Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-590261/3/WEI/Ba

Linz, 27.01.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des Herrn Mag. pharm. X X, Inhaber der Apotheke X, X, X, vertreten durch Dr. X, Dr. X, Dr. X, Rechtsanwälte in X, X, gegen den Bescheid des Bezirkshauptmanns von Wels-Land vom 27. Oktober 2010, Zl. SanRB 01-60-2009, betreffend Erteilung der Konzession für Frau Mag. pharm. X X (mitbeteiligte Partei) zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in X zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid im Spruchpunkt I insofern abgeändert, als der Konzessionswerberin Mag. pharm. X X die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte in X, X, und der Festlegung des folgenden eingeschränkten Standortes erteilt wird:

 

"Beginnend an der Gemeindegrenze/X – der X nach Osten folgend bis zur X – der X und dann der X folgend bis zur Kreuzung mit der X – diese entlang bis zur X – dieser nach Norden folgend bis zur Gemeindegrenze – dieser nach Westen und dann nach Süden folgend bis zum Ausgangspunkt zurück; sämtliche Straßenzüge beidseitig."

 

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz1991 - AVG; §§ 9, 10, 51 Abs 3 und 5 Apothekengesetz (StF RGBl Nr. 5/1907, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 135/2009)

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem bezeichneten Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 2010 wurde über das Ansuchen der Frau Mag. pharm. X X, X, X, vom 15. Juli 2009 betreffend die Erteilung einer Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in X, X, wie folgt abgesprochen:

 

Spruch

I. Frau Mag. pharm. X X wird die Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in X mit Betriebsstätte in X, X, erteilt.

 

Als Standort wird das Gemeindegebiet der Gemeinde X vorgesehen.

 

II. Frau Mag. pharm. X X hat als Taxe für die Konzessionserteilung zum Betrieb der im Spruchteil I genannten Apotheke 25% der für einen angestellten Apotheker im Vollzeitdienst zu entrichtenden Gehaltskassenumlage (§ 9 Gehaltskassengesetz 2002 BGBl I Nr 154/2001 idF. BGBl I Nr 58/2010), das sind derzeit 963,-- Euro, an die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich, Spitalgasse 31, 1091 Wien zu entrichten.

 

III. Verfahrenskosten

An Verfahrenskosten hat Frau Mag. pharm. X X zu entrichten:

1. Bundesverwaltungsabgabe für die Erteilung der Konzession                                            Euro 327,--

2. Stempelgebühren

            a. Für die Bescheidausfertigung                                                                    Euro  77,--

            b. Für das Ansuchen                                                                                      Euro  43,60

 

Gesamt somit:                                                                                                                      Euro 447,60

 

Die Bundesverwaltungsabgabe und die Stempelgebühren sind binnen zwei Wochen nach Rechtskraft dieses Bescheides mit beiliegendem Erlagschein zu entrichten.

 

IV. Der Einspruch der Apotheke X, Mag. pharm. X X, vertreten durch Rechtsanwälte Dris X, X, X, X, X wegen mangelnden Bedarfs

sowie

der Einspruch des Herrn Dr. X X, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. X und Mag. X X, X, X, wegen mangelnden Bedarfs werden als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und IV.

§§ 3, 9, 10 iVm 48 Abs. 2 und 51 Abs, 5 Apothekengesetz, RGBl Nr 5/1907 idF BGBl I Nr 135/2009

 

Zu II.

§ 11 Abs. 2 Apothekengesetz RGBl idF BGBl I Nr 135/2009

 

Zu III.

Ad 1.

§ 78 AVG BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl I Nr 135/2009 iVm TP 71 der Bundesverwaltungsabgabenverordnung 1983, BGBl Nr 24/1983 idF BGBl I Nr 5/2008

 

Ad 2.

§ 14 TP 2 Abs. 1 Z 1 und TP 6 Abs. 2 Z 1 Gebührengesetz 1957, BGBl Nr. 267/1957 idF BGBl I Nr 54/2010"

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Berufungswerber (im Folgenden Bw) zu Händen seiner Rechtsvertreter am 29. Oktober 2010 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtzeitige Berufung vom 11. November 2010, mit der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend gemacht und beantragt wird, das Konzessionsansuchen abzuweisen oder den Bescheid aufzuheben und die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die Erstbehörde zurückzuverweisen.

 

2. Dem angefochtenen Bescheid und der Aktenlage ist der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t zu entnehmen:

 

2.1. Mit Eingabe vom 15. Juli 2009 hat die mitbeteiligte Partei Mag. pharm. X X um die Erteilung der Konzession zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in X, X, mit Standort X angesucht. Sie erklärte dieses Ansuchen als vorrangig und ersuchte ihr früheres Ansuchen betreffend den Standort X nicht weiter zu bearbeiten.

 

Mit Kundmachung gemäß § 48 Apothekengesetz vom 15. Juli 2009, veröffentlicht in der Amtlichen Linzer Zeitung Folge 16/2009, wurde das Ansuchen um die Konzessionserteilung von der belangten Behörde ordnungsgemäß verlautbart.

 

Innerhalb der Einspruchsfrist erhoben die beiden, im Spruchpunkt IV abgewiesenen Einspruchswerber gegen das Konzessionsansuchen Einspruch im Wesentlichen wegen mangelnden Bedarfes. Herr Dr. X X, Allgemeinmediziner mit Hausapotheke, hat in der Folge seinen Einspruch nicht aufrechterhalten und keine Berufung eingebracht. Der Bw hat als Inhaber der benachbarten Apotheke X die gegenständliche Berufung eingebracht.

 

Die persönlichen Voraussetzungen hat die Konzessionswerberin durch vorgelegte Urkunden nachgewiesen.

 

Zu den sachlichen Voraussetzungen nach § 10 Abs 2 Apothekengesetz stellt die belangte Behörde fest, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde X zwei Vertragsstellen (volle Planstellen nach § 342 Abs 1 ASVG) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt waren und die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte und der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke X nachweislich mehr als 500 m beträgt.

 

In der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte befinden sich zwei ärztliche Hausapotheken der Allgemeinmediziner Dr. X und Dr. X. Hinsichtlich der benachbarten Apotheke X war die Bedarfsprüfung iSd § 10 Abs 2 Z 3 Apothekengesetz vorzunehmen und die Frage aufzuwerfen, ob sich die Zahl der von der Betriebsstätte dieser umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheke aus weiterhin zu versorgenden Personen in Folge der Neuerrichtung der gegenständlichen Apotheke in X auf unter 5.500 Personen verringern würde.

 

2.2. Die belangte Behörde hat gemäß § 10 Abs 7 Apothekengesetz das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) vom 25. März 2010, Zl. IV-47/4/4-242/2/10, zur Frage des Bedarfs eingeholt und im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegeben. Ebenso werden Stellungnahmen der Ärztekammer für Oberösterreich vom 10. August 2009 und vom 21. Mai 2010 auszugsweise wiedergegeben und die Eingaben der Einspruchswerber dargestellt. Im Einzelnen kann dazu auf den bekämpften Bescheid verwiesen werden.

 

Im maßgeblichen Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer wird unter Punkt 2. im Abschnitt "IV. Gutachten" zur bestehenden öffentlichen Apotheke X ausgeführt:

 

"Aufgrund es o.a. Befundes wird die bestehende öffentliche Apotheke X in X im Fall der Neuerrichtung der angesuchten öffentlichen Apotheke in X jedenfalls über 5.500 Personen aufgrund der örtlichen Verhältnisse weiterhin zu versorgen haben, bestehend aus 6.403 ständigen Einwohnern innerhalb des 4-km-Polygons sowie 99 zusätzlich zu versorgende Personen im Sinne des § 10 Abs. 5 ApG.

 

Da die Entfernung zwischen der Apotheke X und der angegebenen Betriebsstätte der neu angesuchten Apotheke mehr als 500 m beträgt, ist der Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke im Sinne der apothekengesetzlichen Vorschriften gegeben.

 

Die unter Punkt "V. Schlussbemerkungen" zusammenfassend dargelegten wesentlichen Feststellungen der Apothekerkammer lauten:

 

"Zusammenfassend und abschließend ist festzustellen, dass aufgrund des Befundes und den daraus resultierenden gutächtlichen Erwägungen der Bedarf an der angesuchten neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in X (X) gegeben ist, da

·         sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befand und nicht weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs 1 ASVG bestehen, die  von Ärzten für Allgemeinmedizin in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte besetzt sind, und

 

·         die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke über 500 m beträgt und

 

·         die Zahl der von den Betriebsstätten der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich infolge der Neuerrichtung entweder nicht verringert oder aber nicht unter 5.500 betragen wird.

 

Abschließend weist die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) darauf hin, dass das gegenständliche positive Bedarfsgutachten von einer Betriebsstätte an der Adresse X ausgeht. Da die Konzessionswerberin auch nach Konzessionserteilung die Betriebsstätte ihrer Apotheke innerhalb des ihr zugestandenen Standortbereiches ohne neuerliche Überprüfung verlegen könnte, besteht beim derzeit angegebenen Standort die Gefahr, dass bei einer späteren Verlegung der Betriebsstätte, näher zu einer der umliegenden öffentlichen Apotheken, entscheidende Veränderungen des Versorgungspotentials der benachbarten öffentlichen Apotheken entstehen. Deshalb hält die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) ausdrücklich fest, dass die gegenständliche Bedarfsbeurteilung nur für die angegebene Betriebsstätte (X) gilt bzw. nur zutrifft, wenn sich die Betriebsstätte innerhalb folgender Grenzen befindet: „Beginnend an der Gemeindegrenze/X – der X nach Osten folgend bis zur X – der X und dann der X folgend bis zur Kreuzung mit der X – diese entlang bis zur X – dieser nach Norden folgend bis zur Gemeindegrenze – dieser nach Westen und dann nach Süden folgend bis zum Ausgangspunkt zurück; sämtliche Straßenzüge beidseitig“.

 

Das gegenständliche Gutachten kann nur bei einer Betriebsstätte innerhalb dieser Grenzen aufrechterhalten werden."

 

Wie unter "II. Methode" näher beschrieben, liegen dem Gutachten der Apothekerkammer digitale Karten in Anlage 2 und 3 mit Darstellung der jeweiligen Versorgungspolygone bei. Es handelt sich um ein rotes, blaues und grünes Polygon wie im Abschnitt "III. Befund" unter Punkt 2. auf Seiten 4 f des Gutachtens ausgeführt. Weiters sind eine "Anonymisierte Hausapothekenstudie" der Österreichische Apothekerkammer aus 2001 und eine zur Nutzungsdauer von Zweitwohnsitzen beauftragte Studie 02/143.868 des Fessel-GFK-Instituts für Marktforschung angeschlossen, um die Ausführungen im Befund auf Seiten 5 ff und 7 ff zu untermauern.

 

2.3. Das Gutachten der Apothekerkammer wurde dem Parteiengehör unterzogen. Dabei erstattete u.a. auch der Bw zum übermittelten Gutachten die rechtsfreundlich vertretene Stellungnahme vom 28. Mai 2010.

 

Im Punkt 1.) der Stellungnahme kritisierte er zunächst, dass der im Gutachten angenommene "Standort, nämlich X, X," nicht nachgewiesen wäre. Dies wäre aber Grundlage für alle weiteren Ausführungen des Gutachtens gewesen. Laut Punkt 2.) würde das Gutachten ausschließlich die Apotheke "X" und nicht auch die zwischenzeitig eröffnete X-Apotheke in der X berücksichtigen, welche im Nahebereich der Apotheke des Bw und Einflussbereich der in X vorgesehenen Apotheke liege. Er müsse davon ausgehen, dass bei entsprechender Berücksichtigung das Versorgungspotential seiner Apotheke weniger als 5.500 betrage.

 

Nach Punkt 3.) ergäbe sich die Nichtberücksichtigung aus Seite 7, 3. Absatz, des Gutachtens, wo der Apotheke X die 309 ständigen Einwohner des grünen Polygons zugerechnet wurden. Tatsächlich wären sie aber der näher gelegenen X Apotheke zuzurechnen gewesen. Bei Berücksichtigung dieser Umstände wäre der Bedarf für den Standort X, X, zu verneinen gewesen.

 

2.4. In der von der belangten Behörde ergänzend eingeholten Stellungnahme der Österreichischen Apothekerkammer vom 12. Oktober 2010, Zl. III-5/2/2-148/2/10, stellt diese durch die Landesgeschäftsstelle Oberösterreich im Ergebnis abermals fest, dass sie das Gutachten vom 25. März 2010 aufrecht hält und den Bedarf an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in X als gegeben ansieht.

 

Zur Stellungnahme des Bw vom 28. Mai 2010 wird Folgendes ausgeführt:

 

"ad 1) Die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) hat ihrem Gutachten vom 25. März 2010 die in der Kundmachung vom 6. August 2009 angegebene beabsichtigte Betriebsstätte (=X, X) zugrunde gelegt. Gemäß § 10 Abs. 7 Apothekengesetz (ApG) hat die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) ein Gutachten zur Frage des Bedarfes abzugeben. Eine Überprüfung der Verfügungsmacht über die angegebene Betriebsstätte durch die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) ist davon nicht umfasst.

 

ad 2) Im Gutachten vom 25. März 2010 hat die Österreichische Apothekerkammer (Landesgeschäftsstelle Oberösterreich) sehr wohl die bestehende 'X'-Apotheke berücksichtigt. Die Abgrenzung der Versorgungspolygone der Apotheke X erfolgte unter Berücksichtigung der X-Apotheke. Die Ermittlung der Polygongrenzen (= Entfernungshalbierungspunkte zwischen den beiden Apotheken) erfolgte unter Berücksichtigung von ganzjährig für den allgemeinen Verkehr benützbaren Straßenverbindungen. Im Bereich von Einbahnregelungen wurde entsprechend der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Zuteilung unter Berücksichtigung des Hin- und Rückweges vorgenommen.

 

ad 3) Dazu ist festzustellen, dass die ständigen Einwohner des grünen Polygons unter Bedachtnahme auf die unter ad 2) angeführten Kriterien entfernungsmäßig dem Versorgungspotential der Apotheke X  zuzuordnen sind. Die Berücksichtigung der X-Apotheke ergibt sich auch daraus, dass diese auf den dem Gutachten vom 25. März 2010 beiliegenden Anlagen deutlich erkennbar eingezeichnet ist."

 

2.5. Die belangte Behörde hat schließlich den bekämpften Bescheid vom 27. Oktober 2010 mit der folgenden wesentlichen Begründung erlassen.

 

Zur behaupteten Verringerung des Versorgungspotentials der Apotheke X unter 5.500 Personen durch die neue öffentlichen Apotheke in X hat die belangte Behörde auf das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer Bezug genommen. In diesem sei der Versorgungsbereich der Apotheke X auf Grund der örtlichen Verhältnisse innerhalb des roten 4-km Polygons mit 6.403 Einwohnern und ergänzt durch das grüne Polygon (Einzugsbereich westlich von X) und die Einwohnergleichwerte für Zweitwohnsitze mit insgesamt 6.502 weiterhin zu versorgenden Personen veranschlagt worden. Dabei weise die Darstellung der Polygone im Bereich X/Ecke X die bestehende X-Apotheke aus und lasse deutlich erkennen, dass diese Apotheke entsprechend berücksichtigt wurde

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs sei für die Zuordnung vom Kriterium der leichteren Erreichbarkeit nach den örtlichen Verhältnisse auszugehen. Das Gutachten orientiere sich an den für den allgemeinen Verkehr benutzbaren Straßenverbindungen und berücksichtige die möglichen Verkehrsströme zu den jeweiligen Apotheken. Es sei im Sinne des Gutachtens der Österreichische Apothekerkammer davon auszugehen, dass der bestehenden Apotheke X ein hinreichendes Versorgungspotential im Sinne des § 10 Abs 1 Z 3 Apothekengesetz verbleibe.

 

Zum Einwand der verbotenen Kumulierung nach § 2 Apothekengesetz verweist die belangte Behörde darauf, dass die Konzessionswerberin mit ihrem Antrag gleichzeitig um Ruhen des Verfahrens zum Standort in X ersucht habe, welches Verfahren daher bis zur rechtkräftigen Entscheidung im gegenständlichen Verfahren ausgesetzt worden sei. Den Inhabern bestehender Apotheken komme insofern auch nach der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs kein Mitspracherecht zu.

Zum Einwand der nicht hinreichend konkretisierten Betriebsstätte führt die belangte Behörde aus, dass sich das Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer auf die angegebene Betriebsstätte bzw die dargestellten Grenzen beziehe. Die positive Bedarfsprüfung verliere ihre Grundlage, wenn sich die Betriebsstätte außerhalb der Grenzen befindet.

