Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-510108/7/Kof/Bb

Linz, 25.11.2010

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine
3. Kammer (Vorsitzender: Dr. Johann Fragner, Berichter: Mag. Josef Kofler, Beisitzer: Mag. Gottfried Zöbl) über die Berufung der X, vertreten durch X gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 13. Juli 2010, Verk-290.949/21-210, betreffend Widerruf der Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a KFG, nach der am 15. November 2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und

der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 57a Abs.2 KFG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid die mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 22. November 2001, VerkR-290.949/3-2001-Tau, der nunmehrigen Berufungswerberin (Bw) erteilte Ermächtigung zur wiederkehrenden Begutachtung von Kraftfahrzeugen und Anhängern wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit widerrufen.

 

 

 

Weiters wurde die Bw verpflichtet, die Stempelplatte für die Begutachtungsstelle mit der Nr. X umgehend an das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr zu senden und die in der Werkstätte vorhandenen Begutachtungs-plaketten umgehend an die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land zurückzustellen und die Kennzeichnung als Begutachtungsstelle zu entfernen.  

 

Grund für diesen Widerruf war, dass die Bw am 27. Jänner 2010 einen dem Kennzeichen bzw. der Fahrgestellnummer nach näher bestimmten PKW gemäß   § 57a KFG wiederkehrend begutachtet und die Begutachtungsplakette ausgefolgt hat, obwohl der PKW mehrere leichte und schwere Mängel aufgewiesen haben soll und iSd § 57a Abs.5 KFG die Begutachtungsplakette nicht hätte ausgefolgt werden dürfen.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 16. Juli 2010 - hat die Bw durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 26. Juli 2010 erhoben und darin die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides beantragt.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch seine nach der Geschäftsverteilung zuständige 3. Kammer (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Am 15. November 2010 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung
(mVh) durchgeführt, an welcher

-         Herr AL (= gewerberechtlicher Geschäftsführer und Gesellschafter der Bw)  

-         der Rechtsvertreter der Bw,

-         Herr WR (= KFZ-Mechaniker bei der Bw) als Auskunftsperson  sowie

-         der technische Amtssachverständige, Ing. EF

teilgenommen haben.

 

In der mVh wurde einleitend vom Rechtsvertreter der Bw die Befangenheit des technischen Sachverständigen Ing. EF geltend gemacht, da dieser bereits im erstinstanzlichen Verfahren ein Gutachten erstattet habe.   

 

Die 3. Kammer des UVS wies diesen Antrag des Rechtsvertreters der Bw auf Befangenheit des technischen Amtssachverständigen Ing. EF ab und stellte fest, dass Herr Ing. EF nicht befangen ist.

 

Gemäß § 52 Abs.1 AVG hat die Behörde dann, wenn die Beweisaufnahme durch Sachständige notwenig ist, die ihr beigegebenen oder zur Verfügung stehenden amtlichen Sachverständigen beizuziehen.

 

Zur Begutachtung im Verfahren erster und im Verfahren zweiter Instanz darf ein- und derselbe Sachverständige herangezogen werden;

VwGH vom 25.03.2010, 2007/05/0137; vom 21.06.2005, 2002/06/0023;

          vom 02.12.1997, 94/05/0183 uva.

 

Der Umstand, dass ein Amtssachverständiger des Landes in einem Verfahren, in welchem das Land als Partei beteiligt ist, auftritt, stellt – wenn nicht besondere Umstände hervorkommen – keinen wichtigen Grund iSd § 7 Abs.1 Z4 AVG dar, der geeignet ist, die volle Unbefangenheit des Amtssachverständigen in Zweifel zu ziehen;   VwGH vom 17.06.1993, 92/06/0228.

 

Zu diesen Einwendungen des Rechtsvertreters der Bw in der mVh ist im einzelnen auszuführen:

 

Die mVh hat inhaltlich – zusammengefasst – ergeben, dass die Bw pro Monat durchschnittlich ca. 100 Fahrzeuge nach § 57a KFG begutachtet –

dies sind mehr als 1.000 Begutachtungen jährlich.

 

Im Zeitraum Jänner/Februar 2010 wurden vom Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr insgesamt 11 Fahrzeuge zu einer Überprüfung gemäß § 56 KFG vorgeladen, welche zuvor von der Bw nach § 57a KFG begutachtet wurden.

2 von diesen 11 Fahrzeugen wurden vor dem Überprüfungstermin abgemeldet.

Die übrigen 9 Fahrzeuge wurden einer Überprüfung nach § 56 KFG unterzogen, wovon 5 Überprüfungen positiv und 4 Fahrzeuge negativ waren.  

Bei 3 von den 4 negativ beurteilten Fahrzeugen könnten die festgestellten Mängel auch nach der Begutachtung aufgetreten sein.

Diese wurden daher nicht beanstandet.

 

Verblieben ist damit nur das verfahrensgegenständliche Fahrzeug mit dem Kennzeichen X-..... .   Bei diesem PKW, Fabrikat der Type VW, Fahrgestellnummer WV ................. wurden bei der besonderen Überprüfung am 23. Februar 2010
durch das Amt der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr insgesamt 5 schwere und 6 leichte Mängel festgestellt.

