Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252550/3/WEI/Mu/Sta

Linz, 17.12.2010

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des X, X, X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen das Straf­erkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Grieskirchen vom 20. Juli 2010, Zl. SV96-76-2010, wegen einer Verwal­tungsübertretung nach dem Allgemeinen Sozialver­sicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkennt­nis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II.              Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten der Strafverfahren entfällt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungs­verfahrensgesetz 1991 – AVG; § 66 Abs 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

„Sie haben als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG Frau X, verehel. X, geb. X, am 22.4.2009 gegen 15.00 Uhr in der Pizzeria X (ehemaliges X, X, mit der Reinigung des Geschäftslokales als Dienstnehmer in einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt.

Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall und Pensionsversicherung vollversichert ist, wurde hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse mit Sitz in Linz, Gruberstraße 77, als zuständigem Sozialversicherungsträger nicht rechtzeitig vor Aufnahme der Tätigkeit – sondern lt. ELDA-Protokoll erst am 28.4.2009 mit Dienstbeginn 22.4.2009 und für ein mtl. Entgelt von 376,75 brutto – erstattet und haben Sie als Dienstgeber somit gegen die sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

Für die Behörde war im vorliegenden Fall von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt schon deshalb auszugehen, weil Unentgelt­lichkeit nicht ausdrücklich vereinbart wurde und somit ein angemessenes Entgelt gemäß § 1152 ABGB als bedungen gilt, welches laut Kundmachung für das Jahr 2009 über der sog. Geringfügigkeitsgrenze des § 5 Abs. 2 ASVG von höchstens 27,47 Euro pro Arbeitstag oder 357,74 Euro pro Kalendermonat liegt.“

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde eine Verwaltungsübertretung nach dem § 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 1 und Abs 1a ASVG als gegeben und verhängte nach dem Strafrahmen des § 111 Abs 2 ASVG eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 112 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 36,50 Euro (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. In der Begründung führt die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die dem Bw angelastete Tat vom Finanzamt Grieskirchen-Wels mit Strafantrag vom 29. Mai 2009 angezeigt und in der Folge das Verwaltungsstrafverfahren durch das Magistrat der Stadt Linz als die zum Tatzeitpunkt örtlich zuständige Behörde mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. Juni 2009 eingeleitet worden sei. Da der Bw innerhalb der gesetzten zweiwöchigen Frist darauf nicht reagiert habe, sei das Strafverfahren ohne seine Anhörung durchgeführt worden. Schließlich habe das Magistrat der Stadt Linz das Straferkenntnis vom 8. Juli 2009 erlassen.

 

In weiterer Folge führt die belangte Behörde aus, dass aus den gegenständlichen Unterlagen hervorgegangen sei, dass der Bw noch am selben Tag nach der Kontrolle beim Arbeitsmarktservice Grieskirchen  einen Antrag auf Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung als Reinigungskraft für die im Spruch angeführte ausländische Person gestellt habe und gleichzeitig diese als Dienstnehmerin vom 22. April 2009 bis 4. Mai 2009 zur Sozialversicherung angemeldet habe.

 

Gegen des zuvor angeführten Straferkenntnisses des Magistrates der Stadt Linz habe der Bw rechtzeitig eine Berufung eingebracht und dazu ausgeführt, dass ihm die angelastete Tat zu Unrecht vorgeworfen worden sei. Diese beschäftigte ausländische Person sei lediglich unentgeltlich beim oberflächlichen Reinigen des Lokales behilflich gewesen, da Interessenten dieses zum Verkauf stehende Restaurant besichtigen haben wollen. Nach der Kontrolle habe er aber sofort diese Person geringfügig zur Sozialversicherung angemeldet. Da es sich im gegenständlichen Fall um ein geringfügiges Verschulden gehandelt habe und die Folgen unbedeutend gewesen seien, habe der Bw eine Herabsetzung der Geldstrafe beantragt.

 

Daraufhin habe der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 11. Mai 2010 der Berufung insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufge­hoben worden sei, weil in der Zwischenzeit gemäß § 111 Abs 5 ASVG rückwirkend die örtliche Zuständigkeit auf die Bezirksverwaltungsbehörden übergegangen sei.

 

Zur rechtlichen Beurteilung führt die belangte Behörde nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften weiters fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt sei, weil der im Spruch angeführte Sachverhalt vom Bw nicht bestritten worden sei und er diese ausländische Person nachträglich für zwei Wochen als fallweise beschäftigte Arbeiterin der Beitragsgruppe A1 bei der Oö. Gebietskrankenkasse angemeldet habe. Nach Ansicht der belangten Behörde habe es sich nicht um einen bloß unentgeltlichen Freundschaftsdienst, sondern schon im Vornhinein um eine entgeltliche Dienstleistung gehandelt.

 

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige einschlägige verwaltungsstraf­rechtliche Unbescholtenheit und der Umstand, dass diese beschäftigte Person sofort nach der Kontrolle nachträglich angemeldet worden sei, als strafmildernd zu werten gewesen, während hingegen keine Erschwerungsgründe hervorge­kommen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entspre­chender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen. Die Verhängung der Mindeststrafe auf die Hälfte sei als ausreichend angesehen worden.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnisses, welches dem Bw am 29. Juli 2010 zu Händen seines Rechtsvertreters zugestellte wurde, richtet sich die am 11. August 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung, mit der das angefochtene Straferkenntnis seinem gesamten Umfang nach als unrichtig bekämpft wird.

 

Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Tatbestand nicht erfüllt sei, weil die im Spruch namentlich angeführte ausländische Person nicht Dienstnehmerin im Sinne des ASVG sei. Die bei der Kontrolle angetroffene beschäftigte Person sei zum Tatzeitpunkt eine Fahrschülerin von der des Bw betriebenen Fahrschule in X gewesen. Da der Bw das gegenständliche schon länger nicht mehr betriebene Lokal verpachten habe wollen und dieses von Interessenten besichtigt werden sollte, habe dieses oberflächlich gereinigt werden müssen. Die im Spruch genannte Person habe davon zufällig gehört und selbst angeboten, bei der Reinigung unentgeltlich behilflich zu sein, zumal sie in der Nähe wohne.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung beantragt.

 

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Vorlageschreiben vom 12. August 2010 die Berufung des Bw dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss des von ihr geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenates hat Beweis erhoben durch Einsicht­nahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen zu Zl. SV96-76-2010. Auf Grund dieser Aktenlage steht im Zusammenhang mit den verbindlichen Feststellungen im h. Berufungserkenntnis vom 1. Oktober 2010, Zl. VwSen-252317/14/Lg/Sta/Ba, mit dem das parallel geführte, einschlägige Verwaltungs­strafverfahren gegen den Bw nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz wegen Beschäftigung der gleichen Person stattgegeben, aufgehoben und eingestellt wurde, der entscheidungswesentliche Sachverhalt fest, dass im Sinne der Darstellung des Straferkenntnisses kein Beschäftigungsverhältnis vorlag.

 

3.3. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

3.4. Aus der Aktenlage und dem rechtskräftig abgeschlossenen h. Berufungs­verfahren VwSen-252317-2010 betreffend einer Übertretung des Ausländer­beschäftigungsgesetz – AuslBG durch den Bw ergibt sich der folgende entscheidungswesentliche   S a c h v e r h a l t :

 

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 5. November 2009, Zl. SV96-15-2009, wurde der Bw für schuldig erkannt, weil er es als Dienstgeber zu verantworten hatte, dass die im Spruch angeführte ausländische Person als Reinigungskraft in der gegenständlichen Pizzeria (ehemaliges X) beschäftigt wurde, ohne, dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorlagen.

 

Zum Sachverhalt wurde begründend festgestellt, dass  auf Grund der Ergebnisse der Kontrolle des anzeigenden Finanzamtes, der eingeholten Zeugenaussage und dem Umstand, dass der Bw nach der Kontrolle für diese ausländische Person umgehend eine Beschäftigungsbewilligung beantragte und die ausstehende Anmeldung zur Sozialversicherung nachholte, die in diesem Spruch angelastete Tat erwiesen wurde.