 

2.6. Die Berufung rügt inhaltliche Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften.

 

In den Punkten 2 bis 5 der Berufung wird der im Bescheid festgelegte Standort der neu zu errichtenden Apotheke bekämpft. Die Berufung bezeichnet den Standort nach § 9 Apothekengesetz als zentralen Anknüpfungspunkt für die Bedarfsprüfung. Im Gutachten der Apothekerkammer werde ausdrücklich festgehalten, dass die Bedarfsbeurteilung nur zutreffe, wenn sich die Betriebsstätte innerhalb bestimmter Grenzen befindet. Trotzdem gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Bedarf an einer öffentlichen Apotheke iSd § 10 Abs 1 Z 2 Apothekengesetz für das gesamte Gemeindegebiet von X ohne Einschränkung bestehe. Der Konzessionswerberin sei der Betrieb einer neuen Apotheke teilweise für einen Standort bewilligt, hinsichtlich dessen der Bedarf nicht vorliegt, weshalb inhaltliche Rechtswidrigkeit vorliege. Diese läge allenfalls auch in einer Zweideutigkeit bzw. Widersprüchlichkeit des Spruchs.

 

Die Konzessionswerberin habe keine endgültige Anschrift der in Aussicht genommenen Betriebsstätte genannt, worauf bereits im Einspruch hingewiesen worden sei. Es komme für die Bedarfsprüfung auch auf den konkreten Ort der künftigen Betriebsstätte an. Die Errichtung der Betriebsstätte durch die Konzessionswerberin am angegebenen Ort müsse auch wahrscheinlich sein, was diese nicht dargelegt und die Behörde keiner hinreichenden Prüfung unterzogen habe. Durch die dargelegte inhaltliche Rechtswidrigkeit sei der Bw insofern beschwert, als die Betriebsstätte im gesamten Gemeindegebiet von X errichtet oder später verlegt werden könnte.

 

Im Punkt 6 behauptet die Berufung inhaltliche Rechtswidrigkeit, weil die im Jahr 2004 errichtete X-Apotheke nicht berücksichtigt worden wäre, obwohl sie erheblichen Einfluss auf die Versorgungspolygone hätte. Sie sei im Gutachten der Apothekerkammer kein einziges Mal erwähnt worden. Auf Seite 10 des Gutachtens werde zu den bestehenden umliegenden öffentlichen Apotheken nur ausgeführt, dass jene Personen, die in Zukunft die neu angesuchte Apotheke aufsuchen werden, bisher durch die Apotheke X versorgt worden seien. Zur Zurechnung der 309 ständigen Einwohner des grünen Polygons zur Apotheke X (Gutachten, Seite 5, 3. Absatz) behauptet die Berufung, dass die X-Apotheke in X, X, eine geografisch bzw. verkehrstechnisch günstige Alternative zur Apotheke X darstelle. Deren Existenz wäre daher im Rahmen einer richtigen und vollständigen Bewertung der Versorgungspolygone zu berücksichtigen gewesen, was im Gutachten der Apothekerkammer aber nicht, nicht richtig bzw hinreichend erfolgt wäre.

 

Im Punkt 7 rügt die Berufung, dass die Daten über Einwohnerzahlen betreffend Zweitwohnsitze von den Ergebnissen der Großzählung 15. Mai 2001 stammen (Gutachten, Seite 3), weshalb diese veralteten Zahlen nicht ohne Berücksichtigung der Änderungen der letzten neun Jahre herangezogen hätten werden dürfen. Im letzten Jahrzehnt wäre es zu Absiedelungen und somit zu einer entsprechenden Verringerung der Zahl der auch von der Apotheke X zu versorgenden Personen gekommen, welcher Umstand nicht berücksichtigt worden sei.

 

Nach Punkt 8 der Berufung habe sich die belangte Behörde mit den Argumenten des Bw hinsichtlich der gemäß § 10 Abs 5 Apothekengesetz zu berücksichtigenden Personen nicht auseinandergesetzt. Die von umliegenden Gemeinden über X nach X einpendelnden Personen würden nicht mehr wie bisher bei der Apotheke X, sondern bei der neu errichteten Apotheke X ihren Arzneimittelbedarf decken, zumal dort eine bessere Parkplatzsituation und niedrigere Verkehrsfrequenz ein angenehmeres Stehenblieben ermögliche. Eine entsprechende Berücksichtigung hätte ergeben, dass sich die Zahl der weiterhin von der Apotheke X zu versorgenden Personen verringern und weniger als 5.500 betragen werde.

 

Im Punkt 9 wird schließlich vorgebracht, dass es die belangte Behörde unterlassen hätte, den zur rechtlichen Beurteilung notwendigen Stoff vollständig zu ermitteln und sich mit sämtlichen Argumenten auseinanderzusetzen und ihren Bescheid entsprechend nachvollziehbar zu begründen. Auf die Argumente des Bw wäre die belangte Behörde nicht hinreichend eingegangen. Bei der Begründung der mangelnden Existenzgefährdung der Apotheke X handelte es sich um eine Scheinbegründung.

 

Die belangte Behörde stütze ihren Bescheid im Wesentlichen auf das von der Apothekerkammer eingeholte Gutachten vom 25. März 2010, dem offenbar mehrere Anlagen betreffend Versorgungspolygone angeschlossen gewesen seien (Hinweis auf Gutachten, Seiten 4 und 14).  Diese wären dem Bw aber niemals zugestellt worden und hätte er auch sonst in keiner Weise davon Kenntnis erlangt. Die Behörde wäre jedoch zur Gewährung des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs 3 AVG verpflichtet. Mangels Übermittlung der dem Gutachten der Apothekerkammer angeschlossenen Anlagen hätte er jedoch keine vollständige Kenntnis von den Beweisergebnissen gehabt. Möglicherweise hätten die betreffenden Anlagen Angaben enthalten, die für seinen Rechtsstandpunkt sprechen würden. Dann hätte er weitere Ausführungen dazu erstatten können. All dies werde als wesentliche Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügt.

 

2.7. Die mitbeteiligte Konzessionswerberin hat durch ihre Rechtsvertreterin am 10. Jänner 2010 eine Stellungnahme zur Berufung eingebracht, in der sie der Einschränkung des Standorts entsprechend dem Gutachten der Apothekerkammer abermals (wie bereits in der Stellungnahme vom 22.04.2010) zustimmt und im Übrigen der Berufung entgegen tritt.

 

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass der entscheidungswesentliche Sachverhalt nach der Aktenlage hinreichend geklärt erscheint und nur Rechtsfragen zu lösen sind. Die belangte Behörde hat den Verfahrensakt ohne Widerspruch gemäß dem § 67h AVG zur Berufungsentscheidung vorgelegt, weshalb in der Sache zu entscheiden war.

 

3.2. Wie unten noch näher auszuführen ist, liegen die vom Bw gerügten Verfahrensmängel bei richtiger rechtlicher Beurteilung nicht vor. Soweit der Bw eine Verletzung des Parteiengehörs rügt, ist ihm sogleich zu entgegnen, dass in seiner Stellungnahme "zum übermittelten Gutachten der österreichischen Apothekerkammer" vom 28. Mai 2010 mit keinem Wort erwähnt wurde, dass seine Rechtsvertreter die Anlagen zum Gutachten nicht erhalten hätten. Es hätte nur eines kleinen Hinweises oder eine kurzen telefonischen Urgenz bedurft und die belangte Behörde hätte den Rechtsvertretern des Bw die fehlenden Anlagen übermittelt. Ohne Rückmeldung konnte die belangte Behörde dies nicht zur Kenntnis nehmen. Außerdem wäre es den ortsansässigen Rechtsvertretern jederzeit freigestanden, am Sitz der belangten Behörde in Wels Akteneinsicht zu nehmen. Im Befund (Seiten 4 ff des Gutachtens) der Apothekerkammer wird mehrmals auf Anlagen Bezug genommen. Auf Seite 14 werden die Anlagen unter den Beilagen erwähnt, was auch die Berufung selbst feststellt. Die Rechtsvertreter des Bw mussten demnach Kenntnis von solchen Anlagen schon lange vor Erlassung des angefochtenen Bescheides haben. Spätestens nach Zustellung des bekämpften Bescheides, in dem das Gutachten weitgehend wiedergegeben wird und auch von der Darstellung der Polygone die Rede ist (Seite 21), hätte Anlass bestanden, sich Kenntnis von den angeblich nicht übermittelten Anlagen durch Akteneinsicht zu verschaffen. Diese Möglichkeit wurde aber offenbar unterlassen. Der Bw hatte sich daher allfällige Nachteile, die für den Oö. Verwaltungssenat ohnehin nicht ersichtlich sind, selbst zuzuschreiben. Von einem Verfahrensmangel wegen nicht gewährten Parteiengehörs kann überhaupt keine Rede sein.

 

3.3. Im Übrigen ist der maßgebliche Sachverhalt im Ergebnis unstrittig, zumal der Bw dem positiven Bedarfsgutachten der Apothekerkammer nur unbegründete Behauptungen, aber keine relevanten Einwände auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu setzen hatte. Nach Ansicht des erkennenden Verwaltungssenats war von der offenbar aus Konkurrenzgründen beantragten, ansonsten aber überflüssigen Berufungsverhandlung, die nur zu einer unberechtigten Verzögerung im Konzessionsverfahren der mitbeteiligten Partei geführt hätte, wegen vollständig geklärter Sach- und Rechtslage abzusehen. Nach der Rechtsprechung des EGMR sind die Anforderungen des Art 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung erfüllt, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder technische Fragen betrifft (vgl bspw VwGH 18.01.2005, Zl. 2002/05/1519; EGMR MRK 2004/15 und MRK 2002/32; Beschluss des VfGH vom 23.9.1996; Zl. B 2312/96-3, jeweils mwN). Diese Voraussetzung liegt gegenständlich vor. Im Hinblick auf die nach Art 6 Abs 1 EMRK wohl schutzwürdigere Rechtsposition der mitbeteiligten Konzessionswerberin war eine Verfahrensbeschleunigung geradezu geboten.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

4.1. § 10 Apothekengesetz (StF RGBl Nr. 5/1907, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 135/2009) regelt die sachlichen Voraussetzungen der Konzessionserteilung.

 

Gemäß § 10 Abs 1 Apothekengesetz ist die Konzession für eine neu zu errichtende öffentliche Apotheke zu erteilen, wenn

 

1.       in der Gemeinde des Standortes der öffentlichen Apotheke ein Arzt seinen ständigen Berufssitz hat und

2.       ein Bedarf an einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht.

 

Nach § 10 Abs 2 Apothekengesetz (idF BGBl I Nr. 41/2006) besteht ein Bedarf nicht, wenn

 

1.       sich zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Gemeinde der in Aussicht genommenen Betriebsstätte eine ärztliche Hausapotheke befindet und weniger als zwei Vertragsstellen nach § 342 Abs 1 ASVG (volle Planstellen) von Ärzten für Allgemeinmedizin besetzt sind, oder

2.       die Entfernung zwischen der in Aussicht genommenen Betriebsstätte der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke und der Betriebsstätte der nächstgelegenen bestehenden öffentlichen Apotheke weniger als 500 m beträgt, oder

3.       die Zahl der von der Betriebsstätte einer der umliegenden bestehenden öffentlichen Apotheken aus weiterhin zu versorgenden Personen sich in Folge der Neuerrichtung verringert und weniger als 5.500 betragen wird.

 

Gemäß § 10 Abs 4 Apothekengesetz sind "zu versorgende Personen gemäß Abs. 2 Z 3" die ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern von der Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke, die auf Grund der örtlichen Verhältnisse aus dieser bestehenden öffentlichen Apotheke weiterhin zu versorgen sein werden

 

Nach § 10 Abs 5 Apothekengesetz (Kundmachung BGBl I Nr. 1/2006 und BGBl I Nr. 41/2006) sind die auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet zu versorgenden Personen bei der Bedarfsfeststellung zu berücksichtigen, wenn die Zahl der ständigen Einwohner im Sinne des Abs 4 weniger als 5.500 beträgt

 

4.2. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl u.A. VwGH 11.6.2001, Zl. 2000/10/0166; VwGH 18.2.2002, Zl. 2000/10/0022; VwGH 14.5.2002, Zl. 2001/10/0135; VwGH 27.6.2002, Zl. 2001/10/0040) hat sich die gemäß § 10 Apothekengesetz durchzuführende Bedarfsprüfung auf eine - auf entsprechende Ermittlungsergebnisse gestützte - prognostische Zuordnung konkreter Kundenpotenziale zu den beteiligten Apotheken zu gründen. Die Behörde hat somit festzustellen, wie viele der ständigen Einwohner im Umkreis von 4 km um die Betriebsstätte der bestehenden öffentlichen Apotheke(n) nach Errichtung der geplanten Apotheke ihren Arzneimittelbedarf auf Grund der örtlichen Verhältnisse voraussichtlich weiterhin aus der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) decken werden. Diese unter dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit vorzunehmende Zuordnung hat in erster Linie an Hand der Straßenentfernungen zu der (den) bestehenden öffentlichen Apotheke(n) im Vergleich zur beantragten Apotheke zu erfolgen. Ergibt sich für eine bestehende öffentliche Apotheke die kritische Zahl zu versorgender Personen nicht schon aus den ständigen Einwohnern des 4 km-Umkreises, so ist weiter zu prüfen, ob diese Zahl unter Berücksichtigung der auf Grund der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs in diesem Gebiet weiterhin zu versorgenden Personen erreicht wird. Wohnt die zu versorgende Bevölkerung im 4-km-Umkreis zweier (oder mehrerer) Apotheken, so ist für die Zuordnung des Kundenpotenzials zur einen oder anderen Apotheke nach dem Kriterium der örtlichen Verhältnisse im Sinne des § 10 Abs 4 Apothekengesetz in erster Linie die leichtere Erreichbarkeit ausschlaggebend, wobei es vor allem auf die zurückzulegende Entfernung unter Berücksichtigung der vorhandenen Verkehrsmöglichkeiten ankommt. Die Zuordnung der Wohnbevölkerung zu den in betracht kommenden Apotheken hat sich im Überschneidungsbereich der 4-km-Polygone an einer gedachten, nach den Gesichtspunkten der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit zu ziehenden örtlichen Trennlinie zu orientieren.

 

Da die Zuordnung primär nach dem Gesichtspunkt der leichteren Erreichbarkeit an Hand der Straßenentfernungen zu erfolgen hat, kommt es auf empirische Feststellungen, wo die Einwohner bisher ihre Rezepte einlösten, nicht an (vgl VwGH vom 29.6.1998, Zl. 98/100088; VwGH vom 13.11.2000, Zl. 99/10/0259; VwGH vom 12.11.2001, Zl. 2000/10/0108).

 

Die Prognoseentscheidung über das voraussichtliche Kundenverhalten ist an den in § 10 Abs 4 und 5 Apothekengesetz normierten objektiven Umständen zu orientieren. Dabei ist auf das objektivierte Kundenverhalten und nicht auf persönliche Präferenzen für das Aufsuchen einer bestimmten Apotheke abzustellen (vgl VwGH vom 26.2.1996, Zl. 95/10/0041; VwGH vom 15.2.1999, Zl. 98/10/0070; VwGH 19.3.2002, Zl. 99/10/0143).

 

4.3. Zur Bedarfsprüfung nach § 10 Abs 2 Z 3 iVm Abs 4 und 5 Apothekengesetz verweist der erkennende Verwaltungssenat grundsätzlich auf das (oben teilweise wiedergegebene) Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 25. März 2010 (vgl Punkt 2.2.), in dem schlüssig und widerspruchsfrei der bestehenden Apotheke X ein verbleibendes Versorgungspotential von insgesamt 6.502 Einwohnern (nämlich 6.403 ständige Einwohner aus dem roten Polygon, 68 ständige Einwohner aus dem grünen Polygon und 31 "Einwohnergleichwerte" aus Zweitwohnsitzen), mithin deutlich mehr als die Mindestzahl von 5.500 Personen, zugerechnet und damit der Bedarf an der beantragten neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in X begründet wird.

 

Die vom Bw behauptete Nichtberücksichtigung der X-Apotheke im Rahmen der Beurteilung der Bedarfsfrage durch die Apothekerkammer und zuletzt im angefochtenen Bescheid der belangten Behörde ist unzutreffend. Wie sich aus den Anlagen 2 und 3 des Gutachtens klar ergibt, wurde bei der Ermittlung des Versorgungspotentials bzw der Versorgungspolygone selbstverständlich auch die X-Apotheke berücksichtigt. Diese wird ebenso wie weitere bestehende öffentliche Apotheken in den Kartenausdrucken der Apothekerkammer ausdrücklich dargestellt.

 

Aus den mit dem Gutachten vorgelegten Anlagen 2 und 3 mit Darstellung der Polygone und eingezeichneter Lage der beteiligten Apotheken ist die größere Nähe der bestehenden Apotheke X erkennbar. Die vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur geforderte Methode nach der räumlichen Nähe und Erreichbarkeit liegt dem Gutachten offensichtlich zugrunde. Wie im Befund (Gutachten, Seite 4 letzter Absatz) der Apothekerkammer angeführt, erfolgte die Zuteilung der Personen im Sinne der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entsprechend dem Kriterium der leichteren Erreichbarkeit unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse, wobei keine geographischen oder verkehrstechnischen Besonderheiten zu beachten waren. In der ergänzenden Stellungnahme vom 12. Oktober 2010 (vgl unter Punkt 2.4.) ist die Apothekerkammer dem Einwand des Bw schon entgegen getreten und hat klargestellt, dass die Ermittlung der Polygongrenzen (= Entfernungshalbierungspunkte zwischen den beiden Apotheken) unter Berücksichtigung von ganzjährig für den allgemeinen Verkehr benutzbaren Straßenverbindungen erfolgte.

 

4.4. Mit der allgemeinen Behauptung (Berufung, Punkt 6), dass gerade für die Bewohner des grünen Polygons die X Apotheke zweifellos eine geografisch bzw verkehrstechnisch günstige Alternative zur Apotheke X darstelle, hat der Bw weder eine Unschlüssigkeit, noch eine Mangelhaftigkeit des vorliegenden Gutachtens der Apothekerkammer aufgezeigt.

 

Der Rüge im Punkt 7 der Berufung zu den angeblich veralteten Zahlen der Großzählung aus 2001 über Einwohnerzahlen betreffend Zweitwohnsitze ist zu entgegnen, dass der Bw eine Veränderung durch Absiedelung im letzten Jahrzehnt zwar allgemein behauptet, aber keinerlei Nachweise oder Bescheinigungsmittel dafür ins Treffen geführt hat, dass dies einen Einfluss auf das verbleibende Versorgungspotential der Apotheke X haben könnte. Im Ergebnis ist die Rüge schon deshalb irrelevant, weil der Abzug von 31 Einwohnergleichwerten aus Personen mit Zweitwohnsitz kein Auswirkungen hat.

 

Die für den gegenständlichen Fall ebenfalls irrelevante Berufungsrüge im Punkt 8 betreffend den erweiterten Personenkreis gemäß § 10 Abs 5 Apothekengesetz ist auch sachlich verfehlt. Mit der Behauptung der günstigeren Verkehrsfrequenz und besseren Parkmöglichkeiten um die in Aussicht genommene Betriebsstätte der mitbeteiligten Partei im Vergleich zur Apotheke X im Stadtgebiet von X, hat der Bw nichts über die bessere Erreichbarkeit der beteiligten Apotheken ausgesagt. Durch den Hinweis auf besondere Parkmöglichkeiten oder gebührenpflichtiges Parken kann das maßgebliche Kriterium der leichteren Erreichbarkeit an Hand von Straßenentfernungen nicht in Frage gestellt werden (vgl VwGH 18.2.2002, Zl. 2000/10/0107 unter Hinweis auf VwGH 31.1.2000, Zl. 98/10/0084).

 

Nach der oben im Punkt 4.2. zitierten ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs kommt es nämlich auf das objektivierte Kundenverhalten und nicht auf persönliche Präferenzen für das Aufsuchen von Apotheken an. Im Erkenntnis vom 28. Juni 2004, Zl. 2001/10/0256, hat der Verwaltungsgerichtshof neuerlich betont, dass "zu versorgende Personen" iSd § 10 Abs 4 und 5 ApG nicht etwa jene sind, die eine bestimmte Apotheke tatsächlich mehr oder weniger regelmäßig frequentieren, sondern vielmehr von jenem Personenkreis auszugehen ist, für den einerseits unter dem Gesichtspunkt der örtlichen Verhältnisse (§ 10 Abs 4 ApG), andererseits unter den Gesichtspunkten der Beschäftigung, der Inanspruchnahme von Einrichtungen und des Verkehrs (§ 10 Abs 5 ApG) eine räumliche Nahebeziehung zur Betriebsstätte einer Apotheke besteht.

 

Die Berufungsrügen der Punkte 6 bis 8 gehen auch schon deshalb weitgehend ins Leere, weil im vorliegenden Fall das Versorgungspotential von 6.403 ständigen Einwohnern aus dem roten 4-km Polygon das erforderliche Mindestversorgungspotential der Apotheke X von 5.500 weit übersteigt und ein Rückgriff auf § 10 Abs 5 Apothekengesetz gar nicht erforderlich ist. Nach dieser Bestimmung muss ein erweiterter Personenkreis bei der Bedarfsfeststellung nur berücksichtigt werden, wenn die Zahl der ständigen Einwohner aus einem Umkreis von vier Straßenkilometern weniger als 5.500 beträgt.

 

4.5. Soweit die Berufung in den Punkten 2 bis 5 den von der belangten Behörde für die beantragte Apothekenkonzession bestimmten Standort gemäß § 9 Apothekengesetz bekämpft und vorbringt, dass dieser entgegen dem Gutachten der Apothekerkammer vom 25. März 2010 mit dem Gemeindegebiet von X bestimmt wurde, ist sie im Recht. Die Angelegenheit im Apothekenkonzessionsverfahren wird durch den umschriebenen Standort, unter dem § 9 Abs 2 Apothekengesetz ein angegebenes Gebiet versteht, innerhalb dem die Apotheke zu betreiben ist (vgl VwGH 22.12.1993, Zl. 93/10/0077), und nicht durch den Ort der künftigen Betriebsstätte bestimmt (vgl VwGH 26.9.1994, Zl. 92/10/0459). Die Verlegung der Betriebsstätte innerhalb des Standortes ist daher ohne weitere Bedarfsprüfung grundsätzlich möglich (vgl § 14 Apothekengesetz). Diese Verlegung nach Festlegung eines Standortes im Konzessionsbescheid bedarf aber gemäß § 14 Abs 1 Apothekengesetz der behördlichen Genehmigung durch die Österreichische Apothekerkammer.

 

Wie der Bw im Punkt 5 der Berufung zutreffend ausführt, ist er dadurch beschwert, dass die mitbeteiligte Konzessionswerberin auf der Grundlage des bekämpften Bescheides ihre Betriebsstätte im gesamten Gemeindegebiet von X verlegen könnte, ohne dass eine neuerliche Bedarfsprüfung stattzufinden hätte. Aus den zusammenfassenden Schlussbemerkungen des Gutachtens der Apothekerkammer geht hervor, dass beim angegebenen Standort Gemeindegebiet X durch eine spätere Verlegung der Betriebsstätte innerhalb dieses Standorts näher zu einer der umliegenden öffentlichen Apotheken die Gefahr der Veränderung des Versorgungspotentials bestünde. Deshalb hat die Apothekerkammer ausdrücklich festgehalten (vgl Gutachten, Seiten 13 f), dass ihre Bedarfsbeurteilung nur für die angegebene Betriebsstätte bzw für eine Betriebsstätte zutrifft, die sich innerhalb folgender Grenzen befindet:

 

"Beginnend an der Gemeindegrenze/X – der X nach Osten folgend bis zur X – der X und dann der X folgend bis zur Kreuzung mit der X – diese entlang bis zur X – dieser nach Norden folgend bis zur Gemeindegrenze – dieser nach Westen und dann nach Süden folgend bis zum Ausgangspunkt zurück; sämtliche Straßenzüge beidseitig."

 

Im Schlusssatz betont die Apothekerkammer nochmals, dass das Gutachten nur bei einer Betriebsstätte innerhalb dieser Grenzen aufrechterhalten werden kann.

 

Obwohl die mitbeteiligte Konzessionswerberin in der zum Gutachten der Apothekerkammer durch ihre Rechtsvertreterin eingebrachten Stellungnahme vom 22. April 2010 ausdrücklich klarstellte, mit der oben beschriebenen Standorteinschränkung einverstanden zu sein, hat die belangte Behörde aus nicht nachvollziehbaren Gründen das gesamte Gemeindegebiet von X als Standort bestimmt. Damit hat sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Insofern war der Berufung Folge zu geben und die Konzession nur unter gleichzeitiger Einschränkung des Standortes entsprechend dem Bedarfsgutachten der Österreichischen Apothekerkammer vom 25. März 2010 zu erteilen.

 

4.6. Die Ausführungen der Berufung zur angeblich nicht endgültigen Anschrift der von der mitbeteiligten Partei in Aussicht genommenen Betriebsstätte, deren Errichtung am angegebenen Ort auch wahrscheinlich sein und von der Konzessionswerberin dargelegt werden müsste, sind verfehlt. In der Judikatur des Verwaltungsgerichthofs wurde klargestellt, dass die Frage der Wahrscheinlichkeit der Errichtung der Betriebsstätte einer neu zu errichtenden Apotheke die Rechtsposition bestehender Apotheker nicht tangiert. Ob die Errichtung der Betriebsstätte durch den Konzessionswerber an dem von ihm angegebenen Ort wahrscheinlich ist oder nicht, hat keinerlei Einfluss auf die durch das Apothekengesetz geschützten Interessen der Inhaber bestehender öffentlicher Apotheken, weil dieser Umstand am Vorliegen oder Nichtvorliegen des (unter Zugrundelegung der angegebenen Betriebsstätte ermittelten) Bedarfs iSd § 10 Abs 2 Apothekengesetz nichts zu ändern vermag. Selbst wenn die Behörde zu Unrecht von einer Verfügungsberechtigung des Konzessionswerbers ausgegangen sein sollte, könnte der Inhaber einer bestehenden öffentlichen Apotheke dadurch in seinen Rechten nicht verletzt sein (vgl u.A. VwGH 23.10.1995, Zl. 95/10/0003 = VwSlg 14347 A/1995; VwGH 6.05.1996, Zl. 95/10/0072).

 

Im Verfahren zur Erteilung der Konzession für eine neue öffentliche Apotheke haben Inhaber bestehender Apotheken nur ein Mitspracherecht bezüglich der Bedarfsfrage (vgl bspw VwGH 28.02.2005, Zl. 2001/10/0161; VwGH 11.06.2001, Zl. 2000/10/0166; VwGH 18.01.1999, Zl. 98/19/0348).

 

5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Berufung dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer nicht auf gleichem fachlichem Niveau entgegen getreten ist. Die der Lebenserfahrung und den Denkgesetzen entsprechenden Ausführungen in dem Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer konnten damit nicht entkräftet werden (vgl dazu die Nachw aus der Judikatur bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6 [2004] E 82 ff zu § 52 AVG).

 

Im Ergebnis war der Bedarf an der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke in X, X, im Sinne des § 10 Apothekengesetz zu bejahen und die Konzession im Hinblick auf das Vorliegen der persönlichen und sachlichen Voraussetzungen mit der oben beschriebenen Standorteinschränkung zu erteilen. Der Berufung war daher hinsichtlich der Standorteinschränkung Folge zu geben und im Übrigen war sie als unbegründet abzuweisen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Bundesstempelgebühren von 13,20 Euro für die Berufung angefallen.

 

 

 

 

Dr. W e i ß

 

Beachte:


Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde zurückgewiesen;

VwGH vom 29.02.2012, Zl. 2011/10/0033-10

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