Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165147/2/Fra/Gr

Linz, 04.11.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt X, gegen die Höhe der mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 14. April 2010, VerkR96-55433-2009-Wi, wegen Übertretung des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 verhängten Strafe , zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 140 Euro herabgesetzt wird. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden festgesetzt. Der Antrag auf Absehen von einer Bestrafung gemäß § 21 VStG wird abgewiesen.

 

II.              Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat keinen Kostenbeitrag zu entrichten. Für das Verfahren I. Instanz ermäßigt sich der Kostenbeitrag auf 10 Prozent der neu bemessenen Strafe (14 Euro).

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I:§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24; §§ 16, 19 und 21 Abs.1 VStG

Zu II: § 64 und 65 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen Übertretung des § 52 lit.a Z.10a StVO 1960 gemäß § 99 Abs.2c Z.9 leg.cit. eine Geldstrafe von 280 Euro (EFS 108 Stunden) verhängt, weil er als Lenker des Fahrzeuges Kennzeichen: X, PKW, am 25. Juli 2009 um 01:36 Uhr in der Gemeinde X, Autobahn X bei km X in Fahrtrichtung X im angeführten Bereich, welcher außerhalb eines Ortsgebietes liegt, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um
65 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafe vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig gegen die Höhe der verhängten Strafe eingebrachte Berufung. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Straferkenntnis weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000  Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Die Berufung richtet sich gegen das Strafausmaß. Da sohin der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist, entfällt diesbezüglich eine Berufungsentscheidung. Der OÖ. Verwaltungssenat hat demnach zu überprüfen, ob die Strafe, gemessen an den Kriterien des § 19 VStG, rechtmäßig bemessen wurde und ob allenfalls eine Herabsetzung dieser in Betracht kommt.

 

Bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde, gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen in der gesetzmäßigen Ausmessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen. Als Rechtsfrage stellt sich hiebei für die Behörde die Aufgabe, unter Bedachtnahme auf die soziale und wirtschaftliche Situation des Beschuldigten im Rahmen des gesetzlichen Strafsatzes die dem Unrechts- und Schuldgehalt der Tat angemessene Strafe festzusetzen, also bei der Strafbemessung auf objektive und subjektive Kriterien der Tat Bedacht zu nehmen.

 

Der Bw hat als Lenker des in Rede stehenden PKWs die zulässige Höchstgeschwindigkeit beinahe um rd. 108 Prozent überschritten.

 

Für diese Verwaltungsvertretung ist gemäß § 99 Abs.2 Z.9 StVO 1960 ein Strafrahmen von 72 Euro bis 2180 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden bis 6 Wochen) vorgesehen.

 

Trotz dieser eklatanten Geschwindigkeitsüberschreitung sah sich der OÖ. Verwaltungssenat aus folgenden Gründen zu einer Ermäßigung der Strafe veranlasst:

 

1.      Der Bw ist laut Aktenlage verwaltungsstrafrechtlich unbescholten. Dieser Umstand fällt zu Gunsten des Bw besonders in Gewicht. Erschwerende Umstände sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

2.      Der Bw ist für Gattin und sieben Kinder sorgepflichtig.

3.      Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hat der Bw vorgebracht, dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um einen "Krankentransport" gehandelt habe. Seine Tochter X, geboren am 4. März 1996, sei in der Zeit vom 21. Juli 2009 bis 26. Juli 2009 mit ihrem Schwimmverein (X) auf einem Trainingslager in X gewesen. Am 24. Juli 2009 habe er einen Anruf des Schwimmtrainers erhalten, dass X an Grippe erkrankt sei und hohes Fieber habe. Trotz Bettruhe und Medikamenten habe das Fieber nicht gesenkt werden können und er habe sich deshalb entschlossen, X abzuholen. Er sei am 24. Juli 2009 nachmittags nach X gefahren, habe seine Tochter abgeholt und sei mit ihr in der Nacht nach X zurückgefahren, um sie einer gezielten Behandlung in Österreich zuführen zu lassen. Auf Grund des Umstandes, dass er Sorge um seine Tochter hatte und lange unterwegs gewesen sei, habe er die Geschwindigkeitsbeschränkung übersehen. Eine bewusste Geschwindigkeitsüberschreitung sei nicht vorgelegen. Ebenso wenig sei es zu einer Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer gekommen, da im fraglichen Bereich kein anderes Fahrzeug auf der X unterwegs gewesen sei. Er ersuche, diese Umstände bei der Einscheidungsfindung als mildernd zu berücksichtigen.

 

Der OÖ. Verwaltungssenat stellt fest, das dieses Vorbringen auch bei der Strafbemessung als mildernd gewertet wird. Ein weiterer zu berücksichtigender Umstand ist die Tatzeit (01:36 Uhr). Es ist davon auszugehen, dass um diese Zeit das Verkehrsaufkommen gering war, woraus ein geringes Gefährdungspotenzial abzuleiten ist, als zu Zeiten höheren Verkehrsaufkommens.

 

§ 21 VStG konnte jedoch – wie vom Bw beantragt – mangels Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen nicht angewendet werden, da beim Übersehen der Geschwindigkeitsbeschränkung – wie vom Bw vorgebracht – im Baustellenbereich einer Autobahn von einem gravierenden Aufmerksamkeitsfehler auszugehen ist und das Verschulden nicht als geringfügig bewertet werden kann. Diesbezüglich ist auf die einschlägige Judikatur des VwGH hinzuweisen, wonach die Schuld eines Beschuldigten nur dann als geringfügig angesehen werden kann, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- u. Schuldgehalt erheblich zurückbleibt. Davon kann im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden.

 

Die neu bemessene Strafe ist nach Auffassung des OÖ. Verwaltungssenates unter Berücksichtigung der o.a. Umstände nunmehr tat- u. schuldangemessen und den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Bw angepasst. Eine weitere Herabsetzung der Strafe verbietet sich aus präventiven Gründen.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

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