Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-210558/9/BMa/Th

Linz, 17.01.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, vertreten durch X, Rechtsanwalt in X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8. Juni 2010, 0006262/2010, wegen Übertretungen der Oö. Bauordnung 1994, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 3. November 2010, zu Recht erkannt:

 

 

      I.      Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

  II.      Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten für das Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von insgesamt 400 Euro zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009, iVm §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG), BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009

zu II.: § 64 VStG


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig gesprochen und bestraft:

 

"I. Tatbeschreibung:

Der Beschuldigte, Herr X, geboren am X, wohnhaft: X, hat als Bauherr in der Zeit von 1.4.2009 bis 30.9.2009 auf dem Grundstück NrX, KG X,

1.      folgenden bewilligungspflichtigen Neubau eines Gebäudes ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt:

Gartenhütte mit überdachter Terrasse mit einer bebauten Fläche von ca. 41 . Die maximale Firsthöhe beträgt ca. 4,5 m. (Die allseits umschlossene Hütte hat die Abmessungen von 3,53 m Länge und 3,74 m Breite. An zwei Seiten wurde eine überdachte Terrasse angebaut).

2.      folgende anzeigepflichtige bauliche Anlage ohne Bauanzeige errichtet:

WC-Hütte mit den Abmessungen von ca. 0,97 m Länge und 0,94 m Breite.

 

II. Verletzte Verwaltungsvorschrift(en) in der gültigen Fassung:

ad 1. §§ 57 Abs. 1 Z2, 24 Abs.1 Z1

ad 2. §§ 57 Abs.1 Z3, 25 Abs.1 Z9 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994)

 

III. Strafausspruch:

Über den Beschuldigten werden folgende Geldstrafen verhängt:

ad 1.               € 1.500,--

ad 2.               €    500,--

gesamt          € 2.000,--

 

In Falle der Uneinbringlichkeit werden folgende Ersatzfreiheitsstrafen verhängt:

ad. 1   15 Stunden

ad. 2     5 Stunden

gesamt 20 Stunden

 

Rechtsgrundlage: § 57 Abs.2 Oö. BauO 1994, §§ 16, 19 und 22 VStG

 

IV. Kostenentscheidung:

 

Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens hat der Beschuldigte 10 % der verhängten Strafe, das sind € 200,-- zu leisten.

 

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG

 

V. Zahlungsfrist:

Wird keine Berufung erhoben, ist der Gesamtbetrag (Strafe/Verfahrenskosten) in der Höhe von € 2.200,-- binnen zwei Wochen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung des Bescheides mittels beiliegendem Erlagschein einzuzahlen. Sonst müsste die zwangsweise Einbringung veranlasst werden."

 

1.2. Im angeführten Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der dem Bw zur Last gelegte Sachverhalt sei aufgrund der Aktenlage sowie aufgrund des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens erwiesen.

 

Im Ermittlungsverfahren seien keine Umstände hervorgetreten, die ein Verschulden des Bw ausschließen würden. Bei der Bemessung der Strafhöhe wurde die bisherige Unbescholtenheit des Bw gewertet und keine straferschwerenden Umstände. Die belangte Behörde ist von einem geschätzten monatlichen Nettoeinkommen von 2.000 Euro und dem Nichtvorliegen von Sorgepflichten ausgegangen.

 

1.3. Gegen dieses dem Berufungswerber am 11. Juni 2010 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die per Mail am 21. Juni 2010 – und damit rechtzeitig - eingebrachte Berufung vom selben Tag.

 

1.4. Diese ficht das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 8. Juni 2010, 0006262/2010, seinem gesamten Inhalt nach wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften und Rechtswidrigkeit des Inhalts an. Begründend wird im Wesentlichen ausgeführt, der Bw habe sich bei Errichtung des Gebäudes in einem nicht vorwerfbaren Rechtsirrtum befunden. Das Gebäude sei zu landwirtschaftlichen Zwecken errichtet worden, und zwar zur Ausübung der Bienenzucht. Der Bw sei rechtsirrig davon ausgegangen, dass landwirtschaftliche Gebäude dieser Größenordnung keiner Baubewilligung bedürfen würden. Mittlerweile habe er um Baubewilligung angesucht. Sollte ein vorwerfbarer Rechtsirrtum vorliegen, sei das Verschulden gering, sodass sich die verhängte Strafe als überhöht darstelle.

 

Abschließend wurde beantragt, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen in eventu die verhängte Strafe erheblich zu mildern.

 

2. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsichtnahme in den vorgelegten Verwaltungsakt zu 0006262/2010 des Magistrats der Stadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt. Zu dieser Verhandlung sind der Rechtsvertreter des Berufungswerbers und eine Vertreterin der belangten Behörde gekommen.

Mit Schreiben vom 23. November 2010 wurde der Bw aufgefordert, die Behauptung des Rechtsanwalts in der mündlichen Verhandlung, die verfahrensgegenständliche Klohütte sei zwischenzeitig entfernt worden, zu belegen. Binnen offener Frist sind aber keine Beweise für diese Behauptung beigebracht worden.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht von folgendem rechtlich relevanten Sachverhalt aus:

 

3.1.1. In der Zeit vom 1. April 2009 bis 30. September 2009 hat Markus Ries als Bauherr auf dem Grundstück Nr. X, KG X, eine Gartenhütte mit überdachter Terrasse mit einer bebauten Fläche von ca. 41 und eine WC-Hütte mit einer Fläche von ca. 0,91 errichtet. Die maximale Firsthöhe der Gartenhütte beträgt ca. 4,5 m und die allseits umschlossene Hütte hat die Abmessungen von 3,53 m Länge und 3,47 m Breite. An zwei Seiten wurde eine überdachte Terrasse angebaut.

 

Die Errichtung dieser beiden Gebäude erfolgte ohne Baubewilligung.

 

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Klohütte zwischenzeitig entfernt wurde.

 

3.1.2. Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt zu 0006262/2010 und den Angaben des Rechtsvertreters und der Vertreterin der belangten Behörde in der mündlichen Verhandlung. Die einen Strafmilderungsgrund darstellende Entfernung der Klohütte konnte aufgrund des nachfolgenden Ermittlungsverfahrens nicht festgestellt werden.

Dem Berufungswerber wird zugestanden, dass er in einem Irrtum befangen war, die Einvernahme eines Zeugen zum Beweis dieses Irrtums konnte damit unterbleiben.

 

3.2. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.2.1. Zu den rechtlich relevanten Bestimmungen der §§ 57, 24 und 25 Oö. Bauordnung wird auf das bekämpfte Erkenntnis der belangten Behörde verwiesen.

 

3.2.2. Wie sich aus den Feststellungen ergibt, hat der Bw die beiden bewilligungspflichtigen Neubauten ohne rechtskräftige Baubewilligung ausgeführt.

Er hat somit das Tatbild der angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt.

 

3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Aus dem Berufungsvorbringen ergibt sich, der Berufungswerber sei offensichtlich einem Rechtsirrtum erlegen, weil er der Meinung gewesen sei, derartige von ihm errichtete Bauten bedürften keiner Baubewilligung. Folgt man dieser Argumentation, würde der Berufungswerber über das entsprechende in § 57 Oö. Bauordnung enthaltene normative Tatbestandsmerkmal irren. Im konkreten Fall wäre es aber dem Berufungswerber oblegen, sich darüber zu informieren, ob die Errichtung einer Gartenhütte und einer Klohütte im jeweiligen Ausmaß einer Baubewilligung bedarf.

 

Wenn der Berufungswerber der Meinung war, von ihm errichtete Bauten bedürfen keiner Baubewilligung, so war er in einem Irrtum über die Erforderlichkeit der Baubewilligung und somit über ein normatives Tatbestandsmerkmal verfangen.

Ein solcher Irrtum ist nicht nach den Regeln des § 5 Abs.2 VStG (siehe auch die insoweit vergleichbare Bestimmung des § 9 StGB) über den Verbotsirrtum zu behandeln. Vielmehr stellt er einen Tatbildirrtum dar (Reindl WK StGB § 5 RN 50; Kienapfel AT5  Z 16 RN 4). Damit ist für den Berufungswerber jedoch nichts zu gewinnen. Denn gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

Freilich hat auch die Verantwortlichkeit für ein Fahrlässigkeitsdelikt zur Voraussetzung, dass der Täter mit Unrechtsbewusstsein handelt oder dem Täter für den Fall, dass es ihm am Unrechtsbewusstsein mangelt, der Nachweis, dass ihn an diesem Mangel kein Verschulden trifft, nicht gelingt ( siehe dazu – abgesehen von der unterschiedlichen Beweislast zur Vorwerfbarkeit im Falle eines fehlenden Unrechtsbewusstseins vergleichbaren Regelungen des Strafgesetzbuches Burgstaller, Das Fahrlässigkeitsdelikt im Strafrecht, S. 195 ff). Denn ihn hätte die Verpflichtung getroffen, sich über die Grenzen der Bewilligungspflicht für Gebäude zu informieren. Hätte er dies getan, so hätte er erkannt, dass die von ihm errichteten Gebäude bewilligungspflichtig iSd Oö Bauordnung sind. Umstände dafür, dass den Berufungswerber kein Verschulden daran trifft, diese Verpflichtung nicht erfüllt zu haben, hat dieser weder behauptet noch brachten solche die Verfahrensergebnisse hervor.

In Anbetracht des somit vorwerfbaren Mangels an Unrechtsbewusstsein hat er das Tatbild des § 1 Abs.3 leg.cit. fahrlässig begangen.

 

Seine Strafbarkeit ist daher gegeben.

 

3.5. Bei der Strafbemessung (§ 19 VStG) handelt es sich laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs innerhalb des gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den dort festgelegten Kriterien vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für die Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheids soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Auszugehen ist von den von der belangten Behörde festgestellten Einkommens- und Vermögensverhältnissen, denen der Bw auch nicht entgegengetreten ist. Die belangte Behörde hat als strafmildernd die bisherige Unbescholtenheit und straferschwerend keinen Umstand gewertet. Bei einem Strafrahmen zu Spruchpunkt 1) von 1.400 Euro bis 36.000 Euro hat die belangte Behörde die Strafe im untersten Bereich festgesetzt. Dies gilt auch für die zu Spruchpunkt 2) verhängte Strafe, deren möglicher Strafrahmen bis 36.000 Euro beträgt. Diesfalls hat die belangte Behörde die verhängte Strafe mit weniger als 2 % der möglichen Strafe festgesetzt.

Die Verhängung der Geldstrafen in Höhe von 1.500 Euro zu Spruchpunkt 1) und 500 Euro zu Spruchpunkt 2) ist unter den von der belangten Behörde dargelegten Abwägungen angemessen. Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als leichte Fahrlässigkeit eingestuft werden, sodass auch diesbezüglich ein Strafmilderungsgrund nicht in Betracht zu ziehen ist.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis hat der Berufungswerber zusätzlich zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Strafe zu leisten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

 

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