Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165620/2/Bi/Kr

Linz, 10.01.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 29. November 2010 gegen die Höhe der mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 18. November 2010, CSt-30828/LZ/10, wegen Übertretung der StVO 1960 verhängten Strafe zu Recht erkannt:

 

I. Die Berufung wird abgewiesen und die mit dem angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafe vollinhaltlich bestätigt.

 

II. Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 30 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 38 Abs.5 iVm Abs.1 lit.a und 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 150 Euro (69 Stunden EFS) verhängt, weil er am 13. Mai 2010 um 10.56 Uhr in Linz, Rudolfstraße, Fahrtrichtung stadtauswärts, Kreuzung Hagenstraße, in diese rechts abbiegend das Kfz mit dem Kennzeichen X gelenkt und dabei das seit 0,7 Sekunden deutlich sichtbare Rotlicht der Verkehrslichtsignalanlage nicht beachtet habe, indem das Fahrzeug nicht vor der dort befindlichen Haltelinie angehalten worden sei. Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 15 Euro auferlegt.

 

2. Ausdrücklich gegen die Strafhöhe hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorent­scheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z3 VStG). 

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, mildernde Umstände seien nicht berücksichtigt worden, insbesondere seine Ortsunkundigkeit, die Ablenkung durch den dreijährigen Sohn, seine Unbescholtenheit und dass kein vorsätzliches Handeln vorgelegen sei. Es handle sich um ein grobes Versehen und weder er noch seine Mitfahrer hätten den Vorfall bemerkt oder könnten sich an den genauen Hergang erinnern. Es habe auch keine Gefährdung Dritter gegeben.

Im Übrigen verstehe er nicht, warum nicht mit Anonymverfügung oder Organ­mandat vorgegangen worden sei, weil solches günstiger gewesen wäre. Die Vorgangsweise der Erstinstanz sei unfair und scheine darauf ausgerichtet zu sein, Strafeinnahmen zu maximieren. Er halte 70 Euro Strafe für angemessen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz und in rechtlicher Hinsicht erwogen:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Inter­essen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind überdies sind die nach dem Zweck der Straf­drohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berück­sichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 reicht bis 726 Euro Geldstrafe, im Fall der Uneinbringlichkeit bis zu zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

Der Bw ist Wiener, dh möglicherweise in Linz nicht ortskundig. Die Hagenstraße führt auf den Pöstlingberg, der als touristischer Anziehungspunkt durch wieder­holt deutlich sichtbar angebrachte Wegweiser angekündigt wird. Verkehrslicht­signalanlagen sind in ganz Österreich gleich gestaltet und auch überall ausnahms­los zu beachten, insbesondere wenn sie mit Rotlicht die absolute Verpflichtung zum Anhalten signalisieren – die beiden Bilder der Rotlicht­kamera zeigen, dass sich hinter dem Pkw des Bw kein weiteres Fahrzeug befand, das die Überlegung des Nichtanhaltens nachvollziehbar gemacht hätte. Auch die Schilderung des Bw vom abge­storbenen Motor eines vor ihm fahrenden Fahrzeuges lässt sich nicht verifizieren, wobei der Bw nunmehr ausführt, an den genauen Hergang des Geschehens bestehe keine Erinnerung mehr.

Ortsunkundigkeit stellt keine Rechtfertigung für die Missachtung des Rot­lichtes einer Verkehrslichtsignalanlage dar; ebenso hat der Bw in der Berufung mehrere Mitfahrer erwähnt, dh er musste sich nicht während der Fahrt auch noch um den kleinen Sohn kümmern. Er ist (im Zuständigkeitsbereich der Erstinstanz) ver­waltungs­strafrechtlich unbescholten, was auch laut Begründung des ange­foch­tenen Straferkenntnisses als mildernd gewertet wurde. Jede Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer wäre als straferschwerend zu werten, im Fall einer Nötigung gerichtlich zu ahnden gewesen. Da es sich bei der in Rede stehenden Übertretung um ein Unge­hor­­­samsdelikt im Sinne des § 5 Abs.1 VStG handelt und dem Bw die Glaubhaft­machung (gänzlich) mangelnden Verschuldens nicht gelungen ist, war zu seinen Gunsten im Zweifel noch von fahrlässiger Begehung auszugehen. Zu bemerken ist aber, dass das Rotlicht der Verkehrslicht­signalanlage bereits 0,7 Sekunden zu sehen war, als der Bw die Haltelinie passierte, wobei dem Rotlicht gelbes nicht blinkendes Licht voranging, dh der Bw sich auf ein Umschalten der Verkehrs­lichtsignalanlage und das Ende der freien Fahrt bereits im Herannahen einstellen konnte und damit genügend Zeit hatte, entsprechend zu reagieren, gleichgültig in welche Richtung er die Fahrt fortzusetzen beabsichtigte. Die Fortsetzung der Fahrt trotz Rotlicht ist daher im Licht erheblicher Sorglosigkeit und Gleichgültig­keit zu sehen, zumal selbst bei Zutreffen der vom Bw genannten Faktoren die Entscheidung anzuhalten und sich zu orientieren naheliegender gewesen wäre, als die von ihm getroffene Entscheidung.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Überlegungen kann der Unabhängige Verwaltungs­senat nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbe­messung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die festgesetzte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung und auch die Sorgepflicht für den dreijährigen Sohn rechtfertigt eine Strafherab­setzung nicht, zumal die finanziellen Verhältnisse vom Bw nicht dargelegt wurden. Die verhängte Strafe liegt noch im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens, hält vor allem generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft von derartigen "groben Versehen" abhalten. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist im Verhältnis zur Geldstrafe angemessen. § 21 VStG war mangels gering­fügigen Verschuldens nicht anzuwenden.  

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu bemerken ist, dass bei Übertretungen mit einem derartigen Unrechtsgehalt Anzeigen ver­pflichtend und mit einer Lenkerfeststellung verbunden sind. Damit scheidet eine Anonymverfügung ebenso aus wie eine Organstrafverfügung.   

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

0,7 Sekunden Rotlicht = 150 Euro bei Unbescholtenheit -> bestätigt

 

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