Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165529/11/Bi/Kr

Linz, 10.02.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 24. Oktober 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Kirchdorf/Krems vom 18. Oktober 2010, VerkR96-7606-2010, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straf­erkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Rechtsmittelwerber hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten der Erstinstanz den Betrag von 15 Euro, ds 20 % der verhängten Strafe, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1 und 19 VStG

zu II.: § 64 VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe von 72 Euro (24 Stunden EFS) verhängt, weil er am 9. April 2010, 11.19 Uhr, im Gemeindegebiet Wartberg/Krems  auf der A9 bei km 10.775 in Fahrtrichtung Sattledt, mit dem Pkw X die durch Straßen­ver­kehrs­zeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindig­keit von 100 km/h um 30 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 7,20 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich, zumal eine solche auch nicht beantragt wurde (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, am 10.10.2010 sei ihm nach Rück­sprache mit der Behörde wegen einer Zahlungserinnerung nachträglich die Straf­ver­fügung zugestellt worden. Die Behörde sei von einer Zustellung am 7.10.2010 ausgegangen und seinem Antrag auf Verfahrenseinstellung nicht gefolgt. Die Strafverfügung sei am 11.10.2010 durch Hinterlegung rechtswirksam zugestellt und am 12.10.2010 eine Abholung ermöglicht worden. Er habe durch seine eigene Mitwirkung seine eigene Bestrafung ermöglicht, was zumindest als Milderungsgrund gewertet werden sollte. Selbst wenn die Behörde den Eintritt der Verfolgungsverjährung negiere, sollte sie ihm zumindest entsprechende Rechts­mittel gewähren. Durch den raschen Verfahrensabschluss erhöhe sich der Verfahrenskostenbeitrag um weitere 20 % für die Berufung. Er beantragt neuer­lich Verfahrenseinstellung und Rückversetzung des Verfahrens in jenen Stand, der ihm dieselben Rechte und Pflichten gewähre, wie wenn das Straferkenntnis nicht ergangen wäre. Wenn die Berufungsinstanz das eigentlich erstinstanzliche Verfahren durchführe, werde ihm das elementare Rechtsmittel der Berufung genommen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus geht hervor, dass der auf den Bw mit der Adresse X, zuge­lassene Pkw X am 9. April 2010 um 11.19 Uhr auf der A9 Pyhrn­autobahn, RFB Sattledt, bei km 10.775, Gemeindegebiet Wart­berg/K., mittels geeichtem Radargerät MUVR 6FA, IdNr.1075, mit einer Geschwin­dig­keit von 137 km/h gemessen wurde, obwohl dort nur 100 km/h erlaubt sind. Nach Abzug der vorgeschrie­benen Toleranzen von 5% des Messwertes oder aufge­rundet 7 km/h wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 130 km/h der Anzeige (und dem Tatvorwurf) zugrunde­gelegt. Die Anzeige ist mit 27.4.2010 datiert, laut Vermerk der Erst­instanz erging eine Strafver­fügung vom 24. Juni 2010, deren Zustellung im Akt nicht ersichtlich ist.

Mit Mail vom 6. Oktober 2010 teilte der Bw der Erstinstanz mit, er habe eine Zahlungsaufforderung erhalten über eine Strafverfügung, die ihm nicht zugestellt worden sei, sodass ihm Rechtsmittel verwehrt worden seien.

Die Strafverfügung vom 24. Juni 2010 (§§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960, 72 Euro/24 Stunden EFS) wurde laut Rsa-Rückschein am 7. Oktober 2010 neuerlich abgesandt. Nach einem erfolg­losen Zustellversuch am
11. Oktober 2010 wurde die Strafverfügung mit Beginn der Abholfrist am
12. Oktober 2010 bei Zustellbasis 1217 hinterlegt. Auffällig ist, dass der Bw damals mit der Adresse X, als Haupt­wohnsitz seit 9.9.2003 im ZMR aufschien und die Strafverfügung auch an diese Adresse gesandt wurde. Auf dem Rückschein der Strafverfügung war die Adresse handschrift­lich abge­ändert in X.

Der Bw hat mit Mail von 12. Oktober 2010 rechtzeitig Einspruch erhoben und Einstellung gemäß § 32 Abs.2 VStG beantragt. Laut ZMR war er ab 12.10.2010 an der Adresse X, mit Hauptwohnsitz gemel­det.

In der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14. Oktober 2010, hinterlegt mit 18.10.2010, wurde der Bw informiert, dass "die nachweisliche Zustellung der Straf­verfügung noch innerhalb der Verfolgungsfrist erfolgt" sei. Laut Aktenver­merk hat sich der Bw am 18. Oktober 2010 telefonisch bei der Erstinstanz selbst als Lenker am 9. April 2010 bezeichnet.

Mit Mail vom 15. Oktober 2010 beantragte der Bw erneut Verfahrenseinstellung wegen Verfolgungsverjährung, weil die Frist am 9. Oktober 2010 geendet habe.

Sodann erging das angefochtene Straferkenntnis.

 

Mit h. Schreiben vom 23. November 2010 wurden dem Bw unter Hinweis auf
§ 32 Abs.1 VStG Kopien des Rückscheins der Strafverfügung, der der 100 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung zugrundeliegenden Verordnung samt Bestätigung über die Kundmachung, ein DORIS-Foto mit dem Standort der Radarkabine, des Eichscheines des BEV und der Anzeige übermittelt, mit Schreiben vom 11. Jänner 2011 auf Antrag auch eine Kopie des Radarfotos, das den genannten Pkw auf der Überholspur zeigt, samt Kennzeichenvergrößerung übermittelt. Dem Bw wurde eine Frist zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt, die nach Zustellung des letzten Schreibens am 13. Jänner 2011 bislang ohne Äußerung des Bw verstrichen ist. Dem Bw wurde für diesen Fall jeweils die Entscheidung nach der Aktenlage auch ohne seine Stellungnahme angekündigt.        

