Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165499/11/Ki/Kr

Linz, 25.01.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des X, vom 27. Oktober 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 13. Oktober 2010, VerkR96-1795-2010-Hof, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG 1967, nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 24. Jänner 2011, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.               Hinsichtlich Punkt 1) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Hinsichtlich Punkt 2) wird der Berufung Folge gegeben, diesbezüglich wird das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II.           Bezüglich Faktum 1) hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Verfahrenskosten I. Instanz als Kosten für das Berufungsverfahren einen Beitrag von 16 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe, zu entrichten.

 

Bezüglich Punkt 2) entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

 

zu I.: §§ 19, 24, 45 Abs.1 Z.1 und 51 VStG iVm § 66 Abs.4 AVG

zu II.: §§ 64 Abs.1 und 2, 66 Abs.1 VStG

 

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat datiert mit 13. Oktober 2010 unter VerkR96-1795-2010-Hof gegen den Berufungswerber nachstehendes Straferkenntnis erlassen:

 

" Sie haben

am                         um in

15.07.2010      05:38 Uhr        der Gemeinde St. Martin i.M., Fahrtrichtung Linz auf

                                            der B 127 bei Strkm. 23.800,

1)      als Lenker des PKWs mit dem behördlichen Kennzeichen X (A), vor einer unübersichtlichen Stelle (Kurve) ein Fahrzeug überholt.

2)      Sie haben sich am 15.07.2010 und 05:40 Uhr in der Gemeinde St. Martin i.M., Fahrtrichtung Linz auf der B 127 bei Strkm. 23.800, als Lenker des PKW mit dem behördlichen Kennzeichen X (A), obwohl es Ihnen zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von Ihnen verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim angeführten PKW die linke Kennzeichenbeleuchtung nicht funktionierte.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)      §16 Abs. 2 lit. bStVO 1960 S

2)      § 102 Abs. 1 KFG i.V.m. § 14 Abs. 6 KFG 1967

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von             falls diese uneinbringlich ist,         Freiheitsstrafe von       Gemäß

                                   Ersatzfreiheitsstrafe von

1) 80,00 Euro                 33 Stunden                                                        § 99 Abs. 3 lit. a StVO 1960

2) 15,00 Euro                 6 Stunden                                                        § 134 Abs. 1 KFG 1967

                       

Weitere Verfügungen (z.B. Verfallsausspruch, Anrechnung von Vorhaft):

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 9,50 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet); Euro als Ersatz der Barauslagen für

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 104,50 Euro.

Zahlungsfrist:

Wird keine Berufung erhoben, so ist der Bescheid sofort vollstreckbar. Der Gesamtbetrag (Strafe, Kosten, Barauslagen) ist sodann unverzüglich entweder mit dem beiliegenden Zahl(Erlag)schein zu überweisen oder unter Mitnahme dieses Bescheides bei der Behörde einzuzahlen. Bei Verzug muss damit gerechnet werden, dass der Betrag - ohne vorhergehende Mahnung - zwangsweise eingetrieben und im Fall seiner Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird."

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber am 27. Oktober 2010 mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach Berufung erhoben und Nachstehendes angegeben:

 

"Zu Punkt 1) gebe ich an, dass der Tatort nicht bei km 23.800 war, sondern im Bereich kurz nach der Kreuzung Anzing.

Zu Punkt 2)  gebe ich an, ich habe die Kennzeichenbeleuchtung sehr wohl vor der Fahrt kontrolliert. Der Bordcomputer zeigte bei der Baustelle Kleinzell an, dass die Leuchte nicht mehr funktioniert."

 

2.1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat die Berufung ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Schreiben vom 27. Oktober 2010 vorgelegt.

 

2.2. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich ist gemäß § 51 Abs.1 VStG gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hatte, da weder primäre Freiheitsstrafen noch 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, durch das laut Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

2.3. Die Berufung wurde innerhalb der zweiwöchigen Rechtsmittelfrist mündlich bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach eingebracht und sie ist daher rechtzeitig.

