Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165540/3/Zo/Th

Linz, 03.01.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Verhandlungsfrist vom 19. November 2010 sowie die Berufung vom 9. September 2010 des X, vertreten durch X gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 24. August 2010, Zl. VerkR96-3467-2010 wegen mehrerer Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Oktober 2010 sowie am 21. Dezember 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsverhandlung wird stattgegeben und das Erkenntnis vom 28. Oktober 2010, Zl. VwSen-165402/6/Zo/Th aufgehoben.

 

II.1. Hinsichtlich Punkt 1 wird der Berufung gegen die Strafhöhe teilweise         stattgegeben und die Geldstrafe auf 130 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe     auf 52 Stunden herabgesetzt;

 

II.2. Hinsichtlich Punkt 3 wird der Berufung stattgegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt;

 

II.3. Hinsichtlich Punkt 5 wird der Berufung gegen die Strafhöhe teilweise         stattgegeben und die Geldstrafe auf 70 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe       auf 28 Stunden herabgesetzt.

       Die Strafnorm wird auf § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 richtig gestellt.

 

III.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 30 Euro, für das        Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

Der Berufungswerber hat seine Berufung hinsichtlich der Punkte 2 und 4 des Straferkenntnisses am 21. Dezember 2010 zurückgezogen, diese beiden Punkte sind daher bereits in Rechtskraft erwachsen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:       §§ 67 Abs.1 Z1 und 71 Abs.1 Z.1 AVG iVm § 24 VStG.

zu II.:      § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e, 19 und 45 VStG.

zu III.:     §§ 64 ff VStG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I und II.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis Folgendes vorgeworfen:

 

"1) Sie haben zu einem vor Ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde, da Sie bei einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 50 km/h nur einen Abstand von 2-3 m einhielten.

Tatort: Gemeinde Linz, Landesstraße Ortsgebiet, B 126 zwischen Strkm. 1,2 und 1,050 in Fahrtrichtung Linz (Süd).

Tatzeit: 22.04.2010, 05.49 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 18 Abs.1 StVO 1960.

 

2) Sie haben den Fahrstreifen gewechselt, ohne sich davon zu überzeugen, dass dies ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer möglich ist.

Tatort: Gemeinde Linz, Landesstraße Ortsgebiet, B 126 bei Strkm. 1,05 in Fahrtrichtung A7 (Süd).

Tatzeit: 22.04.2010, 05.49 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 11 Abs.1 StVO 1960.

 

3) Sie haben den bevorstehenden Überholvorgang nicht nach § 11 StVO über den Wechsel des Fahrstreifens rechtzeitig angezeigt.

Tatort: Gemeinde Linz, Landesstraße Ortsgebiet, B 126 zwischen Strkm. 1,1 und 0,9 in Fahrtrichtung A7 (Süd).

Tatzeit: 22.04.2010, 05.49 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 15 Abs.3 StVO 1960.

 

4) Sie haben ein anderes Fahrzeug rechts anstatt links überholt.

Tatort: Gemeinde Linz, Landesstraße Ortsgebiet, B 126 zwischen 1,1 und 1,050 sowie zwischen Strkm. 0,8 und 0,4 in Fahrtrichtung A7 (Süd).

Tatzeit: 22.04.2010, 05.49 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 15 Abs.1 StVO 1960.

 

5) Sie haben am angeführten Ort, welcher im Ortgebiet liegt, die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 30 km/h überschritten. die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu Ihren Gunsten abgezogen.

Tatort: Gemeinde Linz, Landesstraße Ortsgebiet, B 126 zwischen Strkm. 0,8 und 0,4 in Fahrtrichtung A7 (Süd).

Tatzeit: 22.04.2010, 05.49 Uhr.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

§ 52 lit.a Z10a StVO 1960.

 

Fahrzeug:

Kennzeichen X, PKW, Audi A4 Avant, blau.

 

Dem Berufungswerber wird vorgeworfen, dass er sämtliche Verwaltungsübertretungen als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X am 22.04.2010 um ca. 05.49 Uhr begangen hat.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgen Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von      falls diese uneinbringlich ist     gemäß

                            Ersatzfreiheitsstrafe von

250 Euro              83 Stunden                             § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

50 Euro                16 Stunden                             § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

50 Euro                16 Stunden                             § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

50 Euro                16 Stunden                             § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960

100 Euro              33 Stunden                             § 99 Abs.2e StVO 1960

 

Weitere Verfügungen (zB. Verfallsausspruch, Anrechnung der Vorhaft):

---

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG 1991) zu zahlen:

50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 550 Euro."

