Linz, 07.02.2011
E r k e n n t n i s
(Bescheid)
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufungen der X, vertreten durch die X gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Freistadt (jeweils) vom
16. November 2010, GZ.: VerkR96-1754-2010, VerkR96-1755-2010 und VerkR96-1756-2010, wegen Übertretungen des KFG, zu Recht erkannt:
Betreffend die Schuldsprüche werden die Berufungen als unbegründet abgewiesen.
Betreffend das Strafausmaß wird den Berufungen insofern stattgegeben, als für die – insgesamt sechs – Übertretungen eine Geldstrafe von jeweils 50 Euro und eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 10 Stunden festgesetzt wird.
Der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz beträgt 10 % der neu bemessenen Geldstrafen. Für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 16, 19 und 24 VStG
§§ 64 und 65 VStG
Die Berufungswerberin hat somit insgesamt zu bezahlen:
- Geldstrafe ( 6 x 50 =) ....................................................... 300 Euro
- Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz .................................... 30 Euro
330 Euro
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt insgesamt (6 x 10 =) ......... 60 Stunden.
Entscheidungsgründe:
Die belangte Behörde hat über die nunmehrige Berufungswerberin (Bw) die in
der Präambel zitierten Straferkenntnisse – auszugsweise – wie folgt erlassen:
Fahrzeuge:
VerkR96-1754-2010: Sattelanhänger, Kennzeichen X-....
VerkR96-1755-2010: Sattelanhänger, Kennzeichen X-....
VerkR96-1756-2010: Sattelanhänger, Kennzeichen X-....
Tatort: Gemeinde ......, Gemeindestraße Ortsgebiet, Parkplatz,
PLZ – Ort – Strasse – Hausnummer
Tatzeit: 19.05.2010, 23:00 Uhr.
Sie haben als ehemalige Verantwortliche und Abwicklerin (Liquidatorin)
(s. B LG Linz zu 12 S 28/04m) der X (FN 85066 y), etabliert in PLZ-Ort-Strasse-Hausnummer diese war Zulassungsbesitzerin des angeführten Fahrzeuges, nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten KFZ den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht.
1. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort verwendet, wobei festgestellt wurde, dass am Anhänger keine den Vorschriften entsprechende Begutachtungsplakette angebracht war.
Die Gültigkeit der Plakette war abgelaufen:
o VerkR96-1754-2010: MHN5650 mit der Lochung 1/03
o VerkR96-1755-2010: MNI4953 mit der Lochung 1/04
o VerkR96-1756-2010: MFW7916 mit der Lochung 11/02
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 103 Abs.9 lit.c iVm § 36 lit.e und § 57a Abs.5 KFG
2. Sie haben es unterlassen, die am 10.03.2009 erfolgte Auflösung und Beendigung og. Firma jedenfalls bis spätestens 20.10.2010 der Behörde,
in deren örtlichem Wirkungsbereich das Fahrzeug zugelassen ist, nämlich der Bezirkshauptmannschaft Freistadt mit Sitz in PLZ-Ort-Strasse-Hausnummer, anzuzeigen.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 103 Abs.9 lit.c iVm § 41 und § 43 Abs.7 KFG
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
VerkR96-1754-2010:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
1) 200,00 Euro 40 Stunden § 134 Abs.1 KFG
2) 110,00 Euro 21 Stunden § 134 Abs.1 KFG
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
31,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 341,00 Euro."
VerkR96-1755-2010:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
1) 200,00 Euro 40 Stunden § 134 Abs.1 KFG
2) 110,00 Euro 21 Stunden § 134 Abs.1 KFG
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
31,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 341,00 Euro."
VerkR96-1756-2010:
Geldstrafe von falls diese uneinbringlich ist, gemäß
Ersatzfreiheitsstrafe von
1) 200,00 Euro 40 Stunden § 134 Abs.1 KFG
2) 110,00 Euro 21 Stunden § 134 Abs.1 KFG
Ferner haben Sie gemäß § 64 VStG zu zahlen:
31,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15,00 Euro angerechnet);
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten) beträgt daher 341,00 Euro."
Der von der Bw – für alle drei angeführten erstinstanzlichen Straferkenntnisse – zu zahlende Gesamtbetrag beträgt somit insgesamt .................... 1023 Euro.
Gegen diese Straferkenntnisse – zugestellt jeweils am 17. November 2010 –
hat die Bw innerhalb offener Frist die begründeten Berufungen jeweils vom
30. November 2010 erhoben.
Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 51c VStG) erwogen:
Betreffend das Eigentum an den verfahrensgegenständlichen Sattelanhängern hat die Bw mit Schriftsatz vom 2. Februar 2011 Folgendes vorgebracht:
"Sämtliche Fahrnisse der Gesellschaft und somit auch die verfahrens-gegenständlichen Sattelanhänger wurden im Sommer 2004 im Rahmen der Konkursverwertung in Pausch und Bogen an ein drittes Transportunternehmen veräußert, weshalb die Bw ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens keine Verfügungsgewalt über die verfahrensgegenständlichen Sattelanhänger mehr hatte. Von der neuen Eigentümerin wurden die Sattelanhänger mittels 'blauer' Kennzeichen auf die Tankstelle verbracht und dort abgestellt.
Beweis:
zeugenschaftliche Einvernahme von (Herrn) X, X….straße Nr. …, X.
Für den Fall, dass die Berufungsbehörde ihrer Entscheidung die Richtigkeit dieses Vorbringens zugrunde legt, wird auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet.
Diesen Vorbringen der Bw wird vom UVS vollinhaltlich Glauben geschenkt.
Werden Beweistatsachen als wahr unterstellt, ist ein darüber durchzuführendes Ermittlungsverfahren entbehrlich;
VwGH vom 30.03.2001, 2000/02/0195; Hauer-Leukauf, Verwaltungsverfahren,
6. Auflage, E28a zu § 45 Abs.2 AVG (Seite 489) und die dort zitierte Rsp.
Somit steht fest, dass die Bw seit Sommer 2004 und damit im Zeitpunkt
o der Konkursaufhebung (= 10.03.2009) und insbesondere
o der "Tat" (= 19.05.2010)
nicht (mehr) Eigentümerin der verfahrensgegenständlichen Sattelanhänger war.
Der UVS legt seiner Entscheidung die Richtigkeit des oa Vorbringens der Bw zugrunde; somit ist die Durchführung einer mVh nicht erforderlich, da die –
durch einen Rechtsanwalt vertretene – Bw in diesem Fall auf die Durchführung einer mVh verzichtet hat;
VwGH vom 20.04.2004, 2003/02/0270 mit Vorjudikatur;
vom 26.01.2010, 2009/02/0220.
Zulassungsbesitzer eines (Kraft-)Fahrzeuges ist gemäß § 41 Abs.2 Z1 KFG jene – natürliche oder juristische – Person, welche in den Zulassungsschein eingetragen
ist und zwar so lange, bis
- der Zulassungsbesitzer das (Kraft-)Fahrzeug abmeldet (§ 43 Abs.1 KFG) oder
- die Zulassung mit rechtskräftigem Bescheid der Behörde aufgehoben wird
(§ 44 KFG)
siehe z.B. VwGH vom 16.06.2003, 2002/02/0312 – RS:
Gemäß § 41 Abs.1 KFG hat die Behörde dem Zulassungsbesitzer über die Zulassung eine Bescheinigung – den Zulassungsschein – auszustellen.
Die Eigenschaft als Zulassungsbesitzer eines (Kraft-)Fahrzeuges kann
- nicht durch zivilrechtliche Handlungen, zB Verkauf oder Vermietung,
sondern – wie dargelegt –
- nur durch Abmeldung nach § 43 KFG oder
rechtskräftige Aufhebung nach § 44 KFG
beendet werden.
Dies gilt im Übrigen auch im "umgekehrten" Fall:
Zulassungsbesitzer eines Fahrzeuges wird eine natürliche oder juristische Person
o nicht durch den Kauf eines – zum Verkehr zugelassenen – Fahrzeuges
sondern
o nur durch die Zulassung nach §§ 36 ff KFG.
Die in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen angeführten Sattelanhänger wurden am 06.02.1995, am 06.02.1995 und am 03.05.1990 auf die X angemeldet/zugelassen.
Die Bw hat in den Berufungen (Seite 3, Pkt.2) folgendes – zutreffend – ausgeführt:
Über die X wurde – nach Scheitern des Ausgleichsverfahrens – am 26.03.2004 mit Beschluss des Landesgerichtes Linz das (Anschluss-)Konkursverfahren eröffnet.
Die Bw war ehemalige Abwicklerin der ehemaligen X.
Die X wurde – nach Aufhebung des Konkursverfahrens – am 10.03.2009 im Firmenbuch gelöscht.
Die Aufhebung der Zulassung erfolgte – für alle drei Sattelanhänger –
am 23.11.2010.
Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies:
Die in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen angeführte juristische Person
war betreffend die verfahrensgegenständlichen Sattelanhänger
o zwar seit Sommer 2004 nicht (mehr) Eigentümerin,
o jedoch bis 23. November 2010 Zulassungsbesitzerin
(an diesem Tag erfolgte die Aufhebung der Zulassung).
