Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231202/4/Gf/Mu

Linz, 19.01.2011

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Grof über die Berufung der x, vertreten durch RA x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 29. Dezember 2010, Zl. Sich96-1067-2010, wegen Übertretungen des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das zu Spruchpunkt 2. geführte Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Die Berufungswerberin hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 29. Dezember 2010, Zl. Sich96-1067-2010, wurde über die Rechtsmittelwerberin zum einen eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden; Verfahrenskostenbeitrag 100 Euro) verhängt, weil sie sich als passpflichtige Fremde vom 25. bis zum 28. Oktober 2010 unrechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe; zum anderen wurde ihr eine Ermahnung erteilt, weil sie am 28. Oktober 2010 verschwiegen habe, dass sie im Besitz eines gültigen
Reisepasses sei, diesen aber nicht mitgeführt bzw. nicht in einer solchen Entfernung von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort verwahrt habe, dass seine Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen habe können. Dadurch habe sie einerseits eine Übertretung des § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: FPG), und anderseits eine Übertretung des § 121 Abs. 3 Z. 2 FPG begangen, weshalb sie im ersten Fall gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG zu bestrafen und im zweiten Fall
nach § 21 VStG zu ermahnen gewesen sei.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dass ihr Asylantrag mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 25. Oktober 2010, Zl. C14301035-1/2008/6E, rechtskräftig abgewiesen und gleichzeitig ihre Ausweisung angeordnet worden sei sowie, dass sich nach den von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen keine Anhaltspunkte dafür ergeben hätten, die geeignet gewesen wären, den Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich als legal anzusehen. Zudem habe sie als passpflichtige Fremde die belangte Behörde getäuscht, indem sie den Besitz ihres Reisepasses verschwiegen habe. Da sie sich aber mit einer – wenngleich ungültigen – Aufenthaltsberechtigungskarte ausweisen habe können und sich daraufhin ihre Identitätsangaben bewahrheitet  hätten, habe sich die Erstbehörde insoweit mit der Erteilung einer Ermahnung begnügen können.

1.2. Gegen dieses ihr am 29. Dezember 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 7. bzw. am 12. Jänner 2011 – und damit jeweils rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird zunächst hinsichtlich des Verschweigens des Besitzes des Reisepasses vorgebracht, dass sie bei ihrer behördlichen Vorsprache am 28. Oktober 2010 tatsächlich über keinen Reisepass verfügt hätte, weshalb ihr weder angelastet werden könne, dass sie dessen Besitz verschwiegen noch diesen nicht mitgeführt habe. Zudem sei die belangte Behörde selbst davon ausgegangen, dass ihr Reisepass mit der Nr. X erst am 12. Oktober 2010 in ihrem Heimatstaat (nämlich vom Passamt in Ulaanbaatar in der Äußeren Mongolei) ausgestellt worden sei; da sie sich zu diesem Zeitpunkt in Österreich aufgehalten habe, sei sohin davon auszugehen, dass dessen Zustellung auf dem Postweg einige Zeit in Anspruch genommen habe. Im Übrigen habe sie durch Entsprechung der ihr auferlegten Verpflichtung, in Attnang-Puchheim ihren Wohnsitz und sich darüber hinaus periodisch  bei der Polizeiinspektion zu melden, sehr wohl mit der belangten Behörde kooperiert. Daher habe sie auch am 9. Dezember 2010 bei der Konsularabteilung der Botschaft der Äußeren Mongolei wegen der Ausstellung eines Heimreisezertifikates vorgesprochen und die Polizeiinspektion Attnang-Puchheim darüber in Kenntnis gesetzt. Außerdem habe sie mittlerweile einen mongolischen Studenten geheiratet, mit dem sie nunmehr gemeinsam in Salzburg lebe, weshalb ihre Ausweisung dem Art. 8 EMRK widerspreche, sodass nunmehr vom Vorliegen eines Strafausschließungsgrundes i.S.d. § 6 VStG auszugehen sei. Weiters wird darauf hingewiesen, dass sie bereits am 29. November 2010 und in der Folge auch am 21. Dezember 2010 bei der belangten Behörde einen Antrag auf Erteilung eines humanitären Bleiberechts gemäß § 44 Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: NAG) gestellt habe.

Bezüglich des Strafausmaßes wird abschließend eingewendet, dass diese überhöht sei und im vorliegenden Fall eine Ermahnung ausgereicht hätte, da sie weder jemanden täuschen noch sich dem Zugriff der belangten Behörde entziehen habe wollen, im Gegenteil: Mittlerweile spreche sie perfekt Deutsch und seit dem Vorliegen der Asylentscheidung habe sie sich um einen legalen Aufenthalt in
Österreich bemüht.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Erteilung einer Ermahnung bzw. eine Herabsetzung der Strafe beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck zu Zl. Sich96-1067-2010; da sich der maßgebliche Sachverhalt – soweit entscheidungsrelevant – bereits aus diesem klären ließ und die Verfahrensparteien auch einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Weil in dem diesem Verfahren zu Grunde liegenden Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, war im Rechtsmittelverfahren ein Einzelmitglied zur Entscheidung zuständig (vgl. § 51c VStG).

3. Über die vorliegende Berufung hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG begeht derjenige eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, der sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält.

Nach § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde dann rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während ihres Aufenthalts die zulässige Aufenthaltsdauer nicht überschreiten (Z. 1), wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation ihres Aufenthaltsrechts nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes zum Aufenthalt berechtigt sind (Z. 2), wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind (Z. 3), wenn und solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt (Z. 4), wenn sie über eine Beschäftigungsbewilligung, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung oder eine Anzeigebestätigung verfügen (Z. 6) oder wenn sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Bestimmungen ergibt (Z. 7).

Gemäß § 121 Abs. 3 Z. 2 i.V.m. § 32 Abs. 2 FPG begeht derjenige Fremde eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 50 Euro bis zu 250 Euro zu bestrafen, der sein Reisedokument nicht mit sich führt oder dieses nicht in einer solchen Entfernung von seinem Aufenthaltsort verwahrt, dass dessen Einholung ohne unverhältnismäßige Verzögerung erfolgen kann.

3.2.1. Im gegenständlichen Fall bestreitet auch die Rechtsmittelwerberin selbst nicht, dass sie sich – wie dies im Übrigen auch aus dem im erstbehördlichen Akt einliegenden EKIS-Ausdruck hervorgeht – vom 25. bis zum 28. Oktober 2010
widerrechtlich in Österreich aufgehalten hat.

Sie bringt allerdings auf der Ebene des Verschuldens vor, dass sie deshalb keine rechtliche Verantwortung treffen könne, weil sie zum einen bereits am
29. November 2010 (und in weiterer Folge zusätzlich auch am 21. Dezember 2010) einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 3 NAG, also auf die Gewährung eines humanitären Bleiberechts, bei der belangten Behörde gestellt habe; zum anderen habe sie mittlerweile einen mongolischen Staatsangehörigen geheiratet, mit dem sie gemeinsam in Salzburg lebe, sodass ihre Ausweisung dem Art. 8 EMRK widerspreche.

3.2.1.1. Dieser Einwand vermag grundsätzlich deshalb nicht zu überzeugen, weil es offensichtlich ist, dass sie seit ihrer Einreise im August 2005 mehr als ausreichend Zeit gehabt hätte, sich über die für einen legalen Aufenthalt im Bundesgebiet maßgeblichen Rechtsvorschriften rechtzeitig bei der zuständigen Behörde zu informieren. Indem sie dies allerdings über Jahre hinweg offensichtlich konsequent – wenngleich im Hinblick auf eine allfällige positive Erledigung ihres Asylverfahrens; eine derartige, schon von vornherein bloß unsichere Chance vermag freilich die eben angesprochene, schon seit der Einreise und in der Folge auf Dauer bestehende Informationspflicht nicht zu sistieren – unterlassen und überdies erst am 29. November 2010 und somit einen Monat nach dem negativen Abschluss ihres Asylverfahrens versucht hat, ein humanitäres Bleiberecht zu erlangen, stellt sich die Situation insgesamt vielmehr so dar, dass sie jene (überdies bloß formalen) Fakten (nämlich: die Antragstellung gemäß §§ 43 oder 44 NAG), die ihren Schuldausschluss bewirken sollen, nicht umgehend, sondern erst längere Zeit nach dem Beginn des ihr angelasteten strafbaren Verhaltens gesetzt hat. Von einer Notstandssituation oder gar einem Wohlverhalten kann daher keine Rede sein, im Gegenteil: Der Umstand, dass auch die Antragstellung erst lange Zeit nach dem Inkrafttreten der Neufassung der §§ 43 und 44 NAG erfolgte, belegt insgesamt zweifelsfrei, dass es der Rechtsmittelwerberin offenbar primär darum geht, jede sich bietende Gelegenheit dazu zu nützen, um die Beendigung ihres faktischen Aufenthalts in Österreich so lange als möglich hinauszuzögern.

