Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-252658/2/BP/Ga

Linz, 13.12.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Urfahr-Umgebung vom 4. November 2010, GZ.: SV96-6-7-2010/Bd/Ga, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 146 Euro (das sind 20 Prozent der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64 VStG.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes des Bezirks Urfahr-Umgebung vom
4. November 2010, GZ.: SV96-6-7-2010/Bd/Ga, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 112 Stunden) verhängt, weil er als Gewerbeinhaber des Handelsgewerbes in X, welches für die Einhaltung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt habe, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten habe:

Die oa. Firma habe als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG Herrn X mit Arbeiten (Christbaumverkauf) in Vollbeschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen ein Entgelt von 1.100 Euro für 3 Wochen beschäftigt. Der Genannte sei in der Zeit vom 8. Dezember 2009 bis zum
24. Dezember 2009 beschäftigt worden. Obwohl dieser Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen gewesen und als Beschäftigter in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversichert sei, sei hierüber eine zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet worden.

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden §§ 111 Abs. 1 Z. 1 iVm. 33 Abs. 1 ASVG genannt.

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen, sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als gegeben an.

Im Rahmen der von Organen des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr beim Christbaumverkaufsstand in X, am 14. Dezember 2009 durchgeführten Kontrolle, gab der mutmaßlich Beschäftigte ua. an, dass er die Christbäume auf selbstständiger Basis verkaufen würde. Er verkaufe Christbäume für das X und habe dazu einen Gewerbeschein gelöst. Er stelle abschließend für die Arbeit (ca. 3 Wochen) eine Rechnung über ungefähr 1.100 Euro. Schriftlichen Vertrag gäbe es keinen. Die Öffnungszeiten des Standes würde er nicht vorgegeben bekommen haben. Das eingenommene Geld und die Aufzeichnungen über die verkauften Bäume würden täglich von der Frau des Chefs abgeholt werden. Er habe praktisch keine Aufwendungen, da die ganzen Lampen, die Bäume, der Zaun usw. vom X aufgestellt worden seien. Wenn er verhindert sei, dann müssten schon die vom X für Ersatz sorgen.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende rechtzeitige Berufung vom 22. November 2010.

Darin führt der Bw – nunmehr rechtsfreundlich vertreten – im Wesentlichen aus, dass die belangte Behörde betreffend den Tatvorwurf nicht ausreichend ermittelt habe, inwieweit eine persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit im vorliegenden Fall bestanden habe. Vorweg werde darauf hingewiesen, dass Herr X entgegen den Feststellungen der belangten Behörde über mehrere Gewerbescheine verfügt habe. Er habe nach seiner Tätigkeit dem Bw eine Rechnung als Selbstständiger über den Betrag von 1200 Euro vorgelegt. Dieser Betrag sei
einkommensteuermäßig von diesem gegenüber dem Finanzamt dargetan worden. Hinsichtlich des Arbeitsortes werde ausgeführt, dass der Verkaufstand selbstverständlich über die Dauer von 3 Wochen an einen bestimmten Standort gebunden gewesen sei, welcher bereits Monate vorweg ausgewählt worden sei, weshalb Herr X im Rahmen seiner selbstständigen Tätigkeit dort seine Verkäufe durchgeführt habe. Hinsichtlich der Arbeitszeit habe Herr X bereits ausgeführt, dass er an eine solche nicht gebunden gewesen sei und ihm diese auch vom Bw nicht vorgegeben worden sei. Die persönliche Arbeitspflicht sei ebenfalls nicht gegeben gewesen, da sich Herr X selbstverständlich für den Fall der Krankheit bzw. Terminkollision durch eine von ihm ausgewählte Person hätte vertreten lassen können. Diese Merkmale der persönlichen Abhängigkeit seien von der belangten Behörde jedoch nicht erhoben worden. Insbesondere sei im angefochtenen Bescheid nicht Bezug genommen worden. Zudem habe Herr X seine Betriebsmittel (Akten, Verpackungsmaterial, Spitzmaschine, etc.) selbstständig zur Verfügung gestellt. Es könne sohin von einer entgeltlichen Beschäftigung in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit nicht ausgegangen werden.

 

Der angefochtene Bescheid leide zudem an einem Spruchmangel, da er die als erwiesen angenommene Tat nicht in möglichst gedrängter deutlicher Fassung sondern bereits die rechtliche Würdigung beinhaltend beschreibe.

