Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522752/5/Br/Th

Linz, 10.01.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz, vom 06.12.2010, Zl. FE-1431/2010, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 iVm § 67d Abs.1 AVG, idF BGBl. I Nr. 135/2009, § 8 iVm 3 Abs.1 Z3, § 5 Abs.5 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009 iVm § 2 Abs.5 § 14 Abs.1 u. 5 Führerscheingesetz–Gesundheitsverordnung – FSG-GV, BGBl. II Nr. 322/1997, zuletzt geändert durch BGBl. II. Nr. 64/2006.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten und mündlich am 6.12.2010 verkündeten Bescheid hat die Behörde erster Instanz, in Bestätigung ihres Mandatsbescheides vom 12.8.2010, dem Berufungswerber dessen von der Bezirkshauptmannschaft Freistadt  per 6.2.2007, unter GZ: 07053241, für die Klassen A, B und F erteilte Lenkberechtigung mangels gesundheitlicher Eignung – mit Wirkung der Bescheidverkündung und der einem Rechtsmittel aberkannten aufschiebenden Wirkung – entzogen. Ebenfalls wurden die mit dem Mandatsbescheid ausgesprochenen Verbote bestätigt.

 

 

1.1. In der Substanz wurde diese Entscheidung auf ein amtsärztliches Gutachten vom 17.11.2010 gestützt, welches wiederum einen fachärztlich-psychiatrischen Befund vom 15.11.2010 einbezieht, dem das Kalkül eines Alkoholabhängigkeitssyndroms zu Grunde liegt.

Rechtlich wurde dieser Bescheid auf  § 24 Abs.1 Führerscheingesetz BGBl. I 120/1997 i.d.g.F. iVm § 3 Abs.1 Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV sowie auf § 56 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBI.Nr. 51/1991 i.d.g.F und § 64 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBI.Nr. 51/1991 idF BGBl I Nr. 135/2009  gestützt.

 

 

2. Der Berufungswerber tritt mit seiner binnen offener Frist am 15.12.2010 bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung entgegen. Dieser legt er einen Laborbefund vom 10.12.2010 mit einem ausgewiesenen CDTect-Wert von 1,29 % bei.

Er beantragt die Aufhebung des Bescheides, sowie der Anordnung auf Beibringung einer schriftlichen Bestätigung einer auf Alkoholproblematik spezialisierten Institution über eine erfolgreich verlaufene stationäre Entwöhnung. Ebenso die Aufhebung der Anordnung einer VPU über die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen, sowie die aufgetragene neuerliche Beibringung eines aktuellen Facharztbefundes.

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG).

Im Rahmen des dem Berufungswerber mit h. Schreiben vom 27.12.2010 gewährten Parteigehörs wurde ihm die im Akt erliegende Gutachtenslage dem Inhalt nach nochmals zur Kenntnis gebracht. Dabei wurde ihm die Möglichkeit eröffnet dieser auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten, wobei darauf hingewiesen wurde, dass auf Grund der ärztlicherseits fachlichen Schlussfolgerungen seiner Berufung wohl ein Erfolg zu versagen sein werde.

Dieses dem Berufungswerber am 30.12.2010 zugestellte Schreiben blieb unbeantwortet, wobei  ihm eine Frist von einer Woche eröffnet worden war.

 

 

4. Der Aktenlage folgend ist es zum Entzug der Lenkberechtigung nach einem Unfallereignis am 9.7.2010 um 12:10 Uhr gekommen. Dabei wurde beim Berufungswerber als Lenker eines Pkw ein Atemluftalkoholgehalt mit 0,36 mg/l festgestellt. Auf den Tatzeitpunkt hochgerechnet ging die Behörde erster Instanz rechnerisch offenbar von einer Beeinträchtigung durch Alkohol mit einem Wert von 0,409 mg/l (0,82 Promille) aus.

Der Berufungswerber wurde mit Blick auf dessen medizinische Vorgeschichte wegen Zweifel an seiner gesundheitlichen Eignung (Hypertonie und Diabetes mellitus) dem Amtsarzt zugeführt.

Dieser wiederum wies den Berufungswerber einem Facharzt für Augenheilkunde, einem Facharzt für Innere Medizin u. Psychiatrie zu. Ebenso wurde die Vorlage von Laborbefunden angeordnet.

 

 

4.1. Die Gutachtenslage:

Aus der Sicht des Facharztes für Innere Medizin und dem Augenarzt ergaben sich keine Bedenken gegen die Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Letzter empfiehlt jedoch eine halbjährliche Kontrolle.

 

 

4.2. Die Psychiatrische Stellungnahme von Dr. X, Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie sowie Allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige:

 

Zusammenfassung:

Herr X begann mit zirka 18 Jahren Alkohol zu trinken, gibt Trinkmengen von vier bis fünf Gespritzten an, wobei die Angaben unsicher sind. Zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls, bei dem Herr X Personen- und Sachschaden verursachte, betrug die Alkoholkonzentration im Blut bei 0,82 Promille. Herr X gibt an, zuvor zwei Gespritzte getrunken zu haben.

Trotz des Personenschadens hat Herr X seine Trinkmengen - falls überhaupt -nur kurz reduziert. Am 30. Oktober 2010 betrug der CDT-Wert 6,34 %. Dies weist daraufhin, dass Herr X in den Wochen vor Probenabnahme (mehr als vierzehn Tage) mindestens sechzig Gramm Alkohol pro Tag (vermutlich wesentlich mehr) zu sich genommen hat. Dies wiederum lässt darauf schließen, dass Herr X sowohl Kontrollverlust hat als auch Toleranzentwicklung als auch ein sehr leichtsinniges Umgehen mit Alkohol. Dies weist auf Abhängigkeitssyndrom hin. Darüber hinaus können die Hautveränderungen als alkoholspezifische Dermatopathien interpretiert werden, die durch langjährigen übermäßigen Alkoholkonsum entstehen. Die Polyneuropathie ist vermutlich multifaktoriell, sowohl auf Grund des Alkoholkonsums als auch durch langjährige Schädigung der Nerven im Rahmen eines Diabetes mellitus. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass Herr X in Bezug auf seinen Alkoholkonsum keinerlei Einsicht hat, die Motivation zur Abstinenz derzeit fremdbestimmt und sicher nicht stabil gegeben ist, und er offensichtlich verefrängt und verleugnet.

 

Diagnosen

Ø      Langjähriger, schädlicher Gebrauch von Alkohol -Alkoholabhängigkeitssyndrom dringend anzunehmen - seit vierzehn Tagen anamnestisch abstinent F10.20.

Ø      insulinpflichtiger Diabetes mellitus.

Ø      Polyneuropathie.

 

Stellungnahme

Bei dringendem Verdacht auf Alkoholabhängigkeitssyndrom kann das Lenken eines Kraftfahrzeuges der Gruppe 1, Klasse A, B und F, durch Herrn X aus psychiatrisch fachärztlicher Sicht derzeit nicht befürwortet werden.“

 

 

4.3. Der Amtsarzt begründet sein negatives Eignungskalkül zusammenfassend wie folgt:

Ø      „langjährig schädlicher Gebrauch von Alkohol; Abhängigkeit dringend anzunehmen (neg. Stellungnahme zum Lenken v. KFZ im fachärztl.-psychiatr. Befund v. 15.11.2010 - eignungsausschließend)

Ø      Bluthochdruck

Ø      insulinpflichtige Zuckerkrankheit mit Polyneuropathie (= Folgeschäden der Nerven)

                (zur Vorgeschichte s. Aktenlage mit § 5 StVO am 09.07.2010 mit Personen-/Sachschaden u. 0,41 mg/l    AAK)

 

Bei der ho. Untersuchung am 17.07.2010 befand sich Herr X augenscheinlich in altersentspr. zufriedenstellender körperl.-geistiger Verfassung ohne direkten HW auf eine floride Alkohol- oder unmittelbare Herz-/Kreislauf-/Stoffwechselproblematik; im Gegensatz dazu rangierte der alkoholspezifische Langzeitkontrollparameter CDT vom 30.10.2010 allerdings mit 6,34% weit jenseits der oberen Normgrenze von 1,8%.