 

Dagegen hatte der Bw Berufung erhoben und darin ausgeführt, dass diese ausländische Person das gegenständliche Lokal für einen Interessenten aufge­sperrt hätte, da dieses zur Zeit nicht in Betrieb gewesen wäre. Es wurde an diese Person kein Arbeitsauftrag zum Putzen erteilt. Im Affekt auf das erste Straf­erkenntnis wegen einer Übertretung nach dem ASVG hätte er diese ausländische Person kurzfristig zur Sozialversicherung angemeldet.

 

Mit Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 1. Oktober 2010, Zl. VwSen-252317/14/Lg/Sta/Ba, wurde der Berufung wegen der Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte zu VwSen-252317-2010 am 14. September 2010 eine Berufungsverhandlung durchgeführt, an der der Bw und als Zeugin die beschäftigte ausländische Person teilgenommen hatten.

 

Am 14. September 2010 brachte der Bw in der mündlichen Verhandlung des Oö. Verwaltungssenates vor, dass damals das gegenständliche Lokal leer stand, weshalb es zur Verpachtung angeboten wurde. Der Bw zeigte das Lokal grundsätzlich den Interessenten selbst, allerdings war er am Vorfallstag verhindert. Daher hatte er die ihm bekannte ausländische Person, die gegenüber diesem Lokal wohnte und auch seine Fahrschülerin war, gebeten, dieses Lokal für den bereits angekündigten Interessenten zu öffnen und zu zeigen. Während die Ausländerin auf den Interessenten wartete, hatte diese die geringfügige Putztätigkeit eigeninitiativ entfaltet. Im Glauben, eventuelle aus der Kontrolle resultierende rechtliche Probleme ausschalten zu können, stellte der Bw im Nachhinein einen Beschäftigungsbewilligungsantrag und meldete die Ausländerin zur Sozialversicherung an. Die ausländische Person hatte außer am Kontrolltag keinen Schlüssel zum Lokal besessen bzw. im leer stehenden Lokal nie Tätigkeiten verrichtet. Während dieser Zeit hatte der Bw für das gegenständliche Lokal keinen Arbeitskräftebedarf. Es war auch nicht erforderlich, für die Besichtigungen von Interessenten dieses Lokal zu reinigen.

 

In dieser mündlichen Verhandlung bestätigte die ausländische Person als Zeugin die Darstellung des Bw. Trotz Vorhalts des Textes der früheren Aussagen bestand sie darauf, dass sie die Putztätigkeit eigeninitiativ durchgeführt hatte. Eine wie immer geartete Entlohnung (etwa auch in Form der Vergünstigung bei einer Fahrstunde) hatte sie nicht erwartet. Sie war auch vor und nach dieser Kontrolle für den Bw nicht tätig.

 

Im Berufungsverfahren nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetzes kam der Oö. Verwaltungssenat zum Ergebnis, dass auf Grund der übereinstimmenden Aussagen des Bw und der Zeugin davon ausgegangen werden konnte, dass die Ausländerin das gegenständliche Lokal tatsächlich nur im Zuge der kurzen Zeitspanne des Zuwartens auf den Interessenten reinigte und diese Tätigkeit eigeninitiativ entfaltete. Glaubwürdig wurden diese Aussagen dadurch, dass das gegenständliche Lokal zum Kontrollzeitpunkt zum einen leer stand und daher zumindest eine regelmäßige Putztätigkeit nicht notwendig war und zum anderen nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon auszugehen war, dass der Bw allfällige Interessenten das Lokal grundsätzlich selbst zeigte. Die Übereinkunft zwischen der ausländischen Person und dem Bw bestand nur darin, dass Lokal auf-(und zu-) zusperren und dem Interessenten zu zeigen. Diese Tätigkeit konnte als Gefälligkeitsdienst angesehen werden, da sie nur wenig Zeit und Energie in Anspruch nahm, die Ausländerin dem Bw bekannt war, diese Tätigkeit freiwillig erfolgte und eine Entlohnung von beiden Seiten nicht vereinbart war. In der mündlichen Verhandlung konnte auch nicht bestätigt werden, dass aus dieser Tätigkeit in Zukunft eine Beschäftigung resultieren könnte. Außerdem brachte der Bw glaubwürdig vor, dass er die nachträglichen Behördenkontakte aus Gründen irrtümlicher prozessualer Vorsicht vorgenommen hatte.

 

3.5. Im gegenständlichen Strafverfahren nach dem ASVG ergibt sich aus der Aktenlage für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt:

 

In der Anzeige des Finanzamtes Grieskirchen-Wels vom 29. Mai 2009, FA-GZ. 054/72053/5/2009, wird der Bw einer Verwaltungsübertretung nach dem ASVG verdächtigt, weil von der Polizei Grieskirchen im Zuge eines Behördenauftrages am 22. April 2009 gegen 15.00 Uhr im gegenständlichen X festgestellt wurde, dass die im Spruch angeführte ausländische Person im Geschäftslokal beim Reinigen mit blauen Plastikhandschuhen angetroffen wurde und sie keine Anmeldung zur Sozialversicherung vorweisen konnte.

 

Dieser Anzeige wurde die Polizeianzeige der Polizeiinspektion Grieskirchen vom 22. April 2009, Zl. A2/4087/2009-Prel, beigelegt, aus der weiters hervorgeht, dass die Eingangstür bei der Kontrolle unversperrt und die ausländische Person mit der Reinigung des Geschäftslokales beschäftigt war. Für ihre Tätigkeit hatte sie blaue Plastikhandschuhe angezogen und wischte den Boden auf. Ein Kübel mit Wasser, ein Wischmop und ein Auswischtuch wurden am Boden vorgefunden. Auch stand ein angesteckter Staubsauger am Boden. Die Tische des Lokales waren mit Tischtüchern und Aschenbechern gedeckt und in der Schank standen bzw. hingen Getränke. Im Lokal hatten sich keine Gäste befunden. Diese ausländische Person sprach kein Deutsch, weshalb ein Bekannter, der zufällig angerufen hatte, telefonisch dolmetschte. Daraufhin hatte sie sich auf der Polizeiinspektion Grieskirchen mit einem Aufenthaltstitel ausgewiesen. Über eine Arbeitsgenehmigung hatte sie allerdings nicht verfügt. Weiters habe sie selbst im Rahmen ihrer Einvernahme – unter Beiziehung einer Dolmetscherin, welche die Schwester des Bw war, – angegeben, dass sie im Gewerbebetriebe des Bw tätig ist. Sie sollte das Lokal reinigen und anwesend sein, wenn ein Interessent das Lokal zur Einmietung besichtigen wollte, weil dieses angeblich in den nächsten Tagen eröffnet werden sollte.

 

Aus dem der Anzeige beigelegten Versicherungsdatenauszug ist weiters ersichtlich, dass diese ausländische Person  seit 29. März 2008 gemäß § 16 ASVG bei der Krankenversicherung selbstversichert ist.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. Juni 2010, Zl. 0023995/2009, die am 9. Juni 2010 dem Bw durch Hinterlegung zugestellt wurde, hatte das Magistrat der Stadt Linz dem Bw die ihm angelastete Tat zur Last gelegt.

 

Nachdem der Bw innerhalb der gesetzten zweiwöchigen Frist darauf nicht reagiert hatte, erließ in weiterer Folge das Magistrat der Stadt Linz das Straferkenntnis vom 8. Juli 2010, mit dem über den Bw eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro verhängt wurde.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hatte der Bw rechtzeitig Berufung eingebracht und ausgeführt, dass ihm die angelastete Tat zu Unrecht vorgeworfen worden wäre. Diese ausländische Person wäre lediglich unentgeltlich beim oberflächlichen Reinigen des Lokales behilflich gewesen, da Interessenten dieses zum Verkauf stehende Restaurant besichtigen hätten wollen. Nach der Kontrolle hätte er aber sofort diese Person geringfügig zur Sozialversicherung angemeldet. Da es sich im gegenständlichen Fall um ein geringfügiges Verschulden gehandelt hätte und die Folgen unbedeutend gewesen wären, beantragte der Bw die Aufhebung des Straferkenntnis, in eventu eine Herabsetzung der Geldstrafe oder die Erteilung einer Ermahnung.

