Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252627/23/Gf/Mu

Linz, 24.12.2010

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Berufung des x, vertreten durch RA x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 12. Oktober 2010, Zl. SV96-16-8-2010-Bd/Pe, wegen Übertretungen des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen Verhandlung am 10. Dezember 2010 zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als die Geldstrafe auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 120 Stunden herabgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 80 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat hat der Berufungswerber keinen Kostenbeitrag zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 64 Abs. 1 und 2 VStG; § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Urfahr-Umgebung vom 12. Oktober 2010, Zl. SV96-16-8-2010-Bd/Pe, wurden gegen den Beschwerdeführer zwei Geldstrafen in einer Höhe von jeweils 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 112 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer einer GmbH zu vertreten habe, dass von jener am 14. Jänner 2010 auf einer näher bezeichneten Baustelle in Schörfling in Oberösterreich zwei rumänische Staatsangehörige mit Montagearbeiten gegen Entgelt beschäftigt worden seien, ohne dass diese zuvor beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet worden seien. Dadurch habe der Rechtsmittelwerber jeweils eine Übertretung des § 33 Abs. 1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes, BGBl.Nr. 189/1955 in der im gegenständlichen Fall maßgeblichen Fassung BGBl.Nr. I 150/2009 (im Folgenden: ASVG), begangen, weshalb er nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass dieses dem Rechtsmittelwerber angelastete deliktische Verhalten von Kontrollorganen des Finanzamtes Gmunden-Vöckla­bruck festgestellt worden und daher als erwiesen anzusehen sei.

Im Zuge der Strafbemessung seien weder Milderungs- noch Erschwerungsgründe  zu berücksichtigen gewesen; die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Rechtsmittelwerbers seien infolge unterbliebener Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

1.2. Gegen dieses ihm am 19. Oktober 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 2. November 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass die beiden Ausländer, die jeweils über eine entsprechende Gewerbeberechtigung verfügen würden, als selbständige Subunternehmer tätig gewesen seien. Dies zeige sich daran, dass sie mit eigenem Werkzeug und zeitlich völlig ungebunden sowie frei von Weisungen gearbeitet hätten. Denn es sei lediglich eine notwendige wechselseitige Abstimmung der entsprechenden Arbeiten der beiden Unternehmen erfolgt, ohne dass deshalb ein vollständiges Unterordnungsverhältnis bestanden hätte.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Urfahr-Umgebung zu Zl. SV96-16-8-2010 sowie im Wege einer öffentlichen Verhandlung am 10. Dezember 2010, zu der als Partei der Beschwerdeführer und dessen Rechtsvertreter x sowie die Zeugen x, x und x erschienen sind.

2.1.1. Im Zuge dieser Beweisaufnahme wurde folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt:

Die GmbH des Beschwerdeführers war damit beauftragt, in der Fabrikshalle eines anderen Unternehmens in Schörfling am Attersee () eine Lüftungsanlage zu installieren. Diese Arbeiten hatten am 12. Jänner 2010 begonnen und weil zu diesem Zeitpunkt bereits absehbar war, dass der geplante Fertigstellungstermin anders nicht eingehalten werden konnte, hat die GmbH des Rechtsmittelwerbers den zweiten und dritten Zeugen, die über eine Gewerbeberechtigung betreffend das "Reinigungsgewerbe umfassend Tätigkeiten, wie sie Hausbesorger zu verrichten haben" bzw. die "Montage von Lichtkuppeln durch einfaches Verschrauben fertig bezogener Kunststoff- und Metallteile unter Ausschluss jeglicher Schweißarbeit" verfügten, damit beauftragt, die sog. "Lüftungszentrale" zu installieren, während die Montage der übrigen Teile der Lüftungsanlage durch eigene Arbeitnehmer der GmbH erfolgte; die Gesamtkoordination aller Tätigkeiten oblag dem ersten Zeugen als Vorarbeiter.

Im Zuge einer am 14. Jänner 2010 von Aufsichtsorganen des Finanzamtes Gmunden-Vöcklabruck durchgeführten Kontrolle wurden auf der Baustelle in Schörfling sowohl Arbeitnehmer der GmbH als auch der zweite und der dritte Zeuge angetroffen, wobei hinsichtlich der beiden letzteren Personen – allseits unbestritten – festgestellt wurde, dass diese zu jenem Zeitpunkt (und auch in der Folge) nicht beim zuständigen Sozialversicherungsträger (nämlich der Oö. Gebietskrankenkasse) angemeldet waren. Dies wurde den einschreitenden Organen gegenüber damit gerechtfertigt, dass der zweite und der dritte Zeuge dort nicht als Arbeitnehmer der GmbH, sondern als eigenständige Subunternehmer tätig seien.

