Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252488/2/Kü/Fu/Ba

Linz, 27.10.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung des X X X X, geb. am X, X, X, vertreten durch die Rechtsanwälte X, X, X, X, X, vom 26. Mai 2009 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. November 2008, Gz.: 0007971/2008, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unzulässig – weil verspätet – zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 63 Abs 5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) und § 17 Abs 3 Zustellgesetz (ZustellG).

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. November 2008, GZ 0007971/2008, wurde der Berufungswerber (in der Folge: Bw) wie folgt für schuldig befunden:

"Sie haben als Gewerbeinhaber der Firma X, X, X zu verantworten, dass von dieser Firma von 13.11.2007 bis 31.01.2008 der tschechische Staatsbürger Herr X X, geboren X als Pizzazusteller beschäftigt wurde, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde."

Der Bw habe dadurch § 3 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Zif 1 lit a AuslBG verletzt. Gemäß § 28 Abs 1 AuslBG wurde über ihn eine Geld­strafe in der Höhe von 2500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 42 Stunden) verhängt.

 

1.2. Gegen das Straferkenntnis, das am 3. Dezember 2008 durch Hinterlegung zugestellt wurde, erhob der Bw das Rechtsmittel der Berufung, das am 26. Mai 2009 zur Post gegeben wurde. Die Berufung wurde bei der belangten Behörde eingebracht.

In der Berufung führt der Bw aus, dass Herr X X seine Zustelltätigkeiten als selbständiger Unternehmer auf Basis eines Werkvertrages für den Beschuldigen verrichte. Die wesentlichen Betriebsmittel für die Durchführung der Zustelltätigkeiten, insbesondere der PKW, die Handkassa usw., stünden im Eigentum von Herrn X. Herr X unterliege keinerlei Weisungen des Bw. Ebenso stehe es ihm frei, auch für andere Unternehmen Zustelltätigkeiten oder sonstige Tätigkeiten auszuführen. Herr X müsse die Zustelltätigkeiten auch nicht persönlich ausführen, sondern könne sich auch vertreten lassen. Darauf habe der Bw keine Einflussmöglichkeit.

Herr X stehe zum Bw in keinem wirtschaftlichen und persönlichen Abhängigkeitsverhältnis und sei daher weder Arbeitnehmer des Bw noch stehe er zu diesem in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis. Der Bw beantragt zum Beweis dieses Vorbringens die Einvernahme des Herrn X X.

Sollte das Rechtsverhältnis doch als Arbeitsverhältnis oder arbeitnehmerähnliches Verhältnis anzusehen sein, so sei dies für den Bw trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht vorhersehbar gewesen, sodass dem Bw ein entschuldbarer Rechtsirrtum zugute komme und eine Bestrafung unzulässig sei, jedenfalls aber die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vorlägen.

Auch macht der Bw geltend, dass die belangte Behörde die gesetzlichen Strafzumessungsgründe unrichtig angewendet habe, sodass die verhängte Strafe bei weitem überhöht sei. Die Strafe würde den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen des Bw nicht entsprechen.

Schließlich stellt der Bw den Antrag, die Verwaltungsbehörde II. Instanz möge eine mündliche Berufungsverhandlung durchführen, der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das gegen den Beschuldigten anhängige Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

Darüber hinaus legt der Bw im selben Schriftsatz, der auch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand an den Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz enthält, dar, dass ihm das Straferkenntnis nicht wirksam zugestellt worden sei, da weder ein erster, noch ein zweiter Zustellversuch erfolgt sei und er auch die Verständigung über die Hinterlegung nie bekommen habe.

2.1. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung – ohne vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung Gebrauch zu machen – dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 3. Mai 2010 zur Entscheidung vorgelegt.

2.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt und die Berufung.

Gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG konnte die öffentliche mündliche Verhandlung entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass die Berufung zurückzuweisen ist.

2.4.  Aus den genannten Beweismitteln ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der seiner Entscheidung zugrunde liegt:

Das Finanzamt Freistadt/Rohrbach/Urfahr erstattete am 15. Februar 2008 Anzeige an den Magistrat der Landeshauptstadt Linz gegen den Bw wegen Verdachts der Übertretung des § 3 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Zif 1 lit a AuslBG.