 

Der technische Amtssachverständige hat dazu in der mVh im Ergebnis ausgeführt, dass 4 der 5 schweren Mängel – ausgenommen der eingerostete Bremskraftregler – auch im Zeitraum zwischen der Begutachtung gemäß § 57a KFG durch die Bw (27. Jänner 2010) einerseits und der besonderen Überprüfung gemäß § 56 KFG (23. Februar 2010) anderseits entstanden sein können.

 

 

 

Der Mangel am Bremskraftregler habe zwar bereits anlässlich der wieder-kehrenden Begutachtung durch die Bw vorgelegen, jedoch hätte dieser Mangel äußerlich - ohne "Zerlegungsarbeiten" - nicht festgestellt werden können.

Eine Begutachtung nach § 57a KFG wird grundsätzlich ohne "Zerlegungsarbeiten" durchgeführt.

Die "Zerlegung" des Bremskraftreglers ist nur in jenen Fällen erforderlich,
in denen der Bremskraftregler stecken bleibt oder sehr schwergängig ist.

 

Seit dem Vorfall vom 27. Jänner 2010 (= Begutachtung des verfahrens-gegenständlichen Fahrzeuges durch die Bw) sind nunmehr ca. 10 Monate vergangen, in denen die Bw die anfallenden wiederkehrenden Begutachtungen weiterhin durchgeführt und es keinen Anlass zur Beanstandung gegeben hat.

 

Gemäß § 57a Abs.2 KFG hat der Landeshauptmann für seinen örtlichen Wirkungsbereich auf Antrag u.a. zur Reparatur von Kraftfahrzeugen oder Anhängern berechtigte Gewerbetreibende, die hinreichend über hiezu geeignetes Personal und die erforderlichen Einrichtungen verfügen, zur wiederkehrenden Begutachtung aller oder einzelner Arten von Fahrzeugen zu ermächtigen.

Die Ermächtigung darf nur vertrauenswürdigen Personen verliehen werden.

 

Die Ermächtigung ist - ebenfalls gemäß § 57a Abs.2 KFG - zu widerrufen, wenn der Ermächtigte nicht mehr vertrauenswürdig ist.

 

Ein Gewerbetreibender ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH dann als vertrauenswürdig anzusehen, wenn ausreichend Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, die Kraftfahrbehörde könne sich darauf verlassen, dass er die ihm übertragenen Verwaltungsaufgaben entsprechend dem Schutzzweck des Gesetzes – nämlich zu gewährleisten, dass nur verkehrs- und betriebssichere Fahrzeuge am öffentlichen Verkehr teilnehmen – ausüben werde.

 

Insbesondere die unrichtige Ausstellung positiver Gutachten beeinträchtigt die Vertrauenswürdigkeit im hohen Maße, allerdings müssen dafür besondere Umstände vorliegen und ist besonders auf die Art und Schwere des Fehlverhaltens Bedacht zu nehmen.

 

Zwar kann auch bereits die Erstellung eines einzigen unrichtigen Gutachtens die Vertrauenswürdigkeit des betreffenden Gewerbebetreibenden erschüttern.

Dies kann jedoch nur dann der Fall sein, wenn der Gewerbetreibende den Mangel bei einer gewissenhaften Überprüfung aller relevanten Faktoren zumindest hätte erkennen müssen;

VwGH vom 17. Dezember 2002, 2001/11/061; vom 22. November 1994, 94/11/0221 und vom 2. Juli 1991, 91/11/0026.

 

Es handelt sich im vorliegenden Fall um die Erstellung bloß eines einzigen, fehlerhaften Gutachtens, wobei

-         4 der insgesamt 5 schweren Mängel auch erst nach der wiederkehrenden Begutachtung gemäß § 57a KFG aufgetreten sein können und

-         der Mangel am Bremskraftregler zwar anlässlich der wiederkehrenden Begutachtung durch die Bw (27. Jänner 2010) vorhanden war, dieser Mangel aber ohne "Zerlegungsarbeiten" – zu welchen die Bw im Rahmen der Begutachtung nach § 57a KFG nicht verpflichtet war - nicht feststellbar war.  

 

Auf Grund dieser beiden Tatsachen sowie der seit der wiederkehrenden Begutachtung (27. Jänner 2010) vergangenen Zeit von rund 10 Monaten und des Wohlverhaltens der Bw in diesem Zeitraum ist der geschilderte Vorfall nicht geeignet, die Vertrauenswürdigkeit der Bw auszuschließen.

Von der Bw kann (nach wie vor) erwartet werden, dass sie die ihr übertragenen Verwaltungsaufgabe unter Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen nachkommt.

 

Es war daher der Berufung stattzugeben, der erstinstanzliche Bescheid aufzuheben  und  spruchgemäß  zu  entscheiden.

 

Bei diesem Verfahrensergebnis erübrigt sich die vom Rechtsvertreter des Bw in der mVh beantragte zeugenschaftliche Einvernahme der beiden Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung, Abteilung Verkehr, Herr GS und Herr FL,
zum Beweis dafür, dass die von ihnen am 23. Februar 2010 festgestellten Mängel im Zeitpunkt der Begutachtung (27. Jänner 2010) nicht vorgelegen sind.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 20,40 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

Beschlagwortung:

Vertrauenswürdigkeit; Mangel an einem einzigen begutachteten Fahrzeug bedeutet idR NICHT den Verlust der Vertrauenswürdigkeit; seither verstrichene Zeit ist zu berücksichtigen;

 

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