 

2.4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle am 24. Jänner 2011. An dieser Verhandlung nahm seitens der Verfahrensparteien lediglich der Berufungswerber teil, die belangte Behörde hat sich entschuldigt. Weiters nahmen teil der verkehrstechnische Amtssachverständige, X, sowie der als Zeuge geladene Meldungsleger, X.

 

2.5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt:

 

Die dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen wurden der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach durch Anzeige der Polizeiinspektion
Neufelden vom 24. August 2010 zur Kenntnis gebracht. Der Meldungsleger führte darin aus, dass der Lenker des Kraftfahrzeuges X (A) auf der B127 in St. Martin / Mühlkreis bei Strkm. 23,700 einen PKW überholte, wobei der Überholvorgang erst unmittelbar vor dem Kurvenbereich beim ehemaligen Gasthaus X endete. Zum Zeitpunkt des Überholvorganges habe sehr schlechte Sicht durch einen starken Gewitterregen geherrscht. Weiters führte er aus, dass bei der Anhaltung festgestellt wurde, dass die linke Kennzeichenbeleuchtung nicht funktioniere.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach erließ zunächst gegen den Berufungswerber, welcher Zulassungsbesitzer des tatgegenständlichen Kraftfahrzeuges ist, eine Strafverfügung (VerkR96-1795-2010 vom 26. August 2010), welche von diesem beeinsprucht wurde.

 

In diesem Einspruch vom 7. September 2010 führte der Rechtsmittelwerber aus, dass an der Kreuzung St. Martin Polizisten mit ihrem Dienstwagen gestanden wären. Diese seien hinter ihm auf die B127 für ihn deutlich erkennbar in Richtung Linz aufgefahren. Da um diese Uhrzeit auch einige Fahrzeuge auf der Straße Richtung Linz unterwegs sind, die nach Anzing abbiegen, komme es gelegentlich vor, dass diese nach dem Bereich 70 km/h Beschränkung nicht mehr beschleunigen und diese 70 km/h von der Kreuzung St. Martin bis Kreuzung Güterweg
Anzing beibehalten. Da er zu denen gehöre, die nicht nach Anzing abbiegen, habe er nachdem er sich vergewisserte, dass kein Gegenverkehr herrsche, zum Überholvorgang angesetzt. Diesen Überholvorgang habe er ca. auf Höhe Kreuzung Güterweg Anzing beendet. Dort habe er auch schon das Blaulicht von hinten herannahen sehen. Die Beamten seien dann mit Blaulicht und Lichthupe von hinten an ihn heran gefahren und er sei bei nächst bester Gelegenheit rechts ran gefahren. Im Zuge der Verkehrskontrolle und der Überprüfung seiner Papiere habe der Beamte gesagt, dass er zu schnell wäre, was aber nicht der Tatsache entspreche. Dann habe er (Beamter) zu ihm gesagt, "Und überholt haben sie auch". Er habe ihn daraufhin gefragt, ob da ein Überholverbot sei und der Beamte habe mit "nein" geantwortet. Er habe aber trotzdem darauf bestanden, dass er (Bw) 70 Euro zu bezahlen habe. Er habe dies verweigert, weil er weder zu schnell gefahren sei, noch gefährlich oder dergleichen überholt habe. Der Beamte habe dann zu ihm gesagt, dass er Anzeige machen würde und sei zurück zu seinem Fahrzeug gegangen.

 

Als er gerade losfahren wollte, habe der Beamte nochmals an sein Fenster geklopft und gesagt, dass bei ihm die Kennzeichenbeleuchtung nicht funktioniere und er das auch noch gleich ins Protokoll schreiben werde.

 

In diesem Zusammenhang führte der Berufungswerber aus, der Bordcomputer habe an der Baustelle Kleinzell erstmals angezeigt, dass eine Kennzeichenbeleuchtung defekt sei und dass er vermute, dass diese durch die Erschütterungen der Baustelle kaputt gegangen sein könnte.

 

Bei einer zeugenschaftlichen Befragung bei der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach am 27. September 2010 gab der Meldungsleger zu Protokoll, dass er und sein Kollege am 15.07.2010 eine Sektorstreife durchgeführt haben. Sie seien in Allerstorf (Kreuzung) gestanden. Zu diesem Zeitpunkt habe es stark geregnet und die Sicht sei dadurch beeinträchtigt gewesen. Es seien einige Fahrzeuge aus Richtung Rohrbach in Richtung Linz gekommen. Das letzte diese Fahrzeuge sei ein Audi mit dem Kennzeichen X (A) gewesen. Sie seien diesem Fahrzeug nachgefahren. In Richtung Bereich Abzweigung Anzing habe dieses Fahrzeug ein bis zwei Fahrzeuge überholt und sich wieder eingereiht. Der Beginn des zweiten Überholvorganges sei auf einem geraden Straßenstück gewesen. Bei Strkm. 23.700 (ehemaliges Gasthaus Binderwirt) habe dieses Fahrzeug den Überholvorgang beendet, dabei habe es sich um den Beginn einer unübersichtlichen Linkskurve in Richtung Linz gehandelt. Sie seien im Dienstfahrzeug nach wie vor am Ende der Kolonne nachgefahren. Sie hätten mit Blaulicht die ganze Kolonne bis zum Güterweg Anzing (Zufahrt Hauserkühlung) überholt und sich hinter diesem Fahrzeug eingereiht. Die Anhaltung habe bei einer Einfahrt (Zufahrt Hauser Kühlung) mittels Blaulicht stattgefunden. Dem Fahrzeuglenker sei das Überholen an einer unübersichtlichen Stelle vorgeworfen worden. Dieser hätte gefragt, ob hier Überholverbot sei, gemeint sei hier vermutlich ein beschildertes Überholverbot gewesen. Dies habe der Zeuge mit "nein" beantwortet. Die kaputte Kennzeichenbeleuchtung sei ihm aufgefallen, als er zum Dienstauto zurück gegangen sei.

 

Bei einer weiteren Einvernahme am 12. Oktober 2010 hielt der Berufungswerber seine Rechtfertigung bzw. Einspruchsangaben vollinhaltlich aufrecht und die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat letztlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

 

Im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle erklärte der Berufungswerber, er habe den Überholvorgang kurz nach km 24,0 begonnen und diesen etwa im Bereich km 23,9 beendet.

 

Der Meldungsleger führte bei seiner zeugenschaftlichen Befragung aus, dass er und sein Kollege damals auf der Dienststelle der Polizeiinspektion St. Martin im Mühlkreis gewesen seien und sie zu einem Alarm gerufen worden wären. Sie seien daher von St. Martin zur Allerstorfer Kreuzung (B127) und von dort weiter in Richtung Linz gefahren, Blaulicht sei keines verwendet worden. Bei der Allerstorfer Kreuzung habe er zunächst nicht sofort einbiegen können, weil eine Fahrzeugkolonne in Richtung Linz unterwegs gewesen sei, beim letzten Fahrzeug dieser Kolonne habe es sich um den zur Anzeige gebrachten schwarzen Audi gehandelt. Zur Vorfallszeit habe es sehr stark geregnet und sie hätten sich am Ende der Kolonne eingereiht. Dann hätten sie sehen können, wie der Lenker dieses Audis nach Ende der 70 km/h Beschränkung erstmals zum Überholen ansetzte bzw. überholt hat. Dazwischen hätten sie eine Fehlalarmmeldung bekommen und sie hätten in der Folge sehen können, dass das besagte Fahrzeug auf der Fahrt in Richtung Linz neuerlich überholte. Die Geschwindigkeit sei seines Erachtens über 100 km/h gewesen, wobei eine genaue Angabe nicht mehr möglich sei.

 

Unter Zuhilfenahme einer Abbildung der Tatörtlichkeit aus dem Oö. Geoinformationssystem DORIS erklärte der Zeuge, dass der Überholvorgang Fahrtrichtung Linz bei km 23,7 begonnen habe und dieser Überholvorgang im Bereich km 23,6 beendet wurde.

 

Der beigezogene Sachverständige erklärte auf Grund der gegeben Situation unter der Annahme der Geschwindigkeit des überholenden Fahrzeuges von 100 km/h und jener des überholten Fahrzeuges von 80 km/h im Falle eines Überholmanövers von nur einem Fahrzeug, dass sich ein Überholweg von 118 m ergibt und die Überholsichtweite demnach ca. 236 m beträgt. Bezogen auf den im Straferkenntnis angegeben Tatort (Strkm. 23,8 Fahrtrichtung Linz) würde sich demnach unter Zugrundelegung des Überholweges ein ordnungsgemäßer Überholvorgang nicht ausgehen bzw. müsste ein etwaiger Gegenverkehr entsprechend reagieren.

 

Weiters erklärte der Sachverständige, dass die Angaben des Meldungslegers im Zusammenhang mit der Nachfahrt bzw. mit dem Aufschließen auf das Fahrzeug des Berufungswerbers samt Überholen durchaus schlüssig sind.


 

Bezüglich Kennzeichenbeleuchtung erklärte der Zeuge, dass ihm nach der Amtshandlung aufgefallen sei, dass auch eine Kennzeichenbeleuchtung nicht funktioniere, der Berufungswerber habe ihm gegenüber erklärt, dass er vor Fahrtantritt diese überprüft habe und sie funktionierte.

 

2.6. In freier Beweiswürdigung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich, dass die Angaben des Meldungslegers, dies auch unter Berücksichtigung der Beurteilung durch den beigezogenen verkehrstechnischen Amtssachverständigen, der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können. Es ist zu berücksichtigen, dass der Zeuge zur Wahrheit verpflichtet war, falsche Aussagen hätten für ihn sowohl straf- als auch dienstrechtliche Konsequenzen. Die Angaben hinsichtlich vom Berufungswerber durchgeführten Überholmanövers, als auch hinsichtlich der Nachfahrt, sind nachvollziehbar.

 

Der Berufungswerber konnte sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im vorliegenden Falle ist es ihm jedoch nicht gelungen, die Angaben des Zeugen hinsichtlich des Überholvorganges zu widerlegen. Zwar sind auch die Angaben des Berufungswerbers im Zusammenhang mit der von ihm beschriebenen Überholstrecke nachvollziehbar, im konkreten Falle werden diese jedoch als bloße Schutzbehauptung angesehen bzw. könnte es sich dabei um den ersten, nicht zur Anzeige gebrachten, Überholvorgang gehandelt haben.

 

Was das Nichtfunktionieren der Kennzeichenbeleuchtung anbelangt, so gibt dieser selbst zu, dass sie zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht mehr entsprechend funktionierte, andererseits erklärte er jedoch, dass er sich vor Antritt der Fahrt überzeugt hat ob diese noch funktioniert bzw. dass diese noch funktioniert hatte und erst durch den Bordcomputer zu einem späteren Zeitpunkt er auf eine Fehlfunktion aufmerksam wurde, welche allenfalls durch eine Baustelle verursacht worden sein könnte. Diese Angaben sind nicht zu widerlegen.

 

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:


 

3.1.1. Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen, wer unter anderem als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnung verstößt und das Verhalten nicht nach den Absätzen 1, 1a, 1b, 2, 2a, 2b, 2c, 2d, 2e oder 4 zu bestrafen ist.

 

Gemäß § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 darf der Lenker eines Fahrzeuges bei ungenügender Sicht oder auf unübersichtlichen Straßenstellen, z.B. vor und in unübersichtlichen Kurven und vor Fahrbahnkuppen nicht überholen; es darf jedoch überholt werden, wenn die Fahrbahn durch eine Sperrlinie (§ 55 Abs.2) geteilt ist und diese Linie vom überholenden Fahrzeug nicht überragt wird.