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 52 lit.a Z10 lit.a StVO 1960 zeigt das Vorschriftzeichen "Geschwindig­keits­beschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.



Mit Verordnung des Bundesministers für öffentliche Wirtschaft und Verkehr vom 27. Juni 1990, GZ:165.009/14-I/6-90, betreffend "Westautobahn A1; Knoten Voralpenkreuz; Pyhrnautobahn A9; Umfahrung Sattledt–Voitsdorf–Inzersdorf" wurde ua im Punkt 8. Geschwindigkeitsbeschränkung Tunnel Wartberg II und III auf der RFB Sattledt-Inzersdorf von km 10,2+35 bis km 11,0+80 und auf der RFB Inzersdorf-Sattledt von km 11,1+30 bis km 10,2+85 jeweils die erlaubte Höchst­­geschwindigkeit auf 100 km/h beschränkt und das Überholen für Last­kraft­­fahr­zeuge verboten. Zur Kundmachung wurde auf Planunterlagen verwiesen. Der Autobahnmeister von Vorchdorf hat die verordnungsgemäße Kundmachung am 31. Juli 1990 bestätigt.

Auf der vom Bw befahrenen RFB Sattledt/Voralpenkreuz befindet sich bei km 10.775 das stationäre Radargerät MUVR 6FA, Id.Nr.1075, das laut Eichschein zuletzt vor dem Tatzeit­punkt laut Anzeige am 28. Mai 2009 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2012 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht wurde, dh am 9. April 2010 ordnungsgemäß geeicht war.

 

Die Messung des Pkw X erfolgte laut Anzeige am 9. April 2010 um 11.19 Uhr mit 137 km/h in Fahrtrichtung Sattledt. Dieser Messwert entspricht auch den Daten auf dem vorgelegten Radarfoto, wobei auf diesem in der Vergrößerung das Kennzeichen eindeutig les- und zuordenbar ist.

Vom Messwert wurde die in der Zulassung des Radargerätes vorgeschriebene Toleranz von 5% vom Messwert, das sind aufgerundet 7 km/h, abgezogen und eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 130 km/h dem Tatvorwurf zugrundegelegt.

Aus der Sicht des UVS ist dieser Geschwindigkeitswert ordnungsgemäß zustan­de gekommen und als Grundlage für den Tatvorwurf heranzuziehen. Der Bw hat keinen Zweifel daran gelassen, dass er selbst der Lenker seines Pkw zur Zeit der Geschwindigkeitsmessung war.

 

Zum Argument des Bw, es sei bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, ist zu sagen, dass gemäß § 32 Abs.1 VStG Beschuldigter jede im Verdacht einer Verwaltungsübertretung stehende Person von dem Zeitpunkt der ersten von der Behörde gegen sie gerichteten Verfolgungshandlung bis zum Abschluss der Strafsache ist. Gemäß Abs.2 dieser Bestimmung ist unter "Verfolgungs­handlung" jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldig­ten gerich­tete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl.) zu verstehen, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amts­handlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.

Daher tritt noch keine Verfolgungsverjährung ein, wenn die Verfolgungshandlung vor Eintritt der Verfolgungs­verjährung die  Behördensphäre verlassen hat, dh wie im ggst Fall die Strafverfügung vor dem 9. Oktober 2010 abgesandt wurde, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht zugestellt werden kann. Wie dem Rückschein der Strafverfügung vom 24.6.2010 zu entnehmen ist, wurde diese am 7. Oktober 2010 abgesandt, wobei der Bw zu dieser Zeit noch nicht an der Adresse X, gemeldet war, sodass die Zulassungs­adresse die einzig aktuell bekannte war. 

 

Aus all diesen Überlegungen gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat zur Auffassung, dass der Bw den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und, da von einer Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG keine Rede sein kann, sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten hat.   

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Bw ist bei der Erstinstanz unbescholten – eine Vormerkung wegen Geschwin­digkeitsüberschreitung stammt vom 17.9.2010, dh aus der Zeit nach der ggst Übertretung – und hat sich zu den finanziellen Verhältnissen nicht geäussert, sodass die Schätzung der Erstinstanz (Einkommen 1.300 Euro netto monatlich, kein Vermögen, keine Sorgepflichten) auch im Rechtsmittel­verfahren zugrunde­zu­legen war.

Der Umstand, dass sich der Bw bei der Erstinstanz wegen der Zahlungs­auf­forderung selbst gemeldet hat, ist ihm als mildernd zugutezuhalten, vermag aber nicht aufzuwiegen, dass er nach dem Vorfall erneut wegen Geschwindigkeits­überschreitung in Erscheinung getreten ist, wobei auch die Vormerkungen gemäß der Mitteilung der BPD Wien fast ausschließlich Geschwindig­keits­über­schreitun­gen betreffen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessensspielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Die verhängte Strafe entspricht unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung; eine Strafherabsetzung kommt daher schon aus general- und vor allem spezialpräventiven Überlegungen nicht in Betracht.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet. Eine Benachteiligung des Bw durch den nunmehr vorzuschreibenden Verfahrens­kosten­ersatz im Rechtsmittelverfahren kann nicht erblickt werden, weil ihm in Kenntnis der Ergebnisse des Beweisverfahrens auch die Möglichkeit offenge­standen wäre, die Berufung aus Kostenüberlegungen zurückzuziehen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Radarmessung

 

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