Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165514/6/Zo/Jo

Linz, 04.01.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X vom 28.10.2010 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Steyr vom 01.10.2010, Zl. S-4751/ST/10, wegen mehrerer Übertretungen der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.12.2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.          Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 250 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die BPD Steyr hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er

 

1) am 10.05.2010 um 14.42 Uhr in Eberstalzell auf der A1 in Fahrtrichtung Wien bei Strkm. 199,625 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X gelenkt habe, wobei er zu einem vor ihm auf dem gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde, da er nur einen zeitlichen Abstand von 0,3 Sekunden oder maximal 10,3 m eingehalten habe;

 

2) am 10.05.2010 um 14.44 Uhr in Satteldt auf der A1 in Fahrtrichtung Wien bei Strkm. 195,572 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X gelenkt habe, wobei er zu einem vor ihm auf dem gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug unter besonders gefährlichen Verhältnissen und mit besonderer Rücksichtslosigkeit nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde, da er nur ein zeitlichen Abstand von 0,13 Sekunden oder maximal 4,6 m eingehalten habe;

 

3) am 10.05.2010 um 14.44 Uhr in Sattledt auf der A1 in Fahrtrichtung Wien bei Strkm. 195,200 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X gelenkte habe, wobei er auf dem rechten Fahrstreifen fahrend ein Fahrzeug, das auf dem mittleren Fahrstreifen fuhr und darauf folgend ein Fahrzeug, das auf dem linken Fahrstreifen fuhr, rechts überholte, obwohl das Überholen nur links zulässig ist, sofern nicht ein Fahrzeug überholt wird, dessen Lenker die Absicht anzeigt nach links einzubiegen oder zum linken Fahrbahnrand zuzufahren und das Fahrzeug links eingeordnet hat;

 

4) am 10.05.2010 um 14.45 Uhr Sipbachzell auf der A1 in Fahrtrichtung Wien bei Strkm. 191,960 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X gelenkt habe, wobei er die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 42 km/h überschritten habe, weil seine Fahrgeschwindigkeit mindestens 172 km/h betragen habe.

 

Er habe dadurch zu 1) und 2) jeweils eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO, zu 3) eine solche nach § 15 Abs.1 StVO und zu 4) eine Übertretung des § 20 Abs.2 StVO begangen. Es wurden daher Geldstrafen in Höhe von 350 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 116 Stunden) gemäß § 99 Abs.2c Z4 StVO zu 1), 500 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 165 Stunden) gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO zu 2), 100 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 33 Stunden) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO zu 3) und 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 99 Stunden) gemäß § 99 Abs.2d StVO zu 4) verhängt. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 125 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug ohne erkennbaren Grund stark abgebremst wurde und es dadurch zu einer starken Abnahme des Sicherheitsabstandes gekommen sei. Weiters seien die Messmarken nicht genau gesetzt. Bezüglich der zweiten Unterschreitung des Sicherheitsabstandes führte der Berufungswerber aus, dass das vor ihm fahrende Fahrzeug - ohne auf den nachkommenden Verkehr zu achten - einen Fahrstreifenwechsel unmittelbar vor ihm durchgeführt habe und er eine Kollision nur durch starkes Abbremsen habe verhindern können. Diese Situation habe daher der Lenker des vorausfahrenden Fahrzeuges zu verantworten.

 

Bezüglich des "rechts Überholens" sei der erforderliche Verkehrsfluss auf allen drei Fahrstreifen gegeben gewesen. Das Überholen sei daher erlaubt gewesen, weshalb er den Tatbestand nicht erfüllt habe. Zur Geschwindigkeitsüberschreitung bemängelte der Berufungswerber, dass ihm der Videofilm nicht zur Kenntnis gebracht worden sei.

