Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522782/3/Br/Th

Linz, 14.02.2011

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 2. November 2010, Zl. VerkR21-65-2010, zu Recht:

 

 

          Der Entzug der Lenkberechtigung und die sonstigen Verbote           werden bis 1.11.2011 ausgesprochen.

 

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4,  64 Abs.2 AVG, BGBl.I Nr. 111/2010  iVm § 7 Abs.1 u.  Abs.3 und Abs.4 und § 25 Abs.3 Führerscheingesetz – FSG idF BGBl. I Nr. 117/2010;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem in der Präambel bezeichneten Bescheid hat die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung dem Berufungswerber die von ihr am 20.06.2007 unter der GZ: 07240331 erteilte Lenkberechtigung für die Klassen A und B für die Dauer von 12 Monaten, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, entzogen.

Es wurde ihm in diesem zeitlichen Rahmen das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides, ausdrücklich verboten, sowie das Recht aberkannt, während der Dauer der Entziehung von einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

Zuletzt wurde einem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gestützt wurde der Bescheid auf  § 32 Abs. 1 Z1,  § 25 Abs.3 und § 30 Abs.1 iVm § 32 Abs.1 Führerscheingesetz – FSG, sowie § 64 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991- AVG.

 

 

 

2. Die Behörde erster Instanz begründete ihre Entscheidung wie folgt:

Eine Person gilt gemäß § 7 Abs. 1 FSG als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird.

 

Gemäß § 32 Abs.1 Zif.1 FSG hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 FSG verkehrszuverlässig oder nicht gesundheitlich geeignet sind ein Motorfahrrad, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge oder Invalidenkraftfahrzeuge zu lenken, das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten.

 

Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen.           

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

Sie lenkten am 28.08.2010 um 15:14 Uhr den PKW, Kennzeichen X, in Hellmonsödt, auf der Oberbairinger Gemeindestraße und verstießen dadurch unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960, da Sie auf der schmalen Oberbairinger Gemeindestraße im Bereich des Objektes Reiterhof Schwarz in Pelmberg trotz der in diesem Bereich durch Verkehrszeichen erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h, der völlig unübersichtlichen Rechtskurve und der Durchfahrt durch den Reiterhof, wo reger Reitbetrieb herrschte, mit einer Geschwindigkeit von ca. 70 km/h fuhren.

 

Sie verstießen weiters am 28.08.2010 um 15:14 Uhr als Lenker des PKWs, Kennzeichen X, unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung 1960, da Sie auf der schmalen Oberbairinger Gemeindestraße im Kreuzungsbereich mit dem Güterweg Pargfried einen PKW, der nach links in den Güterweg einbiegen wollte und dies auch angezeigt hatte, links überholten und diesen dadurch zum starken, unvermittelten Abbremsen nötigten.

 

Mit Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Linz vom 01.09.2010 wird gegen Sie Anklage erhoben, weil Sie am 28.08.2010 zwischen Oberaigen und Linz als Lenker eines PKWs eine Gefahr für Leib und Leben einer größeren Anzahl von Menschen, nämlich für zumindest 12 Personen und zwar Radfahrer, Fußgänger und Insassen von Fahrzeugen dadurch herbeiführten, dass Sie auf der teils stark kurvenreichen und nur ca. 4 m breiten Oberbairingerstraße in Ortsgebieten und Strecken mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h mit überhöhter Geschwindigkeit von bis zu 130 km/h fuhren, wobei Unfälle nur durch Ausweich- und Bremsmanöver der anderen Verkehrsteilnehmer verhindert werden konnten.

Angeklagt werden Sie weiters, weil Sie im Zuge dieser Fahrt das Polizeifahrzeug durch Abdrängen an der Anhaltung Ihres Fahrzeuges hindern wollten.

 

Da Sie sohin als nicht mehr verkehrszuverlässig anzusehen sind, war Ihn en die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Zur Dauer der Entziehung wird angeführt, dass der Staatsanwalt in seiner Anklage vom Verbrechen der Gemeingefährdung des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt ausgeht. Die ausgesprochene Dauer der Entziehung steht im Einklang mit der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, der bereits bei bloßem Widerstand gegen die Staatsgewalt eine Entziehungsdauer von 12 Monaten als angemessen ansieht (VwGH 27,05.1999, 98/11/0198). Im konkreten Fall waren bei der Entziehungsdauer auch die besonders gefährlichen Verhältnisse mit zu beurteilen.          

