Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240755/5/Sr/Sta

Linz, 02.11.2010

B e s c h l u s s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider im Verwaltungsstrafverfahren nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz, das gegen x, x, x, geführt und mit Beschluss des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. Juli 2010, VwSen-240755/3/Sr/Fu/Sta, rechtskräftig abgeschlossen worden ist, folgenden Beschluss gefasst:

Der Beschluss des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. Juli 2010, VwSen-240755/3/Sr/Fu/Sta, wird von Amtswegen ersatzlos aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 52a Verwaltungsstrafgesetz (VStG) iVm § 63 Abs. 5 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom
16. Juni 2010, GZ 0043261/2008, wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen sechs Verwaltungsübertretungen nach dem Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), Geldstrafen in der Höhe von je 100 Euro (insgesamt 600 Euro), für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von je 5 Stunden, verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag iHv insgesamt 60 Euro vorgeschrieben.

 

Im Straferkenntnis wurde der Bw wie folgt für schuldig befunden:

"Die (Der) Beschuldigte, Herr x, geboren am x, wohnhaft: x x, hat als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma x mit dem Sitz in x, x und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu verantworten, dass von dieser Firma die Bestimmungen des LMSVG im Umfang der §§ 4, 21 und 38 iVm Art 4 Abs. 2 und Art. 5 VO (EG) 852/2004 (Anhang II Kapitel I, II, III, V, VI, VIII, IX, und XII) von 23.07.2007 bis 14.08.2008 nicht eingehalten wurden.

Bei Kontrollen am 23.07.2007, 07.07. 2008 und 14.08.2008 wurden nachstehende Beanstandungen festgestellt:

1. Bauliche Voraussetzungen: Sowohl im Verkaufsbereich als auch im Produktionsbereich fehlen Fliesen bzw. sind diese beschädigt, im Produktionsbereich sind weiters Teile des Fußbodens, der Wände und die Installationen nicht leicht zu reinigen und zu desinfizieren. Die Schiebetür zum Produktionsbereich ist beschädigt und nicht so ausgeführt, damit ein Eindringen von Schädlingen verhindert wird. Der Schließmechanismus der Kühlraumtüre ist defekt. Das Waschbecken im Produktionsraum verfügt über keinen Seifenspender und eine hygienische Händetrockenmöglichkeit. Reinigungsgeräte werden in Räumen gelagert, in denen mit Lebensmittel umgegangen wird. Das Abflusssystem verfügt über keine Gitter, die vor dem Eindringen von Schädlingen schützen. Insektenschutzgitter fehlen bei den zu öffnenden Fenstern.

2. Gerätespezifische Voraussetzungen: Im Produktionsraum werden Abfälle in einem Papiersack gelagert. Geräte, die nicht zur Speiseeisherstellung benötigt werden, werden im Produktionsraum gelagert. Gegenstände und Flächen sind nicht aus einem glatten, abrieb- und korrosionsfesten Material und daher nicht leicht zu reinigen und zu desinfizieren.

3. Reinigung, Desinfektion, Schädlinge: Der Reinigungszustand des Betriebes ist unzureichend, da der Grad der Verschmutzung (Spinnweben, Verkrustungen, etc.) stetig ansteigt. Zumindest seit 07.07.2008 wurde keine ordentliche Reinigung mehr durchgeführt.

4. Schulung: Hygieneschulungen des Personals werden nicht durchgeführt. Es kann Nachweis darüber vorgelegt werden. Auch kann keine Desinfektionslösung, wie am Reinigungsplan angeführt, nicht vorgewiesen werden.

5. Personalhygiene: Der Umkleidebereich ist verrümpelt – keine Trennung von sauberer und verschmutzter Arbeitskleidung.

6. Eigenkontrolle: Der Betrieb verfügt über kein schlüssiges Eigenkontrollsystem nach den Grundsätzen des HACCP. Keine laufenden Aufzeichnungen über Wareneingangskontrolle, Lagertemperaturen, etc. Kein Reinigungs- und Desinfektionsplan für Produktionsbereich. Keine produktbezogene Gefahrenanalyse, sowie keine Überwachung kritischer Kontrollpunkte. Kein Schädlingsmonitoring. Weder 2007 noch 2008 hat eine Probenziehung durch den Betreiber gemäß der VO (EG) 2073/2005 (5 Proben/Jahr) stattgefunden.

 

Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

ad 1 bis 3) Kapitel I, II, und V des Anhang II i.V.m Art 4 der VO (EG) 852/2004

ad 4) Kapitel XII des Anhang II i.V.m Art 4 der VO (EG) 852/2004

ad 5) Kapitel VIII des Anhang II i.V.m Art 4 der VO (EG) 852/2004

ad 6) Art. 5 der VO (EG) 852/2004"

1.2. Die gegen dieses Straferkenntnis erhobene Berufung, in der der Bw keinerlei Zustellmängel behauptet hat, wurde mit Beschluss des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 30. Juli 2010, VwSen-240755/3/Sr/Fu/Sta, als unzulässig – weil verspätet - zurückgewiesen.

1.3. Aufgrund dieses Beschlusses hat der Bw bei der Behörde erster Instanz einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht.

In der Antragsbegründung führte der Bw aus, dass er zum Zustellzeitpunkt des Straferkenntnisses vom 16. Juni 2010 keine Organfunktion in der vorliegenden Firma mehr gehabt habe und daher das Straferkenntnis unzulässigerweise von einem Firmenmitarbeiter an der Firmenanschrift übernommen worden sei. Ihm sei das Straferkenntnis tatsächlich erst am 29. Juni 2010 zugekommen und die Berufung somit rechtzeitig erstattet worden.

1.4. Mit Bescheid vom 16. September 2010, GZ 0043261/2008, zugestellt am 20. September 2010, hat die belangte Behörde den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand als unbegründet abgewiesen. 

Innerhalb offener Frist hat der Rechtsvertreter des Bw Berufung erhoben und ausgeführt, dass die Zustellung erst am 29. Juni 2010 rechtswirksam geworden sei, die Argumentation der belangten Behörde an der Realität vorbeiginge und das Verschulden bei dieser liege, da sie eine Zustellung an der Adresse des Unternehmens vornehmen habe lassen, obwohl ihr die Meldeadresse in x und die nicht mehr bestehende Organfunktion bekannt gewesen sei.

Das Magistrat der Landeshauptstadt Linz hat mit Schreiben vom 11. Oktober 2010, eingelangt am 20. Oktober 2010, den zugrundeliegenden Verwaltungsakt vorgelegt.

2. Der der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

Gemäß § 52a Abs. 1 VStG können der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde, als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden.

Aufgrund der Angaben des Bw, die dieser erstmals im Verfahren zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemacht hat, wurde der im Akt einliegende Rückschein einer neuerlichen Begutachtung und Beurteilung unterzogen.

Davon ausgehend, dass der Bw entgegen der Zustellverfügung zum Zustellzeitpunkt in der genannten Firma keine Organfunktion mehr innehatte und in dieser auch nicht mehr beschäftigt war, stellte der Firmensitz für ihn keine Abgabestelle im Sinne des Zustellgesetzes dar. Wie ein eingehender Vergleich der Unterschriften zeigt, ist die Unterschrift am Rückschein der jener des Bw sehr ähnlich, stimmt aber in Teilbereichen mit dieser nicht überein. Somit ist dem Vorbringen des Bw zu folgen und es steht fest, dass das Zustellorgan trotz der angeordneten Zustellung zu eigenen Handen das Straferkenntnis am 28. Juni 2010 an einen Mitarbeiter der genannten Firma ausgefolgt und es vermutlich aus diesem Grund unterlassen hat, einen Empfängervermerk am Zustellnachweis anzubringen.

Da durch den Beschluss des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes
Oberösterreich vom 30. Juli 2010, VwSen-240755/3/Sr/Fu/Sta, mit dem die Berufung des Bw als unzulässig – weil verspätet – zurückgewiesen worden ist, das Gesetz offenkundig zum Nachteil des Bw verletzt wurde, war dieser von Amts wegen aufzuheben. 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Christian Stierschneider

 

 

 

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