Ergänzend dazu haben diese beiden Zeugen einerseits und der Beschwerdeführer andererseits in der öffentlichen Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat glaubwürdig dargelegt, dass zwischen ihnen vor dem Beginn der Arbeiten ein "mündlicher Werkvertrag" des Inhalts abgeschlossen wurde, dass Erstere die "Lüftungszentrale", also gleichsam das "Herzstück" der gesamten Anlage, zu installieren hatten. Den Arbeitern der GmbH oblag es hingegen, die sog. "klassische Montage der Luftverteilung" durchzuführen. Während Letztere vornehmlich die Anbringung des Lüftungsschachtsystems an der Decke der gesamten Fabrikshalle umfasst, besteht die "Lüftungszentrale" aus Ventilatoren, die im Wege einer Thermostatschaltung die Temperatur, den Luftaustausch, etc. regulieren. Wenngleich die Installation der "Lüftungszentrale" naturgemäß – da beide Tätigkeitsbereiche wechselseitig aufeinander abgestimmt sein müssen, was insbesondere die Anwesenheit zur gleichen Zeit und am gleichen Ort erforderte – und grundsätzlich nach detaillierten planlichen Anweisungen, die seitens der GmbH (die diese Installation ursprünglich selbst vornehmen wollte) vorgegeben wurden, zu erfolgen hatte, war hierzu doch auch ein gewisses (eingeschränktes) Maß an Sachkenntnis des zweiten und dritten Zeugen notwendig, das sich v.a. auf den eigenständigen Zusammenbau der Steuerungsteile und den damit verbundenen ordnungsgemäßen Zusammenschluss der elektrischen Anschlüsse bezog. Denn nach dem Inhalt des Vertrages waren diese für das ordnungsgemäße Funktionieren der "Lüftungszentrale", also des Steuerungselementes der gesamten Anlage, selbst verantwortlich; allerdings waren die hierzu erforderlichen Arbeitsschritte seitens des Beschwerdeführers planlich detailliert vorgegeben. Zur Durchführung dieser Arbeiten wurden vorweg ein Zeitraum von 3 bis 4 Wochen sowie die Bezahlung eines im Voraus festgelegten Betrages in einer bestimmten Höhe vereinbart. Das zur Installation der "Lüftungszentrale" erforderliche (Klein‑)Werkzeug wurde vom zweiten und dritten Zeugen selbst beigestellt, während die zu deren Herstellung erforderlichen Bauteile von der GmbH bereitgestellt wurden – dies offensichtlich vornehmlich deshalb, weil diese Elemente einerseits mit dem restlichen Teil der Anlage zusammenpassen mussten und die GmbH ja andererseits ursprünglich beabsichtigt hatte, diese "Lüftungszentrale" selbst einzubauen; letztlich verhinderten dies lediglich Zeit- und Personalnot. Daher konnte seitens der GmbH auch nicht (mehr) auf Leasingpersonal gegriffen werden, weil jenes zuvor erst eigens hätte eingeschult werden müssen. Deshalb wurden der zweite und der dritte Zeuge als bereits in diesem Tätigkeitsbereich erfahrene Professionisten herangezogen, wobei der Rechtsmittelwerber den Angaben seines Vorarbeiters (d.i. des ersten Zeugen) dahin, dass deren Gewerbeberechtigung auch den hier maßgeblichen Tätigkeitsbereich erfasse, ohne gesonderte eigenständige Kontrolle vertraut hat.

2.1.2. Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die im Wesentlichen übereinstimmenden und glaubwürdigen Aussagen der in der öffentlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen und den Inhalt des von der belangten Behörde vorgelegten Aktes, der zu diesen auch nicht im Widerspruch steht.

 

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

 

 

3. Über die vorliegende Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

 

3.1.1. Nach dem ASVG stellt sich die im Anlassfall maßgebliche einfachgesetzliche Rechtslage zusammengefasst wie folgt dar:

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden.

 

Nach § 35 Abs. 1 ASVG gilt als Dienstgeber i.S.d. des ASVG derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs-(Lehr‑)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist. Dies gilt entsprechend auch für die gemäß § 4 Abs. 1 Z 3 pflichtversicherten, nicht als Dienstnehmer beschäftigten Personen.

 

Als Dienstnehmer i.S.d. ASVG ist nach § 4 Abs. 2 leg.cit. anzusehen, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005, entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, es sei denn, es handelt sich um

1. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG 1988 oder

2. Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen.

 

Nach § 4 Abs. 4 ASVG stehen den Dienstnehmern im Sinne dieses Bundesgesetzes solche Personen gleich, die sich auf Grund freier Dienstverträge auf bestimmte oder unbestimmte Zeit zur Erbringung von Dienstleistungen verpflichten, und zwar für

1. einen Dienstgeber im Rahmen seines Geschäftsbetriebes, seiner Gewerbeberechtigung, seiner berufsrechtlichen Befugnis (Unternehmen, Betrieb usw.) oder seines statutenmäßigen Wirkungsbereiches (Vereinsziel usw.), mit Ausnahme der bäuerlichen Nachbarschaftshilfe,

2. eine Gebietskörperschaft oder eine sonstige juristische Person des öffentlichen Rechts bzw. die von ihnen verwalteten Betriebe, Anstalten, Stiftungen oder Fonds (im Rahmen einer Teilrechtsfähigkeit), wenn sie aus dieser Tätigkeit ein Entgelt beziehen, die Dienstleistungen im wesentlichen persönlich erbringen und über keine wesentlichen eigenen Betriebsmittel verfügen;

 es sei denn,

a) dass sie auf Grund dieser Tätigkeit bereits nach § 2 Abs. 1 Z 1 bis 3 GSVG oder § 2 Abs. 1 BSVG oder nach § 2 Abs. 1 und 2 FSVG versichert sind oder

b) dass es sich bei dieser Tätigkeit um eine (Neben-)Tätigkeit nach § 19 Abs. 1 Z 1 lit. f B-KUVG handelt oder

c) dass eine selbständige Tätigkeit, die die Zugehörigkeit zu einer der Kammern der freien Berufe begründet, ausgeübt wird oder

d) dass es sich um eine Tätigkeit als Kunstschaffender, insbesondere als Künstler im Sinne des § 2 Abs. 1 des Künstler-Sozialversicherungsfonds-Gesetzes handelt.

 

Nach § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG handelt u.a. derjenige ordnungswidrig, der als Dienstgeber entgegen den Vorschriften des ASVG Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine solche Ordnungswidrigkeit ist gemäß § 111 Abs. 2 ASVG von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar mit Geldstrafe von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall von 2.180 € bis zu 5.000 €, bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

 

In diesem Zusammenhang ist nach § 539a ASVG für die Beurteilung von Sachverhalten nach diesem Bundesgesetz in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der wahre wirtschaftliche Gehalt und nicht die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes (zB Werkvertrag, Dienstvertrag) maßgebend (Abs. 1); durch den Missbrauch von Formen und durch Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechtes können Verpflichtungen nach diesem Bundesgesetz, besonders die Versicherungspflicht, nicht umgangen oder gemindert werden (Abs. 2); ein Sachverhalt ist so zu beurteilen, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu beurteilen gewesen wäre (Abs. 3); Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Feststellung eines Sachverhaltes nach diesem Bundesgesetz ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Beurteilung maßgebend (Abs. 4); Die Grundsätze, nach denen (1.) die wirtschaftliche Betrachtungsweise, (2.) Scheingeschäfte, Formmängel und Anfechtbarkeit sowie (3.) die Zurechnung nach den §§ 21 bis 24 der Bundesabgabenordnung für Abgaben zu beurteilen sind, gelten auch dann, wenn eine Pflichtversicherung und die sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten nach diesem Bundesgesetz zu beurteilen sind (Abs. 5).

 

3.1.2. Dem gegenüber unterscheidet die Bestimmung des § 1151 Abs. 1 ABGB grundsätzlich zwischen dem Typus eines "Dienstvertrages" (§§ 1153 ff ABGB) und jenem eines "Werkvertrages" (§§ 1165 ff ABGB): Wenn sich jemand auf eine gewisse Zeit zur Dienstleistung für einen anderen verpflichtet, so entsteht ein Dienstvertrag; wenn jemand die Herstellung eines Werkes gegen Entgelt übernimmt, hingegen ein Werkvertrag.

 

Dabei ist nach den Gesetzesmaterialien (vgl. Blg StenProt Herrenhaus, XXI. Session 1912, 206 u. 207, abgedr. bei R. Dittrich – H. Tades, Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch, [bis zur] 36. Aufl., Wien 2003, S. 1666 f) für die Unterscheidung zwischen Dienst- und Werkvertrag der Gegensatz der wirtschaftlichen Bedingungen und Zwecke in folgenden Punkten charakteristisch: Dienstvertrag: "a) Dauerndes Verpflichtungsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, b) Arbeit unter der Leitung und Verfügung und c) mit den Arbeitsmitteln des Arbeitgebers, d) persönliche Arbeitspflicht und persönlicher Anspruch auf die Arbeit, e) Haftung des Arbeitnehmers für Diligenz, im übrigen aber f) Erfolg wie Mißerfolg der Arbeit auf Rechnung des Arbeitgebers, alles in allem genommen somit g) persönliche und wirtschaftliche Unterordnung des Arbeitnehmers in den Organismus des Unternehmens des Arbeitgebers"; Werkvertrag: "a) Verpflichtung zu einer Leistung, deren Erfolg b) nach eigenem Plane zu bewerkstelligen und c) mit eigenen Mitteln, auch d) durch Gehilfen und Substituten, aber e) unter Haftung nicht nur für Sorgfalt, sondern Gewährleistung für Mängel der Arbeit, und f) Übernahme der Gefahr des Mißlingens, kurz g) das Geschäft eines selbständigen Unternehmens".

 

3.1.3. Das ASVG geht einerseits ersichtlich davon aus, dass Werkverträge bzw. Werkunternehmer nicht der Sozialversicherungspflicht nach diesem Gesetz unterliegen sollen; andererseits wird der Anwendungsbereich für (sozialversicherungspflichtige) Dienstverhältnisse weiter als jener nach § 1151 ABGB gefasst, indem explizit auch sog. freie Dienstverträge (vgl. § 4 Abs. 4 ASVG und daran anknüpfend § 1164a ABGB) einbezogen werden. In der Folge bedingt dies eine Abgrenzung zwischen dem Bereich jener Beschäftigungsverhältnisse, hinsichtlich der eine Pflichtversicherung besteht, und jenem, bezüglich derer dies nicht zutrifft, wobei insbesondere auch grundrechtliche (3.1.3.1.) und rechtsstaatliche (3.1.3.2.) Überlegungen mit einzubeziehen sind.