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass er die ihm vorgeworfenen Übertretungen nicht habe begehen können. Dies deshalb, weil er bereits um 05.53 Uhr an seinem Arbeitsplatz (X) die Zeituhr betätigt habe und es nicht möglich sei, von dem ihm vorgeworfenen Tatort innerhalb von 4 Minuten an seinem Arbeitsplatz zu gelangen. Die Strecke zu seinem Arbeitsplatz betrage ca. 7 km und er müsse nach dem Abstellen seines Fahrzeuges auch noch das Gebäude betreten um die Zeituhr bedienen zu können. Die Uhr bei der Firma X sei ein geeichtes Gerät und es sei daher völlig ausgeschlossen, dass diese eine andere als die tatsächliche Uhrzeit anzeige.

 

Die von der Behörde angeführte Möglichkeit, dass die Uhren mehrere Minuten abweichen könnten, sei nicht nachvollziehbar, weil der Anzeiger die Uhrzeit konkret von zwei verschiedenen Uhren abgelesen habe.

 

Der Anzeiger habe offenbar eine persönliche Animosität gegen den Berufungswerber und seine Behauptungen seien widersprüchlich. Den behaupteten Abstand von 2-3 Metern hätte der Anzeiger nur feststellen können, wenn er auf gleicher Höhe mit dem Berufungswerber gefahren sei. Wenn der Anzeiger den notwendigen Sicherheitsabstand von 32 m zu dem vor ihm fahrenden LKW eingehalten habe, dann habe er aufgrund des Blickwinkels zu dem Fahrzeug des Berufungswerbers den Tiefenabstand nicht mehr einschätzen können.

 

Nach den Schilderungen des Anzeigers habe auch der LKW auf dem rechten Fahrstreifen überholt, was der Anzeiger aber offenbar nicht angezeigt habe. Hätte der Anzeiger einen ausreichenden Sicherheitsabstand zum LKW eingehalten, so wäre er durch den Fahrstreifenwechsel des Berufungswerbers nicht zum Abbremsen seines Fahrzeuges genötigt worden.

 

Der Anzeiger habe den behaupteten erneuten Fahrstreifenwechsel vom linken auf den rechten Fahrstreifen ohne Blinken nur dann wahrnehmen können, wenn er selbst dem Fahrzeug des Berufungswerbers gefolgt sei, was er aber nicht behaupte. Er habe daher auch nicht feststellen können, ob der Berufungswerber in weiterer Folge am rechten Fahrstreifen bis km 0,4 überholt habe, weil er durch den vor ihm fahrenden LKW das Fahrzeug des Berufungswerbers nicht habe sehen können. Auch die Geschwindigkeit habe er keinesfalls feststellen können, weil er dem Berufungswerber nicht nachgefahren sei.

 

Der Anzeiger habe die Anzeige als Privatperson erstattet und sich nicht in den Dienst gestellt. Er habe eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 bis 60 km/h angezeigt, während die Behörde nur eine solche von 30 km/h vorgeworfen habe. Offensichtlich handle es sich dabei nur um eine Schätzung durch die Behörde.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Urfahr-Umgebung hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18. Oktober 2010. Bei dieser wurde der Meldungsleger X als Zeuge einvernommen. Der Berufungswerber und sein Vertreter haben an dieser Verhandlung nicht teilgenommen, weil ihnen die Ladung nicht hatte zugestellt werden können. Sie haben daher einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eingebracht, woraufhin am 21. Dezember 2010 eine weitere Verhandlung durchgeführt wurde.