 

Abschließend stellt der Bw den Antrag der Berufung stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abzuändern, dass diese behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werde, in eventu das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung der Erlassung eines neuen Straferkenntnisses an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

 

2.1. Mit Schreiben vom 25. November 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

2.2. Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Zusätzlich wurde am 2. Dezember 2010 eine Anfrage an die Oö. GKK gestellt, um den Ausgang des dort geführten Verfahrens in Erfahrung zu bringen. Dieses ist laut dortiger Auskunft jedoch noch nicht rechtskräftig abgeschlossen.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs. 3 abgesehen werden, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt eindeutig und unwidersprochen feststeht, im Verfahren lediglich die Klärung von Rechtsfragen vorzunehmen war und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hatte.

Nachdem die in der Berufung vorgebrachten ergänzenden Sachverhaltselemente als durchaus glaubwürdig in die rechtliche Beurteilung einbezogen werden, erübrigte sich auch eine weitere Beweisaufnahme (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 30. März 2001, GZ.: 2000/02/095).

2.3. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 33 Abs.1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 150/2009 haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß Abs.1a leg.cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

Gemäß § 111 Abs.1 handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

1.     Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder

2.     Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder

3.     Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder

4.     gehörig ausgewiesene Bedienstete er Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

-         mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,

-         bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

3.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass den Bw als Gewerbeinhaber grundsätzlich die Anmeldepflicht zur Sozialversicherung von, von seinem Unternehmen beschäftigten, Personen trifft, wie auch die Tatsache, dass eine derartige Meldung bei der Oö. Gebietskrankenkasse als zuständigem Sozialversicherungsträger hätte erstattet werden müssen.

 

Für den vorliegenden Fall entscheidend ist, ob Herr X bei dem in Rede stehenden Unternehmen tatsächlich beschäftigt war. Dass er beim zuständigen Sozialversicherungsträger nicht angemeldet war, bedarf keiner weiteren Feststellungen.

 

3.3. Die vom Bw geäußerten Einwände gegen den Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses werden vom Oö. Verwaltungssenat nicht geteilt, zumal die Tat hinsichtlich der wesentlichen Tatbestandselemente ausreichend umschreibend und unverwechselbar vorgeworfen wurde und es dem Bw durchaus möglich war, sich entsprechend zu verteidigen.

 

Dem Bw wird allerdings zugestanden, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht auf sämtliche hier zu erörternde Fragen einging, was jedoch vom Oö. Verwaltungssenat würdigend vorzunehmen ist.

 

3.4.1. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1991, Zl. 91/08/0101, knüpft dieser die Anmeldepflicht nach § 33 ASVG an das Vorliegen der Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 ASVG und die dort angeführten Kriterien. Eine Entscheidung nach § 33 iVm § 111 leg. cit. kann demnach nur unter genauer Erörterung dieser Kriterien erfolgen.

Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, [].

3.4.2.1. Was die Merkmale persönlicher Abhängigkeit (also der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit einer Person durch ihre und während ihrer Beschäftigung) anlangt, so sind nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0152, nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall auch vorliegender Umstände wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers) dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. 

3.4.2.2. Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. VwGH vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A).

Das Angewiesensein dessen, der nicht über die Produktionsmittel verfügt, auf die Ware "Arbeitskraft" erstreckt sich sowohl auf die wirtschaftliche als auch auf die persönliche Sphäre des Arbeitenden (vgl.  VwGH vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0349).

3.4.2.3. Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 27. November 1990, Zl. 89/08/0178, genügt es für die Annahme persönlicher Abhängigkeit – in Übereinstimmung mit dem zu beurteilenden Gesamtbild der Beschäftigung -, wenn die konkrete – wenn auch nur in Form einer Teilzeitbeschäftigung – übernommene Verpflichtung zu einer ihrer Art nach bestimmten Arbeitsleistung den Arbeitenden während dieser Zeit so in Anspruch nimmt, so dass er über diese Zeit auf längere Sicht nicht frei verfügen kann und ihre Nichteinhaltung daher einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen darstellen würde.