Gesamthaft betrachtet wäre ihr sohin unter verwaltungsstrafrechtlichen Gesichtspunkten grundsätzlich zumindest ein grob fahrlässiges (wenn nicht sogar mutwilliges und damit vorsätzliches) und somit auch schuldhaftes Verhalten vorzuwerfen.

3.2.1.2. Andererseits ist auf der Ebene des Verschuldens aber auch der Umstand mit zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin bereits am 21. August 2005 in das Bundesgebiet eingereist ist und umgehend einen Asylantrag gestellt hat; sie hält sich somit tatsächlich seit 51/2 Jahren in Österreich auf.

In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof jüngst mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2010, B 950/10, ausgesprochen, dass die Ausweisung eines Fremden – selbst wenn sich dieser rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält – dennoch das Grundrecht auf Privat- und Familienleben gemäß Art. 8 EMRK verletzt, wenn dieser infolge seiner langen faktischen Aufenthaltsdauer in Österreich bereits einen hohen Grad an sozialer Integration aufweist und nicht er das Asylverfahren mutwillig verschleppt hat, sondern dessen unangemessen lange Dauer ausschließlich auf die Ineffizienz der staatlichen Behörden zurückzuführen ist.

Liegen solche Voraussetzungen vor, so kann dem Fremden aber unter dem Aspekt des Art. 8 EMRK i.S.d. § 120 Abs. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 FPG insgesamt auch kein bzw. allenfalls lediglich ein derart geringes Verschulden angelastet werden, dass in der Folge eine Heranziehung des § 21 Abs. 1 VStG geboten ist.

Ob solche Umstände hier gegeben sind, kann dem von der belangten Behörde vorgelegten Akt aber nicht einmal ansatzweise entnommen werden, weil diese – offensichtlich in (unverschuldeter) Unkenntnis der vorgenannten Entscheidung des VfGH – keinerlei in diese Richtung weisenden Erhebungen durchgeführt hat.

Vom Oö. Verwaltungssenat können diese fehlenden Ermittlungen jedoch schon deshalb nicht substituiert werden, weil diesem nicht die Funktion einer Strafverfolgungsbehörde zukommt (wobei im gegenständlichen Fall zudem darauf hinzuweisen ist, dass der VwGH in ständiger Rechtssprechung davon ausgeht, dass dem aus § 44 Z. 1 VStG resultierenden Konkretisierungsgebot nur dann entsprochen ist, wenn im Spruch des Straferkenntnisses sämtliche der in § 31 Abs. 1 Z. 1 bis 7 FPG angeführten Alternativen – in verneinender Weise – angeführt sind; vgl. z.B. statt vieler VwGH v. 30. Mai 2001, Zl. 2000/21/0009, m.w.N.).

3.2.2. Hinsichtlich ihres mit 12. Oktober 2010 datierten Reisepasses bringt die Beschwerdeführerin vor, dass ihr dieser auf dem Postweg übermittelt und erst am 20. November 2010 zugestellt wurde, sodass sie anlässlich ihrer Vorsprache bei der belangten Behörde am 28. Oktober 2010 diesen faktisch noch nicht besessen hat.

Da diese Verantwortung einerseits nicht gänzlich außerhalb der allgemeinen Lebenserfahrung liegt und somit zumindest denkmöglich erscheint und andererseits gegenteilige Ermittlungsergebnisse nicht vorliegen, muss dieses Vorbringen sohin als zutreffend unterstellt werden.

Davon ausgehend war aber schon jener der Rechtsmittelwerberin mit Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides angelastete Deliktstatbestand nicht erfüllt, sodass insoweit auch keine Strafbarkeit vorliegt.

3.3. Aus allen diesen Gründen war der gegenständlichen Berufung daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das zu Spruchpunkt 2. geführte Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

Bezüglich Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses war hingegen im Hinblick auf die noch offene Verfolgungsverjährungsfrist eine Einstellung des Strafverfahrens nicht zu verfügen; ob und bejahendenfalls in welchem Umfang dieses weitergeführt wird, hat vielmehr die belangte Behörde aus eigenem zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr.  G r o f

 

VwSen-231202/4/Gf/Mu vom 19. Jänner 2011

Erkenntnis

 

EMRK Art 8;

FPG § 120

NAG §§ 43,44

VStG § 6

Grundsätzlich kein entschuldigender Notstand, wenn offensichtlich ist, dass der Bf seit seiner Einreise ausreichend Zeit gehabt hätte, sich über die für seinen Aufenthalt im Bundesgebiet maßgeblichen Rechtsvorschriften zu informieren. Indem er dies allerdings über Jahre hinweg offensichtlich konsequent – wenngleich im Hinblick auf eine allfällige positive Erledigung seines Asylverfahrens; eine derartige, schon von vornherein bloß unsichere Chance vermag freilich die eben angesprochene, schon seit der Einreise und in der Folge auf Dauer bestehende Informationspflicht nicht zu sistieren – unterlassen und überdies erst nach dem negativen Abschluss seines Asylverfahrens versucht hat, ein humanitäres Bleiberecht zu erlangen, stellt sich die Situation insgesamt vielmehr so dar, dass er jene (überdies bloß formalen) Fakten (nämlich: die Antragstellung gemäß §§ 43 oder 44 NAG), die seinen Schuldausschluss bewirken sollen, erst dem Beginn des ihm angelasteten strafbaren Verhaltens gesetzt hat. Von einer Notstandssituation oder gar einem Wohlverhalten kann daher grundsätzlich keine Rede sein; im Gegenteil: Der Umstand, dass auch die Antragstellung erst lange Zeit nach dem Inkrafttreten der Neufassung der §§ 43 und 44 NAG erfolgte, belegt insgesamt zweifelsfrei, dass es dem Rechtsmittelwerber offenbar primär darum geht, jede sich bietende Gelegenheit dazu zu nützen, um die Beendigung seines faktischen Aufenthalts in Österreich so lange als möglich hinauszuzögern.

 

Andererseits ist auf der Ebene des Verschuldens aber auch der Umstand mit zu berücksichtigen, dass der Bf bereits im Jahr 2005 in das Bundesgebiet eingereist ist und umgehend einen Asylantrag gestellt hat. Er hält sich somit tatsächlich seit 51/2 Jahren in Österreich auf. In diesem Zusammenhang hat der Verfassungsgerichtshof jüngst mit Erkenntnis vom 7. Oktober 2010, B 950/10, ausgesprochen, dass die Ausweisung eines Fremden – selbst wenn sich dieser rechtswidrig im Bundesgebiet aufhält – dennoch das Grundrecht auf Privat- und Familienleben gemäß Art 8 EMRK verletzt, wenn dieser infolge seiner langen faktischen Aufenthaltsdauer in Österreich bereits einen hohen Grad an sozialer Integration aufweist und nicht er das Asylverfahren mutwillig verschleppt hat, sondern dessen unangemessen lange Dauer ausschließlich auf die Ineffizienz der staatlichen Behörden zurückzuführen ist. Liegen solche Voraussetzungen vor, so kann dem Fremden aber unter dem Aspekt des Art 8 EMRK insgesamt betrachtet kein bzw allenfalls lediglich ein derart geringes Verschulden angelastet werden, dass in der Folge eine Heranziehung des § 21 Abs 1 VStG geboten ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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