 

Daraufhin hatte der Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 11. Mai 2010 der Berufung insoweit stattgegeben, als das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben wurde, weil in der Zwischenzeit gemäß § 111 Abs 5 ASVG rückwirkend die örtliche Zuständigkeit auf die Bezirksverwaltungsbehörden übergegangen ist.

 

Aus dem schließlich im Akt befindlichen ELDA-Auszug geht weiters hervor, dass diese ausländische Person am 23. April 2009 im Nachhinein als Arbeiterin der Beitragsgruppe A1 mit 11 Stunden und einem monatlichen Entgelt in Höhe von 376,75 Euro zur Sozialversicherung bei der Oö. Gebietskrankenkasse angemeldet wurde. Diese Meldung langte am 28. April 2009 bei der Oö. Gebietskrankenkasse ein.

 

In weiterer Folge erließ die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 20. Juli 2010.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 111 Abs 1 Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz – ASVG (BGBl Nr. 189/1955 idFd Art I Teil 2 des SRÄG 2007, BGBl I Nr. 150/2009) handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

 

1.  Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

 

2.  Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

 

3.  Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

 

4.  gehörig ausgewiesene Bedienstete der Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeich­nungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Absatz 2 ist die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 von der Bezirks­verwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

 

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

 

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

 

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestim­mungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erst­maligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs 1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 33 Abs 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Entsprechend § 33 Abs 1a ASVG kann die Anmeldeverpflichtung auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeber­kontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von 7 Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden.

 

Gemäß § 33 Abs 2 ASVG gilt Abs 1 für die nur in der Unfall- und Pensions­versicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 4 Abs 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollver­sicherung ausgenommen ist, noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

 

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäf­tigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merk­malen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs 1 iVm Abs 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs 1 Z 4 lit c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

 

Nach § 35 Abs 1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs 2 ASVG Besonderes für jene nach § 4 Abs 1 Z 4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs 1 Z 3 lit c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber gemäß § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs 3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs 4 ASVG vorliegt.

 

Wie ein Blick auf § 2 Abs 2 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. I 135/2009, zeigt, entspricht damit der Begriff der Beschäftigung jenem des AuslBG, der wiederum mit dem Begriff des Arbeitsverhältnisses im Arbeitsvertragsrecht identisch ist (vgl. dazu die ständige Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 2008, Zl. 2007/08/0240; vom 3. November 2004, Zl. 2001/18/0129; und vom 5. April 2002, Zl. 99/18/0039).

 

Daraus folgt insgesamt, dass eine Bestrafung nach dem ASVG bzw. nach dem AuslBG jeweils das Vorliegen eines zivilrechtlichen Beschäftigungsverhältnis voraussetzt.

 

4.2. Im gegenständlichen Fall geht aus dem erstbehördlichen Akt hervor, dass der Sachverhalt zum Strafverfahren nach dem ASVG mit dem des Strafverfahren nach dem AuslBG ident ist und bereits mit der h. Entscheidung vom 1. Oktober 2010, Zl. VwSen-252317/14/Lg/Sta/Ba, rechtskräftig festgestellt wurde, dass keine Beschäftigung vorlag.

 

Aus diesem Grund ist der Oö. Verwaltungssenat an die zuvor angeführte h. Entscheidung dahin, dass keine Beschäftigung vorlag, gebunden. Weil es sich somit nur um einen Gefälligkeitsdienst und nicht um eine bewilligungspflichtige Beschäftigung gehandelt hat, war der Beschuldigte auch nicht dazu verpflichtet, diese ausländische Person beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden.

 

5. Da kein tatbestandsmäßiges Verhalten iSd § 111 Abs 1 iVm § 33 Abs 1 ASVG vorlag, war der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs 4 AVG Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfiel damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. W e i ß

 


 

 

Rechtssatz:

 

VwSen-252550/3/WEI/Mu/Sta vom 16. Dezember 2010:

 

§ 111 Abs 1 iVm § 33 Abs 1 ASVG: ???

 

 

 

 

 

 

 

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