Sowohl beim FA f. Innere Medizin (15.10.2010) als auch beim FAf. Augenheilkunde (02.11.2010) ergaben sich grundsätzlich keine Einwände gegen eine befristet-bedingte Eignung.  Wie nun aus dem eine eindeutig neg. Stellungnahme zum Lenken v. KFZ enthaltenden fachärztl- psychiatr.- Befund v. 15.11.2010 hervorgeht, ist von einem dringenden Vd. auf ein Alkoholabhängigkeitssyndrom[1] auszugehen; der Betr. zeigt diesbezügl. keinerlei Einsicht, verleugnet und verdrängt und die (It. eigener Angaben) dzt. geübte Abstinenz ist ausschließlich fremd bestimmt.

In Anbetracht dieser Tatsachen ist demnach auch amtsärztl.seits in gegenständl. Fall die Nichteignung auszusprechen.

Als (nicht zuletzt von der Fachärztin f Psychiatrie festgesetzte) Voraussetzungen für einen Neuantrag haben zu gelten:

 

Ø      Beibringung einer schriftlichen Bestätigung bezüglich einer in einer auf Alkoholproblematik spezialisierten Institution erfolgreich verlaufenen stationären Entwöhnung sowie:

Ø      Glaubhaftmachung einer Abstinenz über 6 Monate mit monatlicher Beibringung normwertiger alkoholspez. Laborparameter GGT, MCV, CDT und abschließend:

Ø      Beibringung eines verkehrspsycholog. Nachweises hinsichtlich ausreichender kfz-spez. Leistungsfunktionen nebst:

        -      neuerlicher Beibringung sämlicher aktueller FA-Befunde (Psychiatrie, Innere Medizin

+ Herzecho + HbA1c, Augenheilkunde + Augenhintergrund + Dämmerungssehen) mit durchwegs befürwortenden Stellungnahmen zum Lenken v. KFZ.

        

 

4.2.1. Dieser fachlich begründeten Sichtweise tritt der Berufungswerber im Rahmen dieses Verfahrens nicht entgegen.

Die Berufungsbehörde folgt den ärztlichen Empfehlungen. Diese erscheinen plausibel, wobei die Problematik und Rückfallswahrscheinlichkeit beim Vorliegen eines Alkoholabhängigkeitssyndroms durchaus auch der amtsbekannten Literatur[2] und Judikatur folgend die vorübergehende gesundheitliche Nichteignung schlussgefolgert werden muss.  

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (FSG idF BGBl. I Nr. 93/2009 und FSG-GV idF BGBl. II Nr.  64/2006).

§ 3 Abs.1 leg. cit.: Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften

         1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,

         2. die nötige Körpergröße besitzt,

         3. ausreichend frei von Behinderungen ist und

         4. aus ärztlicher Sicht über die nötige kraftfahrspezifische psychophysische  Leistungsfähigkeit verfügt.

   ...“

Gesundheit

 § 5 Abs.1 FSG-GV: Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:

     ...

     4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:

         a) Alkoholabhängigkeit oder ...."

Weiters sind folgende Bestimmungen der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung - FSG-GV maßgebend:

     "§ 3.

 ...

     Abs.5: Personen mit einer fortschreitenden Erkrankung kann eine Lenkberechtigung befristet erteilt oder belassen werden unter Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen und amtsärztlicher Nachuntersuchungen. Die Auflage kann aufgehoben werden, sobald sich die Erkrankung oder Behinderung stabilisiert hat.

     ...

Alkohol, Sucht- und Arzneimittel:

 

§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs.4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.

     ...

(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen.

     ..."

 

Die fachärztliche Stellungnahme findet hier offenkundig in der Rechtslage ihre sachliche Begründung, wenn sie die Eignung verneint bzw. die Erteilung nicht befürwortet.

Das für einen Neuantrag auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung die Eignungsvoraussetzungen durch Vorlage von Befunden und Gutachten zu belegen sind ist vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Befundlage ebenfalls sachlich nachvollziehbar.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 



[1] Hervorhebung in Fettschrift d. Berufungsbehörde

[2] Gehrmann/Undeutsch, Das Gutachten der MPU u. Kraftfahreignung, C.H. Beck-Verlagsbuchhandlung, München 1995, Rz 302 ff.

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