Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222468/2/Bm/Sta

Linz, 03.02.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 21.12.2010, Ge96-67-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 21.12.2010, Ge96-67-2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 verhängt, weil er, wie  durch Ermittlungen von Organen des Finanzamtes Linz festgestellt wurde, zumindest in der Zeit vom 5. bis 7. Juli 2010, dadurch, dass er gebrauchte Fenster, Türen und Heizkörper ausgebaut und weiter verkauft hat, ein Handelsgewerbe ausgeübt hat, obwohl er keine hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt hat.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser im Wesentlichen ausgeführt, dass es richtig sei, dass in der Zeit von 5.7. bis 7.7.2010 Fenster und Türen sowie Heizkörper von ihm ausgebaut worden seien. Jedoch seien die Fenster und Türen für den Bw ausgebaut worden; die Heizkörper seien ordnungsgemäß entsorgt worden (der Entsorgungsnachweis liege vor). Die Fenster und Türen seien noch im Besitz des Bw. Es werde daher beantragt, der Berufung Folge zu geben.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Da bereits aus der Aktenlage fest steht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt eine mündliche Verhandlung (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß  § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 1 Abs.2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird,

2. die Identität der Tat (zB. nach Ort und Zeit) unverwechselbar fest steht.

 

Was den vorstehenden Punkt 1. anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zum vorgeworfenen Straftatbestand stehende wörtliche Anführungen erforderlich, die nicht etwa durch bloße paragraphenmäßige Zitierung von Gebots- oder Verbotsnormen ersetzt werden können.

 

Was den Punkt 2. anlangt, muss im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und es muss ferner der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Es muss daher die Tat unter Anführung aller wesentlichen Tatbestandmerkmale dem Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgeworfen werden. Eine Umschreibung der Tatbestandsmerkmale lediglich in der Bescheidbegründung reicht im Bereich des Verwaltungsstrafrechtes nicht aus (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des Österr. Verwaltungsverfahrens zu § 44a Z1 VStG).

 

Der Verwaltungsstraftatbestand des  § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 enthält u.a. das Tatbestandselement, dass jemand "ein Gewerbe ausübt". Zur Verwirklichung des genannten Tatbestandes genügt es jedoch nicht, dass – aus der Sicht des Beschwerdefalles – eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich eines Gewerbes vorbehalten ist, sondern müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 vorliegen (vgl. VwGH 15.9.1999, 99/04/0110 u.a.).

 

Die im Spruch des angefochtenen Bescheides enthaltene Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat entspricht nicht den Anforderungen des § 44a Z1 VStG.

Zum einen fehlt dem Spruch die unabdingbare Festlegung des Tatortes und zum anderen lässt sich der Tatumschreibung keine ausreichende Bezugnahme auf alle Merkmale der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 1 Abs.2 GewO 1994 entnehmen. Es fehlt ein Ansatzpunkt dafür, dass die Tätigkeit in der Absicht betrieben wurde, einen Ertrag  oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen und ebenso, dass die Tätigkeit selbständig und regelmäßig, also zumindest mit Wiederholungsabsicht durchgeführt wurde. Die im Spruch enthaltene Umschreibung, dass die Fenster und Türen weiter verkauft wurden reicht nicht aus, sondern bedarf es auch der Anführung des hiefür entgegengenommenen Entgeltes.

 

Der Tatvorwurf entspricht somit (schon auf Grund der fehlenden Bezeichnung des Tatortes) nicht dem Konkretisierungsgebot gemäß § 44a Z1 VStG.

Weder in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 6.9.2010 noch im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde eine ausreichende Tatumschreibung vorgenommen. Es konnte wegen bereits abgelaufener Verfolgungsverjährungsfrist eine entsprechende Ergänzung auch nicht vom Oö. Verwaltungssenat vorgenommen werden.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezüglich Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier