Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-120072/44/Br/Th

Linz, 26.01.2011

Geschäftszeichen:                                                                                                                                                                          Datum:

VwSen-120072/44/Br/Th                                   Linz, am 26. Jänner 2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer (Vorsitzende: Maga. Bissenberger, Berichter: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Keinberger) über die Berufung des Herrn X, gegen Punkt 2) des Straferkenntnisses des Bezirkshauptmanns von Grieskirchen vom 22.1.2008, VerkR96-7679-2007, nach der am 6. August 2008 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nach dem Urteil des EuGH v. 25.1.2011, GZ: C-382/08, zu Recht:

 

 

I.     Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 2) behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß
§ 45 Abs.1 Z1 VStG eingestellt.

II.   Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I:   §§  66 Abs.4 Allgemeines Verwal­tungs­verfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm. §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51e Abs.1 und 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG;

zu II: § 66 Abs.1 VStG;

 

 

Begründung:

 

1. Wider den Rechtsmittelwerber wurde von der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen im Punkt 2.) des Straferkenntnisses vom 22. Jänner 2008, AZ.: VerkR96-7679-2007, eine Geldstrafe von 3.630 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit 181 Tagen Ersatzfreiheitsstrafe ausgesprochen.

Ihm wurde u.a. zur Last gelegt, er habe am 19. Juni 2007 um 19:08 Uhr, in X, von einem Wiesenstück im Ortschaftsbereich X mit dem Heißluftballon mit dem Eintragungszeichen, X, im gewerblichen Luftverkehr Fluggäste mit einem Luftfahrzeug ohne Motorantrieb ohne Beförderungsbewilligung gemäß §§ 104 ff Luftfahrtgesetz und ohne Betriebsaufnahmebewilligung gemäß § 108 Luftfahrtgesetz befördert.

 

 

1.1. Die Behörde erster Instanz begründete den Schuldspruch mit folgenden Ausführungen: 

Die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen sind aufgrund der Anzeige der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Sparte Transport und Verkehr, Hessenplatz 3, 4020 Linz, vom 20.07.2007, sowie des Berichtes des Detektivbüros VT-Investigation, X, vom 22.06.2007 als erwiesen anzusehen.

Demnach wurde das genannte Detektivbüro mit der Überprüfung beauftragt, ob die Hinweise OÖ. Luftfahrtunternehmer, wonach Ihrerseits gewerbliche Ballonfahrten in Oberösterreich ohne die notwendigen luftfahrtrechtlichen Bewilligungen durchgeführt werden, den Tatsachen entsprechen.

 

Laut Bericht des oben angeführten Detektivbüros vom 22.06.2007 wurde von Hrn. X, Betreiber eines Ballonfahrtunternehmens in Österreich, eine Ballonfahrt organisiert und diese von

Ihnen am 19.06.2007 mit 6 mitfahrenden Personen durchgeführt. Unter diesen 6 Personen befanden sich auch zwei Bekannte des mit der Überprüfung beauftragten Detektivbüros, nämlich

Herr X sowie Herr X, beide X.

Als Treffpunkt wurde ein Parkplatz in der Gemeinde X vereinbart. Von dort ging es

zum eigentlichen Startplatz, einem freien Wiesenstück im Ortschaftsbereich Wies.

Der mitgeführte Ballon mit dem Kennzeichen X wurde sodann unter Mithilfe der Mitfahrer aufgebreitet und aufgeblasen.

Um 19.08 Uhr erfolgte sodann der Start und gegen 20.25 Uhr die Landung auf einem Wiesenstück eines Bauernhofes in Grieskirchen.

Nach der Landung wurde der Ballon unter Mithilfe der Mitfahrer zusammengelegt und fand sodann die sogenannte "Ballonfahrertaufe" statt.