Nach rechtskräftiger Aufhebung des Konkurses endet für bekanntes und unverwertet gebliebenes Vermögen des Gemeinschuldners die Exekutionssperre;
OGH vom 11.10.1995, 3Ob94/95 ua.
Die Aufhebung des Konkurses hat die Rechtswirkung, dass der ehemalige Gemeinschuldner das Recht wiedererlangt, über sein Vermögen frei zu verfügen (§ 59 KO).
Daraus folgt, dass Prozesshandlungen nach Aufhebung des Konkurses nur mehr vom ehemaligen Gemeinschuldner oder gegen ihn vorgenommen werden können, da dieser ipso iure anstelle des Masseverwalters in den Prozess eintritt;
OGH vom 06.12.1972, 7Ob266/72ua.
Im Zeitraum: von 10. März 2009 ( = rechtskräftige Aufhebung des Konkurses)
bis 23. November 2010 (= rechtskräftige Aufhebung der Zulassung) und somit zum Tatzeitpunkt (= 19. Mai 2010)
ist betreffend die verfahrensgegenständlichen Sattelanhänger
o nicht der ehemalige Masseverwalter, sondern (wieder)
o die Bw
verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.
Bei der Verwaltungsübertretung nach § 43 KFG handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt mit der Wirkung eines Dauerdeliktes, bei welchem das strafbare Verhalten erst dann aufhört, wenn der Verpflichtete seiner Pflicht
zum Handeln nachkommt; VwGH vom 19.10.1988, 88/02/0103.
Der Zulassungsbesitzer eines KFZ oder eines Anhängers hat auch dann für den gesetzmäßigen Zustand dieser Fahrzeuge zu sorgen, wenn diese auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr geparkt werden; VwGH vom 10.11.1989, 85/18/0112.
Hat der Zulassungsbesitzer mehrere (Kraft-)Fahrzeuge, so trifft ihn die Verpflichtung zur Abmeldung hinsichtlich jeden einzelnen Fahrzeuges.
Unterlässt der Zulassungsbesitzer in einem solchen Falle die Abmeldung aller
seiner Fahrzeuge, dann hat er in Realkonkurrenz die Verwaltungsübertretung nach § 43 Abs.4 lit.b KFG mehrfach begangen, weshalb gemäß § 22 Abs.1 VStG die Strafen dafür nebeneinander zu verhängen sind; VwGH vom 01.07.1977, 901/76 –
zitiert in Grundtner, KFG, 5. Auflage, E 14 zu § 43 KFG (Seite 267).
Auch die Verständigung der Behörde (Anzeige nach § 43 Abs.7 KFG) hätte für alle drei verfahrensgegenständlichen Sattelanhänger erfolgen müssen.
Sämtliche oa. Rechtsätze gelten sinngemäß auch für die Verwaltungsübertretungen
o nach §§ 36 lit.e und 57a Abs.5 KFG sowie
o nach §§ 41 und 43 Abs.7 KFG.
Für die drei verfahrensgegenständlichen Sattelanhänger sind betreffend die Verwaltungsübertretung
o sowohl nach §§ 36 lit.e und 57a Abs.5 KFG,
o als auch nach §§ 41 und 43 Abs.7 KFG
jeweils Einzelstrafen – insgesamt somit sechs – zu verhängen.
Betreffend Schuldsprüche waren daher die Berufungen als unbegründet abzuweisen.
Betreffend das Strafausmaß ist festzustellen:
Die verfahrensgegenständlichen Sattelanhänger wurden – soweit ersichtlich – während der gesamten Zeit nicht "gefahren" bzw. "gezogen", sondern waren
nur abgestellt (geparkt).
Von diesen nur abgestellten Sattelanhängern ist dadurch keine wie immer geartete abstrakte Gefahr für die Verkehrssicherheit ausgegangen.
Es ist daher gerechtfertigt und vertretbar, für die – insgesamt sechs – in den erstinstanzlichen Straferkenntnissen angeführten Verwaltungsübertretungen
jeweils eine Geldstrafe von nur 50 Euro und jeweils eine Ersatzfreiheitsstrafe
von nur 10 Stunden festzusetzen.
Gemäß § 64 Abs.2 VStG beträgt der Verfahrenskostenbeitrag I. Instanz 10 % der neu bemessenen Geldstrafen.
Gemäß § 65 VStG ist für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat kein Verfahrenskostenbeitrag zu entrichten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.
Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Josef Kofler
Beachte:
Beschwerde gegen vorstehende Entscheidung wurde abgelehnt.
VwGH vom 28.06.2013, Zl.: 2011/02/0125-5