Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252561/22/Fi/Fl

Linz, 06.12.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des X X, vertreten durch X, X & Y, Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden vom 5. August 2010, GZ SV96, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. November 2010 mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz einen Beitrag zu den Kosten für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 146 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs. 1 und 2 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Gmunden (im Folgenden: belangte Behörde) vom 5. August 2010, GZ SV96, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 112 Stunden) verhängt, weil er es als Betreiber des Lokals "Cafe X", verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass am 11. Februar 2010, zumindest bis zum Kontrollzeitpunkt um 23:30, die rumänische Staatsbürgerin X X, geboren am 13. Juli 1989, und die ungarische Staatsbürgerin Y Y, geboren am 1. Jänner 1975, im angeführten Lokal als GoGo-Tänzerinnen beschäftigt gewesen seien, obwohl er diese nicht zur Pflichtversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger gemeldet habe. Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 33 Abs. 1 und 1a iVm § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: ASVG) angeführt.

Begründend führt die belangte Behörde – nach Schilderung des Ablaufs des bisherigen Verfahrens und der gesetzlichen Bestimmungen – im Wesentlichen aus, dass dem vom Bw in seiner Rechtfertigung vorgebrachten Einwand, die beiden Tänzerinnen seien selbständige Beschäftigte und daher keine Arbeitnehmerinnen des Bw, nicht gefolgt werde, zumal die vom Bw hiezu vorgebrachten Argumente durch die Aussagen der beiden Tänzerinnen widerlegt würden. Darüber hinaus erkläre der Bw in seiner Rechtfertigung sogar selbst, dass die Anwesenheit der Tänzerinnen in der Tanzbar zu einer höheren Gästefrequenz und somit zu einem höheren Getränkeumsatz führe, und er "nur aus diesem Grund" den Tänzerinnen die Ausübung ihrer Tätigkeit in seiner Tanzbar ermögliche. Aus Sicht der belangten Behörde sei daher erwiesen, dass die beiden Tänzerinnen als Animierdamen der Gäste eingesetzt werden. Die Behauptungen des Bw seien als bloße Schutzbehauptungen zu werten. Die Behörde schließt ihre Begründung mit Erwägungen zum Verschulden und zur Strafbemessung.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 10. August 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, am 24. August 2010 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige – Berufung vom 20. August 2010, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 31. August 2010 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt der Bw in seiner Berufung aus, dass die Annahme der belangten Behörde, dass die beiden Tänzerinnen Dienstnehmerinnen des Bw seien, falsch sei. Richtig sei lediglich, dass der Bw das verfahrensgegenständliche Tanzcafe betreibe und dass die beiden Tänzerinnen in diesem tätig gewesen seien. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde würden die beiden Tänzerinnen jedoch selbständig agieren. Zudem liege ein wesentlicher Verfahrensmangel vor, zumal es die belangte Behörde unterlassen habe, auf die in der Stellungnahme angeführten Beweismittel (Einvernahme der beiden Tänzerinnen und des Bw) einzugehen. Im Hinblick auf die vorgebrachten Einwände stellte der Bw die Anträge, der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu gemäß § 21 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG) von der Verhängung einer Strafe abzusehen, in eventu die Strafhöhe herabzusetzen.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) sowie durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11. November 2010. Aufgrund des sachlichen Zusammenhangs wurde die öffentliche mündliche Verhandlung betreffend die Verfahren VwSen-252568, VwSen-252396 und VwSen-252561 gemeinsam durchgeführt.

In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte das Kontrollorgan X dar, es habe mehrere Kontrollen im gegenständlichen Lokal gegeben. Es seien stets drei bis fünf Damen anwesend gewesen, wobei manche Damen öfter angetroffen worden seien. Die im Akt auftauchende Adresse "Straße" (X) beziehe sich offensichtlich auf eine Unterkunftsmöglichkeit, die der Bw den Damen zur Verfügung stelle. Zu den örtlichen Gegebenheiten im Lokal sagte der Zeuge aus, in einem Nebenraum hätten sich Spinde für die Damen befunden, wo diese ihre persönlichen Sachen, insbesondere Dokumente, aufbewahrt hätten. Dies wisse der Zeuge aus eigener Wahrnehmung.

Das Kontrollorgan X bestätigte das Vorhandensein von Spinden in einem Nebenraum. Ferner bestätigte die Zeugin, dass einige Damen öfter bei Kontrollen angetroffen worden seien. Die Damen hätten für Tänzerinnen typische Kleidung getragen und an den Tischen den Eindruck erweckt, als ob sie "in die Gäste verliebt wären".

Die Zeugin Y Y sagte aus, sie sei damals durchschnittlich dreimal pro Woche im Lokal gewesen. Im Allgemeinen seien vier Damen im Lokal gewesen. Sie habe keinen schriftlichen Vertrag mit dem Bw abge­schlossen. Sie sei gekommen, wann sie gewollt habe. Sie habe den Bw angerufen, wann sie beabsichtigt habe zu kommen. Keineswegs sei sie aus­schließlich für den Bw tätig gewesen; vielmehr habe sie auch in anderen Lokalen und auch privat getanzt. Wenn sie gekommen sei, sei sie drei bis vier Stunden geblieben. Sie habe pro Nacht nur in einem Lokal getanzt. Auch ihre Kolleginnen hätten das so gehandhabt. Dennoch sei "immer wer da" gewesen. Pro Nacht habe sie vom Bw 70 Euro bekommen (für etwa drei bis vier Gogo-Tänze im Hauptraum). Dieser Betrag sei vom Bw "in der Früh" ausbezahlt worden. In einem Nebenraum habe sie Table-Tänze für einzelne Gäste auf deren Wunsch durchgeführt. Diese seien von den Gästen bezahlt worden, wobei sie selbst das Geld kassiert (und dann sofort in ihren Spind getragen) habe. Sie habe vom Gast dafür 36 bis 40 Euro verlangt. Diesen Preis habe sie selbst festgesetzt. Es sei auch möglich gewesen, dass die Zeugin über Wunsch eines Gastes einen Gogo-Tanz aufgeführt habe. Dies sei vom Bw aber nicht gesondert honoriert worden.

Die Gäste hätten die Zeugin auf Getränke eingeladen. Die Zeugin sei jedoch nicht am Umsatz beteiligt gewesen. Es habe keine Vorschriften hinsichtlich der Bekleidung oder anderer Dinge gegeben.

Zur Koordination der Gogo-Tänze sagte die Zeugin zunächst, diese sei durch die Damen selbst erfolgt. Nach Wahrheitserinnerung sagte die Zeugin, die Musik habe der Computer gemacht, wobei es eine gewisse Abfolge der Lieder gegeben habe und die Damen getanzt hätten, wenn bestimmte Lieder gespielt worden seien ("wenn ich z.B. meine Musik höre, weiß ich, ich muss tanzen"). Der Bw habe erlaubt, dass die Zeugin eine eigene CD mitgenommen und in das Tanzprogramm eingebaut habe.

Das Haus Straße X gehöre glaublich dem Bw. Die Zeugin wisse jedoch nicht, ob ihre Kolleginnen dort gewohnt hatten. Sie selbst habe in X-X bei einem Verwandten gewohnt.

Der Zeuge C (Kellner) bestätigte, dass sich im Lokal neben dem Raum mit der Bar für Gogo-Tänze ein Nebenraum mit Spinden und ein weiterer Nebenraum für Table-Tänze befinde. Die Damen würden tanzen, wenn sie wollen. Mitunter sei gar keine Dame im Lokal. Über die Verein­barungen des Bw mit den Damen wisse der Zeuge nichts. Zu den Getränken würden die Damen von den Gästen eingeladen. Die Musik laufe "selbststän­dig über einen MP3-Player". Es sei aber auch möglich, dass der Zeuge von den Damen oder von Gästen mitgebrachte Musik auflege.