 

4.1. Daraus ergibt sich der folgende für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte am 22.04.2010 um ca. 05.49 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen X auf der B126 in Linz in Richtung A7. Bei der ampelgeregelten Kreuzung der B126 mit der Keplerstraße kam der Berufungswerber als zweites Fahrzeug hinter einem PKW auf dem linken Fahrstreifen zum Stehen. Unmittelbar neben ihm auf dem rechten Fahrstreifen stand der Anzeiger mit seinem Fahrzeug hinter einem LKW. Nach dem Umschalten der Ampel auf Grünlicht fuhr die Fahrzeugkolonne an, wobei der erste PKW auf dem linken Fahrstreifen sehr langsam gefahren ist. Aus diesem Grund befand sich der LKW auf dem rechten Fahrstreifen bereits vor diesem PKW. Der Anzeiger hielt zum LKW einen ausreichenden Abstand ein und befand sich dabei fast auf gleicher Höhe mit dem Berufungswerber, möglicherweise einige Meter dahinter. Der Berufungswerber hingegen hielt zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug nur einen geringen Abstand von ca. einer Fahrzeuglänge ein, wobei die Fahrzeuge dabei bis zu einer Geschwindigkeit von ca. 40 bis 50 km/h beschleunigt wurden. Dieser Abstand und die dabei eingehaltene Geschwindigkeit ergeben sich aus den Angaben des Berufungswerbers und des Anzeigers, wobei es sich um bloße Schätzungen handelt, weshalb zu Gunsten des Berufungswerbers von den niedrigeren Werten ausgegangen wird.

 

Ungefähr bei km 1,050 wechselte der Berufungswerber unmittelbar vor dem Zeugen auf den rechten Fahrstreifen, sodass der Zeuge wegen dieses Fahrstreifenwechsels sein Fahrzeug stark abbremsen musste. Strittig ist, ob der Berufungswerber diesen Fahrstreifenwechsel mit dem Blinker anzeigte. Der Zeuge verneint dies, während der Berufungswerber in der Verhandlung glaubwürdig versicherte, Fahrstreifenwechsel grundsätzlich immer mit dem Blinker anzuzeigen.

 

Dazu ist anzuführen, dass die Frage, ob der Berufungswerber die Fahrstreifenwechsel angezeigt hat oder nicht, nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit geklärt werden kann.

 

Der Berufungswerber beschleunigte sein Fahrzeug stark und konnte den auf dem linken Fahrstreifen nach wie vor langsam fahrenden PKW rasch überholen und vor diesem PKW wieder auf die linke Spur wechseln. Er überholte dann auf dem linken Fahrstreifen den LKW und hatte im Verlauf der Kurve ca. bei km 0,9 wieder auf den rechten Fahrstreifen gewechselt. Daran anschließend beschleunigte er sein Fahrzeug und hat in etwa bis km 0,4 auf dem rechten Fahrstreifen mehrere PKW rechts überholt. In diesem Bereich beginnt die Sperrfläche, wobei der Berufungswerber unmittelbar vor Beginn dieser Sperrfläche wieder auf den linken Fahrstreifen wechselte und in Richtung Autobahn weiter gefahren ist.

 

Auch der LKW, welchen der Berufungswerber überholt hatte, wechselte im Bereich der Kurve auf den linken Fahrstreifen, weshalb der Zeuge freie Sicht auf den Berufungswerber hatte. In diesem Bereich befindet sich eine 60-km/h Beschränkung und der Zeuge gab an, dass er selbst laut Tacho seines Fahrzeuges eine Geschwindigkeit von ca. 70 km/h gefahren ist. Der Angezeigte fuhr wesentlich schneller und entfernte sich sehr rasch von ihm. Auch der Berufungswerber räumte eine Überschreitung der zulässigen Geschwindigkeit ein, bestritt jedoch vehement die vom Anzeiger geschätzte Geschwindigkeit von ca. 110 km/h.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 71 Abs.1 AVG ist gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn

1.      die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft, oder

2.      die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt hat, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Gemäß § 18 Abs.1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Zf.10a StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Zur Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

 

Die Ladung zur mündlichen Berufungsverhandlung für den 18. Oktober 2010 wurde dem Rechtsvertreter des Berufungswerbers per E-Mail zugestellt. Dabei erfolgte die Zustellung nicht an die E-Mail-Adresse der Kanzlei sondern an die im Berufungsschriftsatz ebenfalls angeführte persönliche E-Mail-Adresse des Rechtsvertreters. Der Rechtsvertreter hielt sich jedoch zum Zeitpunkt der Übermittlung und auch in den darauf folgenden Wochen in Shanghai auf. Er führte dabei seinen Laptop mit sich und versuchte mehrmals, E-Mail-Nachrichten abzurufen. Dies war ihm jedoch – vermutlich aufgrund der im "chinesischem Netz" vorhandenen Sperren - nicht möglich.

