Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252280/10/Lg/Ba/Sta

Linz, 05.01.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 24. Juni 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des X X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 21. Septem­ber 2009, Zl. 0009657/2009, wegen einer Übertretung des Ausländerbe­schäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 200 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 1.000 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma X, X, X, die unbeschränkt haftender Gesellschafter der Firma X & Co KG, X, X, sei, zu verantworten habe, dass von dieser "Firma" der sudanesische Staatsangehörige X X von 31.10.2008 bis 12.12.2008 als Zusteller beschäftigt worden sei, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Straf­antrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 24.2.2009, die Aufforderung zur Rechtfertigung, die Stellungnahme des Bw vom 7.4.2009, die Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 26.5.2009 und die Stellungnahme des Bw vom 29.7.2009.

 

Für die erkennende Behörde sei der im Spruch dargestellte Sachverhalt aufgrund der Aktenlage sowie aufgrund der Ergebnisse des durchgeführten Beweisverfahrens erwiesen. In rechtlicher Hinsicht wird auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0291, verwiesen. Zur Schuldfrage wird festgestellt, dass der Bw fahrlässig gehandelt habe, da er es unterlassen habe, sich beim zuständigen regionalen Arbeitsmarktservice hin­sichtlich der rechtmäßigen Beschäftigung des gegenständlichen Ausländers zu erkundigen.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

" (I.)

Herrn X X wird die Verletzung der Bestimmungen des Ausländer­beschäftigungsgesetzes vorgeworfen.

 

(II.)

Herr X X hat in seinen bisherigen Stellungnahmen, bekräftigt durch die Vorlage von Urkunden, nachgewiesen, daß von Seiten der X, für welche er als handelsrechtlicher Geschäftsführer verantwortlich zeichnet, eine sehr genaue und strenge Prüfung des Vorliegens der recht­lichen Voraussetzungen für eine Beschäftigung einer Person nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft vorgenommen wird.

 

Diese interne strenge Prüfungspflicht gilt nicht nur 'allgemein', sondern wurde im Fall 'X X' auch tatsächlich praktiziert.

 

Von Herrn X X wurde die Vorlage der (gültigen) Aufenthaltsbe­rechtigungskarte des Bundesasylamtes abverlangt.

 

Herr X X wurde über seine Pflichten, welche sich aus seiner nunmehrigen selbständigen Tätigkeit ergeben werden, aufgeklärt und ihm wurde zusätzlich ein 'Informationsblatt' für Asylwerber mit entsprechendem Auf­klärungsinhalt übergeben.

 

Wie jeder andere Auftragsgeber in einem Wirtschaftsgefüge, muß sich dieser auf die Angaben des Vertragspartners verlassen können, soferne sich nicht ein Widerspruch zu den vorgelegten Dokumenten ergibt.

 

Ein derartiger Widerspruch hat sich auch nicht andeutungsweise für die X gezeigt.

 

Die subjektive Tatseite wurde von Herrn X X nicht erfüllt, zumal Herr X X von der Rechtmäßigkeit seines Verhaltens ausgehen konnte (siehe auch Ausführungen zu Pkt. IV.).

 

(III.)

Die Firma X hat mit Herrn X X eine Zustellvereinbarung abgeschlossen (siehe vorgelegte Urkunde).

 

Unbestritten ist, daß nicht die 'Bezeichnung' der Vertragsbeziehung und auch nicht die 'formelle Beschreibung' des Rechtsverhältnisses in der Ver­einbarung ausschlaggebend ist, sondern das tatsächlich 'gelebte' Verhältnis.

 

Der Berufungswerber kann nicht erkennen, weshalb das vom 31.10.08 bis zum 12.12.2008 bestandene Vertragsverhältnis nicht als selbständige Tätigkeit gewertet wird.

 

Keine einzigen - faktischen - Merkmale der Rechtsbeziehung sprechen gegen eine selbständige Tätigkeit des X X und der 8erufungswerber führt nochmals all diejenigen Merkmale des faktischen Vertragsverhältnis­ses an, welche für diese selbständige Tätigkeit des X X bei der X sprechen:

 

HERR X X IST WIRTSCHAFTLICH VOLLKOMMEN SELBSTÄNDIG UND UNABHÄNGIG.

 

(a)

ER ist von den Einnahmen aus dem gegenständlichen Vertragsverhältnis nicht abhängig, ER hat das Recht, für andere Unternehmen (auch für Konkurenzunternehmen) ebenfalls tätig zu sein und dies sanktionslos.

 

Die Praxis der selbständigen Werbemittelverteiler / Kolporteuere zeigt, daß diese nicht nur mit einem einzigen Unternehmen durch einen Werkvertrag verbunden sind, sondern gleichzeitig mit mehreren (Konkurenz-)Unternehmen.

 

 

(b)

ER  ist organisatorisch in den Betrieb der Auftraggeberin nicht ein­gegliedert.

 

Dies wäre in der Praxis bei Vertragsbeziehungen zu mehreren (Konkurenz-) Unternehmen auch schwer möglich bzw. nicht verwirklichbar.

 

(c)

ER erhält die Werbemittel / Zeitungen für die Verteilung in einem bestimmten Gebiet (Verteilungsgebiet) übergeben.

 

Mit der Erfüllung des Auftrages - Verteilung der Werbemittel / Zeitungen in dem bestimmten Verteilungsgebiet - ist der Auftrag erledigt, der geschul­dete Arbeitserfolg wurde erfüllt. Es liegt daher eindeutig ein Zielschuldverhältnis vor.

 

(d)

Der Auftraggeber stellt keine Betriebsmittel zur Verfügung, also z.B. kein Kraftfahrzeug oder ein anderes Fortbewegungsmittel, auch keine Träger­taschen oder dgl.

 

ER muß sich dies selbst organisieren, wobei die Notwendigkeit eines Kraft­fahrzeuges schon alleine aus dem Wohnort des X X (X), dem Betriebsstandort der X (X) und dem Verteilungsgebiet (X) ergibt.

 

Eine Abholung der Werbemittel / Zeitungen und deren Verteilung zu Fuß, also ohne   eigenes Betriebsmittel scheidet logischerweise aus.

 

(e)

Die Ausführung der beauftragten Verteilung muß von Herrn X X NICHT PERSÖNLICH durchgeführt werden.

 

ER kann sich ohne Zustimmung und ohne Einflußnahme seitens der X auch einer dritten Person bedienen, für welche ER die volle Verantwortung und das volle Risiko für die ordnungsgemäße Erfüllung des Auftrages trägt.

 

ER schuldet der X eben nur den Auftragserfolg.

 

Ein Aspekt, welcher bei einer unselbständigen Tätigkeit vollkommen ausge­schlossen wäre.

 

In denselben Bereich fällt auch das Recht von Herrn X X, seine Tätig­keit jederzeit zu beenden, von der Vereinbarung zurückzutreten.

 

Allerdings bestünde in diesem Falle für die X als Auftraggeberin, Schadenersatzansprüche gegen X X zu stellen.

 

Auch dieser Umstand wäre bei einem selbständigen Rechtsverhältnis denkunmöglich.

 

(f)

ER ist weisungsfrei, sowohl im Bezug auf eine Arbeitsleitung, als auch auf arbeitsbezogenes Verhalten.

 

ER schuldet einen Arbeitserfolg entweder persönlich oder durch einen, auf sein eigenes Risiko beigezogenen Dritten.

 

(g)

Die Tätigkeit eines Werbemittelverteilers / Kolporteurs wird typischerweise in Österreich durch selbständige Erwerbstätige ausgeübt.

 

Diese Tätigkeit ist keine Tätigkeit, welche typischerweise in einem Dienstverhältnis geleistet wird.

 

(IV.)

Die Regelung der X 'allgemein' und im Speziellen im Fall 'X X' entspricht denjenigen Vorgaben, welche das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit gemeinsam mit dem Bundesministerium für Finanzen und dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) erarbeitet haben.

 

Insbesondere das BM für Wirtschaft und Arbeit hat mehrfach betont, daß die Qualifikation von ausländischen Zeitungskolporteuren / Werbemittelverteiler als selbständige Erwerbstätige (weiterhin) gegeben ist und daß diese Tätigkeit nicht der Bewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und (als selbständige Erwerbstätige) auch nicht den Bestimmungen des ASVG unterliegt.

 

(V.)

Der Berufungswerber widerspricht daher ausdrücklich der im bekämpften Straferkenntnis geäusserten Ansicht des Bezirksverwaltungsamtes.

 

Der Berufungswerber stellt daher den

 

ANTRAG

 

die Berufungsbehörde möge der Berufung gegen das Straferkenntnis des Magis­trates Linz, Bezirksverwaltungsamt vom 21.09.2009, GZ 0009657 / 2009 Folge geben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einstellen."

 

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt der Strafantrag des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 24.2.2009 bei. Dieser enthält folgende Sachverhaltsdarstellung:

 

"Dem Finanzamt Grieskirchen/Wels, Team KIAB, wurde aufgrund einer Mitteilung der Polizeiinspektion X (Grlnsp. X) vom 20.12.2008 bekannt, dass der sudan. StA X X (Asylwerber), geb. X, wohnh. X, X, als Zusteller von Zeitungen tätig ist.

Herr X (Identitätsnachweis: Führerschein International Nr. X, BPD X, vom 05.01.2008) wurde am 12.12.2008, gegen 15.10 Uhr, von der Polizei an der B137, 4701 Bad Schalterbach, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen X, Zulassungsbesitzerin X X, angehalten und kontrolliert.

 

Die in diesem Zusammenhang durchgeführte Überprüfung auf Einhaltung der Bestimmungen nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz und § 89 Abs. 3 EStG ergab, dass Herr X lt. AMS-Abfrage weder über ein arbeitsmarktrechtliches Dokument verfügt noch lt. Hauptverbandabfrage laufend zur Sozialversicherung bzw. bei der SVA der Gewerblichen Wirtschaft gemeldet ist (siehe Beilage). Eine diesbezüglich vorgenommene Gewerberegisterabfrage blieb ergebnislos.

 

Von der Fa. X & Co KG, X, X (Fr. X X) wurde auf Anfrage am 03.02.2009 eine Zustellvereinbarung (inkl. Kopie der Asylkarte von Herrn X), abgeschlossen am 31.10.2008 zwischen Firma X & Co KG, X, X (Auftraggeber - vollhaft. Gesellschafter ist die X, handelsrechtl. GF Ing. X X X (lt. ZMR: Ing. X X) und X X) und Herrn X X (Auftragnehmer - siehe Beilage) übermittelt. Die Angabe (siehe Punkt II der o.a. Zustellvereinbarung), dass es hinsichtlich des Erledigungszeitraumes keinerlei Arbeitszeitvorgaben gibt, wird seitens des Finanzamtes Grieskirchen/Weis bezweifelt. Die allgemeine Lebenserfahrung zeigt, dass eine Tageszeitung erst nach ihrem Druck, Abholung durch den Zusteller innerhalb eines festgesetzten Zeitrahmens am festgesetzten Abholort, und zu einer bestimmten, vom Abonnenten erwarteten Zeit (vorgegebener Zeitraum) zugestellt wird.

 

Nähere Details sind dem beiliegenden Bericht der Polizeiinspektion X zu entnehmen."

 

Nach Aufforderung zur Rechtfertigung äußerte sich der Bw mit Stellungnahme vom 7.4.2009 wie folgt:

 

"I.

Herr X X, handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X, hat Herrn Dr. X X, Rechtsanwalt in X, X mit seiner Vertretung in diesem Verwaltungsverfahren beauftragt und hat ihm Vollmacht erteilt.

 

II.

Herr X X erlaubt sich, durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter, nachstehend ausgeführte

 

STELLUNGNAHME

abzugeben.

 

Herrn X X wird die Verletzung der Bestimmungen des Ausländer­beschäftigungsgesetzes und des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes vorgeworfen.

 

Bei der Behandlung des Vorwurfes des Verstoßes gegen diese gesetzlichen Bestimmungen sind folgende Bereiche zu beachten:

 

B / Vereinbarungsregelung

 

(a)

Die Firma X & CO KG schloß am 31. Oktober 2008 eine Zustellvereinbarung mit Herrn X X, X, X ab.

 

(b)

Grundlage für den Abschluß einer Zustellvereinbarung, insbesondere mit Personen nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft ist immer die genaue Prüfung der rechtlichen Voraussetzungen im Bezug auf die Bestimmungen des ASVG und des AuslBG.

 

(c)

Herr X X wies sich mit einer auf seinen Namen ausgestellten gültigen Aufenthaltsberechtigungskarte des Bundesasylamtes aus.

 

Gleichzeitig mit Abschluß der Zustellvereinbarung wurde Herrn X X ein Informationsblatt - nachweislich - übergeben, mit welchem er verpflichtet wurde, den Vertragspartner (X) bzw. deren 'Abbuchungsstelle' unverzüglich von der Zuerkennung oder der Ablehnung eines Asylantrages zu verständigen.

 

Die X hat keine Möglichkeit, Auskünfte bei den zuständigen Asylbehörden über den jeweiligen Stand eines Verfahrens einzuholen.

 

Die X ist angewiesen auf den Wahrheitsgehalt der Angaben des Vertragspartners (X X), auf die vorgelegten Unterlagen und auf die Tatsache der Berechtigung des Führens der vom Bundesasylamt ausgestellten Aufenthaltsberechtigungskarte.

 

Die X und somit deren Geschäftsführer musste davon ausgehen, daß das Asylverfahren von Herrn X X sowohl zum Zeitpunkt des Abschlußes der Vereinbarung, als auch am 12.12.2008 noch nicht rechtskräftig abgeschlossen war.

 

(d)

Um zu prüfen, ob eine Beschäftigung nach dem AuslBG vorgelegen ist, ist der wahre wirtschaftliche Gehalt der Vereinbarung und nicht die äußere Erschein­ungsform maßgebend.

 

Es kommt also niemals auf die Bezeichnung eines Vertrages an, nicht einmal auf das Bestehen einer Rechtsbeziehung, sondern ausschließlich auf den Inhalt der Tätigkeit und das damit wirtschaftlich Gewollte.

 

Liegt danach die Verwendung in einem Abhängigkeitsverhältnis vor, das typischerweise dem Inhalt eines Arbeitsverhältnisses oder arbeitnehmer­ähnlichen Verhältnisses bildet, kommt das Ausländerbeschäftigungsgesetz zur Anwendung.

 

Es ist daher die Tätigkeit der einzelnen Person bzw. überhaupt die Tätigkeit eines Werbemittelverteilers und -zustellers näher zu betrachten.

 

Ein Werbemittelverteiler übernimmt jeweils für ein ihm genanntes Verteilungsgebiet Werbemittel zur Verteilung.

 

Der Verteiler ist bei der Durchführung der von ihm übernommenen Tätig­keit in Zeiteinteilung, Dauer und Gestaltung des Tätigkeitsablaufes an keinerlei Weisungen des Vertragspartners gebunden, er ist in seiner Tätigkeitsausübung völlig frei.

 

Sollte es dem Verteiler, aus welchem Grunde auch immer, nicht möglich sein, den übernommenen Auftrag ganz oder auch nur teilweise zu erfüllen, hat er das Recht, jederzeit und ohne Angabe von Gründen die Verteilungs­tätigkeit für die Firma X zu beenden bzw. von der Ver­einbarung zurückzutreten.

Noch nicht verteiltes Material ist unverzüglich zurückzustellen.

Auch ist der Verteiler grundsätzlich nicht verpflichtet, die Verteilungsleistung persönlich zu erbringen, er ist vielmehr berechtigt, sich jederzeit, ohne vorherige Rücksprache, geeigneter Vertreter oder Gehilfen auf seine Kosten zu bedienen.

Hiedurch entsteht zwischen diesem Vertreter oder Gehilfen einerseits und der Firma X andererseits, kein wie immer geartetes Vertrags­verhältnis.

Der Vertreter / Gehilfe ist alleine dem Verteiler gegenüber verantwort­lich.

 

Der Verteiler hat selbst und auf eigene Rechnung für die zur Erfüllung seines Auftrages erforderlichen Betriebs- und Hilfsmittel zu sorgen und sämtliche Spesen und Ausgaben im Rahmen seiner Tätigkeit zu tragen.

 

Der Verteiler unterliegt auch keiner wie immer gearteten Konkurenzklausel und er wäre daher berechtigt, auch für andere Auftraggeber tätig zu werden. Er ist wirtschaftlich vollkommen selbständig, er kann ohne Be­einträchtigung seine Arbeitskraft auch anderweitig für Erwerbszwecke ein­setzen.

 

Der Verteiler haftet dem Vertragspartner für sämtliche, durch unkorrekte Leistungserbringung entstehende Schäden oder Nachteile höchstpersönlich.

 

Mit der Vereinbarung zwischen der Firma X & CO KG und Herrn X X entsteht kein sozialversicherungspflichtiges Beschäfti­gungs­verhältnis, der Verteiler ist selbst verpflichtet, die gesetzlichen Steuern an das zuständige Finanzamt abzuliefern und der Verteiler ist auch verpflichtet, für die Einhaltung der ihn betreffenden gesetzlichen Vorschriften Sorge zu tragen.

 

A / Verschulden

 

 (a)

Unbestritten ist, daß Herr Ing. X X X und Herr X X selbständig zeichnungsberechtigte Geschäftsführer der Firma X sind.

 

(b)

Die beiden handelsrechtlichen Geschäftsführer der Firma X haben eine interne Kompetenzverteilung der einzelnen Aufgabenbereiche, wie in jeder anderen handelsrechtlichen Gesellschaft, vorgenommen.

 

Für den Bereich 'Zustellung', 'Vertragsregelung mit den Zustellern', 'Beschäftigung von Personen mit nicht österreichischer Staatsbürgerschaft' war / ist ausschließlich der Geschäftsführer X X zuständig und somit verantwortlich.

 

Diese Verantwortlichkeit wird von Herrn X X seit seiner Be­stellung zum Geschäftsführer der X wahrgenommen.

 

(c)

Gemäß den Bestimmungen des § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, ein fahrlässiges Verhalten.

 

Im gegenständlichen Verfahren ist daher zu prüfen, ob Herrn X X ein fahrlässiges Verhalten wegen der Nichtbeachtung der Bestimmun­gen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und des Allgemeinen Sozialversicherungs­gesetzes vorzuwerfen ist.

 

Das gegenständliche Verfahren ist das bisher erste Verfahren gegen Herrn X X im Zusammenhang mit der 'Beschäftigung von Personen mit nichtösterreichischer Staatsbürgerschaft' bzw. im Zusammenhang mit den Bestimmungen des ASVG im Bezug auf ein 'arbeitnehmerähnliches Dienstverhältnis'.

 

Es zeigt sich also, daß der verantwortliche Geschäftsführer X X in den vergangenen Jahren stets seinen Verpflichtungen und seiner Verantwortlichkeit zur Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen (ASVG/AuslBG) im gesamten Umfang nachgekommen ist.

 

Wie aus dem Geschehnisablauf Punkt A/ unzweifelhaft erkennbar ist, kann Herrn X X kein schuldhaftes Verhalten, nicht einmal ein fahr­lässiges Verhalten vorgeworfen werden.

 

Herr X X hat im konkreten Fall alle möglichen Infor­mationen eingeholt und hat sich alle für den Abschluß einer Zustellvereinbarung notwendigen Unterlagen vorlegen lassen. Mehr konnte Herr X X nicht unternehmen und war ihm auch nicht zumutbar.

 

Nach ständiger Rechtssprechung des VWGH ist ein Handeln dann objektiv sorgfaltswidrig, wenn sich ein einsichtiger und besonnener Mensch des Verkehrskreises, dem der Handelnde angehört, an seiner Stelle anders verhalten hätte.

 

Im Ergebnis hätte sich daher ein 'anderer einsichtiger und besonnener Mensch desselben Verkehrskreises nicht anders verhalten'.

 

Somit ist hinreichend klargestellt, daß mit Herrn X X weder ein Dienstverhältnis, noch ein dienstnehmerähnliches Verhältnis vereinbart wurde.

 

Bei entsprechender Wertung und Würdigung des Sachverhaltes liegt also kein vorwerfbarer Verstoß gegen die Bestimmungen des AuslBG oder des ASVG vor.

