durch die Zeugin x im gegenständlichen Verfahren), scheidet die im § 35 Abs.2 AStV vorgesehene Ausnahme zur verpflichtenden Bereitstellung von Kleiderkästen schon mangels Vorliegen der Voraussetzung nach § 35 Abs.2 Z1 lit.b leg.cit. aus. Es kann daher dahingestellt bleiben, inwiefern ein von allen Beschäftigten genutzter Büroraum mit einer verschließbaren Lade den weiteren Anforderungen des Ausnahmetatbestandes des § 35 Abs.2 AStV gerecht wird. Indem am Kontrolltag 29.12.2008 für eine der drei in der gegenständlichen Filiale beschäftigten Arbeitnehmerinnen kein eigener (arg.: Einleitungssatz zu § 35 Abs.2 AStV "abweichend von Abs.1 muss nicht jede/n Arbeitnehmer/in ein eigener Kleiderkasten zur Verfügung gestellt werden,") Kleiderkasten zur Verfügung stand, ist der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten. Das Vorbringen, dass nicht alle drei Arbeitnehmerinnen gleichzeitig in der Filiale anwesend sind, ändert daher ebenso wenig an der Verwirklichung des objektiven Tatbildes, wie der Umstand, dass in der Filiale zwar absperrbare Schränke in ausreichender Anzahl zur Verfügung standen, da diese am Kontrolltag unzweifelhaft nicht von allen drei in der Arbeitsstätte Beschäftigten als eigener Kleiderkasten genutzt werden konnten.

 

Entgegen den Berufungsausführungen entspricht auch der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses dem in § 44a VStG aufgestellten Konkretisierungsgebot. Dem § 44a Z1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen des selben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen werden. Im Spruch der belangten Behörde wird dem Bw als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der Arbeitgeberin x zur Last gelegt, dass bei der Besichtigung am 29.12.2008 in der gegenständlichen Betriebsstätte nur zwei benutzbare Kleiderkästen zur Verfügung standen, obwohl in der Filiale drei Arbeitnehmerinnen beschäftigt wurden. In diesem Spruch ist mitenthalten, dass der Arbeitgeber keine entsprechenden Maßnahmen gesetzt hat, damit dem Gebot im Sinn des Einleitungssatzes des § 35 AStV entsprochen wird (vgl. VwGH vom 27.1.2006, Zl. 2005/02/0158). Die Angabe einer genauen Uhrzeit der festgestellten Übertretung ist zur Konkretisierung des Tatvorwurfes nicht erforderlich und ist dieser ausreichend und versetzt den Bw in die Lage, allfällige Beweise zu dessen Widerlegung anzubieten. Gleichzeitig ist gewährleistet, dass sich der Bw wegen des selben Verhaltens nicht nochmals zu verantworten hat (vgl. VwGH vom 12.12.1996, Zl. 95/02/0218).

 

Der Oö. Verwaltungssenat war jedoch iSd § 44a VStG gehalten, den Spruch hinsichtlich der Kundmachung der angewandten Gesetzesbestimmung richtigzustellen, da von der belangten Behörde offenbar irrtümlich die Kundmachungsdaten der Bundes – Arbeitsstättenverordnung (B-AStV), BGBl. II Nr. 352/2002 idgF zitiert wurden.  

 

5.3. Zur bestrittenen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bw ist zunächst auszuführen, dass gemäß § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetzt 1993 (ArbIG) die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst wirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Es reicht daher gemäß § 23 Abs.1 ArbIG die Bestellung des/der verantwortlichen Beauftragten nicht aus, sondern ist für die Wirksamkeit der Bestellung eine Mitteilung an das zuständige Arbeitsinspektorat in schriftlicher Form erforderlich, wobei diese schriftliche Mitteilung "eingelangt" sein muss. Dies bedeutet nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass es nicht auf die Absendung der schriftlichen Mitteilung ankommt, sondern definiert vielmehr diese Bestimmung eine Bringschuld. Maßgeblich für das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Bestellung ist daher das Einlangen beim zuständigen Arbeitsinspektorat. Dies hätte der Bw vielmehr nachzuweisen und obliegt ihm die diesbezügliche Beweislast. Dies bedeutet, dass die Versendung und der Postlauf dem Risiko des Einschreiters zuzurechnen ist. 

 

Wenn sich der Bw bezüglich des verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung auf die mit der Berufung vorgelegte, mit 1.1.2003 unterfertigte Bestellurkunde betreffend Frau x, beruft, so ist ihm zunächst entgegen zu halten, dass ein Einlangen der im Verfahren vorgelegten Bestellurkunde vom 1.1.2003 betreffend Frau x beim zuständigen Arbeitsinspektorat  Wiener Neustadt im Verfahren nicht nachgewiesen wurde. Aus dem Berufungsvorbringen, dass die Bestellurkunde betreffend Frau x "Anfang 2003" bei allen Arbeitsinspektoraten einlangte, ist im Hinblick auf das Vorgesagte für das Vorbringen des Bw nichts zu gewinnen.

 

Nachweislich ging jedoch beim zuständigen Arbeitsinspektorat am 3. Juni 2005 eine am 9. Mai 2005 unterfertigte Bestellurkunde betreffend Herrn x ein. Darin wird die Bestellung des Herrn x zum verantwortlich Beauftragten für den in Punkt III. bezeichneten sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich festgelegt. In Punkt III. B) 1.) wird vom Verantwortungsbereich des verantwortlich Beauftragten die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen ausdrücklich ausgenommen, da Herrn x offenbar diesbezüglich keine Anordnungsbefugnis innerhalb der Unternehmensstruktur zukam (vgl. die Ausführungen des Bw in der Stellungnahme vom 9. September 2010 im Verfahren VwSen-281216). Indem sich die gegenständliche Verwaltungsübertretung auf die am Tattag festgestellt (fehlende) Ausstattung der Filiale x mit Kleiderkästen bezog, ist die Übertretung vom Verantwortungsbereich der Bestellurkunde betreffend Herrn x daher nicht umfasst.

 

Entgegen den Ausführungen des Bw ist  – unabhängig vom fehlenden Nachweis des Einlangens beim zuständigen Arbeitsinspektorat – auch aus der vorgelegten Bestellurkunde betreffend Frau x aus dem Jahr 2003 nichts für das Vorbringen des Bw, er sei für die vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht  strafrechtlich verantwortlich, zu gewinnen. Dies aus dem Umstand, dass zu einem späteren Zeitpunkt und zudem nachweislich (am 3. Juni 2005) eine anderslautende Bestellungsurkunde beim zuständigen Arbeitsinspektorat einging und im diesbezüglichen Übersendungsschreiben vom 1. Juni 2005 ausdrücklich ist, dass allfällige frühere Bestellungen ausdrücklich widerrufen werden.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein nach § 9 Abs.2 VStG eröffneter gewillkürter Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in eindeutiger Weise zu erfolgen, ohne dass die Behörde in die Lage versetzt wird, noch weitere Ermittlungen und Erhebungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht anzustellen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen (vgl. VwGH vom 29.4.1997, 96/05/0282, vom 7.4.1995, 94/02/0470). Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt (vgl. VwGH vom 29.11.2005, Zl. 2002/06/0147, mwN). Wenn der Bw vermeint, es liege eine denkunmögliche Interpretation vor, wenn die Bestellung des Herrn x dazu führen würde, dass die Bestellung der Frau x – für die von seinem Verantwortungsbereich ausgenommenen – Belange nicht besteht, so ist ihm entgegen zu  halten, dass schon aus dem Wortlaut des dem Arbeitsinspektorat übermittelten Anschreibens eindeutig hervorgeht, dass frühere Bestellungen ausdrücklich widerrufen werden. Eine Interpretation dahingehend, dass es sich dabei nur um jene Belange handelt, auf die sich die Bestellurkunde des Herrn x bezieht, würde dem objektiven Erklärungswert dieser Urkunde widersprechen und zudem die Behörde in die Lage versetzen, Interpretationen hinsichtlich des allenfalls Gewollten anzustellen. Dieser Rechtsauslegung wurde zudem vom Verwaltungsgerichtshofes in seinem Beschluss vom 24. September 2010, Zl. 2010/02/0077, betreffend die Beschwerde des Bw gegen das Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 2. Februar 2010, VwSen-281152/33/Py/Hu, bestätigt.

 

Da somit hinsichtlich des dem Bw zur Last gelegten Tatvorwurfs eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung an einen/eine verantwortlich Beauftragte iSd § 9 Abs.2 VStG nicht vorliegt, hat gemäß § 9 Abs.1 VStG der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

5.4. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Zum Berufungsvorbringen, wonach es im vom Bw vertretenen Unternehmen entsprechende Anweisungen an die Beschäftigten gab, für die Lagerung pyrotechnischer Artikel absperrbare Behältnisse anzufordern, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, dass für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entscheidend ist (vgl. z.B. VwGH vom 19. Oktober 2001, Zl. 2000/02/0228). Die Erteilung von Weisungen entschuldigt den Arbeitgeber (bzw. den zur Vertretung nach außen Berufenen) nur dann, wenn er darlegt und glaubhaft gemacht hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat. Das entsprechende Kontrollsystem hat selbst für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern Platz zu greifen (vgl. z.B. VwGH vom 15. September 2004, Zl. 2003/09/0124, mwN).

 

Der Bw hat jedoch nicht erkennbar dargelegt, wie sein behauptetes Kontrollsystem hätte funktionieren sollen. Insbesondere wurde nicht aufgezeigt, welche konkreten Anweisungen es an die Filialleiter/innen gab, damit auch in der Zeit der Lagerung pyrotechnischer Artikel (vor dem Jahreswechsel) den in den Filialen Beschäftigten jedenfalls eigene Kleiderkästen zur Verfügung stehen, und wie die Einhaltung dieser Anweisungen kontrolliert wurde. Vielmehr war bei der Anlieferung der pyrotechnischen Artikel offenbar nicht gewährleistet, dass in den Filialen auch entsprechende Lagermöglichkeiten zur Verfügung stehen, sondern wurde deren Anforderungen den einzelnen Filialleiter/innen überlassen (vgl. Zeugenaussage x, Tonbandprotokoll Seite 2: "Im gegenständlichen Fall gehe ich davon aus, dass dann einer der Spinde ausgeräumt wurde für die Feuerwerkskörper und sich die beiden übrigen Spinde die Mitarbeiter geteilt haben"). Aus der Aussage der Zeugin x ist erkennbar, dass es im vom Bw vertretenen Unternehmen grundsätzliche Anweisungen gegeben hat, dass für die Mitarbeiter Spinde zur Verfügung stehen müssen, die Befolgung dieser Anweisung jedoch nicht überprüft wurde (vgl. Zeugin x, TBP Seite 2: "Wenn ich gefragt werde, ob es überprüft wurde, ob Spinde in ausreichender Anzahl zur Verfügung stehen, so gebe ich dazu an, nein, daran kann ich mich eigentlich nicht erinnern".) Das Vorliegen eines ausreichenden Kontrollsystems konnte der Bw daher nicht unter Beweis stellen. Vielmehr blieb er schuldig darzulegen, durch welche ineinander greifende Maßnahmen die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen lückenlos hätte sichergestellt werden sollen. Dem Bw ist die gegenständliche Verwaltungsübertretung daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung als erschwerend gewertet, dass die Unbescholtenheit des Bw nicht vorliegt, strafmildernde Gründe wurden nicht gewertet. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates erscheint die von der belangten Behörde verhängte Strafe auch im Hinblick auf die als mildernd zu wertende lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahrens sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen angemessen und gerechtfertigt. Zu berücksichtigen ist zudem, dass es bereits ein Jahr vor dem gegenständlichen Vorfall zu einer gleichgelagerten Beanstandung des Arbeitsinspektorates während der Lagerungszeit für pyrotechnische Artikel in einer Filiale des Unternehmens kam und der Bw daher angehalten gewesen wäre, diesem Aspekt besonderes Augenmerk zu schenken. Ein Überwiegen von Milderungsgründen konnte nicht festgestellt werden, weshalb eine Anwendung des § 20 VStG ebenso wie ein Vorgehen nach § 21 VStG ausscheidet, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

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