Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-240786/2/Gf/Mu

Linz, 11.01.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des x gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 2. Dezember 2010, Zl. SanRB96-44-2010, wegen einer Über­tretung des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau vom 2. Dezember 2010, Zl. SanRB96-44-2010, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 150 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag: 15 Euro) verhängt, weil er trotz entsprechender Aufforderung die an seiner Trinkwasseranlage bestehenden technischen Mängel jedenfalls bis zum 26. Jänner 2010 nicht saniert gehabt und somit keine Vorsorge gegen eine Beeinträchtigung des Trinkwassers getroffen habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Z. 1 der Trinkwasserverordnung, BGBl.Nr. II 304/2001, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. II 121/2007 (im Folgenden: TWV), begangen, weshalb er nach § 90 Abs. 4 Z. 3 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 13/2006, in der hier maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 52/2009 (im Folgenden: LMSVG), zu bestrafen gewesen sei.

 

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass die ihm angelastete Tat auf Grund einer entsprechenden Anzeige eines Sachverständigen des Amtes der Oö. Landesregierung als erwiesen anzusehen sei und zudem feststehe, dass der Beschwerdeführer bis dato weder die angeforderten Berichte noch sonstige Belege für einen Nachweis zur Durchführung der nötigen Sanierungsmaßnahmen vorgelegt habe.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei seine bisherige Unbescholtenheit als mildernd zu berücksichtigen gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu berücksichtigen gewesen.

 

1.2. Gegen dieses ihm am 6. Dezember 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 16. Dezember 2010 – und damit rechtzeitig – bei der belangten Behörde eingebrachte Berufung.

 

Darin wendet der Rechtsmittelwerber unter Vorlage eines Gutachtens vom 17. Juni 2010 ein, dass sowohl seine Anlage als auch das daraus gewonnene Trinkwasser den gesetzlichen Anforderungen entspreche. Zu der Anzeige durch den Sachverständigen sei es nur deshalb gekommen, weil sich damals der Deckel der Brunnenanlage nicht habe lösen lassen.

 

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Strafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Braunau zu Zl. SanRB96-44-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde und die Verfahrensparteien auch einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1.1. Gemäß § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 10.000 Euro zu bestrafen, der einer Anordnung i.S.d. § 39 Abs. 1 LMSVG nicht entspricht.

Nach § 39 Abs. 1 Z. 12 bis 14 LMSVG hat der Landeshauptmann mit Bescheid u.a. die Durchführung betrieblicher – insbesondere baulicher, anlagentechnischer und/oder ausstattungsmäßiger – Verbesserungen anzuordnen und diese gegebenenfalls mit einer Berichtspflicht über die Durchführung der angeordneten Maßnahmen zu verbinden.

3.1.2. Andererseits begeht nach § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG u.a. derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 20.000 Euro zu bestrafen, der den Bestimmungen einer auf Grund § 6 LMSVG erlassenen Verordnung zuwiderhandelt.

Wie sich aus deren Präambel ergibt, wurde die TWV im Zuge ihrer Erlassung ursprünglich auf die §§ 10 Abs. 1, 21 Abs. 1, 29 lit. b und 39 Abs. 8 des Lebensmittelgesetzes, BGBl.Nr. 86/1975 (im Folgenden: LMG), gestützt. Nach § 95 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Z. 1 LMSVG ist das LMG zwar am 1. Jänner 2006 außer Kraft getreten; zufolge der Übergangsbestimmung des § 98 Abs. 1 LMSVG sind jedoch die auf Grund des LMG ergangenen Verordnungen nunmehr als auf Grund des LMSVG erlassen anzusehen, wobei aus dem Blickwinkel der Strafbestimmung des § 90 LMSVG im Weiteren zu klären ist, auf welcher Bestimmung eine solche Verordnung fußt bzw. konkret: ob die TWV als nunmehr auf einer der in § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG genannten Bestimmungen basierend angesehen werden kann. Letzteres trifft im Ergebnis deshalb zu, weil der dort explizit angeführte § 6 LMSVG den Bundesminister für Gesundheit generell dazu ermächtigt, die Voraussetzungen für das Bereitstellen und die Anforderungen an die Qualität von Wasser und für den menschlichen Gebrauch mit Verordnung näher zu regeln (vgl. § 6 Abs. 3 LMSVG).

3.2. Wenn dem Beschwerdeführer mit dem angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen wird, dass er trotz entsprechender Aufforderung die an seiner Trinkwasseranlage bestehenden technischen Mängel jedenfalls bis zum 26. Jänner 2010 nicht in einen ordnungsgemäßen Zustand gebracht und somit keine Vorsorge gegen eine Beeinträchtigung des Trinkwassers getroffen habe, so wird ihm damit materiell eine Übertretung des § 5 Z. 1 TWV angelastet; diese kann er entweder dadurch begangen haben, dass er einer Anordnung i.S.d. § 39 LMSVG nicht entsprochen hat, oder dadurch, dass er unmittelbar der TWV selbst zuwidergehandelt hat, wobei die diesbezüglichen Strafrahmen, nämlich § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG einerseits und § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG andererseits, deutlich voneinander abweichen.

§ 39 Abs. 1 LMSVG setzt allerdings – jedenfalls für eine Bestrafung – schon aus Gründen des Rechtsschutzes und der tatbestandlichen Differenzierung von § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG die Erlassung einer bescheidmäßigen Anordnung (der gegebenenfalls eine schriftliche Aufforderung vorangehen kann, deren Nichtbeachtung aber [noch] keine Strafbarkeit nach sich zieht) voraus; ein derartiger Bescheid lag jedoch im gegenständlichen Fall allseits unbestritten nicht vor.

Somit hätte bei der gegebenen Sachlage lediglich eine Bestrafung wegen einer Verletzung des § 5 Z. 1 TWV i.V.m. § 90 Abs. 3 Z. 2 LMSVG erfolgen dürfen.

Weil die letztere Bestimmung einen vergleichsweise höheren Strafrahmen als § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG vorsieht und es sich somit nicht um dieselbe Tat, die dem Rechtsmittelwerber im angefochtenen, explizit auf § 90 Abs. 4 Z. 3 LMSVG gestützten Straferkenntnis angelastet wurde, handelt, konnte somit seitens des Oö. Verwaltungssenates – dem schon von Verfassungs wegen nicht (auch) die Funktion einer Strafverfolgungsbehörde, sondern vielmehr jene einer (bloßen) Rechtsschutzinstitution zukommt – auch keine dementsprechende Spruchkorrektur vorgenommen werden.

3.3. Vielmehr war daher der gegenständlichen Berufung schon deshalb, weil dem Beschwerdeführer mit dem bekämpften Straferkenntnis eine Tat vorgeworfen wurde, die in dieser Form keine Verwaltungsübertretung bildet, gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren für den angelasteten Tatzeitraum, d.i. bis zum 26. Jänner 2010, nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

Ob und bejahendenfalls in welchem Umfang das Strafverfahren für den danach liegenden Zeitraum weitergeführt wird, hat hingegen die belangte Behörde aus eigenem zu beurteilen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Erstbehörde noch ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

VwSen-240786/2/Gf/Mu vom 11. Jänner 2011

Erkenntnis

LMSVG § 90;

Trinkwasserverordnung (TWV) § 5

 

Entgegen ihrer Präambel ist die TWV nach dem Außerkrafttreten des LMG nunmehr als auf § 6 Abs 3 LMSVG basierend anzusehen.

Eine Bestrafung wegen einer Übertretung des § 5 Z 1 TWV iVm § 39 Abs 1 und § 90 Abs 4 Z 3 LMSVG setzt aus Gründen des Rechtsschutzes und der tatbestandlichen Differenzierung zu einer Übertretung des § 5 Z 1 TWV iVm § 90 Abs 3 Z 2 LMSVG die Erlassung einer bescheidmäßigen Anordnung (der gegebenenfalls eine schriftliche Aufforderung vorangehen kann, deren Nichtbeachtung aber [noch] keine Strafbarkeit nach sich zieht) voraus.

Angesichts des jeweils deutlich unterschiedlichen Strafrahmens handelt es sich bei den in Rede stehenden Delikten nicht um dieselbe Tat, sodass auch keine bloße Spruchkorrektur vorgenommen werden kann.

 

 

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