Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522733/2/Sch/Th

Linz, 13.12.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufungen der Frau X, vom 4. Oktober 2010 und vom 29. November 2010 gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 28. September 2010 und vom 16. November 2010, beide mit der GZ: VerkR21-540-2010-Lai, wegen der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen und eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen, zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufungen werden abgewiesen und die angefochtenen Bescheide bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat mit Bescheid vom 28. September 2010, GZ: VerkR21-540-2010-Lai, Frau X, gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert, sich zum Zweck der Beurteilung ihrer gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (Klasse B) binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Bescheides amtsärztlich untersuchen zu lassen.

 

Einer allfälligen Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

Mit Bescheid vom 16. November 2010, GZ wie oben, hat die Behörde die nunmehrige Berufungswerberin unter Zugrundelegung der obzitierten Bestimmung des FSG weiters aufgefordert, binnen 2 Wochen ab Zustellung des Bescheides den zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens erforderlichen Befund (fachärztliche psychiatrische Stellungnahme) zu erbringen.

 

Auch hier wurde die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Berufung aberkannt.

 

2. Gegen diese Bescheide hat die Berufungswerberin rechtzeitig die Berufungen erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufungen vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 67d Abs.2ff AVG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Laut Anzeige der Polizeiinspektion Gmunden vom 28. August 2010 hat sich mit der Berufungswerberin an einer näher umschriebenen Örtlichkeit in Gmunden folgender Vorfall zugetragen (hier die Wiedergabe der wesentlichen Teile der Anzeige):

 

Im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch Polizeiorgane, Grund war eine fehlende Kennzeichentafel an dem von der Berufungswerberin gelenkten PKW, begann die Berufungswerberin zu weinen und redete wirre Sachen. Sie fühlte sich von den Beamten bedroht und behindert sowie an ihrer Freiheit durch die Kontrolle eingeschränkt und belästigt. Auch deshalb fühlte sie sich bedroht, da in Laakirchen Beamte einen Menschen erschossen hätten. Sie wurde bei der Amtshandlung sehr aufgewühlt und leicht aggressiv, auch zeigte sie sich sehr uneinsichtig. Sie versuchte sich in der Folge vom Ort der Amtshandlung zu entfernen, wurde aber von den Beamten wiederum angehalten. In der Folge wurde der Amtsarzt der Bezirkshauptmannschaft Gmunden beigezogen, nach einem Gespräch mit diesem wurde die Berufungswerberin von ihren Eltern von der Polizeiinspektion Gmunden abgeholt.

 

4. Die Behörde hat mit Ladung vom 8. September 2010 aufgrund des erwähnten Polizeiberichtes die Berufungswerberin zur Durchführung einer amtsärztlichen Untersuchung auf die Behörde geladen.

 

Der Amtsarzt hat im Aktenvermerk vom 24. September 2010 diese Untersuchung – besser gesagt den Versuch einer solchen – wie folgt festgehalten:

"Über Ersuchen der Abteilung Verkehr im Haus wurde am 23.9.2010 eine amtsärztliche Untersuchung bezüglich Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen eingeleitet. Nach durchgeführter Voruntersuchung sollte die eigentliche amtsärztliche Untersuchung erfolgen. Unmittelbar nach dem Betreten des Untersuchungszimmers begann Frau X zu schreien, sie sei freiwillig hier, lasse sich das nicht bieten und werde sich bei vorgesetzter Stelle beschweren. Es war nicht möglich ein zielführendes Gespräch mit Frau X zu führen, Frau X verließ nach wenigen Minuten das Untersuchungszimmer. Am 23.9.2010 erschien Frau X neuerlich, lief am Gang umher, wiederholte, sie lasse sich nicht untersuchen und werde sich beim Volksanwalt beschweren.

Auf Verlangen und Rücksprache mit der Abteilung Verkehr, wurde ihr eine Kopie des Polizeiberichtes vom 28. August 2010 ausgehändigt.

 

Aus amtsärztlicher Sicht bestehen bei Frau X Hinweise auf eine emotionale Persönlichkeitsstörung, welche einer psychiatrisch fachärztlichen Abklärung bedürfen. Frau X neigt offensichtlich zu einem impulsiv-irrationalen Verhalten und stellt damit eine Gefährdung bei der Teilnahme im Straßenverkehr dar."

 

Hierauf erging der erste der beiden obzitierten Bescheide, nämlich jener, dass sich die Berufungswerberin amtsärztlich untersuchen zu lassen hätte.

 

Dagegen hat sie rechtzeitig Berufung erhoben, darin ersucht sie, sie "in Ruhe zu lassen". Weiters wird beantragt, dass bei Herrn Dr. X (Anmerkung: dem Amtsarzt) ein Drogentest "besonders auf Koks und Medikamente" durchgeführt werden solle.

 

Laut Aktenlage hat die Berufungswerberin am 21. Oktober 2010 wiederum bei der Behörde vorgesprochen, vom Amtsarzt wurde ihr eine Zuweisung zu einem Facharzt für Psychiatrie ihrer Wahl ausgehändigt, unter Beilage der relevanten Aktenkopien, also des erwähnten Polizeiberichtes und des Aktenvermerkes des Amtsarztes. Die Berufungswerberin hat zugesagt, diesen Facharzt zu besuchen. Allerdings ist es dazu nicht gekommen, weshalb die Behörde den zweiten Bescheid, nämlich die Aufforderung, eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen, erlassen hat. Dieser wurde wiederum mit E-Mail vom 29. November 2010 rechtzeitig in Berufung gezogen. Die Berufungswerberin beklagt sich darin weitläufig über die Vorgangsweise der Behörde, bezichtigt neuerlich den Amtsarzt des Drogenmissbrauches, vermeint, einer "Schikanerei" zu unterliegen und wünscht der Behörde "viel Spaß mit ihrer eigenen emotionalen Persönlichkeitsstörung". Schließlich wird das Vorgehen der Behörde als "Kasperltheater" bezeichnet.

 

Bei der eingangs erwähnten Verkehrskontrolle ist dann zu Tage getreten, dass am Fahrzeug nicht nur, wie dem ersten Anschein nach, bloß eine Kennzeichentafel fehlte, sondern überhaupt keine Tafeln angebracht waren. Die Berufungswerberin konnte sich auch mit keinem Dokument ausweise, insbesondere führte sie auch keinen Führerschein mit. Die Beanstandung durch die Beamten wegen dieser Delikte lässt allerdings die weitere Verhaltensweise der Berufungswerberin bei der Amtshandlung nicht erklären. Die Berufungsbehörde verkennt nicht, dass nicht schon jedes seltsame Verhalten eines Fahrzeuglenkers bei einer Polizeikontrolle begründete Bedenken in Richtung einer möglichen gesundheitlichen Nichteignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen dieser Person rechtfertigt. Im gegenständlichen Fall darf aber das Verhalten der Berufungswerberin bei der Amtshandlung nicht alleine betrachtet werden, wesentliches Gewicht haben in diesem Zusammenhang nämlich auf die Feststellungen des Amtsarztes anlässlich des Untersuchungsversuches vom 23. September 2010.

 

Lassen bestimmte Verhaltensweisen die Neigung erkennen, sich ohne objektiv nachvollziehbare Ursachen und Gründe bedroht, beschattet oder ausspioniert zu fühlen, kann der Verdacht des Vorliegens krankhafter (paranoider) Erscheinungsbilder nahe liegen. Eine solche geistige Erkrankung kann Auswirkungen auf die gesundheitliche Eignung zum Lenken von KFZ haben (VwGH 17.12.1998, 98/11/0202).

 

Anhaltspunkte in diese Richtung lassen sich bei der Berufungswerberin auch in den Formulierungen und Ausdrücken in der Berufungsschrift erkennen. Das Vorhaben der Behörde, die gesundheitliche Eignung der Berufungswerberin unter Anwendung der Bestimmungen des § 24 Abs.4 FSG abklären zu lassen, können nicht als schikanöses Verhalten bezeichnet werden. Die Berufungswerberin hat diesbezüglich hinreichend durch ihr Verhalten eine Grundlage für die Bedenken an ihrer gesundheitlichen Eignung geliefert. Sohin fühlt sich die Berufungswerberin ohne nachvollziehbaren objektiven Grund von den Polizeibeamten und den Behördenorganen offenkundig schikaniert, wobei sie schon die Durchführung einer bloßen Verkehrskontrolle als Einschränkung ihrer Freiheit betrachtet. Auch die Tendenz, sich verfolgt und bedroht zu fühlen, geht aus dem Akteninhalt insofern hervor, als die Berufungswerberin bei der Amtshandlung auf einen angeblich von Polizeibeamten in Laakirchen erschossenen Menschen verweist, damit indirekt zum Ausdruck bringend, dass ihr ihrer nicht nachvollziehbaren Meinung nach offenkundig dasselbe Schicksal drohen könne.

 

Die Abklärung der Frage des Vorliegens solcher Bedrohungsbilder fällt zweifelsfrei in das fachärztliche Gebiet der Psychiatrie, sodass die Behörde nachvollziehbar die Berufungswerberin auch aufgefordert hat, für die Erstellung des amtsärztlichen Gutachtens eine entsprechende fachärztliche Stellungnahme beizubringen.

 

Die Begutachtung des Gesundheitszustandes der Berufungswerberin erlaubt aufgrund der oben geschilderten Vorfälle auch keinen zeitlichen Aufschub, sodass für die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde verfügte Ausschließung der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung im Hinblick auf beide Bescheide rechtsrichtig und hinreichend begründbar erscheint.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 26,40 Euro angefallen.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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