Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252639/3/Sr/Sta

Linz, 24.01.2011

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, geboren am x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 2. November 2010, AZ SV96-51-I-2008, wegen vier Übertretungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) zu Recht erkannt:

 

 

I.     Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als anstelle der vier verhängten Geldstrafen (von insgesamt 1.460 Euro) sowie Ersatzfreiheitsstrafen (von insgesamt 96 Stunden) eine Geldstrafe in der Höhe von 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 130 Stunden festgesetzt werden; im Übrigen wird diese hingegen abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, als in dessen Spruch das Wort "zumindest" zu entfallen hat.

 

II.   Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ermäßigt sich auf 80 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

 

 Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 2. November 2010, AZ SV96-51-I-2008, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 VStG nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma x mit dem Sitz in x welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber die nachfolgend angeführten rumänischen Staatsbürger auf der Baustelle des ehemaligen Gasthofes "x", x, x, zumindest am 29.05.2008 um 11.15 Uhr als Hilfsarbeiter und somit als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit - gegen Entgelt - beschäftigt, obwohl diese nicht vor Arbeitsantritt zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung als Vollbeschäftigte beim zuständigen Sozialversicherungsträger (Oö. Gebietskrankenkasse, Gruberstr. 77, 4020 Linz) angemeldet worden waren und auch nicht von dieser Versicherungspflicht im Sinne des  § 5 ASVG ausgenommen sind:

Herr x, geboren x, wurde zum Kontrollzeitpunkt mit Gartenarbeiten und der Mithilfe bei der Montage einer Stehlaterne beschäftigt, Entgelt: € 20,--, freie Unterkunft, Arbeitszeit seit 27.05.2008 täglich 6-7 Stunden

Herr x, geboren x, wurde zum Kontrollzeitpunkt mit Gartenarbeiten (Zusammenkehren von Schnittresten) beschäftigt, Entgelt: € 20,--, freie Unterkunft, Arbeitszeit seit 27.05.2008 täglich 6-7 Stunden

Herr x, geboren x, wurde zum Kontrollzeitpunkt mit der Montage von Plexiglasscheiben an der Bar beschäftigt, Entgelt: € 20,--, Arbeitszeit seit 27.05.2008 täglich 6-7 Stunden

Herr x, geboren x, wurde zum Kontrollzeitpunkt mit der Montage einer Stehlaterne beschäftigt, Entgelt: € 20,--, Arbeitszeit seit 27.05.2008 täglich 6-7 Stunden

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften – in 4 Fällen – verletzt:

§ 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretungen verhängte die belangte
Behörde über den Bw jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden insgesamt 146 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

Begründend führt die belangte Behörde nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen u.a. aus, dass "im zugehörigen Verwaltungsstrafverfahren nach dem AuslBG" die Berufungen gegen das Straferkenntnis vom 24. November 2008, SV96-51-2008, mit dem unter Punkt I. 3 Geldstrafen gemäß § 3/1 iVm § 28/1/1/a AuslBG von je 1.000 Euro, im NEF je 96 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, sowie unter Punkt II eine Geldstrafe nach § 32a/2, 3 und 4 iVm § 28/1/6 AuslBG von 500 Euro, im NEF 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, vom Oö. Verwaltungssenat mit Erkenntnis vom 10. Februar 2010, VwSen-252003/20/Kü/Sta, dem Grunde nach abgewiesen, jedoch die unter Spruchpunkt I. verhängten Ersatzfreiheitsstrafen auf 34 Stunden, die unter II. ausgesprochene Geldstrafe auf 200 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 15 Stunden, herabgesetzt worden seien.

 

Damit stehe für die belangte Behörde fest, dass der Bw aufgrund der nicht erfolgten Anmeldung der vier Beschäftigten vor Beschäftigungsbeginn eine Übertretung nach § 3 Abs. 1 iVm § 111 ASVG gesetzt habe. Zum Verschulden wurde angemerkt, dass vom Bw als langjährigen Gewerbetreibenden bei Waltenlassen der entsprechender kaufmännischer Sorgfalt jedenfalls erwartet werden könne, dass er die für die Beschäftigung von ausländischen Mitarbeitern geltenden Vorschriften (AuslBG) kenne bzw. sich vor Aufnahme der Beschäftigung von Fremden entsprechend nach diesen erkundige und diese auch einhalte. Dies treffe ebenso auf die seit dem 1. Jänner 2008 geltenden – verschärften – sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen für die Beschäftigung von Dienstnehmern zu.

 

Mildern sei die kurze Zeit der unangemeldeten Beschäftigung der angeführten Dienstnehmer gewertet worden. Die belangte Behörde habe daher in Hinsicht auf die geschilderten Umstände eine Geldstrafe in der Höhe von 365 Euro je Dienstnehmer als dem Unrechtsgehalt des Verstoßes und seiner Schuld für angemessen und ausreichend angesehen, um ihn von weiteren gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten.

 

2. Gegen dieses dem Bw am 4. November 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, vom nunmehrigen Rechtsvertreter am 11. November 2010 rechtzeitig per E-Mail eingebrachte Berufung, die sich sowohl auf das vorliegende Straferkenntnis als auch auf jenes, dass gegenüber seinem Bruder erlassen worden ist, bezieht.

 

Unter Bezugnahme auf die Erkenntnisse des Oö. Verwaltungssenates vom 10. Februar 2010 geht der Rechtsvertreter davon aus, dass mit dem angefochtenen Straferkenntnis nach ständiger Judikatur und allgemeinen Rechtsgrundsätzen gegen das vorhandene Doppelbestrafungsverbot verstoßen worden sei. Gemäß   § 111 Abs. 2 ASVG seien Ordnungswidrigkeiten nach Abs. 1 als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bilde noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht sei. Da der Bw nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz nach einer höheren Strafdrohung auch zu höheren Geldstrafen verurteilt worden sei und diese auch bezahlt habe, liege ein Fall des § 111 Abs. 2 ASVG vor, sodass die verhängten Geldstrafen unrechtens seien. Das angefochtene Straferkenntnis sei bereits aus diesem Grunde aufzuheben.

 

Selbst wenn man davon ausginge, dass der Bw die entsprechende Verwaltungsstrafbestimmungen verletzt und daher dem Grunde nach Verstöße gegen melderechtliche Vorschriften im Sinne des § 111 ASVG begangen habe, liege insoweit eine Doppelbestrafung vor, als beide Geschäftsführer jeweils zu vier Geldstrafen verurteilt worden seien.

 

Das ASVG sehe keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor. Es komme daher § 5 Abs. 1 VStG zum Tragen. Im Verfahren sei glaubhaft gemacht worden, dass den Bw kein Verschulden treffe. Im Hinblick auf die bereits bezahlten Geldstrafen nach dem AuslBG sei eine weitere Bestrafung nach dem ASVG unverhältnismäßig. Infolge des geringfügigen Verschuldens und der unbedeutenden Folgen der Übertretung sei zwingend § 21 VStG anzuwenden.

In diesem Zusammenhang sei auch beachtlich, dass als Beschäftigungsbeginn der 29. Mai 2008 anzunehmen sei.

 

Abschließend wird die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt; jedenfalls möge das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt werden.

 

Mit Schriftsatz vom 13. Jänner 2011 hat der Rechtsvertreter des Bw den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung zurückgezogen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich mit Vorlageschreiben vom 15. November 2010 die Berufung samt Verwaltungsstrafakt mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die Akten der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, AZ SV96-51-2008 und SV96-51-I-2008, da sich bereits aus diesen der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Bei seiner Entscheidung geht der Unabhängige Verwaltungssenat im Wesentlichen von dem unter den Punkten 1 und 2 dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 4 Abs. 1 Z. 1 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz – ASVG, BGBl. Nr. 189/1955, in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-,
Unfall- und Pensionsversicherung pflichtversichert, wenn nicht bestimmte
Ausnahmen von dieser Vollversicherungspflicht bestehen.

 

Dienstnehmer ist gemäß § 4 Abs. 2 ASVG, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen.

 

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden. Die Unterlassung dieser Meldung ist gemäß § 111 ASVG strafbar.

 

Nach § 111 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 ASVG meldepflichtige Person (Stelle) entgegen den Vorschriften des ASVG u.a. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Eine derartige Ordnungswidrigkeit ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro (bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen), sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 VStG kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln die Geldstrafe bis zu 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Gemäß § 28 Abs. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz – AuslBG, BGBl Nr. 218/1975, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen, wer entgegen § 3 einen Ausländer beschäftigt, für den weder eine Beschäftigungsbewilligung (§§ 4 und 4c) oder Zulassung als Schlüsselkraft (§ 12) erteilt noch eine Anzeigebestätigung (§ 3 Abs. 5) oder eine Arbeitserlaubnis (§ 14a) oder ein Befreiungsschein (§§ 15 und 4c) oder eine „Niederlassungsbewilligung – unbeschränkt“ (§ 8 Abs. 3 Z. 3 NAG) oder ein Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt-EG“ (§ 45 NAG) oder ein Niederlassungsnachweis (§ 24 FrG 1997) ausgestellt wurde; und zwar bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 10.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigten beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2.000 Euro bis zu 20.000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4.000 Euro bis zu 50.000 Euro.

 

4.2. Wie bereits in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses dargelegt, hat der Unabhängige Verwaltungssenat im Erkenntnis vom 10. Februar 2010, VwSen-252003/20/Kü/Sta, festgestellt, dass der Bw zu vertreten habe, dass die in den Spruchpunkten 1 bis 4 genannten Personen in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt am 29. Mai 2008 beschäftigt worden sind.

 

Dem Grunde nach hat der Bw die ihm vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen nicht bestritten. Er vermeint jedoch unter Hinweis auf § 111 Abs. 2 ASVG und der Tatsache, bereits wegen dieser "Tat" nach dem AuslBG bestraft worden zu sein, dass die Ordnungswidrigkeit nach dem ASVG als Verwaltungsübertretung nicht zu bestrafen sei.

 

Bereits ein Blick auf die beiden bezeichneten Normen und die relevanten Sachverhalte zeigt, dass weder von "einer Tat" noch von einer "Doppelbestrafung" gesprochen werden kann. Ohne sich näher mit dem Vorbringen des Bw auseinander zu setzen, ist bereits aus den Tatanlastungen zu ersehen, dass es sich nicht um ein Delikt sondern um zwei Delikte handelt. Wie der rechtskräftigen Entscheidung vom 10. Februar 2010 zu entnehmen ist, wurde der Bw wegen Übertretungen nach dem AuslBG deshalb bestraft, weil er während eines bestimmten Zeitraumes mehrere Ausländer beschäftigt hat, die nicht über die erforderlichen Bewilligungen nach dem AuslBG verfügt haben. Dagegen wird dem Bw im vorliegenden Fall vorgeworfen, dass er diese Personen beschäftigt hat, ohne sie "vor Arbeitsantritt" beim zuständigen Sozialversicherungsträger angemeldet zu haben.

 

Entgegen den Berufungsausführungen kann auch nicht deswegen von einer "Doppelbestrafung" gesprochen werden, weil beide handelsrechtlichen Geschäftsführer der x wegen der sie jeweils persönlich treffenden verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung bestraft worden sind. Nach § 9 VStG ist nicht die juristische Person Beschuldigter, sondern ausschließlich die zu ihrer Vertretung nach außen berufene physische Person. Da im vorliegenden Fall zwei handelsrechtliche Geschäftsführer, die beide zur Vertretung nach außen berufen sind, eingesetzt sind, trifft jeden der beiden Geschäftsführer die volle verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung. Im Hinblick darauf kann nicht einmal ansatzweise auf eine "Doppelbestrafung" abgestellt werden.

 

Im gegenständlichen Fall hat der Bw zu verantworten, dass am 29. Mai 2008 vier Personen beschäftigt wurden, ohne diese vor Arbeitsantritt als Arbeitnehmer zumindest mit den Mindestangaben zur Pflichtversicherung aus der Krankenversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger anzumelden. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass die zeitgleich unterlassene Meldung in vier Fällen vier Verwaltungsübertretungen darstelle. Deshalb hat sie für jede Nichtmeldung der insgesamt vier Beschäftigten jeweils eine Geldstrafe in Höhe von 365 Euro verhängt.

 

Fraglich ist somit, ob nach dem ASVG – gleichermaßen, wie nach dem AuslBG – je nicht gemeldeter Person ein Delikt anzunehmen ist oder die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen ein Delikt bildet und die Anzahl der Beschäftigten im Rahmen der Strafhöhe berücksichtigt werden muss.

 

Nach § 111 Abs. 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs. 3 ASVG Meldungen oder Anzeigen (jeweils Mehrzahl) nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet. Im Abs. 2 dieser Bestimmung ist normiert, dass die Ordnungswidrigkeit (Einzahl) nach Abs. 1 von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen ist und zwar, mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro. Eine Wortinterpretation dieser Bestimmung legt es somit - indem von „Meldungen“ oder „Anzeigen“ in der Mehrzahl gesprochen wird, die allerdings nur eine Ordnungswidrigkeit bilden – nahe, dass die unterlassene Meldung mehrerer gleichzeitig beschäftigter Personen nur ein Delikt darstellt.

 

Eine dem AuslBG vergleichbare Regelung, wonach eine Bestrafung für jeden beschäftigten Ausländer vorgesehen ist – diese Regelung im AuslBG erfolgte gerade in der Absicht, hier eine Mehrfachbestrafung festzulegen (siehe Regierungsvorlage 449 BlgNR. XVII. GP, S. 15) –, findet sich in der Strafbestimmung des § 111 Abs. 1 und 2 ASVG nicht. Auch aus den Erläuterungen zu § 111 ASVG (vgl. dazu 77 BlgNR., XXIII. GP, S. 4) ergibt sich nicht, dass für jede nicht angemeldete Person eine Bestrafung erfolgen soll (in diesem Sinn auch die teleologische Argumentation von Franz Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008, S. 8).

Nach § 113 Abs. 1 Z. 1 ASVG können den in § 111 Abs. 1 leg. cit. genannten Personen Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde. § 113 Abs. 2 ASVG normiert weiters, dass sich im Fall des Abs. 1 Z. 1 der Beitragszuschlag nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen setzt, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf 500 € je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich pauschal auf 800 €.

Der Gesetzgeber gibt insbesondere auch durch die zeitgleiche Neugestaltung der §§ 33, 111 und 113 ASVG deutlich zu erkennen, dass es im Rahmen der Strafbestimmung primär offenbar nicht darauf ankommt, wie viele meldepflichtige Personen nicht zeitgerecht gemeldet wurden. Völlig unzweifelhaft wird § 33 ASVG auch dann übertreten, wenn "bloß" eine pflichtversicherte Person nicht gemeldet wird. Die Anzahl der ungemeldet gebliebenen Pflichtversicherten wird hingegen nach derzeitiger Rechtslage lediglich im Regelungsregime des § 113 schlagend. Zusätzlich zu dem pro Prüfeinsatz einmaligen Grundbetrag von 800 € tritt je nicht gemeldetem Arbeitnehmer ein Zuschlag von 500 € hinzu. Mangels jedweder Hinweise – sei es im Gesetzestext, sei es in den Materialien (siehe EB RV 77 BlgNR 18. GP 4) – kann aus Sicht des Unabhängigen Verwaltungssenates der Gesetzgebung nicht unterstellt werden die Anzahl der ungemeldet gebliebenen Pflichtversicherten mehrfach strafrechtlich sanktionieren zu wollen. Auch in der Literatur finden sich – soweit ersichtlich – nur die Auffassung des Unabhängigen Verwaltungssenates teilende Ansichten (siehe Schrank, Neue Melde- und Sanktionsprobleme im ASVG, ZAS 2008/2, 8).

Die Anzahl der nicht gemeldeten Personen kann/muss jedoch im Rahmen der Strafbemessung gewertet werden. § 111 Abs. 2 ASVG sieht bei erstmaligen
Übertretungen einen – doch bereits recht empfindlichen – Strafrahmen von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall gar einen Strafrahmen von 2.180 € bis zu 5.000 € vor. Mit den zusätzlich zu leistenden Beitragszuschlägen des § 113 ASVG werden die Beitragsinteressen der Versicherungsgemeinschaft damit zweifelsfrei ausreichend gesichert. Nur konsequent scheint in der Folge auch die Normierung eines – deutlich – höheren Strafrahmens für Wiederholungstäter.

 

Der Oö. Verwaltungssenat steht daher wie bisher (vgl. z.B. zuletzt VwSen-252287/2/Gf/Mu vom 27. November 2009) auf dem Standpunkt, dass jedenfalls in jenen Konstellationen, in denen die pflichtwidrige Nichtmeldung der Dienstnehmer objektiv besehen insofern eine Einheit darstellt, als zu einem bestimmten Kontrollzeitpunkt (oder während ein und desselben Tatzeitraumes) mehrere Dienstnehmer, die eine gleichartige (oder notwendig aufeinander abgestimmte) Tätigkeit verrichtet haben, bei demselben Dienstgeber beschäftigt waren, ohne von diesem zuvor beim Sozialversicherungsträger angemeldet worden zu sein, lediglich eine Gesamtstrafe verhängt werden kann. Es ist sohin aus dogmatischer Sicht nicht davon auszugehen, dass in einem derartigen Fall ein und derselbe Tatbestand mehrmals verwirklicht wurde; vielmehr ist das gesetzlich verpönte Unterlassen der Anmeldung lediglich einmal, wenngleich auch in Bezug auf mehrere Dienstnehmer, begangen worden. Wie bereits ausgeführt, stellt letzterer Aspekt einen im Zuge der Strafbemessung gemäß      § 19 VStG zu berücksichtigenden Erschwerungsgrund dar.

 

Dagegen kann eine gesonderte mehrfache Bestrafung nur dann erfolgen, wenn die zuvor genannten Kriterien (selber Kontrollzeitpunkt/Tatzeitraum, gleichartige bzw. notwendig aufeinander abgestimmte Tätigkeit, selber Dienstgeber) nicht kumulativ erfüllt sind.

 

Diese Auslegung lässt sich auch mit dem aus Art. 4 des 7. ZPMRK resultierenden Verbot der Doppelbestrafung, das vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und vom Verfassungsgerichtshof dahin interpretiert wird, dass mehrfache Verfolgungen bzw. Bestrafungen nur dann und insoweit zulässig sind, als sich diese jeweils in den "wesentlichen Elementen" ("essential elements") deutlich voneinander unterscheiden (vgl. jüngst VfGH vom 2. Juli 2009, B 559/08), besser harmonisieren.

 

Sowohl aus der Tatanlastung im Spruch als auch aus der Aktenlage ist eindeutig zu erkennen, dass der Bw seiner Meldeverpflichtung vor dem gleichzeitigen Beschäftigungsbeginn der genannten Personen nicht nachgekommen ist. Die belangte Behörde ist daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass ein und der selbe Tatbestand viermal verwirklicht worden ist.

 

Im Ergebnis steht somit fest, dass der Bw tatbestandsmäßig gehandelt hat. Rechtfertigungsgründe sind nicht hervorgekommen.

 

Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als Verschulden angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH 25. Jänner 2005, 2004/02/0293; vom 17 Dezember 1998, 96/09/0311).

 

Mit den Hinweisen auf die gesonderte Bestrafung nach dem AuslBG und den Ausführungen zur "Doppelbestrafung" konnte der Bw mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen.

Es ist daher auch von einem schuldhaften Verhalten des Bw auszugehen.

 

4.3. Bei der Strafbemessung hat die belangte Behörde keine Umstände als straferschwerend gewertet. Abgesehen davon, dass sie den kurzen Beschäftigungszeitraum als mildernd angeführt hat, hat sie die Unterschreitung der Mindeststrafe um die Hälfte (§ 111 Abs. 2 letzter Satz ASVG) nicht ausdrücklich begründet.

 

Indem die belangte Behörde die Geldstrafen jedoch auf 365 Euro herabgesetzt hat, ist erschließbar davon auszugehen, dass sie das Verschulden als geringfügig und die Folgen als unbedeutend gewertet hat. Dieser Annahme ist auch die mitbeteiligte Partei nicht entgegen getreten.

 

Neben den bereits von der belangten Behörde angeführten Milderungsgründen ist nunmehr auch die lange Verfahrensdauer zu Gunsten des Bw in die Beurteilung mit einzubeziehen.

 

Auch wenn die belangte Behörde keinen Umstand als straferschwerend gewertet hat, trifft dies jedoch nach den vorstehenden Ausführungen deshalb nicht zu, weil sich die Unterlassung der gesetzlichen Meldepflicht auf mehrere Dienstnehmer bezogen hat.

 

Trotz der vorliegenden Milderungsgründe konnte in diesem Fall im Hinblick auf den bestehenden Erschwerungsgrund weder die Mindeststrafe unterschritten noch mit dieser das Auslangen gefunden werden. Nach Abwägung der bereits unbestritten vorliegenden und der neu hinzugekommenen Milderungsgründe sowie des Erschwerungsgrundes waren unter Bedachtnahme auf die besonderen Umstände dieses Falles sowie des general- und spezialpräventiven Zweckes der Spruch neu zu fassen, die vier Spruchpunkte zusammenzuführen und die Geldstrafe mit 800 Euro und im Falle der Uneinbringlichkeit die Ersatzfreiheitsstrafe mit 130 Stunden festzusetzen. Als Ersatzfreiheitsstrafe waren gemäß der durch § 16 Abs. 2 VStG vorgegebenen Relation 130 Stunden vorzusehen.

 

Im Übrigen war die Berufung als unbegründet abzuweisen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe zu bestätigen, dass in dessen Spruch das Wort "zumindest" zu entfallen hat, und zwar deshalb, weil sich ansonsten der Schluss auf einen längeren Tatzeitraum geradezu aufdrängt, der jedoch deshalb absolut unzulässig ist, weil dieser durch keinerlei konkrete Ermittlungsergebnisse gestützt wird.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde in Höhe von 10% der verhängten Geldstrafe, d.s. 80 Euro, vorzuschreiben. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat war kein Kostenbeitrag festzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

 

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