Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165666/7/Bi/Kr

Linz, 08.02.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des X, vom 5. Jänner 2011 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Wels-Land vom 22. Dezember 2010, VerkR96-14424-2010, wegen Übertretung des KFG 1967, aufgrund des Ergebnisses der am 7. Februar 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung (samt mündlicher Verkündung der Berufungs­entschei­dung) zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 134 Abs.3d Z1 iVm 106 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe von 60 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil er am 25. August 2010, 10.55 Uhr, in Wels, Maria Theresia Straße, unmittelbar nach der Kreuzung mit der Franz Fritsch Straße (Anhalteort), als Lenker des Pkw X den Sicherheitsgurt nicht bestimmungsgemäß verwendet habe, was bei einer Anhaltung gemäß § 97 Abs.5 StVO festgestellt worden sei. Er habe die Organstrafverfügung nicht bezahlt, obwohl ihm eine solche angeboten worden sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 6 Euro auferlegt.


2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 7. Februar 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw und der Zeugen X (K) und Meldungsleger X (Ml) durchgeführt. Der Vertreter der Erstinstanz war entschuldigt. Die Berufungs­ent­­scheidung wurde mündlich verkündet.  

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, die Aussagen des Polizeibeamten sei nicht unrichtig. Wenn man keine Straftat begangen habe, könne man nicht zu Konsequenzen herangezogen werden. Er habe die Strafe nicht begangen, daher zahle er auch nicht.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, bei der der Bw gehört, die Ausführungen der Erstinstanz in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses berücksich­tigt und die beiden Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB befragt wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens lenkte der Bw zur Vorfallszeit den genannten Pkw, bei dem laut seinen Angaben die Fenster geschlossen waren, in Wels auf der Pollheimerstraße und bog bei der Kreuzung mit der Maria Theresia Straße nach links in diese ein. Beifahrerin war die Zeugin K. Nach den Aussagen beider verwendeten beide den Sicherheitsgurt.

Nach den Aussagen des Ml lenkte dieser ein nach außen hin nicht als Polizei­fahrzeug erkennbares Motorrad auf der Pollheimerstraße und schloss vor der Kreuzung auf den Pkw des Bw auf, wobei beide bei Rotlicht der VLSA zu Stehen kamen. Der Ml, der von hinten aufschloss, erkannte nach eigenen Angaben von seiner Sitzposition aus, dass beide Sicherheitsgurte nach unten hingen, dh nicht verwendet wurden. Er wartete jedoch mit einer Anhaltung, weil er nicht aus­schloss, dass beide gerade weggefahren waren und vielleicht auf den Gurt vergessen hätten und sich doch noch anschnallen würden. Nach dem Einbiegen fuhr der Ml hinter dem Pkw des Bw nach, wobei dem Bw beim hinter ihm fahrenden Motorrad mit X-Kennzeichen die eingeschalteten Doppelscheinwerfer wegen ihres hellen Lichtes auffielen.

Der Ml schilderte in der Verhandlung seine Überlegungen dahingehend, dass bei der Kreuzung mit der Kienzlstraße seinem Eindruck nach beide noch immer nicht angegurtet gewesen seien, sodass er die Anhaltung beschlossen habe. Bei der Kreuzung mit der Franz Fritsch Straße überholte er daher den Pkw und stellte auf gleicher Höhe mit dem Bw fest, dass dieser den Gurt nicht verwendet habe. Er reihte sich vor dem Pkw ein und gab ein Zeichen, ihm zu folgen; die Anhaltung erfolgte ca 150 m weiter rechts auf einer Schotterfläche. Der Ml bestätigte in der Verhandlung, er habe beim Überholen auf gleicher Höhe mit dem Bw gesehen, dass der Gurt nicht verwendet worden sei, aber, als er nach dem Anhalten den Helm abgenommen habe, habe er den Bw neben dem Motorrad stehenbleiben gesehen und dieser sei plötzlich angeschnallt gewesen. Wann der Bw den Gurt angelegt habe, habe er nicht gesehen. Bei der Beifahrerin habe er gesehen, dass diese den Gurt verwendet, aber unter dem Arm gehabt habe.

Sowohl der Bw als auch die Zeugin K, der das Motorrad überhaupt erstmals beim Überholen aufgefallen ist, gaben an, sie hätten erst aufgrund des Folge-Zeichens erkannt, dass der Lenker des Motorrades ein Polizist gewesen sei. Sie hätten aber beide nicht an den Sicherheitsgurt gedacht und sicher nicht beide gleich­zeitig den Gurt angelegt. Beide bestätigten, die ganze Zeit über angegurtet gewesen zu sein. Die Zeugin K räumte ein, es könne sein, dass sie den Gurt etwas vom Körper weggehalten habe, um den Druck zu reduzieren. Sie hätten  sicher nicht beide auf diesem kurzen Weg erst den Gurt angelegt.

Nach übereinstimmender Schilderung aller stellte der Ml bei der nachfolgenden Lenker- und Fahrzeugkontrolle keinerlei Mängel am Fahrzeug fest, lastete beiden aber die Nichtverwendung des Sicherheitsgurtes auf der Fahrt an und bot ihnen ein Organmandat in Höhe von jeweils 35 Euro an, was beide ablehnten mit der Begründung, sie seien ordnungsgemäß angeschnallt gewesen.

Die Zeugin K erklärte, ihr Verwaltungsstrafverfahren sei bei der BH Grieskirchen eingestellt worden.

 

Aus der Sicht des UVS ist zu sagen, dass bei der Annäherung von hinten die Verwendung des Sicherheitsgurtes nur daran zu erkennen ist, dass eine Verbindung von der Seite zum Lenker bzw Beifahrer besteht, zumal aus einer Position hinter dem Fahrzeug weder die Kleidung der Fahrzeuginsassen noch ein Kontrast des dunklen Gurtes auf der Kleidung zu erkennen ist. Dabei ist auch noch eine Spiegelung des Heckfensters, unter Umständen die Sonnenein­strahl­ung zu berücksichtigen. Gleiches gilt beim Nachfahrvorgang selbst. Dass ein Gurt "herunterhängt", wie vom Ml geschildert, ist ein möglicher Anlass für die Vermutung der Nichtverwendung, aber eine sichere Aussage lässt sich daraus nicht immer treffen. Bei der Zeugin K kann der Gurt durchaus von hinten so ausgesehen habe, wenn sie ihn unter dem Arm hatte.

Beim Bw ist der Schilderung des Ml zu entnehmen, dass dieser offenbar beim Anhalten des Pkw neben dem Motorrad selbst überrascht war, als er sah, dass der Bw den Gurt angelegt hatte. Geht man von der Ansicht des Ml aus, müssten beide beim Überholvorgang des nicht als solches erkennbaren Polizeimotorrades gleichzeitig wie auf Kommando den Gurt angelegt haben. Da dort 50 km/h erlaubt sind und anderes nicht behauptet wurde, ist anzunehmen, dass der Bw auch so schnell gefahren ist. Daraus folgt aber, dass zum einen naturgemäß nicht beide sofort an den Gurt denken und diesen anlegen und zum anderen ist die Wegstrecke bis zur Anhaltung bei dieser Geschwindigkeit zu kurz für ein solches einvernehmliches Anschnallen, noch dazu, wenn der Bw dem Ml zu folgen und nach rechts einzubiegen, dh sich auf anderes zu konzentrieren hatte. Der Ml hat ausgeführt, im Rückspiegel habe er nicht gesehen, dass sich der Bw während der Fahrt angeschnallt hätte.

 

Insgesamt gesehen gelangt der UVS aber zur Auffassung, dass damit die tatsächliche Nichtverwendung des Sicherheitsgurtes laut Tatvorwurf "auf der M.T.Straße unmittelbar nach der Kreuzung mit der F.F.Straße" nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erwiesen werden kann, sodass in rechtlicher Hinsicht im Zweifel zugunsten des Bw spruchgemäß zu entscheiden war. Verfahrenskosten fallen dabei naturgemäß nicht an.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Gurt -> Beweiswürdigung

 

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