Gegen 21.00 Uhr wies sich das Organ des Detektivbüros Ihnen gegenüber als Ermittlungsorgan der Wirtschaftskammer aus und stellte bei der anschließenden Kontrolle fest, das bei dieser Fahrt von Ihnen nur eine Flügelmappe mit der Aufschrift "Handbuch", ein Prüfschein des Luftfahrt-Bundesamtes Passau vom Dezember 2006, der Zulassungsschein für den Ballon vom 05.01.2004 sowie ein Versicherungsschein der Allianz-Versicherung mitgeführt wurde. Weitere Unterlagen wie Pilotenschein, Gewerbeberechtigung, Abflugsgenehmigung wurden von Ihnen nicht mitgeführt. Diese Unterlagen würden laut Ihrer Aussage zu Hause in Passau liegen. Weiters gaben Sie an, über eine internationale Abfluggenehmigung zu verfügen, welche Sie jedoch nur bei Durchführung einer gewerblichen Ballonfahrt benötigen würden. Da es sich bei der geschilderten Ballonfahrt jedoch um eine Privatfahrt handle, wäre diese Abfluggenehmigung nicht notwendig.

Auf die ausdrückliche Frage des Organs des Detektivbüros, ob die mitfahrenden Personen für die ggstdl. Ballonfahrt tatsächlich nichts bezahlen müssten, gaben Sie erneut an, dass es sich um eine Privatfahrt gehandelt habe und Sie dafür nichts verlangen würden.

Laut Bericht des Detektivbüros wurde jedoch von Hrn. X, der die Fahrt organisiert hatte und auch mitgefahren war, für 6 mitfahrende Personen ein Betrag von je 160 Euro an Sie ausbezahlt. Dies wurde auch von den mitfahrenden X und X bestätigt.

 

Es steht somit fest, dass es sich bei gegenständlicher Ballonfahrt um keine Privatfahrt, bei der von mitfahrenden Personen keine Bezahlung verlangt wurde, gehandelt hat, sondern um eine Beförderung von Personen im gewerblichen Luftverkehr.

 

Außerdem steht fest, dass Sie am 19.06.2007 zum Zeitpunkt des Außenabfluges außerhalb eines Flugplatzes nicht im Besitz einer Außenabflugbewilligung des Landeshauptmannes für Oberösterreich waren, da die inzwischen erteilte Außenabflugbewilligung für Heißluftballonstarts für das Bundesland Oberösterreich vom 7. August 2007, VerkR-830.242/1-2007-P, zum Zeitpunkt des gegenständlichen Ballonstarts noch nicht gültig war.

Gem. § 9 Abs.2 Luftfahrtgesetz dürfen Abflüge und Landungen außerhalb eines Flugplatzes (Außenabflüge und Außenlandungen), soweit es sich um Zivilluftfahrzeuge handelt, nur mit Bewilligung des Landeshauptmannes durchgeführt werden. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn öffentliche Interessen nicht entgegenstehen oder ein am Außenabflug oder an der Außenlandung bestehendes öffentliches Interesse ein allenfalls entgegenstehendes öffentliches Interesse überwiegt. Die Bewilligung ist befristet und, insoweit dies zur Wahrung der öffentlichen Interessen erforderlich ist, mit Bedingungen und Auflagen zu erteilen. Sie ist unverzüglich zu widerrufen, wenn eine der Voraussetzungen, die zu ihrer Erteilung geführt haben, nicht oder nicht mehr vorliegt oder gegen Auflagen verstoßen wurde.

 

Gem. § 102 Abs.1 Luftfahrtgesetz haben Unternehmen, die im gewerblichen Luftverkehr Fluggäste, Post und/oder Fracht mit Luftfahrzeugen ohne Motorantrieb oder mit ultraleichten Motorflugzeugen befördern oder ausschließlich Rundflüge, mit denen keine Beförderung zwischen verschiedenen Flugplätzen verbunden ist, durchführen wollen, beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie oder bei einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b zuständigen Behörde eine Beförderungsbewilligung gemäß den §§ 104 ff. und eine Betriebsaufnahmebewilligung gemäß § 108 zu beantragen.