 

Das Vorbringen des Rechtsvertreters des Berufungswerbers ist diesbezüglich durchaus glaubwürdig. Die fehlende Zustellung der Ladung stellt für den Rechtsvertreter des Berufungswerbers ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis dar und es trifft ihn daran auch kein Verschulden. Seinem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher stattzugeben.

 

 

5.3. Nochmals ist festzuhalten, dass der Berufungswerber in der Verhandlung am 21. Dezember 2010 hinsichtlich der Punkte 2 und 4 seine Berufung zurückgezogen hat. Diese beiden Punkte sind daher bereits am 21. Dezember 2010 in Rechtskraft erwachsen. Bezüglich der Punkte 1 und 5 wurde die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt, sodass der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen ist und nur noch die Strafbemessung zu prüfen bleibt.

 

Lediglich zu Punkt 3 hat der Berufungswerber die Berufung zur Gänze aufrecht erhalten. Dazu ist auszuführen, dass die Behauptung des Berufungswerbers, dass er Fahrstreifenwechsel grundsätzlich mit dem Blinker anzeige, nicht ohne weiteres widerlegt werden kann. Es ist durchaus denkbar, dass der Anzeiger den Blinker übersehen hat, weshalb nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit bewiesen werden kann, dass der Berufungswerber diese Übertretung begangen hat. In diesem Punkt war daher der Berufung stattzugeben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG einzustellen.

 

5.4. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Wie sich aus den Bestimmungen des § 99 StVO ergibt, sind beim Unterschreiten des erforderlichen Sicherheitsabstandes verschiedene Strafbestimmungen anzuwenden, je nachdem, wie groß der zeitliche Abstand war. Wenn der Sicherheitsabstand mehr als 0,4 Sekunden beträgt, ist die Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 mit einer Höchststrafe von 726 Euro anzuwenden.

 

Unter Berücksichtigung der bei der Schätzung des Abstandes durch den Anzeiger zwangsläufig bestehenden Ungenauigkeiten ist zu Gunsten des Berufungswerbers eine Geschwindigkeit von 40 km/h und ein Abstand von 5 m (ca. eine Fahrzeuglänge) anzunehmen. Daraus ergibt sich ein zeitlicher Abstand von 0,45 Sekunden. Auch im dichten städtischen Kolonnenverkehr ist aus Gründen der Verkehrssicherheit ein zeitlicher Abstand von ca. einer Sekunde unbedingt erforderlich. Der Berufungswerber hat diesen notwendigen Abstand deutlich unterschritten, weshalb der Unrechtsgehalt dieser Übertretung als hoch einzuschätzen ist. Es war daher diesbezüglich eine deutlich spürbare Strafe zu verhängen, wobei im Hinblick auf den gegenüber dem erstinstanzlichen Vorwurf reduzierten Strafrahmen die Strafe herabzusetzen war. Die herabgesetzte Strafe beträgt etwas weniger als 20 % der gesetzlichen Höchststrafe.

 

Bezüglich der Geschwindigkeitsüberschreitung ist anzumerken, dass auch dieser Vorwurf lediglich auf einer Schätzung beruht. Es ist jedoch offenkundig, dass der Berufungswerber die erlaubte Geschwindigkeit von 60 km/h überschritten hat, wenn er sich von einem Fahrzeug, welches eine Tachogeschwindigkeit von 70 km/h eingehalten hat, rasch entfernt hat. Eine ziffernmäßige Festsetzung dieser Geschwindigkeit ist jedoch nicht möglich. Für die Strafbemessung ist jedenfalls von einer deutlichen Überschreitung auszugehen. Die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe schöpft den gesetzlichen Strafrahmen nicht einmal zu 10 % aus.

 

Dem Berufungswerber kommt als Strafmilderungsgrund seine bisherige Unbescholtenheit zugute, sonstige Strafmilderungsgründe oder Straferschwerungsgründe liegen nicht vor. Die Geldstrafen entsprechen auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von 1.800 Euro bei Sorgepflichten für Gattin und 2 Kinder sowie Schulden in Höhe von ca. 50.000 Euro). Ein noch weitere Herabsetzung kommt aus spezial- und generalpräventiven Überlegungen nicht in Betracht.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum