Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222458/32/Kl/Pe

Linz, 28.12.2010

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Ilse Klempt über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.10.2010, Ge96-38-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) nach öffentlicher mündlicher Verhandlung am 22.12.2010 zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z2 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 19.10.2010, Ge96-38-2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe von 200 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von zwei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 114 und 367a GewO 1994 verhängt, weil er es als verwaltungsstrafrechtlich verantwortlicher Gewerbeinhaber (Gastgewerbe in der Betriebsart „Gasthof“ im Standort x, x) und als Festwirt des „Zeltfestes der x“ zu verantworten hat, wie aus der Anzeige der Polizei Bad Zell vom 18.5.2010, Gz. A1/0000003496/01/2010, hervorgeht, dass in der Nacht vom 15.5.2010 auf 16.5.2010 beim Zeltfest der x in x, Parz.Nr. x, KG x, sieben bis acht Halbe Bier an den 15-jährigen x (Berichtigung von x auf x nach Rücksprache mit der Gemeinde Tragwein) (geb. am x) ausgeschenkt wurden, obwohl es Gewerbetreibenden untersagt ist, selbst oder durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche auszuschenken oder ausschenken zu lassen, abzugeben oder abgeben zu lassen, wenn Jugendlichen dieses Alters nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. x war zu diesem Zeitpunkt noch nicht 16 Jahre alt und der Konsum von alkoholischen Getränken war für ihn nach § 8 Abs.1 des Oö. Jugendschutzgesetztes 2001 verboten (Erwerb- und Konsumverbot von alkoholischen Getränken durch Jugendliche bis zum vollendeten 16. Lebensjahr).

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mangelhafte Sachverhaltsfeststellung der Behörde erster Instanz vorliegt, insbesondere weil namhaft gemachte Zeugen nicht einvernommen worden sind. Es werde daher deren Einvernahme und eine wechselseitige Gegenüberstellung beantragt. In rechtlicher Hinsicht wurde geltend gemacht, dass bis zum angefochtenen Straferkenntnis vom 19.10.2010 zur Last gelegt worden sei, dass der minderjährige x alkoholische Getränke erhalten hätte. Die Änderung des Namens des Minderjährigen sei unzulässig und eine Auswechslung der Identität der Tat. Hiezu sei nicht Parteiengehör gewahrt worden.

In der mündlichen Verhandlung wurde ergänzt, dass darüber hinaus die Identität der Tat dadurch nicht gegeben sei, da sich der gegenständliche Vorfall nicht in der Nacht vom 15.5. auf den 16.5.2010 sondern in der Nacht vom 14.5. auf den 15.5.2010 ereignet hätte und somit Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Dies ergäbe sich aus der Anzeige der Polizeiinspektion, da die Betretung nach Mitternacht erfolgt sei und somit der Ausschank vor Mitternacht, also noch am 14.5.2010 erfolgt sein musste.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt als belangte Behörde hat die Berufung samt den bezughabendem Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.12.2010, zu welcher der Bw und sein Rechtsvertreter geladen wurden und erschienen sind. Die ebenfalls geladene belangte Behörde ist nicht erschienen. Weiters sind die geladenen Zeugen x, x, x, x, x, x, x, x und x erschienen und sind diese einvernommen worden. Die geladene Zeugin x hat sich wegen Krankheit entschuldigt. Von einer weiteren Einvernahme wurde im Grunde des ausführlichen Ermittlungs- und Beweisverfahrens Abstand genommen.

 

4.1. Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht als erwiesen fest, dass in der Zeit vom 14.5. bis zum 16.5.2010, nämlich Freitag bis Sonntag, das Zeltfest der x in x, Parz.Nr. x, KG x, stattgefunden hat. Die Einteilung der Kellner sowie auch die Unterweisung der Kellner für Freitag, 14.5.2010, erfolgte durch Herrn x. Er wies die Kellnerinnen auf die Einhaltung des Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 hin, insbesondere auch im Hinblick auf den Alkoholkonsum. Es wurden die Kellnerinnen dahingehend unterrichtet, dass beim Eingang des Zeltes eine Kontrolle mit Ausweis stattfindet und Jugendliche unter 16 Jahre bzw. unter 18 Jahren ein spezielles Band bekommen. Auch Erwachsene bekommen ein Band mit einer speziellen Farbe. Die Farbe wechselt von einem Tag auf den anderen. Bei der Bestellung der Getränke ist bei jung aussehenden Personen auf das jeweilige Band zu achten, sodass nicht unerlaubter Weise Alkohol an Jugendliche ausgeschenkt wird. Der Jugendliche x war mit seinen Eltern, konkret mit seiner Mutter x am Freitag, 14.5.2010, auf dem Zeltfest. Es spielte die Musikgruppe „x“. Von seinen Eltern wie vom Jugendlichen wurden alkoholische Getränke bei den Kellnern bestellt und bezahlt; es bestellte und konsumierte der Jugendliche jedenfalls drei bis vier Halbe Bier. Der Jugendliche x ist am x geboren. Die Halbe Bier wurden in der Zeit bis zum 15.5.2010, 00.15 Uhr konsumiert. Bei einem Alkovortest wurde dann ein Blutalkoholgehalt von 0,64 mg/l festgestellt.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich bereits aus der Anzeige der Polizeiinspektion Bad Zell vom 18.5.2010, sowie auch aus den Aussagen der bei der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen. Insbesondere ergab sich der Zeltfestbesuch aus der Einvernahme der Mutter x sowie des Zeugen x und der Zeugin x. Letztere Zeugin hat nur in der Nacht von Freitag auf Samstag ausgeschenkt und hat auch den Jugendlichen auf dem Zeltfest gesehen. Darüber hinaus waren sämtliche Zeugen übereinstimmend, dass die Musikgruppe „x“ nur in der Nacht von Freitag auf Samstag aufgetreten ist und gespielt hat. Auch der Jugendliche konnte sich an diese Musikgruppe erinnern. Es ist daher davon auszugehen, dass der Alkoholkonsum am Abend und in der Nacht des 14.5.2010 bis zum 15.5.2010, 00.15 Uhr stattgefunden hat. Die Alkoholisierung wurde durch Messung des Blutalkoholgehaltes am 15.5.2010 um 00.15 Uhr festgestellt.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 367a Gewerbeordnung 1994 – GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von mindestens 180 Euro bis 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer entgegen der Bestimmung des § 114 Alkohol ausschenkt oder abgibt oder ausschenken oder abgeben lässt.

 

Gemäß § 114 GewO 1994 dürfen Gewerbetreibende, die alkoholische Getränke ausschenken, weder selbst noch durch die im Betrieb beschäftigten Personen alkoholische Getränke an Jugendliche ausschenken oder ausschenken lassen, wenn diesen Jugendlichen nach den landesrechtlichen Jugendschutzbestimmungen der Genuss von Alkohol verboten ist. In diesen Fällen haben die Gastgewerbetreibenden an einer geeigneten Stelle der Betriebsräume einen Anschlag anzubringen, auf dem deutlich auf dieses Verbot hingewiesen wird.

 

Gemäß § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von gebrannten alkoholischen Getränken, auch in Form von Mischgetränken, verboten. Die Bestimmungen dieses Absatzes gelten auch dann, wenn alkoholische Getränke durch Absorbierung an einen pulver-, pastenförmigen oder anderen Trägerstoff gebunden werden.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und

2) die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was den vorstehenden Punkt 1) anlangt, sind entsprechende, dh, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können. Was den vorstehenden Punkt 2) anlangt (unverwechselbares Festhalten der Identität der Tat) muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass  er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das Straferkenntnis führt als Tatzeitpunkt die Nacht vom 15.5. auf den 16.5.2010 an. Dieser Tatzeitpunkt ist nach dem Ergebnis des Beweisverfahrens unrichtig. Vielmehr ist erwiesen, dass der Jugendliche in der Nacht vom 14.5. auf den 15.5.2010, konkret bis 00.15 Uhr am 15.5.2010, das Zeltfest besucht hat und in dieser Zeit Alkohol konsumiert hat. Es hat daher der Bw die ihm konkret vorgeworfene Tat nicht begangen, sodass das Straferkenntnis gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

Ergänzend ist auszuführen, dass sowohl die Strafverfügung vom 18.5.2010 als erste Verfolgungshandlung wie auch die weiteren Beweisaufnahmen als Tatzeitpunkt die Nacht vom 15.5. auf den 16.5.2010 ausweisen. Eine richtige Verfolgungshandlung innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist für die Nacht vom 14.5. auf den 15.5.2010 wurde nicht gesetzt. Es war daher eine Berichtigung nicht möglich.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

 

Beschlagwortung: Tatzeit

 

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