 

Es wird daher der

 

ANTRAG

 

auf Einstellung des Verfahrens gestellt."

 

 

Der Stellungnahme liegt eine Zustellvereinbarung, abgeschlossen zwischen der Firma X & Co KG (Auftraggeber) und dem gegenständlichen Ausländer, bei. Diese hat folgenden Inhalt:

 

"I.

Der Auftraggeber übergibt an den Auftragnehmer den Auftrag ab 31.10.08 an Haushalte lt. Gebietsübersicht täglich, außer an Sonn- und Feiertagen, Zeitungen, Druckwerke und sonstige persönlich adressierte Druckwerke zuzustellen bzw. zustellen zu lassen.

 

II.

Abgesehen von der aus organisatorischen Gründen notwendigen Bindung an den zugeteilten Rayon, sind Sie bei der Gestaltung der Tätigkeit völlig frei. Vor allem bestehen innerhalb des Erledigungszeitraumes keinerlei Arbeitszeitvorgaben. Weiters können Sie die Durchführung eines übernommenen Auftrages auf eigene Kosten zur Gänze oder teilweise, geeigneten Personen übertragen bzw. eigenes Personal zur Durchführung beiziehen.

Der Auftragnehmer erklärt hiermit, dass sämtliche Personen, welche seinerseits mit der Ausführung und Abwicklung der bestehenden oder künftigen Aufträge für den Auftraggeber (oder für konzernmäßig mit dem Auftraggeber verbundenen Unternehmen) betraut werden, entsprechend der österreichischen Rechtslage ordnungsgemäß angemeldet sind, über aufrechte Arbeitsbewilligungen verfügen und die betreffenden Arbeits- und Werkvertragsverhältnisse in Übereinstimmung mit den österreichischen Gesetzen gestaltet und abgewickelt werden.

 

III.

Als Gegenleistung erhält der Auftragnehmer ein Honorar nach beiliegenden Tarifblatt.

Die Abrechnung erfolgt monatlich nach Vorlage der Honorarnote. Mit diesem Betrag sind alle Ansprüche und Auslagen abgegolten. Die Überweisung des Abrechnungsbetrages erfolgt bis zum 15. des Folgemonats auf das oa. Konto.

 

IV.

Wird seitens des Auftragnehmers der Auftrag nicht ordnungsgemäß durchgeführt, ist er für den Schaden haftbar, und es steht dem Auftraggeber das Recht der sofortigen Kündigung dieses Werkvertrages zu.

 

V.

Von Seiten des Auftraggebers erfolgt keine Anmeldung zur Sozialversicherung. Ebenfalls erfolgt von Seilen des Auftraggebers keinerlei Tätigkeit auf steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichern Gebiet und damit auch keinerlei Abfuhr von Sozialversicherungsbeiträgen und Ertragssteuern.

 

VI.

Der Auftragnehmer ist für alle steuerlichen, abgabenrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Belange selbst zuständig.

Der Auftraggeber weist den Auftragnehmer auf die gesetzliche Pflicht zur Abfuhr der Mehrwertsteuer ausdrücklich hin.

 

VII.

Der Auftragnehmer erklärt, daß ihm bekannt ist, daß er sämtliche ihm bekanntgewordenen Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, insbesondere Kundenlisten sowie auch sonstige Informationen betreffend die Empfänger der von der X & Co KG verbreiteten Produkte (Zeitungen, Werbesendungen etc.) unter allen Umständen vertraulich zu behandeln hat und es ihm strengstens untersagt ist, solche Informationen an Dritte weiterzugeben. Darüber hinaus darf er die ihm überlassenen Hausschlüssel ausschließlich im Rahmen seiner Tätigkeit für die X & Co KG verwenden."

 

 

Beigelegt ist ferner ein Tarifblatt zur oben genannten Zustellvereinbarung vom 31.10.2008. Dieses hat folgenden Inhalt: Der gegenständliche Ausländer erhalte als Auftragnehmer folgendes Honorar: "Gebiet X – X. Pro 1000 Zustelleinheiten € 69,77. Pro Zustellgang € 11,--."

 

Beigeschlossen ist ferner ein Informationsblatt für Asylwerber, ein Mehrwert­steuerausweisblatt, eine Aufenthaltsberechtigungskarte und ein Firmenbuch­auszug.

 

In der Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen Wels vom 26.5.2009 wird auf die (dem Akt nicht beiliegende) Stellungnahme unter der Bezugszahl 0009660/2009 verwiesen.

 

In seiner Stellungnahme vom 29.7.2009 führte der Bw aus:

 

"Die Stellungnahme des Finanzamtes Grieskirchen-Wels hat keine neuen Gesichtspunkte aufgezeigt und keine neuen Argumente vorgebracht, die gegen die bisher vorgebrachte Verantwortung sprechen.

 

Die für die rechtliche Beurteilung wesentlichen Kriterien der Verein­barung mit Herrn X X werden nochmals dargelegt:

 

-         kein Verschulden seitens der Verantwortlichen der Fa. X & CO KG als Folge der unvollständigen, seitens der Verantwort­lichen jedoch auf deren Wahrheitsgehalt nicht überprüfbaren Angaben;

 

-         vollkommene Freiheit von Herrn X X bei der Erfüllung der von ihm übernommenen Tätigkeit bezüglich Zeiteinteilung, Dauer, Gestal­tung des Ablaufes;

 

-         Weisungsfreiheit;

 

-         keine Verpflichtung der persönlichen Ausübung der Tätigkeit;

 

-         jederzeitiges Recht von Herrn X X, seine Tätigkeit zu beenden, von der Vereinbarung zurückzutreten;

 

-         Recht von Herrn X X, sich eines Vertreters oder Gehilfen - ohne Mitspracherecht der X & CO KG - zu bedienen;

 

-         Durch eine Vertretung entstandene Kosten hat Herr X X selbst zu begleichen, ohne Rückvergütung durch die X & CO KG;

 

-         Vertreter / Gehilfe ist nur Herrn X X gegenüber verantwortlich und dieser hat nur mit Herrn X X ein Vertragsverhältnis;

 

-         Betriebs- und Hilfsmittel (insbesondere Kraftfahrzeug) hat Herr X X auf eigene Rechnung und seine eigenen Kosten beizustellen;

 

-         Herr X X kann neben der Tätigkeit bei der X & CO KG auch anderwertige Tätigkeiten ausüben;

 

-         keine Konkurenzklausel;

 

-         Schadenersatzpflicht bei unkorrekter Leistungserbringung;

 

-         Herr X X ist steuerpflichtig, er muß sich eigene Steuernummer holen, Steuererklärungen abgeben und USt und ESt bezahlen;

 

-         Herr X X muß sich selbst versichern.

 

ALLE angeführten Kriterien, welche in der Praxis so gehandhabt werden, sprechen nicht nur gegen ein Dienstverhältnis, sondern auch gegen einen freien Dienstvertrag."

 

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der gegenständliche Ausländer  zeugenschaftlich einvernommen dar, er habe insgesamt ca. 4 Monate für das gegenständliche Unternehmen gearbeitet. Der Vertrag mit dem Unternehmen sei in der Weise zustande gekommen, dass der Zeuge den Gebietsleiter gefragt habe, ob er einen Rayon für den Zeugen habe. Der Gebietsleiter habe die Frage bejaht und dem Zeugen den Vertrag zur Unterschrift vorgelegt. Der Zeuge sei vom Gebietsleiter 2 Tage eingeschult worden. Der Gebietsleiter habe dem Zeugen gesagt, dass er sich als Selbstständiger versichern solle. Ob der Zeuge auch beim Finanzamt aufgeschienen sei, wisse er nicht.

 

Während der gesamten 4 Monate habe der Zeuge den selben Rayon gehabt. Er habe die Aufgabe gehabt, Zeitungen von Montag bis Samstag an bestimmten Adressen abzugeben. Die Adressen hätten sich aus einer täglich mit den Zeitungen mitgelieferten Adressenliste ergeben. Die Zeitungen seien zwischen 03.00 und 04.00 Uhr an einer bestimmten Stelle abzuholen gewesen. Bis 06.00 Uhr habe der Zeuge fertig sein müssen. Es sei ihm daher ein zeitlicher Rahmen vorgegeben gewesen.

 

Der Zeuge habe keine Rechnungen gelegt. Die Berechnung des Lohnes sei offenbar so erfolgt, dass der Gebietsleiter der Zentrale die Zahl der verteilten Zeitungen gemeldet habe, dort die Höhe des Lohnes berechnet worden sei, woraufhin monatlich die Anweisung des errechneten Betrages auf das Konto des Zeugen erfolgt sei.

 

Der Zeuge habe damals auch für ein anderes Unternehmen gearbeitet.

 

Ob der Zeuge vom Unternehmen kontrolliert wurde, wisse er nicht. Er habe immer alles perfekt gemacht, weshalb es keine Beanstandungen gegeben habe. Andererseits sagte der Zeuge, dass im Falle einer Reklamation ein entsprechender Zettel auf seinem Zeitungspaket befestigt gewesen sei. In einem solchen Fall habe er aufpassen und am nächsten Tag die Zustellung ordentlich vornehmen müssen.

 

Für Hochhäuser habe er einen Schlüssel bekommen. Dort habe er die Zeitungen vor die Wohnungstüren gelegt.

 

Der Zeuge habe immer selbst zugestellt, er habe nie jemand anderen geschickt. Im Fall der Krankheit habe er den Gebietsleiter angerufen, der einen Springer eingesetzt habe.

 

Seine Touren habe der Zeuge mit einem von einem Freund ausgeborgten Pkw gemacht. Über eine eigene Betriebsstätte mit Büroeinrichtung oder über Dienstnehmer habe der Zeuge nicht verfügt.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Entsprechend der unwidersprochen gebliebenen Zeugenaussage des gegenständlichen Ausländers in Verbindung mit der Aktenlage ist von folgendem Sachverhalt auszugehen:

 

Die Aufgabe des Ausländers bestand darin, Zeitungen von Montag bis Samstag um ca. 03.30 Uhr von einer bestimmten Stelle abzuholen und in einem ihm zugeteilten Rayon an vorgegebenen Adressen bis 06.00 Uhr zuzustellen. Aus dieser Festlegung resultierte auch die Stückzahl der zuzustellenden Zeitungen.

 

Der dieser Tätigkeit zu Grunde liegende Vertrag wurde zwischen dem Gebietsleiter und dem Ausländer abgeschlossen, und zwar in der Form, dass der Ausländer eine Vertragsschablone (die sogenannte "Zustellvereinbarung") unterschrieb. Der Vertrag war auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Keineswegs war es so, dass jedem einzelnen Zustellvorgang ein gesonderter Vertrag zu Grunde lag.

 

Die Bezahlung erfolgte monatlich gemäß den vorausbestimmten Tarifen nach Stückzahl. Die Stückzahl wurde seitens des Gebietsleiters der Zentrale bekannt gegeben, die die monatliche Auszahlung des Lohns veranlasste, ohne dass seitens des Ausländers eine Rechnungslegung erfolgt wäre.

 

Über eine eigene Betriebsstätte verfügte der Ausländer nicht. Das einzige Betriebsmittel war ein (von einem Freund geborgter) Pkw.

 

Eine selbst bestimmte Vertretung des Ausländers gab es nicht. Vielmehr sorgte das Unternehmen im Fall der Verhinderung mittels Springern für die Versorgung des Rayons.

 

Ein Konkurrenzverbot bestand nicht. Der Ausländer war gleichzeitig für ein anderes Unternehmen tätig.

 

Für die Versicherung (nach dem GSVG) hatte der Ausländer selbst zu sorgen.

 

Eine Kontrolle erfolgte zumindest insofern, als bei Reklamationen seitens der Kunden (die bei Zustellmängeln von Tageszeitungen in hohem Ausmaß wenn nicht sogar so gut wie lückenlos zu erwarten sind) eine Verständigung des Ausländers mittels des täglichen Adresszettels erfolgte.

 

Bei der rechtlichen Beurteilung ist davon auszugehen, dass es sich bei der gegenständlichen Tätigkeit um einfache, keine Fachkenntnisse erfordernde, im unmittelbaren Zeitablauf zu erbringende wiederkehrende Handlungsabläufe (Hilfsarbeiten) handelt, deren Eignung, Gegenstand eines Werkvertrags zu sein, von vornherein in Frage steht (vgl. dazu allgemein zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.3.2009, Zl. 2009/09/0039).

 

Auch unter Zugrundelegung der Zustellvereinbarung ist nicht ersichtlich, worin das Werk im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bestehen könnte; vgl. statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15.5.2009, Zl. 2008/09/0121: "Ein Werkvertrag liegt nach ständiger hg. Rechtsprechung vor, wenn die Verpflichtung zur Herstellung eines Werkes gegen Entgelt besteht, wobei es sich um eine im Vertrag individualisierte und konkretisierte Leistung, also eine in sich geschlossene Einheit handeln muss. Die Verpflichtung aus einem Werkvertrag besteht darin, die genau umrissene Leistung (in der Regel bis zu einem bestimmten Termin) zu erbringen. Das Interesse des Bestellers bzw. die Vertragsverpflichtung des Werkunternehmers sind auf das Endprodukt als solches gerichtet. Für einen Werkvertrag essenziell ist ein 'gewährleistungstauglicher' Erfolg der Tätigkeit, nach welchem die für den Werkvertrag typischen Gewährleistungsansprüche bei Nichtherstellung oder mangelhafter Herstellung des Werks beurteilt werden können. Mit der Erbringung der Leistung endet das Werkvertragsverhältnis. Eine zwar leistungsbezogene, nicht aber erfolgsbezogene Entlohnung spricht gegen das Vorliegen eines Werkvertrages. Wenn ein dauerndes Bemühen geschuldet wird, das bei Erreichen eines angestrebten 'Ziels' auch kein Ende findet, spricht dies ebenfalls gegen einen Werkvertrag ..." Mangels eines Werks kann gegenständlich auch nicht von einer relevanten Haftung ausgegangen werden ("ohne Werk keine Haftung" – vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 11.5.2009, Zl. 2008/09/0121).

 

Mangels Werks scheidet die Qualifikation als Zielschuldverhältnis aus. Es liegt vielmehr ein (durch die Zustellvereinbarung) begründetes Dauerschuldverhältnis (und nicht bloß eine einmalige Leistungserbringung) vor, die Tätigkeit war auf Regelmäßigkeit und Dauer angelegt. Dementsprechend erfolgte die Entlohnung in Zeitabschnitten (monatlich), wobei die Stückzahl ebenso einseitig festgesetzt war wie die Tarife.

 

Es lag eine intensive organisatorische Eingliederung in die Betriebsorganisation des Unternehmens vor: Zeit, Ort und Art der Tätigkeit waren vorgegeben. Diese Vorgaben ließen keinen Raum für unternehmerische Entscheidungsfreiheit. Derart dichte organisatorische Vorgaben einer einfachen Tätigkeit kommen materiell einer Weisungsbindung gleich, zumal auch (über die Reklamationen) von einer effektiven Kontrolle auszugehen ist.

 

Der Auftragnehmer benötigte (mit Ausnahme des Pkw) keine eigenen Betriebsmittel und wurde im Übrigen mit Arbeitsmitteln des Unternehmers (Zeitungen) tätig.

 

Die Leistungserbringung erfolgte persönlich, die Organisation der Vertretung im Verhinderungsfall erfolgte durch das Unternehmen.

 

Die Arbeitsleistung kam dem Unternehmen zugute und zwar auf dieselbe Weise wie bei Abschluss eines "formellen" Dienstverhältnisses, allerdings mit dem Unterschied größerer Kostengünstigkeit.

 

Ein Konkurrenzverbot gab es nicht, andererseits wurde der Ausländer nicht für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmer tätig.

 

Wägt man diese Umstände nach der Methode des beweglichen Systems (vgl. dazu zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.9.2009, Zl. 2009/09/0150) ab, so ist von wirtschaftlicher Unselbstständigkeit, mithin von Arbeitnehmerähnlichkeit und somit von einer Beschäftigung im Sinne des AuslBG auszugehen.

 

Hingewiesen sei darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "formale" Umstände wie die sozialversicherungsrechtliche und steuerrechtliche Gestaltung der Annahme der Beschäftigung nicht entgegen stehen (vgl. zB das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.12.2009, Zl. 2008/09/0048).

 

Zu betonen ist, dass die Tätigkeit von Zeitungsausträgern und Werbemittelverteilern in ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes als arbeitnehmerähnlich qualifiziert wird (vgl. exemplarisch die Erkenntnisse vom 25.3.2010, Zl. 2007/09/0261, vom 10.12.2009, Zl. 2007/09/0259, vom 15.5.2009, Zl. 2007/09/0168, vom 24.3.2009, Zl. 2008/09/0082, vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0291, vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0105 und vom 22.2.2006, Zl. 2002/09/0187, jeweils m.w.N. zur Vorjudikatur.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Insoweit sich der Bw auf fehlendes Verschulden mangels Rechtskenntnis beruft, ist ihm das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 16.12.2008, Zl. 2008/09/0105 entgegenzuhalten: "Soweit der Beschwerdeführer sich überdies mit unverschuldeter Rechtsunkenntnis verantwortet und vorbringt, dass ihm kein Verschulden und nicht einmal leichte Fahrlässigkeit angelastet werden könne, da er sich sehr wohl über die Rechtslage bezüglich der Beauftragung von Ausländern mit Zeitungszustellungen informiert habe, und dazu auf die eingeholte Rechtsmeinung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales verweist, wonach Personen, die auf Basis derartiger Rahmenverträge tätig seien, nicht der Bewilligungspflicht nach dem AuslBG unterliegen würden, ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:

Bestehen über den Inhalt der Verwaltungsvorschrift Zweifel, dann hätte seitens der ... als (möglicher) Arbeitgeber einer ausländischen Arbeitskraft die Verpflichtung bestanden, vor Abschluss der gegenständlichen Verträge hierüber bei der zuständigen Behörde Auskunft einzuholen; hat sie dies unterlassen, so vermag die Unkenntnis dieser Vorschrift sie nicht von ihrer Schuld zu befreien, die sich der Beschwerdeführer als gemäß § 9 Abs.2 VStG verantwortlicher Beauftragter der ... zurechnen lassen muss. Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zu ähnlich gelagerten Fällen entschieden hat, darf sich der (mögliche) Arbeitgeber auf die Auskunft von Rechtsanwälten oder Wirtschaftstreuhändern allein nicht verlassen, sondern er hätte eine Anfrage an die zuständige Behörde, nämlich an die zuständige Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, richten müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23.11.2005, Zl. 2004/09/0168, mwN); dasselbe gilt im vorliegenden Fall hinsichtlich des Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dass er eine solche Anfrage an die zuständige Behörde getan hätte, hat der Beschwerdeführer nicht behauptet. Auch die weitere Berufung auf ... ein hg. Erkenntnis aus dem Jahr 2000, wozu der Bw nicht einmal darzutun vermag, warum er nicht die aktuelle, ständige hg. Judikatur herangezogen hat, geht somit ins Leere."

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist festzuhalten, dass der erste Strafsatz des § 28 Abs.1 AuslBG zur Anwendung kommt (1.000 Euro bis 10.000 Euro). Es wurde also die gesetzliche Mindestgeldstrafe und eine entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe im angefochtenen Straferkenntnis verhängt. Die gesetzliche Mindestgeldstrafe könnte auch bei ungünstigen finanziellen Verhältnissen des Bw nicht unterschritten werden. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht ersichtlich. Die (im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin bereits im Rahmen der Anwendung des § 19 VStG berücksichtigte) Unbescholtenheit reicht dafür nicht aus. Die Tat bleibt auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG gerechtfertigt sein könnte. Insbesondere ist der Schuldgehalt der Tat nicht als geringfügig einzustufen, ist doch, selbst wenn man von Fahrlässigkeit im Hinblick auf eine rechtliche Unsicherheit des Bw ausgeht, der Sorgfaltsmangel (Nichteinholung der Rechtsauskunft bei der zuständigen Behörde) infolge der zur Tatzeit schon über lange Zeit gefestigten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gravierend.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

Beachte:

Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgewiesen.

VwGH vom 24.03.2011, Zl.: 2011/09/0029-3

 

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