 

Gem. § 169 Abs.1 Z.1 Luftfahrtgesetz begeht, wer diesem Bundesgesetz, zuwiderhandelt oder zuwiderzuhandeln versucht, wenn nicht ein gerichtlich strafbarer Tatbestand vorliegt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 22 000 Euro zu bestrafen. Liegen erschwerende Umstände vor, so kann neben einer Geldstrafe auch eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen verhängt werden. Eine nach denselben Grundsätzen zu bestrafende Verwaltungsübertretung liegt auch vor, wenn ein Luftverkehrsunternehmen oder ein Zivilflugplatzhalter ein den Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 zur Festlegung gemeinsamer Vorschriften für die Sicherheit in der Zivilluftfahrt, ABl. Nr. L 355 vom 30.12.2002 S. 1, entsprechendes Sicherheitsprogramm nicht erstellt, nicht zur Genehmigung vorlegt oder nicht durchführt, oder wenn ein bekannter Versender seinen gemäß der Verordnung (EG) Nr. 2320/2002 abgegebenen Erklärungen und schriftlichen Bestätigungen nicht nachkommt.

In Fällen der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen ohne die nach §102 erforderlichen Bewilligungen ist eine Geldstrafe von mindestens 3 630 Euro zu verhängen.

 

Aufgrund des ob. Sachverhaltes steht für die erkennende Behörde fest, dass Sie die zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen gesetzt haben. Es war daher spruchgemäß zu erkennen.

 

Die verhängten Geldstrafen bewegen sich im untersten Bereich der gesetzlichen Vorgaben und erscheinen geeignet, um Sie in Zukunft von gleichen oder gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

Als mildernde wurde Ihre bisherige Unbescholtenheit bei der hs. Verwaltungsbehörde gewertet. Bei der Strafbemessung wurden auch Ihre Einkommens- Vermögens- und Familienverhältnisse (kein Vermögen, Sorgepflicht für Gattin und 2 Kinder) berücksichtigt. Hiezu wird bemerkt, dass diese Angaben aufgrund einer behördlichen Schätzung erfolgten, da Sie hiezu innerhalb der gesetzten Frist keine Angaben gemacht haben.

 

Das Verwaltungsstrafverfahren wurde ohne Ihre Anhörung abgeschlossen, da Sie von der Möglichkeit der Stellungnahme laut nachweislich zugestellter Aufforderung zur Rechtfertigung vom 16.10.2007 - von Ihnen nicht behoben - keine Gebrauch gemacht haben.“

 

 

1.2. Dem Tatvorwurf tritt hier der Rechtsmittelwerber mit den nachfolgenden Berufungsausführung entgegen:

"1. Stellungnahme - Verwaltungsverfahren:

Die Zustellung X ist nicht Firmensitz, siehe Handelsregister, daher gelang das Schreiben nicht an mich persönlich zur Möglichkeit der Stellungnahme zum Verwaltungsverfahren.

2.Organisation einer Straftat:

Sollte der Ballonstart am 19. Juni 2007 eine Straftat darstellen, ist festzustellen, dass sie gezielt von den Organisatoren dieser herbeigeführt worden ist und somit diese Mittäter sind. Außerdem ist festzustellen, dass es einen von Ihnen genannten Organisator dieser Ballonfahrt, nämlich Herrn X - Betereiber eines Ballonfahrtunternehmens gar nicht gibt.

3.Außenstarterlaubnis, Beförderungsbewilligung und Betriebsaufnahmebewilligung in Österreich:

Allein durch die Grundfreiheiten in der EU kann es Nicht möglich sein, dass ein in Deutschland genehmigtes Luftfahrtunternehmen in Österreich nicht tätig werden darf!

Neufassung des Luftverkehrgesetzes (EU-Luftrecht).

Vor der Fahrt am 19. Juni 2007 ist das Luftrecht auf EU Luftrecht abgeändert worden und besagt eindeutig die gegenseitige Anerkennung und Harmonisierung in der Luftfahrt (Luftrecht § 20 bzw. § 25 Absatz 2 Punkt l). Es gibt Kollegen ihrerseits, die der selben Ansicht sind.

4. In umgekehrter Weise ist es für österreichische Ballonunternehmen mit ihren Genehmigungen kein Problem gewerbliche Ballonfahrten in Deutschland durchzuführen. Auskunft erteilt das Luftamt Südbayern. Überrascht sind außerdem diesbezüglich vertraute Personen der X über das Verhalten der österreichischen Behörden.

5. Fraglich ist auch die mir von der Wirtschaftskammer angedrohte Klage auf unlauteren Wettbewerb von österreichischen Luftfahrtunternehmen, bzw. die Anzeige am Finanzamt bezüglich Umsatzsteuer. Es kann nicht sein, dass diese Uneinheitlichkeiten und Nichtanpassungsfähigkeiten innerhalb der EU auf den Rücken des Unternehmens ausgetragen werden.

Vielmehr wäre zu prüfen, ob in Österreich tätige private Ballonfahrer mit teilweise gesponserten Ballonen und Fahrpreisen von bis zu 300.-€ pro Person, sich noch im Bereich der Selbstkosten befinden. Der hohe Fahrpreis dürfte zudem der Hauptgrund für das Interesse der österreichischen Bevölkerung an Ballonfahrten mit deutschen Unternehmen sein. Bei einer gewissen Anpassung wäre das Problem ohnehin gelöst.

Der Fahrpreis in Deutschland (privat) ist mit gesetzlichen Vorschriften gekoppelt und führt zwangsläufig zu einem niedrigeren Fahrpreis, was in Österreich ebenfalls so sein dürfte.

6.    Außerdem möchte ich noch darauf hinweisen, dass letztendlich die Gesetze der ICAO als oberste Internationale Luftfahrtbehörde zu beachten sind. In Betracht zu ziehen sind auch die Vorschriftensammlung „Recht der Luftfahrt" von Prof. Dr. Jur. X und Dr. X.

7.    Abschließend noch zur Info: Bereits 2001 besteht Kontakt mit den zuständigen
Behörden bezüglich gewerblichen Ballonfahren in Österreich. Leider mussten wir
feststeilen, dass anscheinend die Lobby der österreichischen Ballonfahrer größer ist als die
Interessen von Unternehmen aus der EU. Der Umgang mancher Personen mit uns gleicht einer gezielten Diskriminierung. Als Beispiel dient ein Fax einer in Österreich zuständigen Person, der eine wieder mal Verzögerung mit den Worten (Zitat): „ ...Urlaub war, ich bin ein fauler Hund -aber unsere Ministeriumsdame ist auch Schuld, dass sich die Dinge verzögert haben" entschuldigt.

8. Einstellung des Verfahrens Der fristgerechte Einspruch (siehe Poststempel) ist hiermit erfolgt, die Verfügung vom 22.01.2008 ist sofort aufzuheben und sämtliche Verfahren gegen mich sind einzustellen."

 

 

3. Die belangte Behörde hat den Verfahrensakt am 20.8.2008 dem Unabhängige Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Zu Punkt 1.) wurde anlässlich der Berufungsverhandlung die Berufung  zurück gezogen.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde, die Beischaffung ergänzender Beweismaterialien und deren Erörterung anlässlich der gemäß § 51e Abs.1 VStG durchzuführenden  öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung in Verbindung mit der Einvernahme des persönlich daran teilnehmenden Rechtsmittelwerber.

 

3.2. Da im Punkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat durch die nach der Geschäftsverteilung zuständigen I. Kammer zur Entscheidung berufen (§ 51c VStG).

Zu Punkt 1) wurde anlässlich der Berufungsverhandlung das Rechtsmittel zurück gezogen.

 

 

4. Der Berufungsentscheidung liegt nun folgender Sachverhalt zu Grunde:

Wie schon aus dem Verfahrensakt hervorgeht, wurde laut Bericht eines beauftragten Detektivbüros vom 22.6.2007 der Rechtsmittelwerber bereits seit dem Jahr 2006 hinsichtlich von ihm durchgeführter gewerblicher Ballonfahrten vom österreichischem Hoheitsgebiet aus observiert.  Dies im Auftrag von österreichischen Mitbewerbern, die den Rechtsmittelwerber auch zu dieser Fahrt veranlasst haben.

Im Anschluss an diese Fahrt mit anschließend traditioneller Ballonfahrertaufe wurde der Rechtsmittelwerber von einem vorweg über diese Fahrt und Vorgehensweise offenbar informierten Ermittlungsorgan der Oö.  Wirtschaftskammer zur Anzeige gebracht. Diese Anzeige führte schließlich zu diesem Verwaltungsstrafverfahren.

 

Gemäß dem Schreiben der Wirtschaftskammer an das Amt der Oö. Landesregierung vom 20.7.2007 kann es als evident gelten, dass hier durch ein von der Wirtschaftsammer unterstütztes organisiertes Vorgehen ein   Konkurrent  und Mitbewerber aus dem grenznahen Deutschland von diesem Marktsegment fern gehalten werden soll. Die Ausführung in diesem Schreiben, wonach der Rechtsmittelwerber über "keinerlei luftfahrtrechtliche Bewilligung" in Österreich verfüge, verschweigt die offenkundig dazu bestehende Qualifikation auf Grund der in Deutschland erteilten Berechtigung.

Im Zuge der Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde ergänzend festgestellt, dass dem Rechtsmittelwerber für das Jahr 2008 vom Landeshauptmann als für diesen Bereich zuständige Luftfahrtbehörde erster Instanz eine für ganz Oberösterreich gültige generelle Außenstartbewilligung iSd § 9 Luftfahrtgesetz erteilt wurde. Dies erweckte zumindest den Anschein, dass diese Behörde von der Gültigkeit der dem Rechtsmittelwerber von seinem Herkunftsland (Deutschland) erteilten Bewilligung ausgegangen sein dürfte.

Die gegensätzliche Meinung schient wiederum der Bundesminister für Verkehr mit seinem Schreiben vom 24.8.2007 an die nach dem Vorfallsort zuständige Verwaltungsstrafbehörde (Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen) zu vertreten. Darin ist die Rede vom Einsatz "eines (aus Sicht des Bundesministers) nicht zugelassenen Luftfahrzeuges und der unbefugten Gewerbsausübung.“

Gleichzeitig könnte dieses dem zuständigen Bundesminister als oberstes Organ der Verwaltung zuzurechnende Schreiben durchaus auch als Weisung zur Bestrafung an eine nachgeordnete Behörde interpretiert worden sein. Dies insbesondere deshalb weil darin  "die allfällige weitere Veranlassung i.S.d. § 169 Luftfahrtgesetz" explizit zum Ausdruck gebracht wurde.

 

4.1. Im Zuge der Berufungsverhandlung stellt der Rechtsmittelwerber ergänzend klar, dass er für diese Ballonfahrt engagiert und hiefür ein Entgelt pro Person von 160 Euro vereinbart worden sei. Von den Auftraggebern sei der Startort in der Nähe von X in Oberösterreich vorgegeben gewesen. Dorthin habe sich der Rechtsmittelwerber auftragsgemäß begeben und die zur Anzeige führende Ballonfahrt durchgeführt.

Der Rechtsmittelwerber legte im Zuge der Berufungsverhandlung ein Schreiben der Wirtschaftskammer f. Oberösterreich vom 11.6.2008  vor, worin – im Gegensatz zu dem diesen Strafverfahren zu Grunde liegenden Standpunkt -   von der Firma X Ballonfahrt GmbH, dessen Geschäftsführer der Rechtsmittelwerber ist, eine sogenannte Grundumlage für das Jahr 2007 in der Höhe von 80 Euro und für das Jahr 2008 in der Höhe von 200 Euro eingefordert worden sei. Dies dezidiert unter Hinweis auf seine (deutsche) Gewerbeberechtigung.

Diese Forderung würde nach Auffassung des Rechtsmittelwerbers in diametralen Widerspruch zu der hier von eben dieser Wirtschaftskammer unter hohem Ermittlungsaufwand betriebenen Anzeige zwecks Einleitung des hier zu beurteilenden Verwaltungsstrafverfahrens stehen.

Offenbar bestünden laut Rechtsmittelwerber in diesem Fall unter den damit befassten Behörden u. Institutionen über die Rechtslage diametrale Auffassungsunterschiede.

 

Im Rahmen seiner Anhörung machte der Rechtsmittelwerber dem Unabhängigen Verwaltungssenat  gegenüber glaubhaft, dass er sich auch um die österreichische Anerkennung der ihm in Deutschland erteilten Beförderungsbewilligung mit Ballonen im gewerblichen Luftverkehr "von Personen und Sachen" bemühte, was ihm jedoch an den österreichischen Vorgaben, insbesondere der Notwendigkeit der Begründung einer Niederlassung und der Registrierung der Ballone in Österreich, nicht realistisch schien.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat erachtet den Bewilligungsinhalt der dem Rechtsmittelwerber in Bayern erteilten Berechtigung mit den österreichischen Bewilligungsvoraussetzungen gleichwertig.

Der Rechtsmittelwerber verdeutlichte insbesondere sehr illustrativ, dass die Aktion des Detektivbüros, welches bereits lange vor dieser Anzeige gegen ihn ermittelt hat, einzig und allein darauf gerichtet war, ihn vom österreichischen Markt zu verdrängen bzw. ihm diesen Zugang unmöglich zu machen. Auch darin konnte ihm gefolgt werden.

 

 

4.2.  Ausführungen zur bestehenden Bewilligung:

Dem Luftfahrtunternehmen "X Ballonfahrt GesmbH" mit Sitz in X, X, wurde am 15.4.2003 mit der LizenzNr. X, von der Regierung von Oberbayern eine Betriebsgenehmigung erteilt, von der auch der hier verfahrensgegenständliche Heißluftballon mit umfasst. Der Rechtsmittelweber ist als Geschäftsführer das vertretungsbefugte Organ der Bewilligungsinhaberin.

Dem Rechtsmittelwerber wurde mit Bescheid der Regierung von Oberbayern, vom 8.3.1999, Zl. 315.3,  ad personam die Erlaubnis zur Durchführung von Außenstarts mit bemannten Freiballonen an vorher nicht festgelegten Orten außerhalb von dicht besiedelten Gebieten erteilt.

In dieser Erlaubnis sind in weitere Folge detaillierte Auflagen hinsichtlich die Durchführung der Ballonsfahrten und die Beschaffenheit des Gerätes festgelegt.

Auf Grund des Ergebnisses des Beweisverfahrens ging die zur Entscheidung berufene Kammer von der Einhaltung dieser Auflagen im Rahmen der hier verfahrensgegenständlichen Ballonfahrt aus.

Es fand sich kein Anhaltspunkt, dass ein österreichischer Bewilligungswerber  höhere Standards zu erfüllen hätte als die dem Rechtsmittelwerber mit seiner Bewilligung auferlegt sind. Der Rechtsmittelwerber vertrat seinen Standpunkt überzeugend, sodass an der Richtigkeit seiner Darstellungen keine Zweifel bestehen.

 

 

4.3. Vor diesem Hintergrund trug der Unabhängige Verwaltungssenat am 19.8.2008, gestützt auf Art. 49, Art 234 EG Fragen an den EuGH heran (Vorlageantrag); das Verfahren wurde nach § 38a AVG vorläufig ausgesetzt.

1.  Sind die Art. 49 ff. EG dahin gehend auszulegen, dass sie einer nationalen Norm entgegenstehen, die für eine in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassene Person, die über eine nach dessen Rechtsordnung erteilte Bewilligung zur Durchführung gewerblicher Ballonfahrten in Deutschland verfügt, für die Durchführung von Ballonfahrten in Österreich den Sitz oder Wohnsitz im Inland fordert (§ 6 LFG)?

2.  Sind die Art. 49 ff. EG dahin gehend auszulegen, dass diesen eine nationale Norm entgegensteht, wonach ein in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassener und nach dessen Rechtsordnung anerkannter Bewilligungsinhaber zur Durchführung gewerblicher Ballonfahrten für die Durchführung von Ballonfahrten in einem anderen Mitgliedstaat eine weitere Bewilligung zu erwirken hätte, deren Prüferfordernisse im Ergebnis inhaltsgleich mit der ihm im Herkunftsland bereits verliehenen Bewilligung sind, jedoch mit der zusätzlichen Voraussetzung, dass der Antragsteller seinen Sitz oder Wohnsitz im Inland (hier in Österreich) hat?

3.  Stehen die Regelungen des § 102 in Verbindung mit den §§ 104 und 106 LFG dem Art. 49 EG entgegen, wenn der in Deutschland niedergelassene Bewilligungsinhaber in Ausübung seiner Bewilligung in Österreich verwaltungsstrafrechtlich belangt und ihm dadurch der Zugang zum Markt verwehrt wird? Dies vor dem Hintergrund, dass nach § 106 Abs. 1 LFG eine derartige Bewilligung und Betriebsaufnahmebewilligung ohne Gründung einer gesonderten Niederlassung und/oder eines Wohnsitzes und ohne österreichische Umregistrierung eines bereits in Deutschland registrierten Heißluftballons nicht erlangt werden kann?

 

 

5. Hingewiesen wurde darin auf nachfolgenden einschlägigen österreichischen Rechtsvorschriften:

Ballon = Luftfahrzeug iSd § 11 Abs.1 Luftfahrtgesetz; für den gewerblichen Flugbetrieb ist nach § 102 Abs.1 Luftfahrtgesetz eine  Bewilligung nötig. Bewilligungsvoraussetzungen sind nach § 106 Abs.1 LUFTFAHRTGESETZ u.a. Sitz/Wohnsitz in Österreich, Gewährleistung der Sicherheit des Betriebes und Glaubhaftmachung der finanziellen Leistungsfähigkeit.

 

Nach § 169 Abs.1 des LUFTFAHRTGESETZ ist zu bestrafen, wer u.a.

  1. diesem Bundesgesetz,

  2. den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen,

…….

 es folgen in den  Z3 lit.a bis lit.g u. Z3a taxative Aufzählungen) … nicht nachkommt

 

Gemäß § 169 Abs.1 Z4 ist in Fällen der gewerbsmäßigen Beförderung von Personen ohne die nach § 102 erforderlichen Bewilligungen eine Geldstrafe von mindestens 3.630 Euro zu verhängen. Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die Bezirksverwaltungsbehörde durch Maßnahmen, die für die Einleitung und Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind, zu unterstützen……

 

 

5.1. Kurzdarstellung des Verfahrensausganges beim EuGH:

Der Gerichtshof teilte im Urteil vom 25.1.2011, C-382/08, im Ergebnis die mit dem Vorlageantrag geäußerte h. Rechtsauffassung nach der am 15.6.2010 durchgeführten öffentlichen Anhörung und folgte den Anträgen des Generalanwaltes vom 7.9.2010, der etwa den Punkt 3. der Vorlagefrage so auszulegen anregte, dass (jedenfalls) „verwaltungsrechtliche Sanktionen, die gegenüber einem in einem Mitgliedstaat niedergelassenen Dienstleistungserbringer von gewerblichen Fahrten im Heißluftballon mit der Begründung verhängt wurden, dass dieser Dienstleister nicht über die Beförderungs- und Betriebsaufnahmebewilligungen verfügt, die nach dem nationalen Recht des Mitgliedstaats, in dem die Dienstleistung erbracht wird, erforderlich sind, das deren Erteilung unter Verstoß gegen Art. 54 EG oder gegebenenfalls Art. 12 EG von der Bedingung abhängig macht, dass in diesem Mitgliedstaat ein Geschäfts‑ oder Wohnsitz besteht, unangewandt bleiben müssen.“

 

 

5.2. In Randnummer 32 (folglich kurz Rn) des Urteils verweist der Gerichtshof auf die Vorschriften über die Gleichbehandlung von Inländern und Ausländern, welche nach ständiger Rechtsprechung nicht nur offene Diskriminierungen aufgrund der Staatsangehörigkeit oder – bei Gesellschaften – des Sitzes, sondern auch alle verdeckten Formen der Diskriminierung, die durch die Anwendung anderer Unterscheidungsmerkmale tatsächlich zu dem gleichen Ergebnis führen verbieten (Hinweis auf Urteil vom 27. Oktober 2009, ČEZ, C‑115/08, Slg. 2009, I‑10265, Rn 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).

In Rn 38 des Urteils brachte der Gerichtshof zum Ausdruck, dass eine Regelung eines Mitgliedstaats wie die im Ausgangsverfahren fragliche eine in einem anderen Mitgliedstaat wohnhafte oder niedergelassene Person, die in diesem zweiten Mitgliedstaat Inhaberin einer Bewilligung zur Durchführung gewerblicher Ballonfahrten ist, im ersten Mitgliedstaat eine weitere Bewilligung zu erwirken verpflichte, ohne dass angemessen berücksichtigt wird, dass die Prüferfordernisse im Ergebnis inhaltsgleich mit denen für die Bewilligung sind, die ihr im zweiten Mitgliedstaat bereits verliehen wurde. Auf diese Weise führt eine solche Regelung ein Unterscheidungsmerkmal ein, das in der Praxis zum gleichen Ergebnis führt wie eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit.

In Rn 43 und 44 antwortet der Gerichtshof auf die Vorlagefragen dahingehend, dass sich einerseits  aus dem Vorstehenden ergibt, dass eine Regelung wie die im Ausgangsverfahren fragliche, in Wirklichkeit eine Diskriminierung aufgrund der Staatsangehörigkeit darstellt, die durch die im Fall der Nichtbeachtung dieser Regelung verhängten verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen verstärkt wird und Art. 12 EG einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die für die Durchführung von Ballonfahrten in diesem Mitgliedstaat unter Androhung von verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen im Fall der Nichtbeachtung dieser Regelung

–   verlangt, dass eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft oder niedergelassen ist und in diesem zweiten Mitgliedstaat über eine Bewilligung zur Durchführung gewerblicher Ballonfahrten verfügt, im ersten Mitgliedstaat einen Wohnsitz oder einen Gesellschaftssitz hat, und

–   diese Person verpflichtet, eine weitere Bewilligung zu erwirken, ohne dass angemessen berücksichtigt wird, dass die Prüferfordernisse im Ergebnis inhaltsgleich mit denen für die Bewilligung sind, die ihr im zweiten Mitgliedstaat bereits verliehen wurde.

 

 

5.3. Der Europäische Gerichtshof beantwortete abschließend die Vorlagefragen dahingehend, dass Art. 12 EG einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegen steht, die für die Durchführung von Ballonfahrten in diesem Mitgliedstaat unter Androhung von verwaltungsstrafrechtlichen Sanktionen im Fall der Nichtbeachtung dieser Regelung

–  verlangt, dass eine Person, die in einem anderen Mitgliedstaat wohnhaft oder niedergelassen ist und in diesem zweiten Mitgliedstaat über eine Bewilligung zur Durchführung gewerblicher Ballonfahrten verfügt, im ersten Mitgliedstaat einen Wohnsitz oder einen Gesellschaftssitz hat, und

–  diese Person verpflichtet, eine weitere Bewilligung zu erwirken, ohne dass angemessen berücksichtigt wird, dass die Prüferfordernisse im Ergebnis inhaltsgleich mit denen für die Bewilligung sind, die ihr im zweiten Mitgliedstaat bereits verliehen wurde.

 

6. Vor diesem Hintergrund ist die hier zur Bestrafung führende innerstaatliche Rechtsvorschrift nicht anzuwenden. Diese ist im Lichte des Urteils zu C-382/08 vom 25.1.2011 durch das Gemeinschaftsrecht suspendiert, sodass hier das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs.1 Z1 einzustellen war.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

                          

Gegen  diesen  Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen  ab der  Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof  erhoben werden; diese  muss - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Maga. B i s s e n b e r g e r

 

Beschlagwortung:

Dienstleistungsfreiheit, Konzession bzw. Bewilligung d. Ballonfahrten

 

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