Linz, 20.12.2010
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, Schloßhof 2, 4240 Freistadt, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 12. November 2009, GZ: 0033788/2009, wegen einer Übertretung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG (mitbeteiligte Partei: X) zu Recht erkannt:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl.Nr.52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 20/2009
§§ 64 u. 65 VStG
Entscheidungsgründe:
1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz die mitbeteiligte Partei wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:
1.2. Begründend führt die belangte Behörde insbesondere aus, der der mitbeteiligten Partei zur Last gelegte Sachverhalt sei auf Grund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen. Demnach habe die mitbeteiligte Partei als Dienstgeber die im Spruch angeführten Personen als Dienstnehmer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt, ohne diese ordnungsgemäß beim zuständigen Krankenversicherungsträger angemeldet zu haben. Die mitbeteiligte Partei habe ein Ungehorsamsdelikt begangen und sie habe den Schuldentlastungsbeweis nicht erbringen können. Bei entsprechender Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 19 VStG 1991 maßgebender Bemessungsgründe sei die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie dem Verschulden angemessen.
1.3. Gegen dieses der Amtspartei am 23. November 2009 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die am 26. November 2009 bei der belangten Behörde – und damit rechtzeitig – eingelangte Berufung, mit der beantragt wurde, für jedes einzelne Delikt eine Strafe in Höhe von 1.000,00 Euro auszusprechen.
1.4. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die rechtliche Beurteilung im bekämpften Straferkenntnis unrichtig sei, weil die belangte Behörde für die in § 111 ASVG normierte Meldepflicht des Dienstgebers trotz vier nicht gemeldeter Personen (nur) eine Geldstrafe in Höhe von insgesamt 1.400,00 Euro verhängt habe. In der Folge verweist die Amtspartei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, nämlich auf die VwGH-Entscheidungen vom 26. November 2008, Zl. 2005/08/0144, und vom 23. April 2003, Zl. 98/08/0270.
2.1. Die belangte Behörde hat mit Vorlageschreiben vom 14. Dezember 2009 einen Ausdruck ihres elektronischen Aktes zur Geschäftszahl 0033788/2009 dem Oö. Verwaltungssenat übermittelt.
2.2. Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis je angenommenem Delikt eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.
2.3. Dieser erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
3.1. Gemäß § 33 Abs.1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.
Nach § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.
3.2. Im gegenständlichen Fall hat die mitbeteiligte Partei am 7. Februar 2009 um 10.30 Uhr vier Personen beschäftigt, ohne dass sie diese vor Arbeitsantritt als vollbeschäftigte Arbeitnehmer, die nicht gemäß § 5 ASVG von der Versicherungspflicht ausgenommen waren, zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet hat. Wegen dieser Übertretungen wurde über die mitbeteiligte Partei von der belangten Behörde für die vier angeführten beschäftigten Arbeitnehmer eine Geldstrafe in Höhe von 1.400 Euro verhängt.
3.3. Hier ist allein die Rechtsfrage strittig, ob im Lichte des Kumulationsprinzips des § 22 Abs. 1 VStG, wenn der Dienstgeber mehrere Personen, hinsichtlich derer er seiner gesetzlichen Meldepflicht nach dem ASVG nicht entsprochen hat, lediglich eine Gesamtstrafe oder vielmehr in Bezug auf jeden Dienstnehmer eine gesonderte Einzelstrafe zu verhängen ist.
Aus den in der Berufung angeführten VwGH - Entscheidungen ist nicht ersichtlich, dass das Höchstgericht sich letzterer Auffassung angeschlossen hätte.
Denn in der in der Beschwerde angeführten Entscheidung vom 26. November 2008, 2005/08/0144, verweist der VwGH gerade hinsichtlich der Strafbemessung lediglich auf sein Vorerkenntnis vom 6. November 2006, 2005/09/0121, wobei in beiden Entscheidungen hinsichtlich der Frage – Einfach- oder Mehrfachbestrafung – nichts ausgesagt wird; Gleiches gilt auch für das in der Berufung weiters angeführte Erkenntnis des VwGH vom 23. April 2003, 98/08/0270.
Deshalb steht der Oö. Verwaltungssenat nach wie vor (vgl. z.B. VwSen-252107/6/Fi/Mu/Se vom 14. Juli 2009) auf dem Standpunkt, dass eine Mehrfachbestrafung nach der Wortinterpretation der angeführten Strafbestimmung des § 111 Abs. 1 ASVG nicht zu erfolgen hat.
Denn nach § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 ASVG Meldungen oder Anzeigen (jeweils Mehrzahl) nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Im Abs.2 dieser Bestimmung ist normiert, dass die Ordnungswidrigkeit (Einzahl) nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist, und zwar mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro.
Es wird von „Meldungen“ oder „Anzeigen“ in der Mehrzahl gesprochen, die allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit bilden. Daraus ergibt sich, dass die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen nur ein Delikt darstellt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat kommt daher zum Ergebnis, dass es sich im gegenständlichen Fall bloß um eine Ordnungswidrigkeit handelt, womit das von der Erstbehörde bestimmte Strafausmaß insgesamt rechtlich richtig festgesetzt wurde. Auch die Verhängung der Ersatzfreiheitsstrafe von 216 Stunden, die von der belangten Behörde in Relation der Obergrenze für die Geldstrafe zur Obergrenze für die Ersatzfreiheitsstrafe festgesetzt wurde, begegnet keinen Bedenken.
3.4. Die gegenständliche Berufung war daher gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG als unbegründet abzuweisen.
3.5. Verfahrenskosten hat die mitbeteiligte Partei nicht zu tragen. Denn aus § 64 Abs.1 VStG und § 65 VStG ergibt sich, dass die Kosten des Berufungsverfahrens dem Bestraften – unter der Voraussetzung, dass das Straferkenntnis bestätigt wird – nur dann aufzuerlegen sind, wenn er auch der Berufungswerber ist. Dies ist hier nicht der Fall.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bergmayr-Mann
Rechtssatz zu VwSen-252346/2/BMa/Mu/Th vom 20. Dezember 2010:
§ 33 ASVG iVm § 111 ASVG: Ständige Rechtsprechung UVS OÖ