Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-240773/2/BP/Ga

Linz, 07.10.2010

 

Mitglied:                                                                                                                                                                                               

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                                                   

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 8. September 2010, GZ.: SanRB96-114-2009, wegen einer Übertretung nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen,      als im Spruch des angefochtenen Bescheides bei der   Rechtsgrundlage des § 90 Abs. 3 LMSVG die angeführte Z. 3 durch Z. 2 ersetzt wird; im Übrigen wird das angefochtene          Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Die Berufungswerberin hat zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten       des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen   Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö.        Verwaltungssenat in Höhe von 20,00 Euro (das sind 20 % der          verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

Zu II.:§ 64 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit  Bescheid  des  Bezirkshauptmanns  des Bezirks  Urfahr-Umgebung vom 8. September 2010, GZ.: SanRB96-114-2009, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) gemäß § 90 Abs. 3 Z. 3 und § 98 Abs. 1 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz – LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 idgF. i.V.m. § 4 Abs. 1 Z. 3 der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung – LMVK, BGBl. 72/1993, eine Geldstrafe in Höhe von 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Stunden) verhängt, weil sie es als Erzeuger und Verpacker zu verantworten habe, dass am 2. September 2009 um 7:53 Uhr in ihrem Betrieb in X, 6 Packungen "Weichkäse" (Herstellungsdatum: 29. Juli 2009, Mindesthaltbarkeitsdatum:
20. Dezember 2009, Bruttogewicht: 258 g, 283 g, 284 g, 287 g, 220 g, 276 g) im Kühlraum für den Verkauf bereitgehalten worden seien, und sich daher in Verkehr befunden hätten, obwohl diese nicht vollständig den Bestimmungen der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung entsprochen hätten, da die Angabe der Nettofüllmengen gefehlt habe.

 

Nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der einschlägigen Rechtsgrundlagen bejaht die belangte Behörde in ihrer Begründung das Vorliegen sowohl der objektiven als auch der subjektiven Tatseite. Hinsichtlich der Strafbemessung geht die belangte Behörde weder vom Vorliegen von Erschwerungsgründen noch von Milderungsgründen aus.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der der Bw am 9. September 2010 zugestellt wurde, richtet sich der vorliegende rechtzeitig eingebrachte als Berufung zu wertende Schriftsatz vom 13. September 2010.

 

Darin führt die Bw ua. aus, dass für die unterschiedlichen Arbeitsabläufe und Reifestadien im Betrieb der Bw ein Kühlraum bzw. Lagerraum notwendig sei. Nach Bestimmung des optimalen Reifestadiums werde der Käse an den Großhändler ausgeliefert, der seinerseits diesen an seine Einzelhändler weitergebe, wo die Produkte in den Verkaufspulten richtig deklariert zu Verkauf angeboten würden. Weiters verweist die Bw auf ein eingestelltes Verfahren vom 11. August 2007, dem der gleiche Sachverhalt zugrunde gelegen sei.

 

 

2. Mit Schreiben vom 27. September 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde.

 

Da sich daraus bereits der entscheidungswesentliche Sachverhalt – im Übrigen unwidersprochen – ergibt, im Verfahren lediglich eine Rechtsfrage zu klären war, keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe im angefochtenen Bescheid verhängt wurde und kein darauf gerichteter Parteienantrag vorlag, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungs­wesentlichen Sachverhalt aus.

 

2.3. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 90 Abs. 3 Z. 2 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher-schutzgesetzes - LMSVG, BGBl. I Nr. 13/2006 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 136/2006, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 20.000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40.000 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund der §§ 6, 7 Abs. 1, 9 Abs. 2, 10 Abs. 7 oder 8, 11, 12, 13, 14, 19, 20, 34, 47 Abs. 2 oder 57 Abs. 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 3a der Lebensmittelkennzeichnungsverordnung 1993 - LMVK, BGBl. 72/1993, sind verpackte Waren derart zu kennzeichnen, dass die Nettofüllmenge der zur Verpackung gelangenden Ware nach metrischem System bei flüssigen Waren nach Liter, Zentiliter oder Milliliter, bei sonstigen Waren nach Kilogramm oder Gramm angegeben werden.

 

3.2. Die Bw weist darauf hin, dass die im Kühlraum ihres Betriebes gelagerten verpackten Käseprodukte noch nicht in den Verkauf gelangt seien und für die detaillierte Kennzeichnung durch Großhändler und Einzelhändler gesorgt würde.

 

Unbestritten ist es Intention sowohl des LMSVG als auch der LMVK, eine ausreichende Kennzeichnung schon ab dem Zeitpunkt des In-Verkehrbringens einer Ware zu gewährleisten. Hinsichtlich der Definition des "In-Verkehrbringens" verweist § 3 Z. 9 LMSVG zunächst auf Art. 3 Z. 8 der Verordnung EG/178/2002. Demnach ist unter In-Verkehrbringen das Bereithalten von Lebensmitteln oder Futtermitteln für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, der Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst. Darüber hinaus konkretisiert § 3 Z. 9, dass auch das Lagern derartiger Produkte unter In-Verkehrbringen zu verstehen ist.

 

Der Schutzzweck des LMSVG setzt also in einem sehr frühen Stadium – nämlich im Grunde schon nach dem Abschluss des Produktionsvorganges – ein, denn ab diesem Zeitpunkt kann in der Regel davon ausgegangen werden, dass eine Ware zum Verkauf oder einer sonstigen Weitergabe bereitgehalten wird.

 

Zusätzlich ist anzumerken, dass § 4 LMVK generell die Anforderungen an die Verpackungskennzeichnung an den Zeitpunkt des diesbezüglichen Vorganges knüpft. Wird eine Ware verpackt, so hat sie nach Abschluss dieses Prozesses den Kennzeichnungskriterien zu genügen. Dieser Zeitpunkt muss allerdings in Zusammenschau mit dem oa. Beginn des In-Verkehrbringens gesehen werden, weshalb, dem Schutzzweck der lebensmittelrechtlichen Normen entsprechend, letzterer Zeitpunkt bei einer verwaltungsstrafrechtlichen Verfolgung als ausschlaggebend heranzuziehen sein wird.

 

3.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass durch das Lagern der schon verpackten Käseprodukte im Kühlraum des Unternehmens, dem offensichtlich keine weiteren Produktionsschritte mehr folgen sollten, der Tatbestand des Bereithaltens zum Verkauf – wenn auch an Großhändler – erfüllt war. Denn jeder Lebenserfahrung nach ist mit der Verpackung einer Ware der Produktionsprozess beendet und folgt darauf das Stadium des In-Verkehrbringens. Die vollständige Kennzeichnung der Käseprodukte hätte also hier erfolgen müssen. Nicht im Sinne der Normen wäre es – wie von der Bw angenommen – den diesbezüglichen Zeitpunkt erst vor Abgabe an den Letztverbraucher anzusetzen.  

 

Die objektive Tatseite ist somit gegeben.

 

3.4. Das LMSVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­läs­siges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Grundsätzlich ist anzumerken, dass der Bw als Lebensmittelproduzentin die in Rede stehenden Normen und daraus entstehenden Verpflichtungen bekannt sein hätten müssen. In der Versäumnis der Einholung von entsprechenden Informationen kann durchaus ein fahrlässiges Verhalten angesehen werden, zumal die Bw keinerlei Schuldentlastungsnachweis erbrachte.

 

Es kann daher auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite in Form von fahrlässigem Verhalten ausgegangen werden.

 

3.5. Hinsichtlich der Strafbemessung folgt das erkennende Mitglied der Einschätzung der belangten Behörde, zumal das Strafausmaß lediglich 0,5% des im § 90 Abs. 3 Z 2 LMSVG normierten Strafrahmens ausmacht und sohin von der belangten Behörde ohnehin äußerst maßvoll vorgegangen wurde.

 

3.6. Eine Anwendung des § 21 VStG und damit verbunden ein Absehen von der Strafe kam allein schon mangels geringfügigem Verschulden, das kumulativ zu den unbedeutenden Folgen der Tat gegeben sein müsste, nicht in Betracht.

 

3.7. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden, wobei gemäß § 62 Abs. 4 AVG der Austausch der Ziffer 3 des § 90 Abs. 3 LMSVG in der Rechtsgrundlage des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses zu Ziffer 2 vorzunehmen war.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß § 64 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20% der verhängten Geldstrafe - also 20 Euro - aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Bernhard Pree

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum