Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522674/6/Bi/Kr

Linz, 27.10.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 2. September 2010 (Datum des Eingangsstempels der Erstinstanz) gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 18. August 2010, VerkR21-187-2010, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, aufgrund des Ergebnisses der am 14. Oktober 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß  §§ 24 Abs.1 Z1, 26 Abs.2 Z1 und 32 Abs.1 Z1 FSG die von der BH Feldkirch am 1. Juni 2010, GZ.10/051054, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab 7. Juli 2010, dh bis 7. Jänner 2011, entzogen und für den gleichen Zeitraum ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge ausgesprochen und ihm das Recht aberkannt, von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen. Weiters wurde ihm gemäß § 24 Abs.3 FSG aufgetragen, bis zum Ablauf der Entziehungsdauer eine verkehrs­psychologischen Stellungnahme sowie ein amtsärztliches Gutachten über seine gesundheitliche Eignung beizubringen und sich auf seine Kosten einer Nach­schulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer Berufung gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 24. August 2010.

 

2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Am 14. Oktober 2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungs­­verhandlung in Anwesenheit des Bw, seines Vaters Herrn X (WS), der Vertreterin der Erstinstanz Frau X und des Meldungslegers X (Ml) durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Erstinstanz missachte gesetzliche Verpflichtungen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und der Ml unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB zeugenschaftlich einvernommen wurde.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der 1980 geborene Bw war bislang in Vorarlberg wohnhaft und wohnt seit 1. Juni 2010 bei seinem Vater in X. Der Bw hat in Vorarlberg, BH Feldkirch, im Februar 2010 eine befristete Lenkberechtigung (Probe­führer­­schein) für die Klasse B erworben, die mit 1. Juni 2010 verlängert wurde; allerdings ist nach telefonischer Mitteilung des Bw gegenüber der Führerscheinbehörde der neue Führerschein auf dem Postweg verloren gegangen, sodass er bei der BH Feldkirch die neuerliche Zusendung des Dokuments beantragt hatte. Von dieser wurde aufgrund des Vorfalls vom 13. Juni 2010 abgesehen.    

Der Vater des Bw besitzt ein auffälliges Wohnmobil, das er mit einer – unbestritten – gefälschten Kenn­zeichentafel im Garten abgestellt hatte. Der Bw wollte immer schon mit diesem Wohnmobil fahren, was ihm sein Vater wegen mangelnder Lenkerfahrung verboten hatte. Als der Vater am Abend des 13. Juni 2010 mit seinem Pkw wegfuhr, nahm der Bw das Wohnmobil in Betrieb und lenkte es "zum Ausprobieren" auf Straßen im Gemeinde­­­­gebiet von X. Beim Kreis­verkehr in der Ortschaft X fiel dem mit einem Kollegen von der PI X auf Streife befindlichen Ml gegen 21.30 Uhr das ihm als dem Vater des Bw gehörend bekannte Wohn­mobil auf. Der Ml bestätigte in der Verhandlung, er habe nicht gewusst, dass Herr WS einen erwachsenen Sohn hat, der nun bei ihm wohnt; er sei der Meinung gewesen, dass Herr WS das Fahrzeug lenkt und sei ihm zur Durchführung einer Lenker- und Fahrzeug­kontrolle, die er beim Wohnhaus in X beabsichtigt hatte, nachgefahren. Das Wohnmobil, das hinten die Kennzeichentafel X trug, wurde vom Kreisverkehr mit normaler Fahr­geschwindigkeit zunächst in Richtung des Hauses WS gelenkt, bog dann aber unüblich links zum Bauernhof X ein. Folgetonhorn oder Blaulicht hat der Ml bei der Nachfahrt nicht verwendet.

 

Der Bw schilderte den Vorfall so, dass er mit dem Wohnmobil nur eine Runde fahren wollte, wobei ihm beim Kreisverkehr hinter sich im Rückspiegel die Schein­­werfer eines Kombi auffielen, der ihm offenbar nachfuhr. Der Bw vermutete, dass der Kombi der seines Vaters sein könnte, der einen silber­farbenen Mazda Kombi besitzt und ihm das Lenken des Wohnmobils verboten hatte, sodass er Konsequenzen fürchtete und offenbar aus Versehen zum Haus X einbog. Dort ließ er das Wohnmobil stehen, steckte den Schlüssel ein und rannte weg, wobei ihm bekannt war, dass er von dort hinten über die Wiese zum Wohnhaus seines Vaters gelangen würde. Als Grund für sein Weglaufen gab er in der Verhandlung an, er habe nicht ausge­schlossen, dass es mit seinem Vater zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre. Der Bw hat in der Verhandlung sein Verhältnis zu seinem Vater grundsätzlich als gut, aber etwas kompliziert beschrieben und das auch näher ausgeführt.