 

Die Behörde habe seine Einwände zum Thema "Kalibrierungsvideo" vollkommen ignoriert. Er verstehe den Sinn des Sachverständigengutachtens nicht, wenn der Sachverständige dabei auf ein von der Behörde erstelltes Kalibrierungsvideo zurückgreifen muss, dessen Ursprung und Qualität er nicht überprüft hat. Die Qualifizierung der Übertretung als besonders gefährlich oder rücksichtslos entbehre jeder Grundlage, zum Zeitpunkt der Vorfälle hätten ideale Fahrbahnverhältnisse und beste Sicht geherrscht. Die von der Behörde erwähnten "Vorstrafen" seien im Wesentlichen Geschwindigkeitsüberschreitungen, die im Lauf der Zeit und in Anbetracht seiner Jahresfahrleistung vorkommen können.

 

3. Der Polizeidirektor von Steyr hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 20.12.2010. An dieser haben der Berufungswerber und ein Vertreter der Erstinstanz teilgenommen, es wurde der Zeuge X zum Sachverhalt befragt und vom Sachverständigen X ein Gutachten erstellt.

 

4.1. Daraus ergibt sich der folgende für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 10.05.2010 um 14.00 Uhr seinen PKW auf der A1 in Fahrtrichtung Wien. Hinter ihm fuhr ein Zivilstreifenfahrzeug der Polizei, welches die Fahrt des Berufungswerbers in der Zeit von 14.42 Uhr bis 14.45 Uhr mittels Video aufzeichnete. Der Berufungswerber benutzte dabei den linken Fahrstreifen, vor ihm befand sich ein Kastenwagen. Um 14.42.20 Uhr betrug der Abstand des Berufungswerbers zu diesem Kastenwagen 14,6 m, 6 sec später betrug er nur noch 10,3 m. Während dieser Zeit hatte der Kastenwagen die Bremse (offenbar nur leicht) betätigt, der Berufungswerber selbst bremste um 14.42.24 Uhr ca. 1 sec lang und löste danach die Bremse wieder, während der vor ihm fahrende Kastenwagen weiter bremste. Die Auswertung des Abstandes um 14.42.26 Uhr ergab bei einer Geschwindigkeit von 122 km/h einen Abstand von 10,3 m, das entspricht einem zeitlichen Abstand von 0,3 sec.

 

In weiterer Folge wechselte der Kastenwagen auf den rechten Fahrstreifen und der Berufungswerber setzte seine Fahrt auf dem linken Fahrstreifen fort. Um 14.44.04 Uhr lief er auf einen vor ihm fahrenden Renault Espace auf, wobei zu diesem Zeitpunkt der Abstand noch ca. 15 m betrug. Beginnend um 14.44.16 Uhr entsteht der Eindruck, dass der Espace auf den mittleren Fahrstreifen wechseln würde, er betätigt jedoch keinen Blinker, befindet sich aber mit den rechten Reifen in etwa auf der Leitlinie zwischen dem linken und dem mittleren Fahrstreifen. In dieser Zeit hatte sich der Abstand des Berufungswerbers zum Espace sukzessive  verringert, um 14.44.18 Uhr betrug er noch 7,6 m. Der Espace fuhr dann einige Sekunden mit den rechten Rädern rechts von der Leitlinie, um 14.44.20 Uhr ist erkennbar, dass er jedoch nicht auf den mittleren Fahrstreifen wechselt sondern wieder zur Gänze zurück auf den linken Fahrstreifen fährt. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt betätigte der Berufungswerber kurz seine Bremsen. Unmittelbar darauf um 14.44.21 Uhr erfolgte die nächste Abstandsmessung, welche bei einer Geschwindigkeit von 125 km/h einen Abstand von 4,6 m ergab. Dies entspricht einem zeitlichen Abstand von 0,13 sec. Der Berufungswerber bremste zu diesem Zeitpunkt sein Fahrzeug nicht.

 

Um 14.44.25 Uhr betätigte der Berufungswerber zweimal den Blinker und wechselte vom äußerst linken über den mittleren auf den rechten Fahrstreifen, wobei er sein Fahrzeug beschleunigte. Er überholte dabei den Espace sowie einen auf dem mittleren Fahrstreifen fahrenden VW-Bus und wechselte vor diesem um ca. 14.44.33 Uhr vom rechten wieder auf den äußerst linken Fahrstreifen. Dort beschleunigte er sein Fahrzeug.

 

Nachdem der Espace und ein weiteres Fahrzeug vom linken auf den mittleren Fahrstreifen gewechselt hatten, befanden sich zwischen dem Fahrzeug des Berufungswerbers und dem Polizeifahrzeug keine weiteren Fahrzeuge mehr. Das Polizeifahrzeug holte augenscheinlich auf den Berufungswerber auf. Um 14.45.24 Uhr begann die Polizei mit einer Geschwindigkeitsmessung, welche bis 14.45.40 Uhr dauerte. Dabei legte das Polizeifahrzeug eine Strecke von 805 m in einer Zeit von 15,86 sec zurück, was eine rechnerische Durchschnittsgeschwindigkeit von 182,7 km/h ergibt. Während dieser Zeit ist optisch keine Änderung des Abstandes zum Fahrzeug des Berufungswerber erkennbar. Der Sachverständige erläuterte zur Geschwindigkeitsmessung, dass er innerhalb der Nachfahrtsstrecke eine Wegstrecke von 478 m herausgemessen hatte, in welcher das Polizeifahrzeug eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 186 km/h fuhr und sich der Berufungswerber um 6,6 m vom Polizeifahrzeug entfernte. Innerhalb dieses Abschnittes ergibt sich daher (bereits unter Berücksichtigung der 5 %-igen Messtoleranz) eine Durchschnittsgeschwindigkeit für den Berufungswerber von 179 km/h. Für die gesamte Nachfahrtsstrecke beträgt die Durchschnittsgeschwindigkeit unter Berücksichtigung der 5 %-igen Messtoleranz 172,9 km/h.

 

Der Sachverständige erläuterte weiters, dass für das konkret verwendete Messsystem von der Polizei ein Kalibrierungsvideo angefertigt wurde. Bei der Anfertigung des Kalibrierungsvideos war der Sachverständige nicht anwesend, er hat jedoch das Kalibrierungsvideo von der Polizei überprüft und dabei festgestellt, dass die Kamera und das Messsystem richtig kalibriert wurden. Die oben angeführten Entfernungsangaben und Geschwindigkeiten wurden vom Sachverständigen jeweils überprüft und für in Ordnung befunden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 15 Abs.1 StVO darf der Lenker außer in den Fällen des Abs.2 und 2a nur links überholen. Als Überholen gilt gemäß § 2 Abs.1 Z29 StVO das Vorbeibewegen eines Fahrzeuges an einem auf der selben Fahrbahn in der gleichen Richtung fahrenden Fahrzeug; nicht als Überholen gelten das Vorbeibewegen an einem auf einem Verzögerungs- oder Beschleunigungsstreifen fahrenden Fahrzeug oder an einem auf einem Radfahrstreifen fahrenden Radfahrer sowie das Nebeneinanderfahren von Fahrzeugreihen, auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, auf Fahrbahnen mit mehr als einem Fahrstreifen für die betreffende Fahrtrichtung und das Nebeneinanderfahren, auch mit unterschiedlicher Geschwindigkeit, iSd § 7 Abs.3a.

 

Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Gemäß § 20 Abs.2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h fahren.

 

5.2. Der Berufungswerber hat bei der ersten Abstandsmessung einen zeitlichen Abstand von 0,3 sec eingehalten. Diese Situation hat sich dadurch ergeben, dass der Berufungswerber immer näher an das vor ihm fahrende Fahrzeug herangefahren ist, ca. 1 sec lang die Bremse betätigt hat und danach ungebremst mit einem Abstand von 10,3 m bei einer Geschwindigkeit von 122 km/h nachgefahren ist. Der Berufungswerber hat diesen kurzen Abstand daher zur Gänze selbst zu verantworten, ein unvorhergesehenes oder verbotenes Fahrmanöver des vorderen Fahrzeuglenkers lag nicht vor.

 

Zur zweiten Abstandsmessung ist anzuführen, dass sich der Berufungswerber wiederum relativ rasch an ein vor ihm fahrendes Fahrzeug annäherte, wobei er den Abstand auf weniger als eine halbe Sekunde reduzierte. Das vor ihm fahrende Fahrzeug fuhr daraufhin weiter nach rechts und es hatte kurz den Anschein, als ob es auf den mittleren Fahrstreifen wechseln würde. Allerdings betätigte es dabei den Blinker nicht und beendete den scheinbaren Fahrstreifenwechsel relativ rasch wieder und kehrte zur Gänze auf den linken Fahrstreifen zurück. Es handelte sich dabei um eine unklare Verkehrssituation, weshalb der nachfahrende Berufungswerber verpflichtet gewesen wäre, auf diese unklare Situation durch eine defensive Fahrweise Rücksicht zu nehmen. Der Berufungswerber bremste sein Fahrzeug auch kurz ab (offenbar erschien auch ihm der Abstand zu diesem Zeitpunkt zu gering), löste dann aber die Bremse wieder. Zu diesem Zeitpunkt hielt er eine Geschwindigkeit von 125 km/h ein und der Abstand zum vorderen Fahrzeug betrug lediglich 4,6 m, was einem zeitlichen Abstand von 0,13 sec entspricht. Anzuführen ist, dass während der gesamten Zeit die beiden Fahrzeuge zwar seitlich versetzt waren, jedoch immer eine Überdeckung der Fahrzeuge gegeben war. Der Berufungswerber durfte aufgrund des Fahrverhaltens des Vorderfahrzeuges keinesfalls mit Sicherheit davon ausgehen, dass dieser auf die mittlere Spur wechseln werde, weshalb er einen entsprechenden Abstand hätte einhalten müssen. Es ist im Gegenteil durchaus naheliegend, dass der Lenker des vorausfahrenden Fahrzeuges sich durch den Berufungswerber bedrängt fühlte und sein unklares Fahrverhalten durch den dicht auffahrenden Berufungswerber provoziert wurde.

 

Allgemein ist auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beim Hintereinanderfahren zumindest jener Abstand einzuhalten ist, welcher der Reaktionszeit entspricht. Dabei wird von einer durchschnittlichen Reaktionszeit von 1 sec ausgegangen. Der vom Berufungswerber eingehaltene Abstand von 0,3 bzw. 0,13 sec ist hingegen so gering, dass selbst bei konzentriertem Fahren eine rechtzeitige Reaktion auf ein mögliches rasches Abbremsen des Vorderfahrzeuges unmöglich ist. Bei einem Abstand von 0,13 sec wäre es im Fall eines plötzlichen starken Abbremsen des Vorderfahrzeuges unweigerlich zu einem Auffahrunfall des Berufungswerbers gekommen, weshalb im Hinblick auf die Geschwindigkeit von 125 km/h jedenfalls besonders gefährliche Verhältnisse vorliegen. Der Berufungswerber hat daher die ihm in den Punkten 1) und 2) vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Der Berufungswerber hat innerhalb von 8 sec vom äußerst linken auf den rechten und wiederum zurück auf den äußerst linken Fahrstreifen gewechselt und dabei sein Fahrzeug stark beschleunigt und zwei PKW überholt. Es ist offensichtlich, dass es sich dabei nicht um ein Nebeneinanderfahren von Fahrzeugkolonnen handelte, weil der Berufungswerber als einziges Fahrzeug überholte. Er hat daher auch die ihm in Punkt 3) vorgeworfene Übertretung zu verantworten.

 

Bezüglich der darauffolgenden Geschwindigkeitsüberschreitung ergibt sich aus den nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen, dass der Berufungswerber auf einer Strecke von ca. 800 m eine Durchschnittsgeschwindigkeit von mindestens 172 km/h einhielt. Zwischendurch war seine Geschwindigkeit sogar höher. Er hat daher auch diese Übertretung jedenfalls zu verantworten.

 

Zum Verschulden ist anzuführen, dass sich aus dem gesamten Fahrverhalten des Berufungswerbers ergibt, dass er trotz des relativ starken Verkehrsaufkommens so rasch als möglich vorankommen wollte und dabei gravierende Verkehrsverstöße bewusst in Kauf genommen hat. Die einzelnen Übertretungen sind dem Berufungswerber nicht etwa wegen mangelnder Aufmerksamkeit passiert, sondern er hat diese – zumindest bedingt - vorsätzlich begangen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2 lit.c StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 36 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, zB beim Überholen, als Wartepflichtiger oder im Hinblick auf eine allgemeine oder durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte Geschwindigkeitsbeschränkung, unter besonders gefährlichen Verhältnissen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt, sofern nicht eine Übertretung nach Abs.2d oder 2e vorliegt.

 

Gemäß § 99 Abs.2c Z4 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 72 Euro bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis 6 Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges den erforderlichen Sicherheitsabstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug gemäß § 18 Abs.1 nicht einhält, sofern der zeitliche Sicherheitsabstand 0,2 sec oder mehr, aber weniger als 0,4 sec beträgt.

 

Gemäß § 99 Abs.2d StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 70 bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 24 Stunden bis zu 6 Wochen, zu bestrafen, wer die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 30 km/h überschreitet.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 2 Wochen, zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges, als Fußgänger, als Reiter oder als Treiber oder Führer von Vieh gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes oder der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Bei der Strafbemessung sind erschwerend insgesamt sieben einschlägige Vormerkungen wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen, drei Vormerkungen wegen eines zu geringen Sicherheitsabstandes und eine rechtskräftige Vormerkung wegen eines verbotenen Rechtsüberholens zu werten. Dem zuständigen Mitglied des UVS ist aus anderen Berufungsverfahren bekannt, dass der Berufungswerber auch in diesen Fällen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit jeweils deutlich überschritten hatte. Der Berufungswerber zeigte auch in der Berufungsverhandlung keine Einsicht bezüglich der von ihm begangenen Übertretungen. Aus seiner Äußerung, dass er sich an das vor ihm fahrende Fahrzeug bis auf 0,3 sec herangebremst habe, ist abzuleiten, dass ihm die Gefährlichkeit eines derart geringen Abstandes nicht bewusst ist. Auch bezüglich des Abstandes von 0,13 sec sucht er die Schuld beim Verhalten des vor ihm fahrenden Fahrzeuges und erkennt nicht, dass er vermutlich selbst dieses Verhalten durch sein zu knappes Auffahren provoziert hat. Auch bezüglich des Rechtsüberholens und der massiven Geschwindigkeitsüberschreitung ließ er keinerlei Unrechtsbewusstsein erkennen. Strafmilderungsgründe liegen hingegen nicht vor.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände sowie der massiven Unterschreitungen des erforderlichen Abstandes sowie der Überschreitung der Geschwindigkeit erscheinen die von der Erstinstanz verhängten Geldstrafen durchaus angemessen. Eine Herabsetzung der Strafen kommt nicht in Betracht. Offenkundig bedarf es entsprechend strenger Strafen, um dem Berufungswerber nicht nur das Unrecht sondern auch die Gefährlichkeit seines Fahrverhaltens vor Augen zu führen.

 

Der Berufungswerber machte keine Angaben zu seinen persönlichen Verhältnissen, im Hinblick auf seine von ihm angeführte berufliche Stellung ist jedenfalls von einem überdurchschnittlichen Einkommen auszugehen. Selbst unter Zugrundelegung der erstinstanzlichen Einschätzung, welcher der Berufungswerber nicht widersprochen hat, erscheinen die Strafen jedoch nicht überhöht.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum