Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281235/14/Wim/Rd/Bu

Linz, 14.02.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Dr. Leopold Wimmer, Beisitzer: Mag. Thomas Kühberger) über die Berufung der Frau X, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmann­schaft Vöcklabruck vom 20. April 2010, Ge96-2557-2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 1. Dezember 2010 zu Recht erkannt:

 

I.         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden herabgesetzt wird.

            Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch nach der Wortfolge "Sie haben" die Wortfolge "als  Arbeitgeberin" einzufügen ist.

 

II.        Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 100 Euro, das sind 10% der nunmehr verhängten Geldstrafen. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 19, und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG.

zu II: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 20. April 2010, Ge96-2557-2009, wurde über die Berufungswerberin eine Geldstrafe von 2.500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 120 Stunden, wegen einer Verwaltungs­übertretung gemäß § 130 Abs.5 Z1 iVm §§ 118 Abs.3 ASchG und § 90 Abs.1 BauV verhängt, weil sie nicht dafür Sorge getragen hat, dass die Vorschriften des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes (ASchG) in Verbindung mit der Bau­arbeiter­schutzverordnung (BauV) eingehalten wurden. Aufgrund einer Unfall­erhebung am 3.11.2009 wurde festgestellt, dass Herr X am 2.11.2009 (Tatzeit) auf der Baustelle X, X in X, X, die nicht durchbruchsichere Dachfläche betreten hat, wobei bei einer Absturzhöhe ins Innere des Bauwerkes von 6,0 m keine der Schutzmaßnahmen gemäß § 90 Abs.5 BauV gegen Absturz getroffen wurden, obwohl nicht durchbruchsichere Dachflächen nur betreten werden dürfen, wenn bei einer Absturzhöhe ins Innere des Bauwerkes von mehr als 5,0 m eine der im § 90 Abs.5 BauV angeführten Schutzmaßnahmen gegen Absturz (Unterdachkonstruktion; Fanggerüst; Auffangnetz; Sicherung der Arbeitnehmer durch Anseilen, wenn geeignete Anschlagpunkte zur Verfügung stehen) getroffen wurden.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass mit der Reparatur des Daches die Firma X beauftragt worden sei und diese für geeignete Schutzmaßnahmen bzw für die Absicherung zu sorgen gehabt habe. Über Ersuchen von Herrn X habe die Berufungswerberin bei Herrn X um Bereitstellung seines Krans bzw Teleskopladers gebeten. Die Bereitstellung des Krans sei im Angebot der Firma X enthalten gewesen und auch von der Firma X in der Rechnung an die Versicherung weiterverrechnet worden. Es wird auch ausdrücklich darauf verwiesen, dass niemand (ausgenommen die Firma X) angewiesen worden sei, das Dach zu betreten. Des Weiteren wurde vorgebracht, dass die Berufungswerberin über ein monatliches Einkommen von ca. 500 Euro verfüge und aufgrund der momentanen wirtschaftlichen Lage es nicht möglich sei, höhere Privatentnahmen zu tätigen. Im Übrigen bestünden Sorgepflichten für zwei Kinder, welche von der Berufungswerberin und ihrem Ehegatten gemeinsam getragen werden. Die Berufungswerberin ersuche um äußerste Nachsicht, da es aufgrund einer notwendigen Anschaffung eines neuen Bremsenprüfstandes finanziell sehr eng sei.

 


 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie durch Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 1. Dezember 2010, zu welcher die Verfahrensparteien geladen wurden und – mit Ausnahme der belangten Behörde – erschienen sind. Weiters wurden die Zeugen X, X sowie Arbeitsinspektor DI X vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck geladen und einvernommen.

 

3.2. Folgender Sachverhalt steht als erwiesen fest:

 

Die Berufungswerberin ist Einzelunternehmerin und verfügt über Gewerbebe­rechtigungen für Baggerungen und Planierungen, das Handelsgewerbe sowie für das Gewerbe Kfz-Techniker. Der Hauptumfang des Unternehmens betrifft die Kfz-Werkstätte. Im Betrieb sind insgesamt 5 Arbeitnehmer beschäftigt.

