Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165494/3/Fra/Gr

Linz, 18.11.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                               Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                               2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Steyr vom 4. Oktober 2010, AZ: S-4616/ST/10, betreffend Übertretungen der StVO 1960 und des FSG, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 1 (§ 20 Abs.2 StVO 1960) insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 70 Euro herabgesetzt wird. Für den Fall der Uneinbringlichkeit dieser wird eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden festgesetzt.

Der Berufung wird hinsichtlich des Faktums 2 (§ 14 Abs.1 FSG) insofern Folge gegeben, als von der Verhängung einer Strafe abgesehen und der Berufungswerber wegen der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ermahnt wird.

 

II. Der Berufungswerber hat zum Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat hinsichtlich des Faktums 1 ( § 20 Abs.2 StVO 1960) keinen Kostenbeitrag zu entrichten. Der Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren ermäßigt sich auf 10 Prozent der neu bemessenen Strafe (7 Euro).

Der Berufungswerber hat zum Verfahren hinsichtlich des Faktums 2 (§ 14 Abs.1 FSG) keine Kostenbeiträge zu entrichten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs.4 .iVm § 24 VStG; §§ 16, 19 und 21 VStG

Zu II: §§ 64 und 65 VStG, § 66 Abs.1 VStG

 




 

Entscheidungsgründe:

 

I.1. Die Bundespolizeidirektion Steyr hat mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis über den Berufungswerber (Bw) wegen

1. Übertretung des § 20 Abs.2 StVO 1960 gemäß § 99 Abs.3 lit.a leg.cit. eine Geldstrafe von 80 Euro (EFS 26 Stunden) und

2. Übertretung des § 14 Abs.1 FSG gemäß § 37 Abs.1 iVm § 37 Abs.2a leg.cit eine Geldstrafe von 36 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil er

am 29. April 2010 um 15:25 Uhr in X
(X), Straßenkilometer X, Fahrtrichtung X, den PKW mit dem behördlichen Kennzeichen X gelenkt hat, wobei er

  1. die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit um 21 km/h überschritten hat und
  2.  den für das von ihm gelenkte KFZ vorgeschriebenen Führerschein nicht mitgeführt hat.

 

Ferner wurde gemäß § 64 VStG jeweils ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 10 % der verhängten Geldstrafen vorgeschrieben.

 

I.2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung. Die Bundespolizeidirektion Steyr – als nunmehr belangte Behörde - legte das Rechtsmittel samt bezughabendem Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vor, der, weil im angefochtenen Straferkenntnis jeweils 2000 Euro nicht übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c erster Satz VStG).

 

I.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

Der Bw hat im Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat sein Rechtsmittel auf das Strafausmaß eingeschränkt und hinsichtlich des Faktums 2 beantragt, gemäß § 21 VStG von einer Bestrafung abzusehen. Da sohin die Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen sind, hat der OÖ. Verwaltungssenat ausschließlich die Frage zu prüfen, ob die Strafen nach den Kriterien des § 19 VStG herabgesetzt werden können und/oder § 21 Abs.1 VStG anzuwenden ist.

 

Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ermächtigt diese Vorschrift trotz der Verwendung des Wortes "kann" die Behörde nicht zur Eremessensübung. Sie ist vielmehr als eine Anordnung zu verstehen, die die Behörde im Rahmen gesetzlicher Gebundenheit ermächtigt, bei Zutreffen der im ersten Satz angeführten Kriterien von einer Strafe abzusehen und bei Zutreffen des im zweiten Satz angeführten weiteren Kriteriums mit einer Ermahnung vorzugehen. Für die Annahme, dass der Behörde in Fällen, in denen die tatbestandsbezogenen Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG erfüllt sind, eine Wahlmöglichkeit zwischen einem Strafausspruch und dem Absehen einer Strafe offensteht, bleibt bei der gebotenen verfassungskonformen Auslegung kein Raum. Liegen beide in § 21 Abs.1 VStG genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen vor, so hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung dieser Bestimmung.

 

Der Bw hat im Verfahren vor dem OÖ. Verwaltungssenat glaubhaft jene Umstände vorgebracht, weshalb er seine Geldbörse, in der sich sein Führerschein befand, zu Hause vergessen habe. Diese Umstände indizieren ein geringfügiges Verschulden. Die tatbestandsbezogenen Voraussetzungen der Anwendung des
§ 21 Abs.1 VStG im Hinblick auf das Faktum 2 (§ 14 Abs.1 FSG) liegen daher vor. Der Ausspruch einer Ermahnung war erforderlich, um den Bw auf die (objektive) Rechtswidrigkeit seines Verhaltens hinzuweisen und ihn in seinem eigenen Interesse von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen abzuhalten. Auf den konkreten Fall bezogen vertritt der Unabhängige Verwaltungssenat die Auffassung, dass sich der Ausspruch einer Ermahnung vom Aspekt der Spezialprävention mit der Verhängung einer geringen Geldstrafe nicht oder kaum von der Wirkung unterscheidet. Anders gesagt: Reicht eine Ermahnung nicht aus, den Bw von weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten, würde auch eine Geldstrafe von 36 Euro die spezialpräventive Wirkung wohl nicht erzielen. Wiederum anders gewendet: Ist auch eine Ermahnung aus spezialpräventiven Gründen ausreichend, ist, soweit die Voraussetzungen des § 21 Abs.1 vorliegen, vor dem Hintergrund der OÖ. Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, von dieser Bestimmung Gebrauch zu machen.

 

Die Annahme der belangten Behörde, dass der Bw keine ins Gewicht fallende Sorgepflichten habe, trifft nicht zu. Der Bw brachte glaubhaft vor, dass er am 28. Oktober 2010 zum dritten Mal Vater geworden ist und somit nunmehr für drei Kinder unterhaltspflichtig ist. Die Strafe hinsichtlich des Faktums 1 (§ 20 Abs,2 StVO 1960) konnte daher reduziert werden. Da der Bw jedoch eine einschlägige Vormerkung aufweist, welche als erschwerend zu werten ist, war eine weitere Ermäßigung der Strafe nicht vertretbar. Auch präventive Aspekte sprechen dagegen. Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

II. Die Kostenentscheidung ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

 

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