"Straße X" sei ein Haus des Bw. Der Zeuge wisse aber nicht, ob es sich dabei um eine Wohnmöglichkeit für die Damen handle.

Der Bw sei im Lokal nicht anwesend. Er komme in der Früh und zahle die Damen aus. Der Zeuge mache keine Inkassotätigkeit für die Damen. Er rechne nur die Getränke mit dem Bw ab.

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) sowie aus der mündlichen Verhandlung ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Auszugehen ist davon, dass die Damen sowohl Gogo-Tänze als auch Table-Tänze durchführten. Hinsichtlich der Gogo-Tänze ist – entgegen den Behaup­tungen des Bw – im Hinblick auf die Interessenlage, das glaubwürdige Auftreten der Zeugin in der öffentlichen mündlichen Verhandlung und dem Unterbleiben einer Bestreitung, der Darstellung durch die Zeugin X zu folgen. Auch wurde nicht behauptet, dass die Praxis hinsichtlich einzelner Tänzerinnen unterschiedlich gewesen wäre. Die Abfolge der Gogo-Tänze wurde im Wesentlichen durch die Abfolge der Lieder gesteuert, wobei eine Einfluss­nahme der Damen in Gestalt eines erwünschten Liedguts möglich war. Die oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegende Entlohnung für die Gogo-Tänze erfolgte durch den Bw pro Nacht (vgl. neben den Aussagen Y und X auch die Angabe von X im Personenblatt). Dies wurde durch die Zeugin Y ausdrücklich angegeben und durch den Kellner bestätigt, wonach der Bw die Damen in der Früh auszahle. Hingegen erfolgte die Bezahlung der Table-Tänze durch die Gäste nach jeweils vereinbartem Preis. Die Damen wurden von den Gästen auf Getränke eingeladen, waren aber nicht am Getränkeumsatz beteiligt.

Den Damen stand ein Umkleideraum mit individuell verschließbaren Spinden zur Verfügung. Außerdem ist anzunehmen, dass der Bw den Damen eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung stellte, die von X auch genutzt wurde. Das Haus Straße X scheint bei X sowohl im Personenblatt (Angabe "Straße X" als Wohnadresse) als auch im ZMR auf, ist allen Zeugen bekannt, wobei notorisch ist, dass dieses Haus zur Vertragserfüllung durch den Bw diente, als dieser noch mit Agenturver­trägen arbeitete (vgl. z.B. VwSen Zl. 251150 vom 18.1.2006).

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 150/2009 – eine spätere für die Bw günstigere Fassung wurde nicht erlassen – handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - , der als Dienstgeber entgegen den Bestimmungen des ASVG Meldungen oder Anzeigen entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Diese Anmeldeverpflichtung kann gemäß § 33 Abs. 1a ASVG auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tat der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden. Für eine (nur) in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a ASVG (und in der Pensionsversicherung) pflichtversicherte Person trifft § 33 Abs. 2 ASVG eine modifizierte Regelung.

Nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

Gemäß § 4 Abs. 4 Z 1 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen, und zwar für einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe, wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmitteln verfügen.

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs. 2 leg.cit. u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

3.3.1. Festzuhalten ist, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "eine Tätigkeit als 'Table-Tänzerin' in einem Barbetrieb oder 'Cafe' – ... in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht (wird), wie in einem Arbeitsverhältnis (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/09/0157, mwN). In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienst­verhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen." (Erkenntnis vom 28.1.2010, Zl. 2009/09/0254; ähnlich das Erkenntnis vom 16.9.2009, Zl. 2008/09/0083 uvam). Solche Umstände hat der Bw nicht dargelegt. Im Gegenteil ist erwiesen, dass die Ausländerinnen für Gogo-Tänze vom Bw pro Nacht bezahlt wurden. Darin zeigt sich der Charakter der Tätigkeit als Dauer- (nicht als Ziel-)schuldverhältnis, selbst wenn man annimmt, dass der Tätigkeit der Ausländerinnen keine Abmachung über eine längere Dauer ihrer Tätigkeit im Lokal zugrunde lag und die Ausländerinnen tatsächlich ihr jeweiliges Erscheinen erst telefonisch ankündigten, wie die Zeugin X darlegte. (Eine solche Praxis erscheint, wenn konsequent durchgeführt, freilich unwahrscheinlich, da nach Aussage X durchschnittlich vier Damen anwesend gewesen seien und eine vernünftige Betriebsorganisation eine [auch für Gäste] kalkulierbare Mindestanzahl an Tänzerinnen voraussetzt.) Mit anderen Worten: Es wäre nicht im Mindesten ersichtlich, worin gegenständlich ein Werk, wie es ein Zielschuldverhältnis voraussetzt, der Beschäftigten im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsge­richtshofes (vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.9.2009, Zl. 2009/09/0150) bestehen könnte.

Zur Vorbeugung von Missverständnissen ist festzuhalten, dass, auf der Basis der Annahme, dass die Beschäftigten nach eigenem Gutdünken für jeweils eine Nacht (die, wie gesagt, die Berechnungseinheit für die Entlohnung war) erschienen, der Annahme einer Beschäftigung nicht die relative Kürze der Dauer entgegensteht (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 21.1.2004, Zl. 2003/09/0156). Der Annahme einer Beschäftigung steht auch die relative Gestaltungsfreiheit bei den Tanzdar­bietungen nicht entgegen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. 2008/09/0048). Irrelevant ist auch das Fehlen eines Konkurrenzverbotes bzw. die Möglichkeit, auch in anderen Etablissements zu tanzen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. 2009/09/0218). Unerheblich ist auch die "formale" Gestaltung der gewerbe-, steuer- und fremdenrechtlichen Verhältnisse (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. 2008/09/0048 zum Steuer- und Fremdenrecht und vom 10.12.2009, Zl. 2009/09/0080 für das Gewerberecht), weshalb der Bw auch aus dem allfälligen Besitz einer Gewerbeberechtigung der Ausländerinnen (eine solche wurde in der öffentlichen mündlichen Verhandlung für X vorgelegt – Entstehung der Gewerbeberechtigung 22.9.2009) nichts zu gewinnen vermag.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass die Tätigkeit der Tänzerinnen typische Merkmale der Unselbstständigkeit aufweist: Die Ausländerinnen erbrachten ihre Leistungen im Betrieb des Bw; das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte ist als Hinweis auf unselbstständige Tätigkeit zu werten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18.9.2008, Zl. 2008/09/0187). Die Bezahlung pro Nacht löst eine Pflicht zum Tanzen aus (X: "ich muss tanzen"). Den synallagmatischen Hintergrund des Leistungsaus­tausches in Etablissements dieser Art bildet die wechselseitige Abhängigkeit: Der Betreiber benötigt die Präsenz der Damen, da sonst die Gäste ausbleiben – "Steigerung der Attraktivität des Lokals" (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.1.2010, Zl. 2009/09/0254). In diesem Sinne kommen die Arbeitsleistungen der Damen dem Betreiber zugute. Umgekehrt benötigen die Damen die Infrastruktur des Lokals, die der Betreiber zur Verfügung stellt: Den Barbetrieb (Getränke, Mobiliar, Musik, Heizung, Toiletten usw.), die Vorkehrungen für die Auftritte (Musik, Tanzfläche/-bühne für Gogo-Tänze, Nebenraum für Table-Tänze) sowie sonstige Vorkehrungen (Spinde, Umkleideraum usw.). Ferner ist von einer Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung auszugehen – eine freie Vertretungsmöglichkeit erscheint lebensfremd. Von besonderer Bedeutung ist die planmäßige Eingliederung der Beschäftigten in die vom Bw zu verantwortende Betriebsorganisation des Lokals: Alleine dadurch, dass die Tanztätigkeit im Lokal während der Öffnungszeit stattfinden muss, ergibt sich eine gewisse zeitliche und örtliche Bindung. Auch der Auszahlungsmodus der Entlohnung (durch den Bw "in der Früh") bewirkt eine zeitliche Bindung. Des Weiteren ist eine Eingliederung der Beschäftigten in die Betriebsorganisation dadurch gegeben, dass naturgemäß ein geschäftsförderliches Betragen erwartet wird: Sie haben die Gäste zum Trinken bzw. zu Getränkeeinladun­gen zu animieren (auch wenn, wie hier, eine Getränkeumsatzbeteiligung nicht nachweisbar ist) und die optischen und atmosphärischen Erwartungen der Kundschaft zu erfüllen, wozu auch das Tragen entsprechender Kleidung gehört. Selbstverständlich wird auch ein kooperatives Verhalten bei der Organisation der Abfolge der Gogo-Tänze erwartet, sodass diese reibungs­los funktioniert, sowie ein Mindestmaß performativen Engagements bei der Durchführung der Tänze selbst.

Letztlich spricht auch die Beistellung einer Wohnmöglichkeit für die Un­selbstständigkeit der Tätigkeit (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsge­richts­hofes vom 28.1.2010, Zl. 2009/09/0254 und vom 6.3.2008, Zl. 2007/09/0232, 0378, 0379), auch wenn, wie im Fall der Ausländerin X, diese Möglichkeit nicht in Anspruch genommen wurde.

Aus diesen Gründen ist nach der Methode des "beweglichen Systems" (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. 2009/09/0218-0224) die Tätigkeit der Ausländerinnen hinsichtlich der Gogo-Tänze zumindest als freier Dienstvertrag einzu­stufen. Allein dies reicht zur Bestätigung des Tatvorwurfes aus. Hinzugefügt sei, dass hinsichtlich der Table-Tänze dasselbe gilt: Selbst wenn, wie in der Berufung zum Teil behauptet, die Beschäftigten lediglich (von den Gästen direkt an die Tänzerinnen bezahlte) Table-Tänze durchgeführt hätten, würde dies am Ergebnis nichts ändern, da die faktische Bezahlung des Entgelts durch Dritte der Annahme eines Dienstverhältnisses nicht entgegensteht (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 28.1.2010, Zl. 2009/09/0254 und vom 10.12.2009, Zl. 2009/09/0254). Dazu kommt, dass die oben stehenden Ausführungen, soweit sie nicht ausnahmsweise der Sache nach nur zu Gogo-Tänzen passen, auch für die Table-Tänze gelten. Hervorgehoben sei, dass die dauernde Bereitschaft zur Durchführung von Table-Tänzen als Moment der Eingliederung in die Betriebsorganisation zu verbuchen ist (vgl. z.B. das Erkenntnis des Ver­waltungsgerichtshofes vom 18.9.2008, Zl. 2008/09/0187).

Im Ergebnis steht daher fest, dass die beiden Tänzerinnen in einem Beschäftigungsverhältnis zum Bw gestanden sind. Die beiden Tänzerinnen waren als pflichtversicherte Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt im Lokal des Bw beschäftigt. Dennoch wurden diese beiden Vollpflichtversicherten (vgl. dazu die Ausführungen zur Höhe des Entgelts oben im Sachverhalt) vom Bw nicht beim zuständigen Sozialversicherungsträger gemeldet.

Die Taten sind daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungs­gründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

3.4. Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeldstrafe verhängt wurde. Dies erscheint im Hinblick auf die Unbescholtenheit, die Schuldform (Fahrlässigkeit) und die vorgeworfene Dauer der Beschäftigung vertretbar. Überwiegende Milderungsgründe sind nicht ersichtlich. Die Taten bleiben (insbesondere im Hinblick auf den angesprochenen Verschuldensgrad) auch nicht so weit hinter dem delikts­typischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG zu denken wäre.

3.5. Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Bw nicht in seinen Rechten verletzt wurde, weshalb die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen war.

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafen, das sind 146 Euro, vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

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