 

Im vorliegenden Falle war im Bereich des vorgeworfenen Tatortes keine Sperrlinie vorhanden bzw. fand der Überholvorgang unmittelbar vor einer unübersichtlichen Kurve statt. Laut Berechnung durch den verkehrstechnischen Amtssachverständigen betrug zu Beginn des Überholmanövers bezogen auf den im Straferkenntnis angegeben Tatort bei Strkm. 23,8 in Fahrtrichtung Linz, die Überholsichtweite ca. 236 m. Der Sachverständige erklärte dazu weiters, dass unter Zugrundelegung des Überholweges ein etwaiger Gegenverkehr hätte entsprechend reagieren müssen. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich stellt daher fest, dass der Berufungswerber tatsächlich entgegen dem Verbot des § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 vor einer unübersichtlichen Stelle ein Fahrzeug überholt und er somit den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung verwirklicht hat. Was die subjektive Tatseite anbelangt, so sind keine Umstände hervor gekommen, die diesbezüglich den Berufungswerber entlasten würden, demnach ist der Schuldspruch hinsichtlich Punkt 1) zu Recht erfolgt.

 

3.1.2. Zur Straffestsetzung (19 VStG) wird festgestellt, dass weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe vorliegen. Hinsichtlich Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse hat der Berufungswerber keine Einwendungen erhoben.

 

Wenn auch im konkreten Falle keine Gefährdung oder Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer festgestellt werden konnte, so ist generell darauf hinzuweisen, dass nicht vorschriftsmäßige Überholmanöver eine gravierende Gefährdung der Verkehrssicherheit darstellen, zumal es hiedurch immer wieder zu Verkehrsunfällen mit schweren Folgen kommt. Um die Allgemeinheit entsprechend zu sensibilisieren, ist aus generalpräventiven Gründen eine strenge Bestrafung geboten. Auch ist die Bestrafung geboten, um die betreffende Person von der Begehung weiterer derartiger Verwaltungsübertretungen abzuhalten (Spezialprävention).

 

Zusammenfassend stellt daher in diesem Punkt der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich fest, dass bezogen auf die konkreten Umstände und unter Berücksichtigung des gesetzlichen Strafrahmens die Erstbehörde bei der Straffestsetzung vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat, eine Herabsetzung wird daher nicht in Erwägung gezogen.

 

3.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu Verfügungen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im Punkt 2) des Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe sich, obwohl es ihm zumutbar war, vor Antritt der Fahrt nicht davon überzeugt, dass das von ihm verwendete Fahrzeug den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht, da festgestellt wurde, dass beim angeführten PKW die linke Kennzeichenbeleuchtung nicht funktionierte.

 

Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof in mehreren Entscheidungen ausgesprochen, dass die Bestrafung eines Lenkers nur dann erfolgen kann, wenn nachgewiesen wird, dass er die Fahrt angetreten hat, ohne sich vorher zu überzeugen, dass sich das Fahrzeug in betriebs- und verkehrssicheren Zustand befindet und auch sonst den Vorschriften entspricht.

 

Im vorliegenden Falle hat der Berufungswerber angegeben, er habe sich vor Antritt der Fahrt vom Funktionieren der Kennzeichenbeleuchtung überzeugt und es sei ihm der Defekt im Bereich einer Baustelle durch den Bordcomputer angezeigt worden. Diese Angaben können im konkreten Falle nicht widerlegt werden bzw. kann diese Verwaltungsübertretung nicht mit einer zur Bestrafung führenden Sicherheit nachgewiesen werden.

 

Gemäß dem Grundsatz "in dubio pro reo" war daher hinsichtlich Punkt 2) der Berufung Folge zu geben und diesbezüglich das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren in diesem Punkt einzustellen.

 

4. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Alfred Kisch

 

 

 

VwSen-165499/11/Ki/Kr vom 25. Jänner 2011

Erkenntnis

 

KFG 1967 § 102 Abs 1

 

Die Bestrafung eines Lenkers wegen Verletzung des § 102 Abs 1 KFG 1967 kann nur dann erfolgen, wenn nachgewiesen wird, dass er die Fahrt angetreten hat, ohne sich vorher zu überzeugen, dass sich das Fahrzeug in betriebs- und verkehrssicherem Zustand befindet und auch sonst den Vorschriften entspricht. 

 

 

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