 

Der Ml war Beifahrer im von seinem Kollegen gelenkten Streifenfahrzeug der X. Er sprang beim Haus X aus dem Fahrzeug und lief der Person nach, die er bei der dort herrschenden Dunkelheit als Herrn WS zu erkennen glaubte. Beim Aussteigen rief er der Person "Halt! Polizei! Ich fordere Sie auf zum Alkotest!" nach, jedoch blieb der Mann nicht stehen, sondern lief hinter das Haus, wobei ihm der Ml im Abstand von etwa 10 bis 15 m mit einer Stablampe in der Hand folgte. Der Mann wollte über einen Maschendraht­zaun springen, blieb aber hängen und landete auf dem Bauch, sodass der Ml auf ca 3 m aufholte. Er rief ihm zu, er solle stehenbleiben, "Wir kennen Sie ja eh!", jedoch fing sich der Mann wieder und lief in der Dunkelheit zwischen den Silos davon. Der Ml beschloss, ihn nicht weiter zu verfolgen, und ging zum Wohnmobil zurück. Nach der Fahrzeugkontrolle fuhr der Ml zur X und fand bei einer EKIS-Anfrage heraus, dass das am Wohnmobil montierte Kennzeichen offenbar gar nicht existierte. Er fuhr daraufhin zum Wohnmobil zurück und entdeckte die Fälschung.

Der Ml gab in der mündlichen Verhandlung an, er habe den "amtsbekannten" als Lenker vermuteten Herrn WS in dieser Nacht deshalb nicht mehr aufgesucht, weil dieser ihm erfahrungsgemäß ohnehin nicht aufgemacht hätte. Erst am nächsten Nachmittag suchte er das Haus des Herrn WS auf, wo ihm ein Unbe­kannter öffnete und auf seine Frage nach Herrn WS wegen des gestrigen Vorfalls mit dem Wohnmobil angab, dann suche er wohl nicht seinen Vater sondern ihn. Erst zu diesem Zeitpunkt erfuhr der Ml, dass der Lenker des Wohnmobils nicht WS sondern der Bw gewesen sei. Später gaben Vater und Sohn einen zusammen verfassten und unterschriebenen Schriftsatz beim Ml ab, wonach der Bw der Lenker des Wohnmobils mit dem "fast echten Kennzeichen" gewesen sei. Das Wohnmobil sei aber auf Privatgrund abgestellt gewesen und der Sohn habe das in der Nacht nicht erkennen können. Der Bw bestätigte in der Verhandlung, er sei wegen der ihm angelasteten Verwendung des Fahrzeuges mit dem gefälschten Kennzeichen vor Gericht freigesprochen worden. 

 

Der Ml gab in der Verhandlung an, da er Beifahrer im Streifenfahrzeug gewesen sei, habe es sich nach seiner Erinnerung um das Fahrzeug der X gehandelt; üblicherweise lenke der dortige Kollege dann das Fahrzeug. In diesem Fahrzeug, von dem er nicht sagen konnte, ob es ein weißer oder ein dunkelblau-silberfarbener Kombi war, werde seines Wissens ständig ein Alkoholvortestgerät mitgeführt, nicht aber ein Alkomat. Es sei richtig, dass er dem Mann eine ausdrückliche Aufforderung zum "Alkotest" nachgerufen habe. Alkoholisierungs­symptome oder irgendwelche auf Fahruntüchtigkeit hinweisende Auffälligkeiten beim Nachfahren habe er nicht festgestellt, der Mann sei "nur weggelaufen" und habe auf seine Rufe nicht reagiert, obwohl er diese von der Entfernung her wahrnehmen habe müssen.

 

Der Bw hat in der Verhandlung erklärt, er habe bemerkt, dass ihm die Person mit einer großen Taschenlampe, wie er auch eine besitze und eine solche im Kombi seines Vaters sei, nachlaufe und habe auch gehört, dass die Person "Polizei!" und "Alkohol­kontrolle!" gerufen habe. Er hätte aber seinem Vater sehr wohl zuge­traut, dass dieser ihm so etwas nachrufe, nur um ihn zum Stehenbleiben zu bewegen und dann wäre massiver Ärger wegen des Wohnmobils zu erwarten gewesen; deshalb sei er weitergelaufen. Er habe auch, als er über den Zaun gefallen sei, gehört "Wir kennen Sie ja eh!", sei aber weitergelaufen. Daheim habe er gesehen, dass der Kombi seines Vaters nicht dagestanden sei, was ihn in der Meinung bestärkt habe, die Person sei sein Vater gewesen. Erst später habe sich herausgestellt, dass WS mit dem Pkw ein paar Häuser weiter zu Nachbarn gefahren sei, um ein Fußballspiel im Fernsehen zu verfolgen – WS gab in der Verhandlung glaubhaft an, dass der Nachbar das gegenüber der Polizei bestätigt habe. Ihm sei beim Heimkommen sofort aufgefallen, dass das Wohnmobil nicht im Garten gestanden sei und es habe Ärger gegeben.                   

 

Auf die Frage, was er getan hätte, wenn der Bw stehengeblieben wäre, gab der Ml in der Verhandlung an, er hätte zunächst die Identität der Person und das Vorliegen eventueller Alkoholisierungssymptome festgestellt. Tatsächlich habe er solche nicht wahrgenommen. Bei einer Atemalkoholuntersuchung wäre kein Vortest gemacht worden, sondern, da im Streifenfahrzeug der X kein Alkomat mitgeführt werde, wäre ein solcher bei der X angefordert worden. Das hätte höchstens 10 Minuten gedauert und dann hätte er an Ort und Stelle eine Atemalkoholuntersuchung mit dem Bw durchgeführt. 

 

Im Rahmen der Beweiswürdigung gelangt der UVS zur Ansicht, dass die Aussagen des Bw wie des Ml sowohl bei der Nachfahrt als auch bei der Flucht des Bw im Wesentlichen übereinstimmen. Der Bw hat ausdrücklich bestätigt, er habe auch die Worte "Polizei" und "Alkotest" bzw "Alkoholkontrolle" verstan­den, aber die Stimme für die seines Vaters gehalten, dem er nicht begegnen wollte. Aus der Sicht des UVS ist es nach dem vom Bw geschilderten Verhältnis zwischen Vater und Sohn nicht ausgeschlossen, dass es in einer solchen Situation tatsächlich zwischen ihnen zu Handgreiflichkeiten gekommen wäre. Allerdings vermochte der Bw zum einen nicht zu erklären, warum er, als er "Wir kennen Sie ja eh!" hörte – was wohl aus dem Zusammenhang nicht dem Vater zuzuordnen gewesen wäre – nicht stehenblieb, und warum er, wenn er meinte, die Person hinter ihm sei sein Vater, davonlief, wenn der Ärger doch ohnehin nicht ausbleiben sondern damit nur der Zeitpunkt hinausgeschoben werden würde. Dazu vermochte der Bw in der Verhandlung nichts konkretes zu sagen. Selbst wenn er seinem Vater zutraut, sich als "Polizei" auszugeben, um ihn zum Stehenbleiben zu bewegen, sind nach Auffassung des UVS Worte wie "Alkoholkontrolle" oder "Wir kennen Sie ja eh" in Bezug auf eine Zuordnung zu WS doch etwas weit hergeholt. Außerdem war die Entfernung zwischen Ml und Bw beim Maschendrahtzaun doch sehr gering, auch wenn der Bw in der Verhandlung angab, er sei weggerannt ohne sich umzudrehen. Nach Auffassung des UVS hätte er sich in seiner Lage versichern können und müssen, ob er tatsächlich seinem Vater davonläuft oder doch einem (echten) Polizisten. Die bloße Flucht ohne Rücksichtnahme auf die vom Bw tatsächlich inhaltlich wahr­genommenen Rufe taugt unter diesen Bedingungen nicht als Grundlage für die vom Bw geschilderte Vermutung. Dass, wie der Bw später festgestellt hat, sein Vater noch nicht zu Hause ist, war ihm zu dieser Zeit unbekannt; zu dieser Zeit hatte er nur beim Kreisverkehr einen vermeintlich silberfarbenen Kombi gesehen. Die Aussagen des Bw sind nach dem Dafürhalten des UVS etwas übertrieben und stellen keine nachvollziehbare Erklärung für seine Flucht dar, speziell nach dem Inhalt der Zurufe des Ml. Nach Ansicht des UVS hätte sich der Bw in dieser speziellen Situation vergewissern müssen, wer ihm tatsächlich nachläuft, und leicht erkennen können, dass es nicht sein Vater war. Auch wenn ihm keine böse Absicht zu unterstellen ist – dafür dass beim Bw eine Alkoholisierung vorlag oder ihm sonst in objektiver Hinsicht irgendetwas vorzu­werfen gewesen wäre, besteht kein Anhaltspunkt – ist für den UVS kein logisch begründbarer Anlass für sein Weglaufen erkennbar, zumal er damals vom gefälschten Kennzeichen nichts wissen konnte. Auch wenn ihm bei völliger Dunkelheit ein Mann mit einer Stab­lampe in der Hand nachlief und er dessen Stimme seinem Vater zuordnete – wobei er in der Verhandlung angab, er habe "nicht so darauf geachtet" – hätten ihm schon aufgrund des Inhaltes der Zurufe Zweifel kommen müssen. Speziell zum Zeitpunkt, als zwischen den beiden nur der Maschendrahtzaun war, wäre ein Umdrehen bzw auch eine Kontaktaufnahme durch den Bw gefahrlos gewesen, weil sein Vater den Zaun erst überwinden hätte müssen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte der Bw erkennen können, dass der Mann, der ihm nachrief, "Wir kennen Sie ja eh!", nicht sein Vater sein konnte. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4)  nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind. Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunken­heit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beein­träch­tigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

Gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung für die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen.

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 1.Satz StVO 1960 sind ua besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. ... Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens konnte der Ml nach eigenen Angaben keinerlei auffälliges Fahrverhalten oder sonstige Anhaltspunkte für eine beim Bw bestehende Alkoho­lisierung wahrnehmen; dass der Bw davonlief, ist nicht als Hinweis auf eine ev. Alkoholisierung zu sehen. Die Aufforderung zum Alkotest durch den Ml war aber nach der oben angeführten Bestimmung insofern zulässig und gerechtfertigt, als ein für Amtshandlungen gemäß § 5 StVO ermäch­tigtes Straßenaufsichtsorgan – der Ml ist ein solches – jederzeit eine solche Aufforderung aussprechen kann, wenn die Untersuchung der Atemluft auf Alko­hol­­gehalt an Ort und Stelle durch­geführt wird. Auch wenn im Streifenfahr­zeug nur ein Alkoholvortestgerät mitge­führt wurde, ist es möglich, in kurzer Zeit einen Alkomaten zum Haus X zu holen und mit dem Bw im Streifen­fahrzeug einen Alkotest durchzuführen. Damit wäre dieser Bestimmung ent­sprochen worden und der Bw hätte den Alkotest nicht verweigern dürfen – sein Davonlaufen ist ohne jeden Zweifel als schlüssige Verweigerung des Alkotests zu interpretieren, zumal er ausdrücklich und völlig glaubhaft bestätigt hat, dass er während des Davonlaufens hinter sich eine entsprechende Aufforderung durch den Ml – "Alkoholkontrolle!" – gehört hat. Für die Verwirklichung eines solchen Deliktes gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 reicht fahrlässiges Verhalten aus; dem Bw ist keine böse Absicht im Sinne von Vorsatz zu unter­stellen. Es soll auch nicht verkannt werden, dass ein solcher Sachverhalt wie der Gegenständliche äußerst selten und unüblich ist, jedoch hat der Gesetzgeber auch für derartige Fälle eine rechtliche Grundlage für eine Aufforderung zur Atemalkoholunter­suchung geschaffen, wobei es nicht darauf ankommt, dass beide Parteien, Straßenaufsichtsorgan und Lenker, die Identität des anderen jeweils richtig erkannt und zugeordnet haben. Die Aufforderung durch den Ml an eine Person, die er subjektiv – hier aufgrund des ihm als dem Vater des Bw gehörig bekannten und unverwechselbaren Wohnmobils – für eine andere hält, ist daher zulässig. Der Aufgeforderte hat dieser Aufforderung, die er gehört und auch ver­standen hat, unter allen Umständen Folge zu leisten. Eine Notstandssituation war jedenfalls beim Weglaufen des Bw nach Überspringen des Maschendrahtzaunes nicht (mehr) gegeben – spätestens zu diesem Zeitpunkt wäre eine Identitäts­klärung möglich und für den Bw völlig gefahrlos gewesen und der Ml hätte angesichts der bei der ihm unbekannten Person des Bw fehlenden Symptome seine Aufforderung eventuell auch zurücknehmen können. Eine derartige Ein­schätzung der Sachlage in objektiver Hinsicht wäre dem Bw als Inhaber einer Lenkberechtigung auch zuzumuten gewesen. Seine Verantwortung, er habe nicht erkennen können, dass ihm nicht sein Vater sondern ein echter Polizist nach­laufe, kann bei den vom Bw selbst angeführten spärlichen Wahrnehmungen und Informationen – er hat nur einen hellen Kombi hinter sich gesehen und gewusst, dass sein Vater nicht zuhause war und eine Stablampe im Kombi liegt – vor allem angesichts der Inhalte der Zurufe des Ml jedenfalls ab Überwindung des Maschendrahtzaunes durch den Bw nicht mehr als Recht­fertigung für das Weg­laufen angesehen werden. Die Verweigerung des Alkotests muss nicht verbal erfolgen, sondern kann auch aufgrund von ablehnenden Handlungen des Aufge­forderten schlüssig angenommen werden, wie hier aufgrund des Weglaufens, zumal dem Bw der Anlass für das Nachlaufen durch den Ml bekannt war.

Aus der Sicht des UVS besteht kein Zweifel, dass der Bw damit den Alkotest verweigert und damit eine Übertretung im Sinne des § 99 Abs.1 lit.b begangen hat.

 

Damit hat er aber zweifellos eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht, die die Annahme der Verkehrsunzuver­lässig­keit nach sich zieht und gemäß § 26 Abs.2 Z1 FSG bei erstmaliger Begehung eine Entziehungsdauer von sechs Monaten zwingend vorschreibt. Die aufgrund einer Verweigerung des Alkotests vorgesehene Entziehungsdauer ist in diesem Ausmaß gesetzlich fest­gelegt und weder von der Erstinstanz noch vom UVS, auch nicht angesichts der speziellen Lage des Falles, im Sinne einer Einschränkung abänderbar.

Da dem Bw der Führer­schein nicht vorläufig abgenommen wurde, ist der Beginn der Entziehungsdauer mit der Zustellung des Mandatsbescheides vom 6. Juli 2010, VerkR21-187-2010, anzusetzen, dh mit 7. Juli 2010, weshalb die Ent­ziehungs­dauer mit 7. Jänner 2011 endet, was insgesamt eine Dauer der Verkehrs­unzuverlässigkeit von annähernd 7 Monaten ergibt.

 

Das Lenkverbot und die Aberkennung des Rechts, von einem allenfalls vorhan­denen ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, gründet sich gemäß §§ 32 Abs.1, 24 Abs.1 und 30 Abs.1 FSG als einziges Kriterium auf die Verkehrs­unzuverlässigkeit und ist damit für den gleichen Zeitraum wie die Entziehungsdauer ebenfalls durch den Gesetzgeber zwingend vorgesehen.

Ebenso zwingend ist die Vorschreibung der Beibringung eines von einem Amts­arzt erstellten Gutachtens gemäß § 8 FSG sowie einer verkehrs­psycho­logischen Stellungnahme und die Anordnung der Absolvierung einer Nachschulung für alkohol­auffällige Lenker. Diese Anordnungen liegen nicht im Ermessen der Behörde, sondern sind eine in § 24 Abs.3 FSG angeordnete Folge der Entziehung. Die Entziehungsdauer endet nicht vor Befolgung dieser Anordnungen.

 

Gemäß § 64 Abs.2 AVG kann die Behörde die aufschiebende Wirkung aus­schließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung gemäß dieser Bestimmung im Fall des Entzuges der Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit auf Grund des Interesses des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug immer  geboten (vgl VwGH 20.2.1990, 89/11/0252, uva).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.


 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Voraussetzung für Aufforderung zur Atemalkoholuntersuchung liegt vor -> Entziehung der Lenkberechtigung gerechtfertigt -> bestätigt

 

 

 

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