 

3.1.3.1. Dass erstmals mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 (BGBl.Nr. 201/1996) zwei neue Personengruppen – nämlich die auf Grund "freier Dienstverträge" bzw. die "dienstnehmerähnlich" Beschäftigten – in die Sozialversicherungspflicht einbezogen wurden (vgl. dazu auch 886 BlgNR, 20. GP, 76 ff), könnte zunächst gegen das Grundrecht auf Privatautonomie, wie dies z.B. in Art. 5 StGG zum Ausdruck kommt (vgl. dazu allgemein insbes. VfGH v. 3.3.1995, B 915/94 = VfSlg 14049/1995; s.a. L.K. Adamovich – B.C. Funk – G. Holzinger, Österreichisches Staatsrecht, Bd. 3: Grundrechte, Wien 2003, RN 42.227 u. 42.230; W. Berka, Die Grundrechte - Grundfreiheiten und Menschenrechte in Österreich, Wien 1999, RN 712 ff [718]), im Besonderen gegen dessen Wesensgehalt verstoßen.

 

Aus grundrechtlicher Sicht besteht der Wesensgehalt der Privatautonomie nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates darin, dass die Rechtssubjekte im Geschäftsverkehr untereinander – vorbehaltlich der Bestimmung des § 879 ABGB – Verträge jeglichen Inhalts abschließen können. Allerdings setzt die im ABGB vorgenommene Kategorisierung nach Vertragstypen, der aus privatrechtssystematischer Sicht nur subsidiärer Charakter zukommt, der rechtspolitischen Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers in zweifacher Hinsicht eine Schranke: Aus grundrechtlicher Sicht ist es ihm nämlich zum einen jedenfalls verwehrt, eine im ABGB vertypte, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des B-VG bereits vorgefundene Vertragsart gänzlich zu beseitigen; und zum anderen ist deren inhaltliche Modifikation jeweils an das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes geboten. Daraus resultiert umgekehrt für den Normunterworfenen insgesamt als eine wesentliche Konsequenz, dass er darauf vertrauen kann, dass es – von der prinzipiellen Privatautonomie mit bloß subsidiärer Maßgeblichkeit des Gesetzes ausgehend – primär in seiner Hand liegt, die aus einem Vertragsverhältnis resultierenden Konsequenzen festzulegen bzw. konkret: Wollen die Parteien einen Werkvertrag abschließen, legen sie dessen spezifischen Inhalt selbst fest; soweit in diesem Zusammenhang etwas ungeregelt bleibt, kommen subsidiär die Bestimmungen das ABGB über den Werkvertrag – oder, wenn sich herausstellen sollte, dass es sich in Wahrheit um einen Dienstvertrag handeln sollte, eben jene – zur Anwendung, wobei auch die Abgrenzung zwischen diesen beiden Typen im Lauf der Zeit durch Judikatur und Lehre eine entsprechende Ausgestaltung mit einem ganz bestimmten Inhalt erfahren hat.

 

Diesen Grundsatz scheint jedoch das dem ASVG mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 zu Grunde gelegte Konzept gerade ins Gegenteil zu verkehren, weil zunächst schon durch die Institutionalisierung eines neuen Vertragstypus ("Beschäftigungsverhältnis"), der unter einem den traditionellen Dienstvertrag i.S.d. § 1151 ABGB, aber auch darüber hinausgehende Bereiche (vgl. § 4 Abs. 4 ASVG i.d.F. BGBl.Nr. 201/1996: "ohne Dienstnehmer i.S.d. Abs. 2 zu sein") mit umfasst, die überkommene zivilrechtliche Trennung konterkariert wird.

 

Dazu kommt, dass auch die in der privatrechtlichen Judikatur und Literatur entwickelten Interpretationsrichtlinien vom Gesetzgeber unter einem im Wege der Neufassung des § 539a ASVG (Stichwort: "wahrer wirtschaftlicher Gehalt") in einer völlig systemfremden – nämlich: anknüpfend an Denkstrukturen, die dem Abgabenrecht entlehnt wurden – Weise modifiziert wurden.

 

Dies führt(e) im Ergebnis dazu, dass ein durchschnittliches Privatrechtssubjekt anlässlich des (vermeintlichen) Abschlusses eines Werkvertrages im Vorhinein nicht mehr verlässlich abschätzen kann, ob er einen solchen oder nicht doch einen anderen Typus von Vertrag abgeschlossen hat, wie dies auch gerade am Beispiel des verfahrensgegenständlichen Anlassfalles deutlich wird:

 

Dass die Herstellung der Steuerungszentrale einer Lüftungsanlage ("Lüftungszentrale") nicht von jedermann erbracht werden kann, sondern ein gewisses Mindestmaß an Fachkenntnis erfordert, ist nicht von vornherein von der Hand zu weisen. Entscheidend ist aber, dass es den Vertragsparteien hier darauf ankam, dass die beiden Ausländer als spezifischen Erfolg schuldeten, dass die Steuerungszentrale letztlich auch "funktionieren" musste, d.h., dass die Teile ordnungsgemäß zusammengesetzt wurden, die elektrischen Anschlüsse entsprechend verbunden waren, etc – nach allgemein-zivilrechtlicher Beurteilung wurde somit ein Werkvertrag abgeschlossen. Eine Beurteilung nach den Kriterien des § 539a ASVG könnte hingegen dazu führen, dass es sich insoweit nicht um einen "reinen" Werkvertrag, sondern um einen Werkvertrag in der Sonderform eines Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. ASVG handelte, weil rein wirtschaftlich betrachtet der Einbau der Steuerungszentrale auf Grund entsprechender Plan- und Materialvorgaben durch den Rechtsmittelwerber erfolgte und diese Manipulationen objektiv besehen nur geringe Anforderungen an die Fachkenntnisse der beiden Ausländer stellte.

 

Für die Vertragsparteien ist dabei von besonderer Bedeutung, dass eine solche Beurteilung seriöserweise erst im Wege einer ex-post-Betrachtung, also erst zu einem Zeitpunkt erfolgen kann, zu dem beispielsweise die Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG bereits entstanden und der Straftatbestand des § 111 Abs. 1 ASVG schon längst erfüllt ist, sodass insoweit eine entsprechende "Rückabwicklung" rechtlich gar nicht mehr möglich ist. 

 

Ob es sich daher im gegenständlichen Fall tatsächlich um einen "reinen" Werkvertrag bzw. um einen solchen (gemischten) Werkvertrag, der zugleich auch ein "Beschäftigungsverhältnis" (z.B. freier Dienstvertrag o. Ä.) i.S.d. § 35 Abs. 1 ASVG i.V.m. § 4 Abs. 2 und 4 ASVG und i.V.m. § 539a ASVG darstellt, handelt, zieht jedoch – von der Vertragsauslegung in Bezug auf nicht explizit geregelte Fragen (wie Gefahrtragung, Höhe und Fälligkeit des Entgelts, etc.) abgesehen – wesentliche Konsequenzen, eben bis hin zur Problematik "Pflichtversicherung
oder keine Pflichtversicherung nach ASVG ?" und "Strafbarkeit oder keine Strafbarkeit im Falle unterlassener Meldung ?" nach sich, die von einem durchschnittlichen Gewerbetreibenden nicht eigenständig gelöst werden können (vgl. jüngst auch VwGH v. 30. Juni 2010, Zl. 2010/08/0102). 

 

Ein Regelungssystem wie jenes des § 35 Abs. 1 ASVG i.V.m. § 4 Abs. 2 und 4 ASVG und i.V.m. § 539a ASVG, das es im Wege einer Aneinanderreihung unbestimmter und zudem systemfremder Rechtsbegriffe – anstelle einer konkreten Festlegung von spezifischen Kriterien, an Hand derer zweifelsfrei erschließbar ist, ob eine von den Parteien als Werkvertrag beabsichtigte Vereinbarung (auch) als ein Beschäftigungsverhältnis anzusehen ist – im Ergebnis letztlich verunmöglicht, schon auf Gesetzesebene einen Vertragsinhalt von vornherein und zuverlässig im Typensystem des ABGB einordnen zu können, könnte daher einen dem einfachen Gesetzgeber entzogenen Eingriff in den Wesensgehalt des Grundrechts der Privatautonomie oder zumindest eine Verletzung des Sachlichkeitsgebotes darstellen.

 

3.1.3.2. Davon abgesehen könnten sich auch unter dem Aspekt des allgemeinen (Art. 18 Abs. 1 B-VG) bzw. des spezifischen strafrechtlichen (Art. 7 Abs. 1 EMRK) Legalitätsprinzips  aus verfassungsrechtlicher Sicht Bedenken gegen die in Rede stehende Regelung ergeben.

 

Im vorliegenden Fall setzt sich der Straftatbestand aus der Zusammenschau des § 111 Abs. 1 Z. 1 ASVG, des § 111 Abs. 2 ASVG und des § 33 Abs. 1 ASVG zusammen und lautet auf das Wesentliche zusammengefasst dahin, dass derjenige, der als Dienstgeber eine von ihm beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anmeldet, eine Ordnungswidrigkeit (d.h.: eine Verwaltungsübertretung) begeht, für die er von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist.

 

Wie bereits zuvor dargestellt, weicht der Dienstgeber-Begriff des ASVG von jenem des ABGB in weiten Bereichen ab. Für Privatrechtssubjekte, die beabsichtigen, einen Werkvertrag anstelle eines Dienstvertrages abzuschließen, ist es angesichts des Umstandes, dass lediglich Letzterer, nicht aber auch Ersterer mit Meldepflichten, deren Verletzung unter Strafsanktion steht, verbunden ist, somit unverzichtbar, bereits ex ante und allein schon auf Grund des Gesetzestextes völlige Klarheit darüber zu besitzen, ob bzw. dass die von ihnen in Aussicht genommene Vereinbarung nicht (auch) ein Beschäftigungsverhältnis i.S.d. ASVG verkörpert.

 

Diesem Anspruch könnte jedoch das Regelungssystem des § 35 Abs. 1 ASVG i.V.m. § 4 Abs. 2 und 4 ASVG und i.V.m. § 539a ASVG aus den bereits zuvor genannten Gründen allenfalls nicht gerecht werden: Unter dem Aspekt, dass ein gesetzlicher Straftatbestand gerade dann, wenn er einen Eingriff in einen a priori rechtsfreien Raum bewirkt, einer besonders genauen Determinierung bedarf (vgl. z.B. auch  VfGH v. 2.7.1993, G 226/92 [= VfSlg 13505/1993]; s.a. VwGH v. 13.10.2010, 2009/06/0189, m.w.N.), könnte sich § 111 Abs. 1 ASVG insoweit als verfassungswidrig erweisen, als diese den Begriff "Dienstgeber" offensichtlich in einer unbestimmten und zugleich missverständlichen Weise verwendet.

 

3.1.3.3. Dem gegenüber hat jedoch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 14.3.1997, G 392/96 u.a. (= VfSlg 14802/1997), ausgesprochen, dass § 4 Abs. 4 ASVG in der damaligen, materiell aber auch gegenwärtig noch maßgeblichen Fassung keinen Bedenken im Hinblick auf das Legalitätsprinzip begegnet, weil der Typus des freien Dienstvertrages "angesichts der Judikatur des Obersten Gerichtshofes zur Rechtsfigur des freien Dienstvertrages ohne größere Schwierigkeiten möglich ist".

 

Diese Judikatur geht zusammengefasst dahin, dass "ein freier Dienstvertrag dann vorliegt, wenn es an der für ein Arbeitsverhältnis wesentlichen persönlichen Abhängigkeit mangelt, die sich durch die Einbindung in eine fremde Arbeitsorganisation, durch die Bindung an Arbeitszeiten, an ein bestimmtes Verhalten bei der Erbringung der Arbeitsleistung und an persönliche Weisungen sowie durch die Unterwerfung unter Kontrollen dieses Verhaltens manifestiert. Der freie Dienstnehmer kann im Regelfall selbst die Lage seiner Arbeitszeit und seinen Arbeitsort bestimmen, er unterliegt keinen Weisungen seines Dienstgebers wie, wann und in welcher Reihenfolge er seine Arbeiten zu verrichten hat. Als ein wichtiges Anzeichen für die persönliche Abhängigkeit gilt der Umstand, dass sich der zur Arbeit Verpflichtete grundsätzlich nicht vertreten lassen darf, sondern die Arbeit in eigener Person zu leisten hat. Daher deutet eine grundsätzlich bestehende Vertretungsmöglichkeit auf einen freien Dienstvertrag hin. ... Besteht jedoch vertragsmäßig überhaupt keine Arbeitspflicht, steht es dem Auftragnehmer vielmehr völlig frei, die Arbeit entweder selbst zu erbringen oder jemanden anderen damit zu betrauen, liegt kein freier Dienstvertrag vor. Daran lässt auch Abs. 4 des § 4 keinen Zweifel, wenn er ausdrücklich von Personen spricht, die sich 'zu Dienstleistungen für einen Auftraggeber (Dienstgeber) ... verpflichten'". Von dieser auf das Element der persönlichen Abhängigkeit abstellenden Differenzierung zwischen Dienstvertrag, freiem Dienstvertrag und Werkvertrag ausgehend begegnet es nach Ansicht des VfGH "keinen unter Gesichtspunkten des Rechtsstaatsprinzips relevanten Schwierigkeiten, die Regelungen des ASVG, insbesondere jene über den Beginn und Ende der Versicherungspflicht, über die Berechnung der Beiträge und die Meldepflicht auf solche Verträge anzuwenden" (vgl. VfSlg 14802/1997, S. 410 f.).

 

Wenngleich der VfGH diese Feststellungen einerseits explizit auf den Vorbehalt der "von den Antragstellern geltend gemachten Bedenken" beschränkte (und diese hatten damals den zuvor erwähnten grundrechtlichen Aspekt [vgl. oben, 3.1.3.1.] nicht vorgebracht), und andererseits dem gegenüber den Begriff "dienstnehmerähnlich" als unter dem Blickwinkel des Art. 18 Abs. 1 B-VG zu unbestimmt ansah, weil es sich insoweit um eine nicht durch Judikatur und Literatur vorhergebildete, sondern um eine neue gesetzgeberische Begriffsbildung handelte, lässt sich daraus insgesamt besehen zumindest eine solche Interpretationsrichtlinie ableiten, die sowohl aus dem Blickwinkel des Legalitätsprinzips als auch aus grundrechtlicher Sicht weniger gewichtigen Einwänden ausgesetzt ist als jene des sog. "beweglichen Systems", die der VwGH (vgl. zuletzt z.B. VwGH v. 5.11.2010, Zl. 2010/09/0188) zu einer ähnlichen Problemlage im Ausländerbeschäftigungsgesetz entwickelt hat (s.a. die Zusammenfassung der älteren, vor dem Strukturanpassungsgesetz 1996 ergangenen Judikatur des VwGH zum Dienstnehmer-Begriff des § 4 ASVG in VwSen-252558 v. 13.12.2010).

 

Unausgesprochen dürfte dadurch wohl auch zum Ausdruck gebracht worden sein, dass die durch § 4 ASVG i.d.F. des Strukturanpassungsgesetzes vorgenommene Institutionalisierung von neuen Vertragstypen ("Beschäftigungsverhältnis", "freier Dienstvertrag") auch im Hinblick auf das Sachlichkeitsgebot des Gleichheitsgrundsatzes keinen Bedenken begegnen dürfte, sodass diese Vorgangsweise abstrakt betrachtet weder eine Verletzung des Wesensgehalts des Grundrechts der Privatautonomie bedeutete noch deren konkrete Ausgestaltung vom rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des einfachen Gesetzgebers nicht mehr gedeckt war.

 

3.1.3.4. Davon ausgehend hat daher der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall davon abgesehen, gemäß Art. 140 Abs. 1 i.V.m. Art. 129a Abs. 3 und i.V.m. 89 B-VG einen Antrag auf Aufhebung des zweiten Halbsatzes des § 4 Abs. 2 ASVG an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.

 

3.2. Die zuvor unter 3.1.3.3. dargestellte Judikatur für den vorliegenden Fall zu Grunde legend ergibt sich Folgendes:

 

Selbst wenn der Beschwerdeführer und der zweite und der dritte Zeuge aus deren subjektiver Sicht einen Werkvertrag i.S.d. §§ 1165 ff ABGB abschließen wollten, war die gegenständliche Vereinbarung aus dem Blickwinkel des § 4 Abs. 2 ASVG deshalb als ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu qualifizieren, weil es objektiv besehen gerade essentiell darauf ankam, dass die beiden Zeugen die ausbedungene Leistung (Installation der "Lüftungszentrale") in ihrer spezifischen Eigenschaft als (wenngleich gewerberechtlich hierzu nicht befugt, so doch zumindest) nicht weiter einschulungsbedürftige Professionisten eigenständig erbringen, sodass eine Vertretung nicht in Betracht kam. (Dass die beiden Zeugen bereits i.S.d. § 2 Abs. 1 Z. 1 bis 3 GSVG pflichtversichert gewesen wären und insofern daher die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 4 Z. 1 lit. a ASVG zum Tragen hätte kommen müssen, wurde aber vom Rechtsmittelwerber selbst – ganz abgesehen davon, dass die beiden Zeugen hier ohnehin eine offensichtlich schon von vornherein nicht von ihrer Gewerbeberechtigung umfasste Tätigkeit durchgeführt haben – gar nicht behauptet.)

 

Außerdem erfolgte die Installation der "Lüftungszentrale" – die auf den Tätigkeitsbereich der GmbH notwendig abgestimmt sein musste – nach detaillierten planlichen Anweisungen, die seitens des Beschwerdeführers (der diese Installation ursprünglich selbst vornehmen wollte) vorgegeben wurden. Auch dem Aspekt, dass das zur Installation der "Lüftungszentrale" erforderliche (in jedem gängigen Arbeitskoffer vorzufindende Klein‑)Werkzeug vom zweiten und dritten Zeugen selbst beigestellt wurde, kann angesichts des Umstandes, dass die zu deren Herstellung erforderlichen Bauteile von der GmbH stammten, nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen.

 

In Verbindung damit, dass der zweite und der dritte Zeuge ihre Arbeitszeit und den Arbeitsort ebensowenig wie den Arbeitsablauf völlig frei gestalten konnten, sondern insoweit jedenfalls der Rahmenkoordination des ersten Zeugen, eines Arbeitnehmers des Rechtsmittelwerbers, unterstellt waren – sodass sie ihre Arbeit allseits unbestritten am selben Ort und während derselben Zeit wie die Bediensteten des Beschwerdeführers ausführen mussten –, lag aber nicht einmal ein bloß "freier Dienstvertrag" i.S.d. § 4 Abs. 4 ASVG und – weil es den Auftragnehmern gerade nicht völlig frei stand, die Leistung entweder selbst zu erbringen oder jemand anderen damit zu betrauen – erst recht kein Werkvertrag, sondern im Ergebnis vielmehr ein (reiner) Dienstvertrag i.S.d. §§ 1153 ff ABGB und der hierzu ergangenen zivilrechtlichen Judikatur und Literatur, wie diese im Erkenntnis VfSlg 14802/1997 (S. 409 f) näher dargestellt ist (vgl. oben, 3.1.3.3.), vor.

Davon ausgehend kam dem Beschwerdeführer sohin die Eigenschaft eines "Dienstgebers" i.S.d. § 35 Abs. 1 ASVG zu.

Dadurch, dass er als solcher der sich an das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis knüpfenden Meldepflicht nicht entsprochen hat, hat er somit auch tatbestandsmäßig i.S.d. § 111 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 33 Abs. 1 ASVG und insoweit, als er angesichts des Umstandes, dass das gegenwärtige Regelungssystem nunmehr schon seit dem Strukturanpassungsgesetz 1996, also seit 15 Jahren besteht, und dennoch vorab keine diesbezüglichen Erkundigungen bei der zuständigen Behörde eingeholt hat, zumindest auch fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt.

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

3.3.1. Hinsichtlich der Strafbemessung ist darauf hinzuweisen, dass der Oö. Verwaltungssenat in nunmehr ständiger Judikatur (vgl. z.B. VwSen-252287 vom 27.11.2009, m.w.N.) auf dem Standpunkt steht, dass jedenfalls in jenen Konstellationen, in denen die pflichtwidrige Nichtmeldung der Dienstnehmer objektiv besehen insofern eine Einheit darstellt, als dann, wenn zu einem bestimmten Kontrollzeitpunkt (oder während ein und desselben Tatzeitraumes) mehrere Dienstnehmer, die eine gleichartige (oder notwendig aufeinander abgestimmte) Tätigkeit verrichtet haben, bei demselben Dienstgeber beschäftigt waren, ohne von diesem zuvor beim Sozialversicherungsträger angemeldet worden zu sein, lediglich eine Gesamtstrafe verhängt werden kann. Es ist sohin aus dogmatischer Sicht nicht davon auszugehen, dass in einem derartigen Fall ein und derselbe Tatbestand mehrmals verwirklicht wurde; vielmehr ist das gesetzlich verpönte Unterlassen der Anmeldung lediglich einmal, wenngleich auch in Bezug auf mehrere Dienstnehmer, begangen worden. Letzterer Aspekt stellt allerdings einen im Zuge der Strafbemessung gemäß § 19 VStG zu berücksichtigenden Erschwerungsgrund dar.

Diese Auslegung lässt sich auch mit dem aus Art. 4 des 7.ZPMRK resultierenden Verbot der Doppelbestrafung, das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und vom Verfassungsgerichtshof dahin interpretiert wird, dass mehrfache Verfolgungen bzw. Bestrafungen nur dann und insoweit zulässig sind, als sich diese jeweils in den „wesentlichen Elementen“ („essential elements“) deutlich voneinander unterscheiden (vgl. z.B. VfGH v. 2. Juli 2009, B 559/08), besser harmonisieren.

3.3.2. Auf den vorliegenden Fall übertragen bedeutet dies, dass die belangte Behörde lediglich eine Gesamtstrafe hätte verhängen dürfen, weil der Rechtsmittelwerber als Dienstgeber zu ein und demselben Kontrollzeitpunkt (14. Jänner 2010) beide Ausländer jeweils mit ein und derselben Aufgabe, nämlich der Installation der "Lüftungszentrale", beauftragt gehabt hatte, ohne diese zuvor beim Sozialversicherungsträger angemeldet zu haben.

Davon ausgehend findet es der Oö. Verwaltungssenat als in gleicher Weise tat- und schuldangemessen, die verhängte Geldstrafe mit 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 120 Stunden neu festzusetzen.

3.4. Insoweit war daher der vorliegenden Berufung gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben; im Übrigen war diese hingegen abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis zu bestätigen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis ermäßigt sich der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde nach § 64 Abs. 1 und 2 VStG auf 80 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war dem Berufungswerber gemäß § 65 VStG hingegen kein Kostenbeitrag vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f

 

VwSen-252627/23/Gf/Mu vom 24. Dezember 2010

Erkenntnis

 

StGG Art2;

StGG Art5;

EMRK Art7 Abs1;

B-VG Art18 Abs1;

B-VG Art140;

ASVG § 4;

ASVG §33;

ASVG §35;

ASVG §111;

ASVG §539a

 

 

Rechtssatz 1

Die mit dem StrukturanpassungsG 1996 begonnen habende Institutionalisierung eines neuen Vertragstypus durch § 4 ASVG ("Beschäftigungsvertrag") scheint prinzipiell sowohl im Hinblick auf den Wesensgehalt des Grundrechts auf Privatautonomie als auch im Hinblick auf das spezifische strafrechtliche Legalitätsprinzip des Art 7 Abs 1 EMRK und das allgemeine Legalitätsprinzip des Art 18 Abs 1 B-VG verfassungsrechtlich bedenklich. Andererseits dürfte aber in der Entscheidung des VfGH VfSlg 14802/1997 nicht nur die rechtsstaatliche Unbedenklichkeit, sondern mittelbar auch die sachliche Rechtfertigung dieser Neuregelung zum Ausdruck kommen, sodass im Ergebnis von der Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages iSd Art 140 B-VG abgesehen werden konnte.

 

Rechtssatz 2

Nach VfSlg 14802/1997 ist die Auslegung der in § 4 Abs 2 und § 4 ASVG enthaltenen unbestimmten Gesetzesbegriffe iSd überkommenen zivilrechtlichen Judikatur und Literatur geboten: Liegt eine persönliche Abhängigkeit vor, handelt es sich um einen Dienstvertrag. Ein freier Dienstvertrag ist durch eine grundsätzlich bestehende Vertretungsmöglichkeit gekennzeichnet. Ein Werkvertrag liegt hingegen erst dann vor, wenn schon von vornherein überhaupt keine persönliche Arbeitspflicht besteht. Lediglich in letzterem Fall handelt es sich nicht um ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.

 

Rechtssatz 3

Der Einbau der Steuerungseinheit einer Lüftungsanlage nach den Plänen und mit dem Material des Auftraggebers an einem von Letzterem bestimmten Ort ist als Dienstvertrag und somit als ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu qualifizieren.

Beachte:

 

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.

 

VwGH vom 14. November 2012, Zl.: 2011/08/0031-5

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