Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720281/2/BP/Gr

Linz, 09.11.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                     4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, StA von X, derzeit in Haft in der X, gegen den Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 1. Oktober 2010, Zl.: 1-1008758/FP/10, mit dem über den Berufungswerber ein unbefristetes Aufenthaltsverbot verhängt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

 

Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Bescheid wird be­hoben und die Angelegenheit wird zur neuerlichen Verhandlung und Er­lassung eines neuen Bescheids an die Behörde erster Instanz zurück­ver­wiesen.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 2 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors von Steyr vom 1. Oktober 2010,
Zl.: 1-1008758/FP/10, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) auf Basis der §§ 86 Abs. 1 und 63 des Fremdenpolizeigesetzes – FPG, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt. Gemäß § 86 Abs. 3 FPG wurde dem Bw von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub erteilt.

 

1.1.2. Zum Sachverhalt führt die belangte Behörde zunächst lediglich aus, dass der Bw am 5. August 2010 aufgrund einer Vorführung zum Strafantritt des BG Steyr zu GZ.: B6/3804/2009 festgenommen worden sei. Weiters wird auf ein Urteil des LG Steyr vom 21. April 2010 rk. Seit 8. April 2009, Zl.: 499 011 Hv 19/06h -84 wegen §§ 148 zweiter Fall, 15, 147 Abs. 3, 241e Abs. 1 erster Fall, 127, 130 erster Fall StGB hingewiesen, wobei der Bw zu 8 Monaten Freiheitsstrafe teilbedingt verurteilt worden sei.

 

Darüber hinaus ist dem Bescheid zu entnehmen, dass die belangte Behörde davon ausgeht, dass der Bw in Österreich keinen Wohnsitz hat, eine akute Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt, keiner Beschäftigung nachgeht und über keine familiären Bindungen im Inland verfügt.

 

1.1.3. Nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde die von ihr getroffene fremdenpolizeiliche Maßnahme sowohl dem Grunde nach als auch hinsichtlich der unbeschränkten Dauer als gerechtfertigt, verhältnismäßig und geboten an.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Bw rechtzeitig Berufung mit Schreiben vom 12. Oktober 2010.

 

Er weist darin u.a. auf seinen rund 20-jährigen Aufenthalt in Österreich, auf seine 17 Jahre bestehende Ehe, zwei Vaterschaften in Österreich, auf den Umstand, dass er zu seinem Heimatstaat X keine Beziehungen mehr habe und auch die Sprache nicht mehr beherrsche, auf die Tatsache, dass seine Ehefrau an MS leide wie auch auf seine Integration im Bundesgebiet hin und beteuert sich zukünftig rechtskonform verhalten zu wollen, weswegen er um die Aufhebung der fremdenpolizeilichen Maßnahme ersucht.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 14. Oktober 2010, wurde der gegenständliche Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat von der belangten Behörde vorgelegt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsakt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abge­sehen werden, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 67d Abs. 2 Z. 1 AVG).

 

2.3. Der Unabhängige Verwal­tungs­senat ist zur Entscheidung durch eines seiner Mit­glieder zuständig (vgl. § 67a Abs. 1 AVG).

 

 

3. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Be­scheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheids an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurück­verweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Ver­handlung unvermeidlich scheint.

 

3.2. Der der Entscheidung der belangten Behörde zugrunde liegende Sachverhalt ist als in den verschiedensten Punkten mangelhaft erhoben anzusehen. Auch scheint der Aktenlage nach der Bw bislang im ggst. Verfahren kaum eingebunden und daher seine Parteistellung nicht entsprechend gewahrt worden zu sein.

 

Insbesondere finden sich keine angaben hinsichtlich der Aufenthaltsdauer des Bw in Österreich, seiner privaten Umstände, seiner Integration im Bundesgebiet wie auch in seinem Heimatstaat, sein bisheriges fremdenpolizeilich relevantes Verhalten (mit Ausnahme der Straffälligkeit).

 

Eine neuerliche Beweisaufnahme unter Wahrung der Parteienrechte erscheint unvermeidlich, da der (aktuelle) Sachverhalt etwa im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, bei der dem Bw alle von der Behörde erhobenen relevanten  Sachverhaltsdetails vorgehalten werden und allenfalls unmittelbar Zeugen vernommen werden, am effektivsten durch die Behörde I. Instanz erhoben werden kann.

 

3.3. Letztlich ausschlaggebend für die Zurückverweisung ist der Umstand, dass mit einer mündlichen Verhandlung und unmittelbaren Beweisaufnahme durch den Unab­hängigen Verwaltungssenat selbst keine Ersparnis an Zeit und Kosten im Sinn des komplementären Tatbestands des § 66 Abs. 3 AVG verbunden wäre. Im Gegenteil gebietet es die Zweckmäßigkeit, der Raschheit, der Einfachheit und die Kosten­ersparnis (vgl. § 39 Abs. 2 letzter Satz AVG), die notwendigen ergänzenden Beweise durch die belangte Behörde vor­nehmen zu lassen.

 

Zusätzlich würde bei einer Durchführung des zweifellos notwendigen ergänzenden Ermittlungsverfahrens durch den Unabhängigen Verwaltungssenat der dem Bw nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs generell zustehende gerichtliche Rechtsschutz, ihm insofern entzogen werden, als der (gemäß Art. 130 und 131 B-VG zur allfälligen Überprüfung zuständige) Verwaltungsgerichtshof – im Gegensatz zum Unabhängigen Verwaltungssenat (vgl. Art. 129a B-VG iVm. §§ 67a ff AVG) – im Wesentlichen nur als Revisionsinstanz und nicht als Tatsacheninstanz eingerichtet ist. Es ist daher davon auszugehen, dass die neuerliche Prüfung und Er­gänzung des Sachverhalts durch die Administrativbehörde zu erfolgen hat, sodass für den Bw eine allfällige nachfolgende (umfassende) Prüfungsmöglichkeit durch den Unabhängigen Verwaltungssenat gewahrt bleibt.

 

Es war daher der angefochtene Bescheid zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und einer allfälligen Erlassung eines neuen Bescheids an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Hinweis: Im Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro (Eingabegebühr) angefallen; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Bernhard Pree

 

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