Mit Schreiben vom 18. Februar 2008, zugestellt durch Hinterlegung am 21. Februar 2008, wurde dem Bw vom Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz vorgeworfen, er habe als Gewerbeinhaber der Firma X, X, X, zu verantworten, dass von dieser Firma von 13.11.2007 bis 31.01.2008 der tschechische Staatsbürger Herr X X, geboren X, als Pizzazusteller beschäftigt wurde, obwohl für diesen weder eine Beschäftigungsbewilligung oder Zulassung als Schlüsselkraft erteilt noch eine Anzeigebestätigung oder eine Arbeitserlaubnis oder ein Befreiungsschein oder ein Niederlassungsnachweis ausgestellt wurde. Der Bw wurde aufgefordert, sich zum Vorwurf zu rechtfertigen. Dieser Aufforderung ist der Bw nicht nachgekommen.

Mit Straferkenntnis vom 20. November 2008 erkannte die belangte Behörde den Bw schuldig, die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs 1 iVm § 28 Abs 1 Zif 1 lit a AuslBG begangen zu haben, und verhängte über ihn eine Strafe von 2500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 42 Stunden).

Das Straferkenntnis wurde dem Bw am 3. Dezember 2008 mittels RSa-Brief an seine Wohnadresse durch Hinterlegung zugestellt, wobei am 2. Dezember 2008 eine Verständigung über die Hinterlegung in das Hausbrieffach eingelegt wurde.

Gegen das Straferkenntnis erhob der Bw das Rechtsmittel der Berufung, das,  wie sich aus dem Poststempel des im Akt befindlichen Kuverts zweifelsfrei ergibt, am 26. Mai 2009 zur Post gegeben wurde. Die Berufung wurde bei der belangten Behörde eingebracht.

2.4. Wenn der Bw behauptet, eine Zustellung des Straferkenntnisses sei nicht erfolgt, da kein Zustellversuch erfolgt sei und er keine Verständigung über die Hinterlegung bekommen habe, so schenkt ihm der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich im Rahmen seiner freien Beweiswürdigung diesbezüglich keinen Glauben. Dass im gegenständlichen Fall ein erfolgloser Zustellversuch am 2. Dezember 2008 erfolgt ist und im Anschluss beim Zustellpostamt die Sendung mit Abholfrist beginnend am 3. Dezember 2008 zur Abholung bereitgehalten wurde, geht aus dem im Akt befindlichen Zustellnachweis, der als öffentliche Urkunde den vollen Beweis liefert (Hengstschläger, Verwaltungsverfahrensrecht4 [2009] Rz 230), klar hervor. Es entspricht darüber hinaus nicht der Lebenserfahrung, dass einer Person gleich mehrere Dokumente (hier zwei Straferkenntnisse und zwei Vollstreckungsverfügungen) durch Hinterlegung zugestellt wurden, ohne dass Zustellversuche gemacht und Hinterlegungsverständigungen hinterlassen wurden.

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich ergibt sich aus der Bestimmung des § 51 VStG. Da im Straferkenntnis eine 2000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich gemäß § 51c VStG durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern.

3.2. Die maßgebliche Rechtslage stellt sich wie folgt dar:

§ 17 Zustellgesetz (ZustellG) idF BGBl I. Nr. 5/2008 lautet:

"Hinterlegung

§ 17. (1) Kann das Dokument an der Abgabestelle nicht zugestellt werden und hat der Zusteller Grund zur Annahme, daß sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält, so ist das Dokument im Falle der Zustellung durch den Zustelldienst bei seiner zuständigen Geschäftsstelle, in allen anderen Fällen aber beim zuständigen Gemeindeamt oder bei der Behörde, wenn sie sich in derselben Gemeinde befindet, zu hinterlegen.

         (2) Von der Hinterlegung ist der Empfänger schriftlich zu verständigen. Die Verständigung ist in die für die Abgabestelle bestimmte Abgabeeinrichtung (Briefkasten, Hausbrieffach oder Briefeinwurf) einzulegen, an der Abgabestelle zurückzulassen oder, wenn dies nicht möglich ist, an der Eingangstüre (Wohnungs-, Haus-, Gartentüre) anzubringen. Sie hat den Ort der Hinterlegung zu bezeichnen, den Beginn und die Dauer der Abholfrist anzugeben sowie auf die Wirkung der Hinterlegung hinzuweisen.

         (3) Das hinterlegte Dokument ist mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, daß der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs. 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte.

         (4) Die im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung ist auch dann gültig, wenn die im Abs. 2 genannte Verständigung beschädigt oder entfernt wurde."

Gemäß § 63 Abs 5 AVG, der aufgrund des § 24 VStG auch im Verwaltungsstraf­verfahren anzuwenden ist, ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt für jede Partei mit der an sie erfolgten Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides, im Fall bloß mündlicher Verkündung mit dieser.

3.3. Im gegenständlichen Fall ordnete die belangte Behörde eine Zustellung des Straferkenntnisses zu eigenen Handen an die Wohnadresse des Bw an.

Gemäß § 17 Abs 1 ZustellG ist das Dokument zu hinterlegen, wenn es an der Abgabestelle nicht zugestellt werden kann. Ein solcher Zustellversuch erfolgte am 2. Dezember 2008.

Wenn der Bw in der Berufung geltend macht, dass ein zweiter Zustellversuch samt Ankündigung vorzunehmen gewesen wäre, so entspricht dies nicht der im Zeitpunkt der Zustellung geltenden Rechtslage. Seit 1. Jänner 2008 (BGBl. I 5/2008) ist auch bei der Zustellung zu eigenen Handen nur ein Zustellversuch vorzunehmen.

Nach § 17 Abs 2 ZustellG ist der Empfänger schriftlich von der Hinterlegung zu verständigen. Diese Hinterlegungsverständigung wurde am 2. Dezember 2008 in das Hausbrieffach eingelegt.

Selbst wenn der Unabhängige Verwaltungssenat der Behauptung des Bw, dass ihm eine solche Hinterlegungsverständigung nie zugekommen sei, Glauben schenken würde, so ist dazu auszuführen, dass gemäß § 17 Abs 4 ZustellG eine im Wege der Hinterlegung vorgenommene Zustellung auch dann gültig ist, wenn die Verständigung von der Hinterlegung beschädigt oder entfernt wurde.

Gemäß § 17 Abs 3 1. Satz ZustellG ist das hinterlegte Dokument mindestens zwei Wochen zur Abholung bereitzuhalten. Der Lauf dieser Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Dokument erstmals zur Abholung bereitgehalten wird. Hinterlegte Dokumente gelten mit dem ersten Tag dieser Frist als zugestellt. Sie gelten nicht als zugestellt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter iSd § 13 Abs 3 ZustellG wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung an dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag innerhalb der Abholfrist wirksam, an dem das hinterlegte Dokument behoben werden könnte. Eine Ortsabwesenheit im Sinne dieser Bestimmung zum Zeitpunkt der Hinterlegung wurde vom Bw nicht behauptet.

Im gegenständlichen Fall wurde nach dem erfolglosen Zustellversuch das Dokument beim Zustellpostamt mit Abholfrist beginnend am 3. Dezember 2008 zur Abholung bereitgehalten. Das Straferkenntnis wurde damit dem Bw am 3. Dezember 2008 durch Hinterlegung zugestellt.

Gemäß dem – ebenfalls laut § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anwendbaren – § 32 Abs 2 AVG enden nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen mit dem Ablauf desjenigen Tages, der letzten Woche oder des letzten Monats, der durch seine Benennung oder durch seine Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat.

Da das Straferkenntnis am 3. Dezember 2008 zugestellt wurde, hätte das Rechtsmittel der Berufung daher spätestens am 17. Dezember 2008 eingebracht  bzw zur Post gegeben (§ 24 VStG iVm § 33 Abs 3 AVG) werden müssen. Tatsächlich wurde die Berufung aber erst am 26. Mai 2009 – und damit verspätet – zur Post gegeben.

Da somit die mit zwei Wochen bemessene Berufungsfrist, bei der es sich um eine gesetzliche Frist handelt, deren Verlängerung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich nicht zusteht, nicht eingehalten wurde, war die Berufung als verspätet zurückzuweisen. Dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich war daher eine materiellrechtliche Überprüfung verwehrt, weshalb spruchgemäß zu entscheiden war.  

3.4. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist anzumerken, dass dann, wenn die Wiedereinsetzung wegen Versäumnis der Rechtsmittelfrist begehrt wird, § 72 Abs 3 AVG nicht anwendbar ist. Die für die Berufung zuständige Behörde, hier der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, muss die Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag nicht abwarten, sondern kann – da dem Wiedereinsetzungsantrag keine aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde – sogleich über die Berufung entscheiden (vgl. VwSlg 12.275 A /1986 verst Sen).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr. Ilse Klempt

 

 

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