3.4.2.4. Die Erteilung von Weisungen betreffend die eigentliche Arbeitsleistung kommt im Wesentlichen in zwei (von einander nicht immer scharf zu trennenden) Spielarten in Betracht: in Bezug auf das Arbeitsverfahren einerseits, das arbeitsbezogene Verhalten andererseits.

Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren können in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden, weil sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser fachlich eigener Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation und Erfahrung erweitert. Deshalb ist das Fehlen von das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungen in der Regel von geringer Aussagekraft (vgl. VwGH vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/08/0032).

Die Erteilung von Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten unterbleibt in der Regel dann, wenn und sobald der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat (vgl. VwGH vom 25. Februar 1988, Zl. 86/08/0242). In solchen Fällen lässt sich die Weisungsgebundenheit in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten jedoch in Form "stiller Autorität des Arbeitgebers" feststellen (vgl. VwGH vom 25. Mai 1987, Zl. 83/08/0128).

3.4.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs u. a. vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269, ist wirtschaftliche Abhängigkeit bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel.

3.4.4. Die Entgeltlichkeit ist kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs 2 ASVG (vgl. u.a. VwGH vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0003). Unter dem Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG ist unter dem Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit grundsätzlich das entgeltliche (und nicht unentgeltliche) Beschäftigungsverhältnis gemeint, an das Voll- und Teilversicherungspflicht in differenzierender Weise anknüpft (vgl. VwGH vom 29. November 1984, Zl. 83/08/0083).

Gemäß § 49 Abs. 1 ASVG sind unter Entgelt die Geld- und Sachbezüge zu verstehen, auf die der pflichtversicherte Dienstnehmer (Lehrling) aus dem Dienst (Lehr)verhältnis Anspruch hat oder die er darüber hinaus auf Grund des Dienst (Lehr)verhältnisses vom Dienstgeber oder von einem Dritten erhält.

Gemäß § 49 Abs. 3 Z. 12  ASVG gelten freie oder verbilligte Mahlzeiten, die der Dienstgeber an nicht in seinen Haushalt aufgenommene Dienstnehmer zur Verköstigung am Arbeitsplatz freiwillig gewährt, nicht als Entgelt.

Überdies ist hier wohl auch § 1152 ABGB einschlägig, wonach für den Fall, dass vertraglich kein Entgelt bestimmt und auch nicht Unentgeltlichkeit vereinbart ist, ein angemessenes Entgelt als bedungen gilt.

3.5. Im hier zu beurteilenden Fall liegen die der eben dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu entnehmenden Kriterien zweifelsfrei überwiegend vor.

Der Beschäftigte war hinsichtlich des Arbeitsortes – nämlich des in Rede stehenden Verkaufstandes, der vom Unternehmen des Bw bestellt, eingerichtet und bestückt wurde, an das Unternehmen gebunden und nicht frei verfügungsberechtigt. Vor allem also in organisatorischer Hinsicht lag die Verantwortung klar beim Unternehmen des Bw und nicht beim Beschäftigten.

Es wird zugestanden, dass der Beschäftigte keine konkreten Vorgaben bezüglich der täglichen Arbeitszeit vom Bw erhalten hatte; allerdings gab der Beschäftigte selbst an, dass die Tageslosung kontinuierlich abzuliefern war, was eine gewisse Kontrollfunktion offenbart. Insbesondere ist anzumerken, dass offensichtlich das unternehmerische Risiko beim Unternehmen des Bw und nicht beim Beschäftigten lag. Auch ist eindeutig festzuhalten, dass schon nach der Natur des Verhältnisses her im vorliegenden Fall nicht etwa von einem Werkvertrag gesprochen werden kann, da die geschuldete Leistung nicht als Ziel sondern als "Dauerschuldverhältnis" qualifiziert werden muss. Im Vordergrund stand nicht die Erbringung eines Werks (derartiges wurde auch vom Bw nicht behauptet), sondern der Einsatz der Arbeitskraft, die nicht bei Erreichen eines vereinbarten Vollendens abgeschlossen war. Nachdem die wesentlichen Betriebsmittel (Christbäume, Stand usw.) vom Unternehmen des Bw gestellt wurden, ist der allfällige Einsatz von Spitzmaschinen oder "Akten" des Beschäftigten lediglich als untergeordnet zu betrachten. Im vorliegenden Fall bedurfte es schon nach der Natur der Tätigkeit keinerlei besonderen Weisungen, um die Beschäftigung durchzuführen, weshalb dieser Punkt nicht zielführend ins Treffen gebracht werden kann. Ein weiteres Element persönlicher Abhängigkeit besteht darin, dass der Verkaufsstand offensichtlich regelmäßig von Vertretern des in Rede stehenden Unternehmens besucht und der Bedarf kontrolliert bzw. betreut wurde.

Insgesamt ist also festzustellen, dass im vorliegenden Fall von einem Verhältnis persönlicher Abhängigkeit – unabhängig von der von den Vertragsparteien intendierten formalen Ausstattung des Verhältnisses auszugehen ist. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob der Bw einen einschlägigen Gewerbeschein vorzuweisen hat oder nicht, da es auf die Beurteilung des konkreten Vertragsverhältnisses in natura ankommt.

3.6. Gemäß § 5 Abs. 2 gilt ein Beschäftigungsverhältnis als geringfügig, wenn es

1.  für eine kürzere Zeit als einen Kalendermonat vereinbart ist und für einen Arbeitstag im Durchschnitt ein Entgelt von höchstens 27,47 €, insgesamt jedoch von höchstens 357,74 € gebührt oder

2.  für mindestens einen Kalendermonat oder auf unbestimmte Zeit vereinbart ist und im Kalendermonat kein höheres Entgelt als 357,74 € gebührt.

Keine geringfügige Beschäftigung liegt hingegen vor, wenn das im Kalendermonat gebührende Entgelt den in Z 2 genannten Betrag nur deshalb nicht übersteigt, weil

-   infolge Arbeitsmangels im Betrieb die sonst übliche Zahl von Arbeitsstunden nicht erreicht wird (Kurzarbeit) oder

-   die Beschäftigung im Laufe des betreffenden Kalendermonates begonnen oder geendet hat oder unterbrochen wurde.

Auch gilt eine Beschäftigung als Hausbesorger nach dem Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970, nicht als geringfügig, außer während der Zeit

-          eines Beschäftigungsverbotes gemäß den §§ 3 und 5 des Mutterschutzgesetzes (MSchG), BGBl. Nr. 221/1979, oder

-          eines Karenzurlaubes gemäß den §§ 15, 15a, 15b und 15d MSchG und den §§ 2, 5 und 9 des Eltern-Karenzurlaubsgesetzes (EKUG), BGBl. Nr. 651/1989, bei Anspruch auf Wochengeld bzw. auf Karenzgeld nach dem Karenzgeldgesetz (KGG), BGBl. I Nr. 47/1997.

Auf Beschäftigungsverhältnisse, die mit Dienstleistungsscheck entlohnt werden, ist ausschließlich die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (Z 2) anzuwenden. An die Stelle der im ersten Satz genannten Beträge treten ab Beginn jedes Beitragsjahres (§ 242 Abs. 10) die unter Bedachtnahme auf § 108 Abs. 6 mit der jeweiligen Aufwertungszahl (§ 108a Abs. 1) vervielfachten Beträge.

Unbestritten ist wohl, dass ein vereinbartes Entgelt von 1.100 bzw. 1.200 Euro für drei Wochen Arbeitsleistung über der Geringfügigkeitsgrenze des § 5 ASVG liegt, weshalb im in Rede stehenden Fall von Vollbeschäftigung ausgegangen werden muss.

Die objektive Tatseite ist daher erfüllt.

3.7.  Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahr­lässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0293).

Diesbezüglich brachte der Bw keinerlei Gründe vor, die ein Verschulden seinerseits verneinen lassen könnten. Bei entsprechend sorgfältigem Verhalten bzw. bei Einholung entsprechender Informationen hätte er fraglos die aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen geltende Rechtslage in Erfahrung bringen können. Im Unterlassen dieser Einholung von Informationen allein schon liegt sein Verschulden.

Es ist daher auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite – in Form von Fahrlässigkeit – auszugehen.

3.8. Hinsichtlich der Strafbemessung folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates den Überlegungen der belangten Behörde, die im Übrigen völlig zu Recht nur die Mindeststrafe verhängte. Ein weiteres Herabsetzen kam allein schon mangels unerheblicher Folgen der Tat und auch mangels Vorliegens eines geringfügigen Verschuldens nicht in Betracht.

3.9. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 VStG zusätzlich zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 146 Euro, aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum