Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522766/2/Kof/Jo

Linz, 19.01.2011

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung des X, vertreten durch X gegen
den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. Dezember 2010, VerkR21-396-2009, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern stattgegeben, als die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung für den Zeitraum:

Zustellung des Berufungsbescheides bis einschließlich 27. September 2011 herab- bzw. festgesetzt wird.

Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und

der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3  iVm  §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z9  und
  7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009

§ 29 Abs.3 FSG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die belangte Behörde hat mit dem in der Präambel zitierten Bescheid dem/den nunmehrigen Berufungswerber (Bw) gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit

 

 

 

 

-         die Lenkberechtigung für die Klasse B für die Dauer von 12 Monaten – gerechnet ab Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides – entzogen und

-         verpflichtet, nach Rechtskraft des Bescheides unverzüglich den Führerschein bei der belangten Behörde abzuliefern.

 

Einer Berufung gegen diesen Bescheid wurde die aufschiebende Wirkung
nicht aberkannt.

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 27. Dezember 2010 – hat der Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 10. Jänner 2011 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

 

Gemäß § 67d Abs.1 und Abs.3 erster Satz AVG ist die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung nicht erforderlich, da der – durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw diese in der Berufung nicht beantragt hat;

VwGH vom 28.04.2004, 2003/03/0017.

 

Der Bw wurde mit Urteil des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Geschworenengericht vom 19. Mai 2010, 9 Hv 13/10d, wegen dem

-     Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs.1 StGB und

-     Vergehen der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB

zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von 2,5 Jahren verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war,

1.     dass der Bw am 27.09.2009 in F. dadurch, dass er wiederholt mit einem Messer auf Herrn H. A. einstach, diesen absichtlich schwer am Körper verletzt hat, wodurch H. A. an sich schwere Körperverletzungen,
nämlich eine Anritzung der Milzkapsel, eine Stichwunde an der medianen Vorderseite des linken oberen Oberschenkeldrittels und eine Schnittwunde an der linken Kniescheibe innenseitig verbunden mit einer Gesundheits-störung über 24 Tage erlitt und

2.     Herrn T. A. (= Bruder des Herrn H. A.) dadurch, dass er ihm eine Bierflasche gegen den rechten Arm warf, wodurch dieser eine Prellung
des rechten Unterarmes erlitt, am Körper verletzt hat.

 

Der Bw hat in keinem Stadium des Verfahrens – insbesondere in der Berufung – bestritten, das im Urteil des oa Geschworenengerichtes beschriebene Verbrechen und Vergehen begangen zu haben.

Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs.1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs.3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen.

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken
von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z9 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 zu gelten,
wenn jemand eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß § 84 StGB begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs.3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97 VwGH v. 18.3.2003, 2002/11/0062; v. 22.11.2002, 2001/11/0108; v. 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341; vom 6.4.2006, 2005/11/0214.

Das vom Bw begangene Verbrechen und Vergehen stand – worauf der Bw in der Berufung zutreffend hinweist – nicht im Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges bzw. mit seiner Lenkberechtigung.

 

Im oa Gerichtsurteil ist ausdrücklich angeführt, dass der Bw

die Auseinandersetzung gesucht hat und er äußerst massiv gegen Herrn H. A. unter Verwendung eines Messers vorgegangen ist.

 

Von Kraftfahrzeuglenkern muss – wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle – eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden;

VwGH vom 18.03.2003, 2002/11/0062 und vom 22.01.2002, 2001/11/0196, jeweils mit Vorjudikatur.

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196;  vom 22.2.2007, 2005/11/0190;  vom 21.11.2006, 2005/11/0168;  vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194.

 

Die jahrzehntelange Rechtssprechung des VwGH, wonach Haftzeiten in die Entziehungsdauer nicht einzurechnen sind, ist mittlerweile überholt.

In den letzten Jahren hat der VwGH wiederholt im Ergebnis ausgesprochen,
dass Haftzeiten in die Entziehungsdauer miteinzubeziehen sind;

Erkenntnisse vom 29.4.2003, 2002/11/0161;  vom 21.2.2006, 2003/11/0025;

vom 21.2.2006, 2004/11/0129;  vom 21.11.2006, 2005/11/0168;

vom 21.3.2006, 2005/11/0196;  vom 18.12.2006, 2006/11/0076.

 

Der VwGH hat in folgenden Erkenntnissen wegen der Begehung von Verbrechen zB nach § 84 StGB oder § 142 StGB – wobei der Betreffende jeweils zu
einer unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt wurde – folgende Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit (gerechnet ab Tathandlung) als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobenen Beschwerden als unbegründet abgewiesen:

-         vom 17.11.1992, 91/11/0156:  etwas mehr als 30 Monate

-         vom 27.06.1995, 95/11/0004:  mehr als 4 Jahre

-         vom 23.04.1996, 95/11/0374:  ca. 45 Monate

 

vgl. auch VwGH vom 26.07.2005, 2005/11/0061:

in diesem Fall wurde eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 49 Monaten als bei weitem überhöht erachtet.

 

 

Unter Berücksichtigung der zitierten Judikatur kommt der UVS zum Ergebnis, dass

-     beim Bw die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit zwei Jahre – gerechnet
ab Tat (= 27. September 2009) – beträgt,

-     der Bw dadurch seine Verkehrszuverlässigkeit mit Ablauf des 27. September 2011 wiedererlangt  und

-     die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung – beginnend mit Rechtskraft des Entziehungsbescheides (= Zustellung des Berufungsbescheides) – bis einschließlich 27. September 2011 herab- bzw. festgesetzt wird.

 

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines ist in der zitierten Rechtsgrundlage (§ 29 Abs.3 FSG) begründet.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

Beschlagwortung:

§ 87 Abs.1 StGB – Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit

 

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