Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252276/14/BMa/Mu/Th

Linz, 17.12.2010

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufungen des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, Schloßhof 2, 4240 Freistadt (Amtspartei), und des X (Berufungswerber), vertreten durch Mag. Dr. X, Rechtsanwalt, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 2. Oktober 2009, GZ: 0010151/2009, wegen Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.                 Der Berufung des Berufungswerbers wird insofern Folge gegeben, als die zu Spruchpunkte 1. bis 5. des bekämpften Straferkenntnisses verhängte Geldstrafe auf 730 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 112 Stunden sowie die zu Spruchpunkte 6. bis 9. verhängte Geldstrafe auf 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabgesetzt werden.

 

II.             Die Berufung der Amtspartei wird als unbegründet abgewiesen und der Strafausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses entsprechend Spruchpunkt I. dieses Bescheides ersetzt.

 

III.         Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf insgesamt 109,50 Euro. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: §§ 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl. Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009, iVm § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl.  Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009;

zu III.: §§ 64 und 65 VStG


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"I. Tatbeschreibung:

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X GmbH, X und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher zu verantworten, dass von dieser Firma als Arbeitgeber zu den bei den einzelnen Personen angeführten Zeiten die nachfolgend angeführten ausländischen Staatsangehörigen als Arbeiter – beschäftigt mit Abbrucharbeiten – auf der Baustelle Altenheim X in X, gegen Entgelt - € 950,00 bis € 1000,00 mtl. brutto – im Ausmaß von 38 Stunden pro Woche beschäftigt wurden, obwohl diese von Ihnen als Arbeitgeber nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger der GKK in Linz Gruberstraße 77 angemeldet waren:

 

1.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt von 02.02.2009 bis zumindest am 25.02.2009,

 

1.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt von 02.02.2009 bis zumindest am 25.02.2009,

 

2.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt von 02.02.2009 bis zumindest am 25.02.2009,

 

3.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt von 02.02.2009 bis zumindest am 25.02.2009,

 

4.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt von 02.02.2009 bis zumindest am 25.02.2009 und

 

5.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt zumindest am 26.02.2009,

 

6.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt zumindest am 26.02.2009,

 

7.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt zumindest am 26.02.2009,

 

8.    Herr X, mazedonischer Staatsbürger. geboren X, beschäftigt zumindest am 26.02.2009.

 

Nach § 4/1/1 ASVG sind die bei einem Dienstgeber beschäftigten Dienstnehmerin der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung aufgrund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet. Für die Behörde war in Anwendung der angeführten Gesetzesbestimmungen von einem Arbeitsverhältnis in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit auszugehen, da ein entsprechendes Entgelt vereinbart worden war. Es lag Versicherungspflicht vor.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

ad 1–5) § 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG und

ad 6–9) § 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

 

III. Strafausspruch:

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von                        Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von Gemäß

ad 1–5) € 1000,00   ad 1–5) 154 Stunden                             ad 1-5) § 111 ASVG

ad 6–9)  € 1000,00   ad 6–9) 154 Stunden                             ad 6–9) leg. cit

               € 2000,00                  308 Stunden                            

 

IV. Kostenentscheidung:

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens haben Sie 10% der verhängten Strafe zu leisten:

€ 200,00

Rechtsgrundlage in der jeweils gültigen Fassung:

§ 64 (1) und (2) Verwaltungsstrafgesetz

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

                         € 2200,00. "

 


1.2. Begründend führt die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die dem Bw angelastete Tat von einem Organ des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, KIAB, bei einer Kontrolle am 25. Februar 2009 um 13.00 Uhr und gemeinsam mit der PI Bad Leonfelden am 26. Februar 2009 um 10.15 Uhr auf der im Spruch angeführten Baustelle festgestellt worden sei. Am 25. Februar 2009 seien die ersten fünf im Spruch namentlich genannten Arbeiter bei Abbrucharbeiten, die anderen vier Beschäftigten beim Sortieren von Holz angetroffen worden. Dieser Anzeige seien mehrsprachige Personalblätter der ausländischen Arbeitnehmer beigelegt worden, in denen die ersten fünf im Spruch genannten Arbeiter angegeben hätten, bei der slowenischen Firma X beschäftigt zu sein. Die anderen vier Beschäftigten hätten als Arbeitgeber die slowenische Firma X genannt.

