Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231067/7/BMa/Th

Linz, 29.10.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 17. Oktober 2009, S-43.783/08-2, wegen einer Übertretung des Sicherheitspolizeigesetzes, nach der am 18. Oktober 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

  II.      Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 16 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009, iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009

zu II.: § 66 Abs.1 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Bescheid der belangten Behörde wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Sie haben am 10.10.2008, von 20.45 – 20.50 Uhr in Linz, Donauparkstadion Straßerau, durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört, indem Sie auf dem dortigen Fußballfeld versucht haben, einen Schiedsrichterassistenten tätlich anzugreifen und in weiterer Folge mit den Händen und Füßen heftig herumgeschlagen haben.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 81 Abs.1 SPG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

 

Geldstrafe von                falls diese uneinbringlich ist,     gemäß

                                      Ersatzfreiheitsstrafe von         

80,00 Euro                   48 Stunden                                     § 81 Abs.1 SPG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

8,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

         88,00 Euro."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der vorgeworfene Tatbestand sei aufgrund der Anzeige erwiesen. Bei der Strafbemessung wurde von einem geschätzten monatlichen Einkommen von mindestens 980 Euro, keinem relevanten Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

 

1.3. Gegen dieses dem Berufungswerber am 21.10.2009 persönlich zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 23.10.2009, die bei der Bundespolizeidirektion Linz am 29.10.2009 eingelangt ist.

 

1.4. Begründend führt der Berufungswerber im Wesentlichen aus, er bekämpfe das Straferkenntnis vom 17.10.2009 vollinhaltlich und halte seine bislang unwiderlegte Verantwortung aufrecht. Es gelte die Unschuldsvermutung. Es könne nicht strafbar sein, durch "Herumfuchteln" sein Gleichgewicht zu wahren. Er sei auf den Assistenten (gemeint: des Schiedsrichters) hingestoßen worden, es habe Chaos geherrscht und deshalb habe er keinen Straftatbestand erfüllt. Die Ordnung habe nicht er gestört, sondern eine große Anzahl empörter "Fans".

 

Weil er auf die Arbeitslosenunterstützung angewiesen sei, sei auch das Strafausmaß überhöht.

 

Abschließend beantragt der Bw die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens.

 

2.1. Der Polizeidirektor von Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 19. November 2009 vorgelegt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt. Weil keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt und in die Berufung und am 18. Oktober 2010 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der ein Vertreter der belangten Behörde erschienen ist. Als Zeuge wurde KI. X einvernommen.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt wird festgestellt:

Nach Schlusspfiff des Regionalligaspieles Blau-Weiß Linz gegen FC Wels stürmte der Berufungswerber wie auch andere Fans in Richtung Spielfeldmitte. Er versuchte einen der beiden Schiedsrichterassistenten zu attackieren. Der Bw konnte von einem Ordner abgeblockt werden. Als KI. X dies von der gegenüberliegenden Seite aus wahrnahm, ist er zum Bw geeilt und hat ihn mit einem Umklammerungsgriff von hinten von weiteren Tätlichkeiten abgehalten. Der Bw hatte die ganze Zeit eine Bierflasche in der Hand. Er war einer der ersten die aufs Spielfeld gelangt sind. Nicht durch die Menge wurde er auf den Schiedsrichter gestoßen, sondern er hat versucht, ihn zu attackieren. Als er davon abgehalten wurde, hat er weiterhin mit den Füßen um sich getreten und mit den Händen um sich geschlagen.

Neben dem einschreitenden Polizeibeamten, der den Bw durch Umklammerungsgriff davon abhielt, den Schiedsrichterassistenten zu attackieren, hat zumindest der attackierte Schiedsrichterassistent diesen Vorfall beobachten können.

 

3.2. Die Aussagen des Zeugen KI. X sind glaubwürdig. Die diesen entgegenstehenden Angaben des Berufungswerbers, er habe durch "Herumfuchteln" versucht, sein Gleichgewicht zu wahren, werden hingegen als Schutzbehauptung gewertet. Dass der Schiedsrichterassistent den Angriff des Bw auf ihn wahrnehmen konnte und ein derartiges Verhalten als störend empfunden hat, entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung.

 

 

 

3.3. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 81 Abs.1 des Bundesgesetzes über die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei (Sicherheitspolizeigesetz – SPG) BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 133/2009 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

Das ungestüme Herumschlagen mit Händen und Füßen, weil der Bw davon abgehalten wurde einen Schiedsrichterassistenten zu attackieren, ist als besonders rücksichtsloses Verhalten zu qualifizieren, als welches ein Verhalten bezeichnet wird, das eine gegen die guten Sitten verstoßende Rücksichtslosigkeit gegenüber den Mitmenschen darstellt, die geeignet ist, auch in einem unbefangenen Menschen jene lebhafte Empfindung des Unerlaubten hervorzurufen, die gemeinhin als Ärgernis bezeichnet wird (vgl. VwGH 18.11.1981, 81/10/0099).

Dieses Verhalten wurde an einem öffentlichen Ort, nämlich einem Fußballfeld, zu Tage getragen und es war durch dritte Personen wahrnehmbar.

 

Der Bw hat damit das Tatbild der ihm vorgeworfenen Verbotsnorm erfüllt.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Als Verschuldensgrad wird Vorsatz angenommen, ergibt sich doch bei lebensnaher Betrachtung, dass jemand, der wie der Bw einen Schiedsrichterassistenten auf der Spielfeldmitte zu attackieren versucht, zumindest mit bedingtem Vorsatz hinsichtlich einer ungerechtfertigten Störung der öffentlichen Ordnung handelt. Dem Bw wird aber zugestanden, dass er sich in einer heftigen Gemütserregung befunden hat, die einerseits durch das verlorene Heimspiel in der Regionalliga und andererseits auch durch Alkoholeinfluss zustande gekommen ist.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Der Bw hat nichts gegen die geschätzten Vermögens- und Familienverhältnisse vorgebracht. Er hat aber darauf hingewiesen, dass das Strafausmaß überhöht ist, weil er auf die "ALU" angewiesen sei.

In Anbetracht dessen, dass Ausgleichszulagenrichtsätze für das Jahr 2009 für Alleinstehende 772,40 Euro betragen, die Arbeitslosenunterstützung sich zumindest in dieser Höhe bewegt und die belangte Behörde von einem Einkommen von mindestens 980 Euro netto monatlich ausgegangen ist, ist die verhängte Strafe von 80 Euro für die Störung der öffentlichen Ordnung in der vom Berufungswerber gezeigten aggressiven Weise angemessen, um ihn von einem derartigen weiteren Verhalten abzuhalten. Die Verhängung der Geldstrafe in dieser Höhe ist auch aus generalpräventiven Überlegungen notwendig.

 

Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG abzuweisen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber nach § 64 Abs.1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenats in Höhe von 20 % der verhängten Strafe vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

Rechtssatz zu VwSen – 231067 vom 29. Oktober 2010:

 

ständige Rechtsprechung

 

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