 

Die Firma X wurde von der Berufungswerberin mit der Reparatur des Werkstattdaches beauftragt. Im vorgelegten Leistungsverzeichnis – Kosten­schätzung sind Kosten für Vorarbeiten, Dacheindeckung, Materialkosten, angeführt. Weiters werden Kosten ua in der Position "Montagekosten" für 2 Mann Dachdecker/Spenglerpartie, die Beistellung eines Dachdeckerschrägaufzuges sowie die Lkw- und Gerätebeistellung vorangeschlagen. Ein Dachdeckerschräg­aufzug kam jedoch entgegen des Kostenvoranschlages nicht zum Einsatz. Das Aufbringen von Isoliermaterial (Telwolle) war nicht vom Auftragsumfang der Firma X mitumfasst und wurde die Telwolle von der Berufungswerberin selbst bei der Firma X besorgt und von X, einem Arbeitnehmer der üblicherweise in der Werkstätte beschäftigt ist, am Dach aufgebracht.

 

Entgegen dem Inhalt des Kostenvoranschlages wurden die Welleternitplatten und die Telwolle mittels eines Teleskopladers auf das Dach gehoben bzw vom Dach heruntergehoben. Der Teleskoplader wurde von X zur Verfügung gestellt und auch ausschließlich von X bedient. Bei X handelt es sich um einen Landwirt, der für die Firma X aufgrund des Hagelschadens im Jahr 2009 gelegentlich den Teleskoplader schon bei anderen Landwirten zur Verfügung gestellt hat. Grundsätzlich erfolgte die Abrechnung für den Teleskoplader damals jedoch nicht durch die Firma X, sondern durch die jeweils betroffenen Landwirte bzw Auftraggeber.

  

X wurde von der Berufungswerberin persönlich ein paar Tage vor Beginn der Dachreparaturarbeiten beauftragt, die Hebeleistungen mittels seines Teleskopladers am 2. November 2009 durchzuführen. Über eine konkrete Bezahlung wurde mit der Berufungswerberin nichts vereinbart. X erwartete sich jedoch als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen des Teleskopladers von der Berufungswerberin einen günstigeren Bezug von Ersatzteilen, da es sich bei der Kfz-Werkstätte um jene handelt, die von ihm regelmäßig in Anspruch genommen wird.  

 

Vormittags des 2. November 2009 waren zwei Arbeitnehmer der Fa. X mit dem Abdecken des Daches beschäftigt. X bediente den Teleskoplader, indem er die alten Platten vom Dach hievte und die neuen Welleternitplatten und auch die Telwolle auf das Dach hinauf hob. Ebenfalls auf dem Dach befand sich X, ein Arbeitnehmer der Berufungswerberin, der mit der Aufbringung der Telwolle beschäftigt war, und zwar den ganzen Vormittag. Die Arbeitnehmer der Firma X haben zur Mittagspause die Baustelle verlassen. X befand sich auch während der Mittagszeit auf dem Dach und brachte die Telwolle auf. X befand sich während der ganzen Zeit auf dem Boden. Kurz vor zwölf Uhr stieg X auf das Dach, um bei X nachzufragen, ob noch Telwolle gebraucht werde. Am Rückweg vom Dach rutschte X aus und brach durch das Dach durch. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich keine Arbeitnehmer der Firma X auf der Baustelle.

 

Sicherheitsvorrichtungen, die ein Durchbrechen verhindern hätten sollen, waren am Dach nicht vorhanden. Es war lediglich eine befestigte Leiter vorhanden, über die man das Dach erreichte. Ein Leitergerüst, wie auf dem der Anzeige angeschlossenen ersten Foto (Außenansicht) ersichtlich, ist X am Vorfallstag nicht erinnerlich.

 

3.3. Diese Feststellungen gründen sich einerseits auf die im Akt befindlichen Schriftstücke und Fotos und andererseits auf die Aussagen der bei der mündlichen Verhandlung einvernommenen Zeugen sowie auch auf die Ausführungen der Berufungswerberin selbst. Sämtliche Zeugen wirkten glaubwürdig und widersprachen sie sich nicht. Es traten daher keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Aussagen auf. Es können daher diese Feststellungen als erwiesen zugrunde gelegt werden. Vorallem wurde dabei der Aussage des Herrn X gefolgt, auch was die Tätigkeit und Anwesenheit von Herrn X betrifft, wozu die Bw. letztendlich nicht bestritten hat, dass dieser am Dach mit Isolierarbeiten den ganzen Vormittag beschäftigt war, sie jedoch davon nichts bemerkt habe und der Auftrag dazu von ihrem Vater gekommen sein könnte.

 

 


4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz – ASchG, BGBl. Nr. 450/1994 idgF, begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber/in den nach dem 9. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwiderhandelt.

 

Gemäß § 118 Abs.3 ASchG gilt die Bauarbeiterschutzverordnung nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen als Verordnung nach diesem Bundesgesetz.

 

Gemäß § 90 Abs.1 BauV dürfen nicht durchbruchsichere Dachflächen nur betreten werden, wenn Sicherungsmaßnahmen nach Abs.2 bis 7 getroffen sind.

 

Gemäß § 90 Abs.2 BauV sind geeignete Sicherungsmaßnahmen gegen Durchbrechen:

1.                Unterdachkonstruktionen, wie volle Schalung, Unterspanntafeln oder korrosionsbeständiges Maschendrahtgitter,

2.                Lauf- und Arbeitsstege

3.                Dachleitern.

 

4.2. Die Berufungswerberin bestreitet in der Berufung ihre verwaltungsstraf­recht­liche Verantwortlichkeit und begründet dies damit, dass die Firma X von ihr mit der Dachreparatur beauftragt wurde und daher die Sicherheits­vorkehrungen von dieser zu treffen gewesen wären. Was die Dachdeckerarbeiten laut Kostenvoranschlag anbelangt, ist die Berufungswerberin damit grundsätzlich im Recht.

 

Zur Eigenschaft des Herrn X als Arbeitnehmer der Berufungswerberin wird Nachstehendes ausgeführt:

 

Wer Arbeitnehmer ist, richtet sich nach den Regeln des Arbeitsvertragsrechtes. Der zentrale Begriff des Arbeitsvertrages für das gesamte Arbeitsrecht findet sich in den Bestimmungen der §§ 1151 ff ABGB über den Dienstvertrag. Nach Lehre und Rechtsprechung ist dabei insbesondere für den Dienstvertrag kenn­zeichnend, dass die Arbeit vom Dienstnehmer in persönlicher Abhängigkeit vom Dienstgeber verrichtet wird. Dies wird vor allem dadurch charakterisiert, dass der Dienstnehmer in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten dem Weisungs- und Kontrollrecht des Dienstgebers unterworfen ist – sofern das Verhalten im Arbeitsvertrag bereits vorausbestimmt oder unter Heranziehung anderer Regeln bestimmbar ist, dessen laufender Kontrolle unterliegt.

 

Die ausschließliche Tätigkeit für einen Arbeitgeber zählt nicht zu den Wesens­merkmalen des Arbeitsvertrages. Bei der Beurteilung, ob ein Arbeitsvertrag vorliegt, kommt es nicht auf die Rechtsnatur der Vertragsbe­ziehung oder auf die äußere Erscheinungsform des Sachverhaltes an, sondern auf den wahren wirtschaftlichen Gehalt. Insbesondere kann nicht durch bloße Umgehungen anstelle eines Arbeitsverhältnisses von einer selbständigen Tätigkeit ausge­gangen werden.

 

Wie die erwiesenen Feststellungen gezeigt haben, wurde die Berufungswerberin von der Firma X mit der Selbstorganisation des für die bevorstehenden Dachdeckerarbeiten benötigten Teleskopladers beauftragt bzw ihr dieser Vorgang zu organisieren überlassen. Es kam in der Folge zwischen der Berufungswerberin und Herrn X zu der (mündlichen bzw. schlüssigen) Vereinbarung dahingehend, dass er diese Verrichtungen samt Beistellung des erforderlichen Geräts übernimmt. Es kann dahingestellt bleiben, ob es Herrn X seitens der  Berufungswerberin überlassen blieb, ohne ihre detaillierte Einflussnahme die notwendigen Arbeitsgänge durchzuführen, unbeschadet dessen stand nach der gegebenen Sachlage der Berufungswerberin jederzeit die Möglichkeit offen, dies zu tun. Herr X arbeitete somit für die Berufungswerberin, im Sinne eines Arbeitsverhältnisses. Auch seine Erwartung eines finanziellen Entgegenkommens bei Ersatzteilen durch die Bw. bestätigt diese Annahme. Dadurch kommt ihr die Eigenschaft als Arbeitgeberin zu und erfüllt die Berufungswerberin somit auch den objektiven Tatbestand der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung.

 

4.3. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne Weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar, wobei zur Strafbarkeit bereits Fahrlässigkeit ausreicht und Fahrlässigkeit im Sinn der zitierten Bestimmung ohne Weiteres anzunehmen ist, sofern von der Berufungswerberin kein Entlastungsnachweis erbracht wird. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungswerberin initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die Glaubhaftmachung nicht aus.

 

Im Sinne der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Von der Berufungswerberin wurde angegeben, dass sie am Vorfallstag Bürodienst hatte und sich daher um die Baustelle nicht "kümmern" konnte. Dieser Einwand ist jedoch nicht im Sinne des § 5 Abs.1 VStG geeignet, die Berufungswerberin zu entlasten. Sie wäre vielmehr gehalten gewesen, zum einen für einen ausreichenden Schutz gegen Absturz zu sorgen und zum anderen jemand Geeigneten zur Überwachung der Baustelle abzustellen, der dafür gesorgt hätte, dass das ungesicherte Dach nicht betreten wird, noch dazu da sich auch Herr X - ein Arbeitnehmer ihrer Kfz-Werkstätte – auf dem Dach befunden hat und mit Isolierarbeiten beschäftigt war. Im Übrigen hätte Herr X eindringlich dahingehend belehrt werden müssen, dass er das Dach nicht betritt, zumal diesbezüglich auch keine Veranlassung bestand; die Bedienung des Teleskopladers erfolgt naturgemäß vom Boden aus. Dass von der Berufungswerberin diesbezügliche Vorkehrungen getroffen worden seien, wurde von ihr nicht behauptet und kam im Verfahren auch nicht hervor.

 

Es war daher auch vom Verschulden der Berufungswerberin, nämlich zumindest von einer fahrlässigen Tatbegehung auszugehen.   

 

5. Zur Strafbemessung ist auszuführen:

 

Gemäß  § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß  der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat (Abs.1).

Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des StGB sinngemäß  anzuwenden.

Die  Einkommens-,  Vermögens-  und  Familienverhältnisse  des Beschuldigten  sind  bei  der Bemessung  von  Geldstrafen  zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Von der belangten Behörde wurde im angefochtenen Straferkenntnis eine Geldstrafe von 2.500 Euro bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis 7.260 Euro verhängt. Als strafmildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholten­heit, straferschwerend das völlige Fehlen der vorgeschriebenen Sicherungsmaß­nahmen, gewertet. Hinsichtlich der persönlichen Verhältnisse der Berufungswer­berin ist die belangte Behörde, insbesondere hinsichtlich des monatlichen Nettoeinkommens, entgegen den Angaben der Berufungswerberin, von 1.500 Euro ausgegangen. Die Sorgepflicht für zwei Kinder wurde berücksichtigt.

 

Die Berufungswerberin legte anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung handschriftliche Unterlagen vor, die ihre Privatentnahmen aus ihrem Unternehmen für das Jahr 2010 belegen sollen. Diesen ist zu entnehmen, dass sich die Privatentnahmen monatlich im Bereich von Beträgen zwischen 450 Euro und 700 Euro bewegen. Der Oö. Verwaltungssenat geht davon aus, dass die Einkünfte der Berufungswerberin weitgehend glaubwürdig als relativ gering einzustufen sind. Angesichts dessen erscheint dem Oö. Verwaltungssenat eine angemessene Strafherabsetzung vertretbar und geboten. Diese Ansicht wird auch vom Arbeitsinspektorat Vöcklabruck geteilt.

 

Dazu kommt noch, dass der Berufungswerberin der sehr wesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute gehalten werden muss. Dieser lässt erwarten, dass auch mit der herabgesetzten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe noch das Auslangen gefunden werden kann, um sie künftighin von der Begehung von Delikten wie dem gegenständlichen abzuhalten, rechtfertigt nicht jedoch die Anwendung des § 20 VStG.

 

Ein gänzliches Absehen von der Strafe iSd § 21 Abs.1 VStG kam von vornherein nicht in Frage, da keine der beiden kumulativen Voraussetzungen, nämlich geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Tat, immerhin kam es zu einem Arbeitsunfall, vorlag.

 


6. Die Spruchergänzung in Form der Einfügung des Terminus "Arbeitgeberin" ist gesetzlich begründet, zumal auch eine entsprechende taugliche und rechtzeitige Verfolgungshandlung, nämlich die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 1. Dezember 2009, vorlag. 

 

7. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Be­stimmungen begründet.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Dr. Ilse Klempt

 

 

 

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