 

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 5. März 2009 sei gegen den Bw das ordentliche Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet worden. Daraufhin habe der Bw die ihm angelastete Tat bestritten, weil er diese ausländischen Arbeiter nicht beschäftigt habe. Als Beweis habe er ein Auftragsschreiben vom 15. Jänner 2009 vorgelegt, aus dem hervorgehe, dass die slowenische Firma X den Auftrag für die Abbrucharbeiten erhalten habe.

 

Zu diesen von dem Bw ausgeführten Rechtfertigungsgründen habe sich der Anzeigenleger dahingehend geäußert, dass tatsächlich die gegenständliche Firma von der slowenischen Firma X und der slowenischen Firma X Arbeiter zur Arbeitsleistung nach X angefordert hätten, weshalb die Firma X GmbH als Dienstgeber verpflichtet gewesen sei, gemäß § 33 Abs.1 ASVG die Beschäftigten vor Arbeitsbeginn zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung anzumelden und binnen sieben Tag nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Im Zuge der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme habe der Bw keine weitere Stellungnahme mehr abgegeben.

 

Für die erkennende Behörde sei daher der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen.

 

Nach Darstellung der verletzten Verwaltungsvorschriften stellte die belangte Behörde fest, dass der gegenständliche Tatbestand der angelasteten Verwaltungsübertretung somit in objektiver Hinsicht erfüllt sei.

 

Unter Hinweis auf § 5 Abs.1 VStG wird weiters hinsichtlich des Verschuldens ausgeführt, dass es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt habe und die Rechtfertigungsgründe des Bw nicht ausgereicht hätten, um seine Schuldlosigkeit glaubhaft zu machen.

 

Bei der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Bw als strafmildernd, hingegen die Beschäftigung der neun unangemeldeten Personen  als straferschwerend zu werten gewesen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

2.1. Gegen dieses der Amtspartei am 21. Oktober 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die rechtzeitige von dieser eingebrachten Berufung vom 29. Oktober 2009.

 

Darin führt die Amtspartei aus, dass über den Bw im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nur eine Gesamtstrafe verhängt worden sei, obwohl bei diesen beiden Kontrollen neun unangemeldete Arbeitnehmer angetroffen worden seien, weshalb im gegenständlichen Fall tatsächlich neun gesondert zu ahndende Delikte vorliegen würden. In diesem Zusammenhang verweist die Amtspartei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich auf die VwGH-Entscheidung vom 26. November 2008, Zl. 2005/08/0144, und vom 23. April 2003, Zl. 98/08/0270.

 

2.2. Das vorliegende Straferkenntnis wurde dem Bw am 22. Oktober 2009 durch Hinterlegung zugestellt.

 

In der am 3. November 2009 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebenen Berufung bringt der Bw im Wesentlichen vor, dass der ihm im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Sachverhalt unrichtig sei. Er habe keine Verwaltungsübertretung begangen, sondern nur im Sinne der EU-Grundfreiheiten ein Unternehmen aus einem anderen EU-Mitgliedstaat für die gegenständliche Tätigkeit beauftragt.

 

Daher wird die Aufhebung des Straferkenntnis und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der Strafe beantragt.

3.1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Vorlageschreiben vom 30. Oktober 2009 die Berufung der Amtspartei dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich unter Anschluss eines vollständigen Ausdruckes ihres elektronisch geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt. Die Berufung des Bw wurde mit Schreiben vom 4. November 2009 nachgereicht.

 

3.2. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu GZ: 0010151/2009 und  am 20. Oktober 2010 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der als Parteien der Rechtsvertreter des Bw und der Vertreter der Amtspartei gekommen sind. Als Zeuge wurde X geladen.

 

3.3. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung schränkte der Rechtsvertreter des Bw die Berufung auf die Strafhöhe ein und führte begründend dazu aus, dass im konkreten Fall der Bw in Rechtsunkenntnis gehandelt habe. Der Bw hatte sich zudem zuvor bei der Rechtsabteilung der Firma X erkundigt, ob diese Arbeitnehmer ihre Tätigkeit aufnehmen dürften. Die Firma X als Auftraggeber der X GmbH habe sich die Prüfung der Verträge vorbehalten. Zu den Vermögensverhältnissen des Bw gab der Rechtsvertreter an, dass der Bw derzeit in einem Angestelltenverhältnis beschäftigt sei.

Die genaue Höhe des Einkommens konnte aber noch nicht bekannt geben werden. Allerdings hätten sich die Einkommensverhältnisse des Bw verschlechtert, weil er noch wesentliche Verbindlichkeiten aus seiner selbständigen Tätigkeit zu tragen habe.

 

3.4. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 4 Abs.1 Z1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung sind die bei
einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-,
Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn nicht bestimmte
Ausnahmen von dieser Vollversicherungspflicht bestehen.

 

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs.2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

 

Nach § 35 Abs.1 ASVG ist als Dienstgeber derjenige anzusehen, für dessen Rechnung der Betrieb geführt wird, in dem der Dienstnehmer in einem Beschäftigungsverhältnis steht, wobei gemäß § 35 Abs.2 ASVG besonderes für nach § 4 Abs.1 Z4 und 5 ASVG pflichtversicherte und für nach § 8 Abs.1 Z3 lit.c ASVG teilversicherte Dienstnehmer, für Heimarbeiter und für nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz überlassene Dienstnehmer gilt. Die dem Dienstgeber nach § 33 ASVG vorgeschriebenen Pflichten können nach § 35 Abs.3 ASVG grundsätzlich auch auf Bevollmächtigte übertragen werden; dennoch hat der Dienstgeber auch in diesem Fall die in § 33 ASVG vorgesehene Meldung selbst zu erstatten, wenn eine der Voraussetzungen des § 35 Abs.4 ASVG vorliegt.

 

Gemäß § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (§ 9 Abs.2 VStG) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

4.2. Zur Berufung der Amtspartei:

 

4.2.1 Im gegenständlichen Fall hat der Bw zum einen die im Spruchpunkt 1. bis 5. angeführten fünf Personen von 2. Februar 2009 bis zumindest am 25. Februar 2009 sowie zum anderen die im Spruchpunkt 6. bis 9. angeführten vier Personen zumindest am 26. Februar 2009 beschäftigt, ohne diese vor Arbeitsantritt als vollbeschäftigte Arbeitnehmer zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Wegen dieser Übertretungen wurde über den Bw von der belangten Behörde für die erstgenannten fünf beschäftigten Arbeitnehmer und für die vier letztgenannten beschäftigten Arbeitnehmer jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von 1.000 Euro verhängt.

 

Fraglich ist somit, ob nach dem ASVG - gleichermaßen, wie nach dem AuslBG - je nicht gemeldeter Person ein Delikt anzunehmen ist oder die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen ein Delikt bildet und die Anzahl der Beschäftigten im Rahmen der Strafhöhe berücksichtigt werden muss.

 

Nach § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 ASVG Meldungen oder Anzeigen (jeweils Mehrzahl) nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Im Abs.2 dieser Bestimmung ist normiert, dass die Ordnungswidrigkeit (Einzahl) nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist und zwar, mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro. Eine Wortinterpretation dieser Bestimmung legt es somit - indem von "Meldungen" oder "Anzeigen" in der Mehrzahl gesprochen wird, die allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit bilden - nahe, dass die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen nur ein Delikt darstellt.

 

Eine dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) BGBl Nr. 218/1975, vergleichbare Regelung, wonach eine Bestrafung für jeden beschäftigten Ausländer vorgesehen ist - diese Regelung im AuslBG erfolgte gerade in der Absicht, hier eine Mehrfachbestrafung festzulegen (siehe Regierungsvorlage 449 BlgNR. XVII. GP, S. 15) -, findet sich in der Strafbestimmung des § 111 Abs.1 und 2 ASVG nicht. Auch aus den Erläuterungen zu § 111 ASVG (vgl. dazu 77 BlgNR., XXIII. GP, S. 4) ergibt sich nicht, dass für jede nicht angemeldete Person eine Bestrafung erfolgen soll (in diesem Sinn auch die teleologische Argumentation von Franz Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008, S. 8).

 

Es wird im ASVG von „Meldungen“ oder „Anzeigen“ in der Mehrzahl gesprochen, die allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit bilden. Daraus ergibt sich, dass die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen nur ein Delikt darstellt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt daher zum Ergebnis, dass es sich im gegenständlichen Fall bloß um zwei Ordnungswidrigkeiten (Spruchpunkte 1. bis 5.: unterlassene Meldungen von 2. Februar 2009 bis 25. Februar 2009; Spruchpunkt 6. bis 9.: unterlassene Meldungen am 26. Februar 2009) handelt. Die Erstbehörde hat damit rechtlich richtig lediglich zwei Strafen verhängt.

 

4.3. Zur Berufung des Bw:

 

4.3.1. Im gegenständlichen Fall richtet sich nunmehr (nach Einschränkung in der mündlichen Verhandlung) die Berufung des Bw ausschließlich gegen das Strafausmaß, sodass der Schuldausspruch des angefochtenen Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen und unangreifbar ist.

 

4.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

4.5. Im gegenständlichen Fall wurde im angefochtenen Straferkenntnis sowohl über die Spruchpunkte 1. bis 5. als auch über die Spruchpunkte 6. bis 9. eine Geldstrafe in Höhe von jeweils insgesamt 1.000 Euro, also mehr als die Mindeststrafe für eine Tatbegehung im Erstfall verhängt.

 

4.5.1. Aus der einleitenden Formulierung "unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes" im § 111 Abs.2 ASVG ergibt sich grundsätzlich, dass auch für jene nach § 111 Abs.1 ASVG zu ahndenden Übertretungen im Erstfall die Vorschriften über die außerordentliche Milderung der Strafe (§ 20 VStG: Unterschreiten der Strafuntergrenze bis zur Hälfte) bzw. über ein Absehen von der Strafe unter allfälliger gleichzeitiger Ermahnung (§ 21 VStG) in vollem Umfang zum Tragen kommen sollen, d.h. bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen im Zuge der Strafbemessung auch zwingend berücksichtigt werden müssen.

 

Daraus folgt, dass im Ergebnis auch im Falle einer Übertretung gemäß § 111 Abs.1 ASVG im Zuge der Strafbemessung zunächst zu prüfen ist, ob gemäß § 21 VStG die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe vorliegen; wenn dies nicht zutrifft, so ist noch darüber hinaus zu untersuchen, ob nach § 20 VStG eine Unterschreitung der Strafuntergrenze geboten ist (näher dazu VwSen-251936/2/Gf/Mu/Ga vom 03.10.2008 und VwSen-251903/2/WEI/Se vom 17.09.2009).

 

4.5.2. Die belangte Behörde ist wohl davon ausgegangen, dass die Folgen der Übertretung angesichts des damit verbundenen Schadens für die Versichertengemeinschaft und unter Berücksichtigung der neun nicht angemeldeten Arbeitnehmer nicht unbedeutend sein können.

 

Auch der Oö. Verwaltungssenat ist der Auffassung, dass die Straflosigkeit einer Missachtung der in § 33 Abs.1 ASVG positivierten Meldepflicht eine weitreichende Beispiels- und Folgewirkung nach sich ziehen könnte. Es kann (daher) nicht die Rede davon sein, dass die Nichtanmeldung eines Dienstnehmers keine oder lediglich unbedeutende Folgen nach sich gezogen hätten. Die Anwendbarkeit des § 21 VStG scheidet sohin aus.

 

4.5.3. Bei der Prüfung der Frage, ob gemäß § 20 VStG eine Unterschreitung der gesetzlichen Strafuntergrenze in Betracht kommt, sind die Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen abzuwägen, wobei Erstere die Letzteren beträchtlich überwiegen müssen.

 

Zunächst ist allgemein zu berücksichtigen, dass der Bw nach Ausweis der Aktenlage bislang verwaltungsstrafrechtlich unbescholten ist und die gegenständlichen Übertretungen nicht bestritten hat. Weiters ist dem Bw vor allem das nunmehr abgelegte Tatsachen- und Schuldeingeständnis zugute zu halten. Umgekehrt hat die belangte Behörde nur die Beschäftigung von neun nicht angemeldeten Arbeitnehmern richtigerweise als straferschwerend gewertet. Allerdings wurde nicht berücksichtigt, dass die Dauer der Beschäftigung hinsichtlich der Spruchpunkte 6. bis 9. relativ kurz war – diese Vorwürfe im bekämpften Straferkenntnis beschränkten sich jeweils auf den 26. Februar 2009. Hingegen bezogen sich die Vorwürfe zur Dauer der Beschäftigung in den Spruchpunkten 1. bis 5. von 2. Februar 2009 bis zumindest am 26. Februar 2009. Zu berücksichtigen ist weiters, dass der Bw nun unselbständig tätig ist und somit spezialpräventive Gründe in den Hintergrund treten. Auch seine Vermögensverhältnisse haben sich verschlechtert und er hat noch Verbindlichkeiten aus seiner selbständigen Tätigkeit.

 

4.6.1. Aus diesen Gründen kommt der Oö. Verwaltungssenat hinsichtlich der zu den Spruchpunkten 1. bis 5. verhängten Geldstrafe zur Ansicht, dass unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände dieses Falles sowie unter general- und spezialpräventiven Gesichtspunkten gemäß § 111 Abs.2 ASVG mit der Verhängung der Mindeststrafe in Höhe von insgesamt 730 Euro das Auslangen gefunden werden kann.

 

4.6.2. Hingegen war hinsichtlich der zu den Spruchpunkten 6. bis 9. verhängten Geldstrafe zu beachten, dass die Beschäftigungsdauer in diesen Fällen lediglich wenige Stunden betragen hat. Bei dieser Sachlage ist daher – insbesondere auch im Hinblick darauf, dass der Gesetzgeber in § 111 Abs.2 ASVG letzter Satz die erstmalige Übertretung gesondert beurteilt – eine außerordentliche Strafmilderung gerechtfertigt.

 

4.7.1. Bei diesem Ergebnis war der Berufung des Bw gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG insoweit stattzugeben, als hinsichtlich der zu den Spruchpunkten 1. bis 5. angelasteten Übertretung die verhängte Geldstrafe auf 730 Euro und gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation eine Ersatzfreiheitsstrafe im Ausmaß von 112 Stunden und hinsichtlich der zu den Spruchpunkten 6. bis 9. angelasteten Übertretung die verhängte Geldstrafe auf 365 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 56 Stunden herabzusetzen war.

 

4.7.2. Die gegenständliche Berufung der Amtspartei war gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG als unbegründet abzuweisen.

 

5. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in der Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 109,50 Euro, vorzuschreiben. Für das Berufungsverfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war hingegen gemäß § 65 VStG kein weiterer Kostenbeitrag festzusetzen. 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabengebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Gerda Bergmayr-Mann

 

 

Rechtssatz zu VwSen-252276/14/BMa/Mu/Th vom 17. Dezember 2010:

ständige Rechtssprechung.

 

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