Auf Grund des Umstandes, dass der Vorfall bereits 2 Monate zurückliegt, kam die Behörde zur Ansicht, dass eine Entziehungsdauer von 12 Monaten ausreichend ist, um Ihre Verkehrszuverlässigkeit wieder herzustellen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Auf Grund der fehlenden Verkehrszuverlässigkeit war Ihnen auch das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen zu verbieten.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer allfälligen Berufung gegen diesen Bescheid ist im Wesen des Führerscheinentzuges als Sofortmaßnahme begründet.“

 

 

2.1. Der außerhalb des Spruches am Bescheidformular wohl irrtümlich angebrachte Hinweis auf die zusätzliche Anordnung einer Nachschulung wurde im Bescheidspruch nicht aufgenommen. Dieser ist daher nicht Berufungsgegenstand.

 

 

2.2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht bei der Behörde erster Instanz eingebrachten Berufung.

Darin führt er aus, bei der Verhandlung am 4.11.2010 wegen dieser Angelegenheit vom Gericht freigesprochen worden zu sein. Es sei vom Gericht festgestellt worden, dass niemand gefährdet wurde, sogar die Beamten hätten zugegeben, dass niemand gefährdet worden sei;

Nachdem das Polizeiauto mit Blaulicht und Folgetonhorn und Lichthupe die ganze Zeit hinter ihm gewesen sei wären dadurch alle anderen Verkehrsteilnehmer rechtzeitig gewarnt worden.

Von zwölf Personen habe keine eine Anzeige erstattet.

Sein weiteres Vorbringen bezieht sich auf seinen Zustelldienst für X und auf die damit verbundene Notwendigkeit der Lenkberechtigung für sein wirtschaftliche Existenz. Ebenfalls verwies der Berufungswerber auf seine Sorgepflichten für sieben Kinder und seine Zahlungsverpflichtungen im Umfang von insgesamt 100.000 Euro.

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat demnach durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.1 AVG).

Ergänzend Beweis erhoben wurde durch die Beischaffung des im Zusammenhang mit dem hier verfahrensgegenständlichen Fahrverhaltens des Berufungswerbers gegen ihn ergangenen Urteils des LG Linz zu Hv 104/10t. Ebenfalls wurde der Stand des Verwaltungsstrafverfahrens erhoben.

 

 

3.1. Gegen den Berufungswerber wurde wegen des Vorfalles vom 28.8.2010 idZ von 15:12 bis 15:30 Uhr, bei der StA Linz, zu GZ: 17 St 192/10b, per 1.10.2010 nachfolgende Anklage erhoben:

I.     „X habe am 28.08.2010 zwischen Oberaigen und Linz anders als durch eine der in den §§ 169, 171 und 173 mit Strafe bedrohten Handlungen, als Lenker eines PKW Audi A3 eine Gefahr für Leib oder Leben (§ 89) einer größeren Zahl von Menschen, nämlich für zumindest 12 Personen, und zwar Radfahrern, Fußgängern und Insas­sen von Fahrzeugen, dadurch herbeigeführt, dass er auf der teils stark kurvenrei­chen und ca. 4 Meter breiten Oberbairingerstraße in Ortsgebieten und in Strecken mit einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h mit überhöhter Geschwindig­keit von bis zu 130 km/h fuhr, wobei Unfälle oftmals nur durch Ausweich- bzw. Bremsmanöver der anderen Verkehrsteilnehmer verhindert werden konnten;

II.        am 28.08.2010 in Oberwinkel die Polizeibeamten X und X, mit Gewalt, nämlich durch das Abdrängen des Einsatzfahrzeuges als sie ihn bei der zu I. dargestellten Verfolgung stellen wollten, an einer Amtshandlung, und zwar ihn anzuhalten, zu hindern versucht;

III. im Frühjahr 2007 in Linz eine Sache in einem € 3.000,— übersteigenden Wert, die ein anderer durch einen anderen Grund als wegen gewerbsmäßiger Begehung mit fünf Jahre erreichender Freiheitsstrafe bedrohten Handlung gegen fremdes Vermögen erlangt hat, nämlich einen PKW der Marke Audi A3 im Wert von ca. € 21.471,60 (€ 17.893,- netto), den ein unbekannter Täter in der Nacht zum 02.12.2002 in Nüziders durch einen Einbruchsdiebstahl wegnahm, dadurch, dass er den PKW um € 4.000,-- kaufte, an sich gebracht, wobei er die dieser Strafdrohung begründenden Umstände kannte.

 

er habe hiedurch

das Verbrechen der vorsätzlichen Gemeingefährdung nach § 176 Abs 1 StGB,  das Verge-hen des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs.1 269 Abs 1 dritter Fall StGB und das Verbrechen der Hehlerei nach § 164 Abs 2, 3 und 4 dritter Fall StGB begangen und er sei hiefür unter Anwendung des § 28 Abs 1 StGB nach § 176 Abs zu bestrafen.

Begründet wurde darin ausgeführt, der 48-jährige Beschuldigte weist in der Strafregisterauskunft keine Eintragung auf. Er gibt aber an, dass er bereits wegen Verwaltungsstrafen und „einer Vergewaltigung im Familienkreis" mehrere Monate in Haft war, wobei die letztgenannte Angabe weder bestä­tigt noch widerlegt wurde. Der Beschuldigte besuchte vier Klassen Volksschule, vier Klas­sen Gymnasium und drei Klassen einer Berufsschule. Er erhält aus einer Invaliditätspensi­on € 470,- monatlich und aus selbständigen Tätigkeiten ca. € 2.000,-. Er ist sorgepflichtig für fünf Kinder und eine Ehegattin, besitzt die Hälfte eines Einfamilienhauses und zahlt ca. € 700,- pro Monat für einen Kredit zurück.

In der Nacht zum 02.12.2002 wurde in Nüziders in Vorarlberg der Audi A3 vom Ge­brauchtwagenpark der Firma X durch einen Einbruchsdiebstahl weggenommen. Das Fahrzeug hatte damals einen Wert von ca. € 17.893,-- (netto) (S. 59 in ON 3). Im Frühjahr 2007 kaufte der Beschuldigte den gestohlenen PKW von einer unbekannten Person auf ei­nem Flohmarkt in Linz, wobei zunächst ein Kaufpreis von € 7.000,- ausgemacht wurde. Der Beschuldigte bezahlte eine Anzahlung von € 4.000,-- und der Rest wäre zwei Monate später zu begleichen gewesen. Als es zu einem neuerlichen Treffen mit der unbekannten Person kam, vertröstete der Beschuldigte diesen hinsichtlich der fehlenden € 3.000,-, worauf dieser auf den Betrag verzichtete, zumal er dem Beschuldigten auch keine Fahr­zeugpapiere übergab.

          Am 28.08.2010 erfuhr die PI Hellmonsödt von dem gestohlenen Fahrzeug in der Garage des Beschuldigten. Daher wurde das Gebäude beobachtet und als der Beschul­digte mit dem Fahrzeug aus der Garage wegfuhr, nahm die Polizei die Verfolgung auf. Nach ca. einem Kilometer schlössen die Polizeibeamten X und X mit dem Streifenwagen auf das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug auf und sie forderten ihn durch Blaulicht, Folgetonhorn und Betätigen der Lichthupe auf, das Fahrzeug anzuhalten. Trotz dieser eindeutigen Zeichen beschleunigte der Beschuldig­te sein Fahrzeug und fuhr auf der Oberbairingerstraße in Richtung Linz, mit hoher Ge­schwindigkeit weiter. Auf der ca. vier Meter breiten und kurvenreichen Gemeindestraße fuhr der Beschuldigte mit bis zu ca. 130 km/h, wobei er mit überhöhter Geschwindigkeit auch durch Ortsgebiete fuhr und Geschwindigkeitsbeschränkungen ignorierte. Da an die­sem Samstagnachmittag nicht nur Fahrzeuge auf der Gemeindestraße unterwegs waren, sondern auch Radfahrer, Fußgänger und Reiter, gefährdete er zumindest 12 Personen. Er fuhr dabei nicht nur an mehreren PKW und Fahrrädern, einem LKW und einem Traktor vorbei, die nicht nur ihre Fahrzeuge abbremsen und auch ausweichen mussten, sondern auch an mehreren Fußgängern, die sich teilweise nur durch einen Sprung zur Seite in Si­cherheit bringen konnten.

          Auf einem geraden Straßenstück kurz nach dem Ortsende von Oberwinkel (S. 13 in ON 7) versuchte der Polizeibeamte X als Lenker des Streifenwa­gens, diesen zu überholen, um seine Anhaltung und Kontrolle zu ermöglichen. Um dies zu verhindern, lenkte der Beschuldigte sein Fahrzeug bei hoher Geschwindigkeit gegen den Streifenwagen, um diesen abzudrängen. Nach der ca. 10 km langen Verfolgungsjagd konnte der Beschuldigte schließlich von den Polizeibeamten überholt und angehalten wer­den.

Der Beschuldigte hatte bei seinen Handlungen einen Vorsatz in Richtung der Ge­fährdung einer größeren Zahl von Menschen, eines Widerstandes gegen die Staatsgewalt und einer Hehlerei, wobei zu letzterer anzumerken ist, dass er es zumindest ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, dass der PKW aus einem Einbruchsdiebstahl stamm­te.

Der Beschuldigte verantwortet sich zur Hehlerei ..teilweise geständig und gesteht auch die Verfolgungsjagd mit bis zu 100 km/h auf einem schmalen Güterweg über etwa zehn Kilometer zu. Er gibt aber dazu an, dass er sich durch das „Einsatzfahrzeug gefährdet fühlte".

Insbesondere die Gefährdung von anderen Verkehrsteilnehmern und das Abdrän­gen des Streifenwagens wird von den beiden Polizeibeamten glaubwürdig und anschau­lich geschildert.

Zur Anzahl der gefährdeten Personen ist auf die Lichtbildbeilage der Polizei zu ver­weisen, wo von drei PKW, (mehreren) Radfahrern, einem LKW und einem Traktor die Rede ist. Weiters wird angeführt, dass durch einen Reiterhof durchgefahren wurde, bei dem Reitbetrieb herrschte, im Ortsgebiet von Oberbairing reger Wanderverkehr herrschte und an einer unübersichtlichen Stelle zahlreiche Fußgänger unterwegs waren. Aus diesen Schilderungen ergibt sich, dass zumindest zwölf Personen gefährdet wurden.

 

In rechtlicher Hinsicht beurteilte dies die Staatsanwaltschaft, dass von einer Gefahr für Leib oder Leben einer größeren Zahl von Menschen ab etwa einer Gefährdung von zehn Personen auszugehen sei (Fabrizy, StGB10 § 176 Rz 3).

Der Beschuldigte wendete Gewalt im Sinne des § 269 StGB an, weil nicht nur ein unmittelbarer Körperkontakt den Gewaltbegriff erfüllt, sondern auch bloß mittelbar gegen eine Person gerichtete nicht unerhebliche physische Kraft Gewalt im Sinne des § 269 StGB darstellt (Danek in WK2 § 269 Rz 55ff).

Er werde sich daher im Sinne der Anklage zu verantworten haben.

 

 

3.2. Am 4.11.2010 wurde der Berufungswerber in den Punkten II. und III. vom Landesgericht Linz, GZ: 21 Hv 104/10t schuldig gesprochen und wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach den §§ 15 Abs.1, 269 Abs.1 dritter Fall - wer einen Beamten mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung an einer Amtshandlung hindert – des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs.2 1. Fall und Abs.3 StGB, des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs.1 u. Abs.2 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB unter Anwendung des § 28 Abs.1 StGB - Zusammentreffen strafbarer Handlungen - zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt. Acht Monate wurden unter Setzung einer Probezeit auf drei Jahre bedingt nachgesehen. Zwei Monate wurden unbedingt ausgesprochen.

Zu Punkt I. der wider ihn erhobenen Anklage – des Verbrechens der vorsätzlichen Gemeindgefährdung – wurde er freigesprochen.

Straferschwerend wurde das Zusammentreffen von vier Vergehen und Mildernd das Geständnis zu Punkt 3 und der bloße Versuch beim Abdrängen des Polizeifahrzeuges und seine Unbescholtenheit gewertet.

 

 

3.2.1. Von der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung wurde wegen des diesbezüglichen Fahrverhaltens des Berufungswerbers unter der der AZ.: VerkR96-5092-2010, eine Strafverfügung erlassen.

Darin wurde ihm – hier in verkürzter Darstellung – zur Last gelegt er habe damals  idZ von 15:12 bis 15:30 Uhr das KFZ mit dem Kennzeichen  X gelenkt,

·        obwohl dieses nicht zum Verkehr auf öffentlichen Straßen zugelassen war;

·        keine Begutachtungsplakette angebracht war;

·        trotz der erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h und der völlig unübersicht-lichen Rechtskurve und der Durchfahrt durch den Reiterhof, wo reger Reitbetrieb herrschte, eine Geschwindigkeit mit ca. 70 km/h gefahren zu sein;

·        unter besonders gefährlichen Verhältnissen gegen die Bestimmungen der StVO dadurch verstoßen zu haben, weil er etwa auf der schmalen Oberbairinger Gemeindestraße im Kreuzungsbereich mit dem Güterweg Pargfried einen PKW, welcher nach links in den Güterweg Pargfried einbiegen wollte und dies auch angezeigt hatte, links überholt habe und diesen PKW dadurch zum starken unvermittelten Bremsen des PKW genötigt habe;

·        in einer unübersichtlichen Kurve nicht am rechten Fahrbahnrand gefahren zu sein;

·        die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h dreimal  erheblich überschritten zu haben da er abwechselnd (in einer 30 km/h-Beschränkung) mit 60 km/h und 70 km/h und 80 km/h gefahren sei und

·        beim Überholtwerden den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten habe.

 

Diese Schuldsprüche sind wohl noch nicht rechtskräftig, das Fahrverhalten ist jedoch im Rahmen dieses Verfahrens unter Bedachtnahme auf die diesbezügliche Aussage des Berufungswerbers und des Gerichtsurteils, welches in dessen Schuldspruch nicht die Aspekte der Verwaltungsstraftatbestände umfasst sind, einer selbständigen Würdigung iSd § 7 Abs.4 FSG zu unterziehen.

 

 

3.3. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Die Berufungsbehörde gelangt zur Überzeugung, dass dieses Verhalten des  Berufungswerbers auf eine Sinnesart hindeutet, auf Grund derer anzunehmen ist, dass dieser im Sinn des § 7 Abs. 1 FSG beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit weiterhin gefährden werde, "insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr".

Das Motiv der Fluchtfahrt lässt sich zusammenfassend dahingehend qualifizieren, dass der Berufungswerber offenbar alles auf eine Karte setzte um der versuchten Anhaltung und damit der strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen. In Verfolgung dieses Plans hat er sich einer besonders rücksichtslosen Fahrweise gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern bedient. Das dieses Verhalten objektiv geeignet war die anderen Verkehrsteilnehmer zumindest abstrakt zu gefährden ist aus h. evident.

So ließ er um einer Anhaltung zu entgehen das Polizeifahrzeug nicht überholen, wobei er laut eigenen Angaben auf einem Güterweg mit bis zu 100 km/h insgesamt 10 km weit unterwegs war. Dabei kamen ihm Radfahrer und Fußgänger entgegen. Lediglich wegen der Aussichtslosigkeit und Treibstoffmangel gab er vor dem Stadtgebiet Linz auf und hielt an. Nachdem das Polizeifahrzeug vor ihm abgestellt wurde und den Weg blockierte, legte er nochmals den Rückwärtsgang ein und versuchte abermals zu flüchten, ehe er angehalten und festgenommen werden konnte.

Wenn der Berufungswerber in seiner Berufung nun vermeint, die Polizei sei ja ohnedies mit Blaulicht und Folgetonhorn hinter ihm gefahren und dadurch wären andere Verkehrsteilnehmer gewarnt worden, beweist er damit einmal mehr, dass es ihm offenbar jeglichem Unrechtsbewusstsein zu ermangeln scheint. Sein Fahrverhalten als solches gilt es zu beurteilen, wobei er sich nicht gleichsam entschuldigend darauf berufen kann, dass die Polizei dies mit seiner Verfolgung zu beenden versuchte, wobei sie andere Verkehrsteilnehmer vor der Gefahr warnte. Selbst nach seiner Anhaltung versuchte er durch ein fluchtartiges Zurückfahren sich abermals der Anhaltung zu entziehen. Daraus wird die fehlende Bereitschaft sich den Vorschriften des Straßenverkehrs unterzuordnen und damit eine verwerfliche Sinneshaltung evident.

Schlussendlich verstärkt die nach seiner Festnahme gegenüber den Polizeibeamten getätigte Ankündigung, er werde der Polizei auch ohne Führerschein gleichsam „jederzeit wieder“ davonfahren, seine negative Wertehaltung.

Wenn der Berufungswerber in seiner Berufung offenbar vermeint „er sei in dieser Sache vom Gericht freigesprochen worden“ und das Gericht habe festgestellt es sei niemand gefährdet worden, verschweigt er die überwiegend in dieser Sache ausgesprochene Verurteilung.

 

 

4. Rechtlich hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

Nach § 7 Abs.1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

          1.       die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird; ….

          ……

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand: …

…..

Z3      als Lenker eines Kraftfahrzeuges durch Übertretung von Verkehrsvorschriften ein Verhalten setzt, das an sich geeignet ist, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen, oder mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegen die für das Lenken eines Kraftfahrzeuges maßgebenden Verkehrsvorschriften verstoßen hat ………

 

Der § 7 Abs.4 FSG lautet:

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend,….

So erblickt etwa der Verwaltungsgerichtshof bereits im Zurücksetzen auf einem Pannenstreifen auf der Autobahn besonders gefährliche Verhältnisse und darin einen Entzug der Lenkberechtigung von drei Monaten als rechtmäßig erblickt (VwGH 30.09.2002, 2001/11/0010).

Im Rahmen dieses Verfahrens ist eine Prognose über die Dauer der voraussichtlichen Verkehrsunzuverlässigkeit und der darauf aufbauenden Bemessung der Entziehungsdauer gemäß § 25 FSG eine Wertung des Fehlverhaltens (der bestimmten Tatsache im Sinne des § 7 Abs. 1 und 3 FSG) vorzunehmen. Dabei hat sie, wie der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen hat darzulegen, ob und aus welchen Gründen bei der Anwendung der Kriterien des § 7 Abs. 4 FSG zu Grunde liegenden Prognose über sein künftiges Verhalten zur Auffassung gelangt, die Verkehrsunzuverlässigkeit würde ein Jahr nach Zustellung bzw. Erlassung des Bescheides noch fortdauern (vgl VwGH vom 27.3.2007, 2006/11/0273 mwN).

Dies erblickt die Berufungsbehörde insbesondere in der Ansage er (der Berufungswerber) wolle sich sowieso nicht an die Rechtslage halten und mit anderen Führerscheinen fahren.

Vor diesem Hintergrund geht auch die Berufungsbehörde davon aus, dass der Berufungswerber, in der von der Behörde erster Instanz zum Zeitpunkt des erlassenen Bescheides (ab Tatbegehung) mit insgesamt 14 Monate prognostizierbarer Dauer als verkehrszuverlässig anzusehen ist.

Wenn jedoch der Entzugsbescheid erst zwei Monate nach dem Vorfall erlassen und weitere drei Monate später (am 1.2.2011) zugestellt wurde, muss dieser zwischenzeitig verstrichener Zeitraum gleichsam berücksichtigt werden. Daraus folgt nunmehr, dass mit dem Wiedererlangen der Verkehrszuverlässigkeit ab  1. November 2011 gerechnet werden kann.

Der Spruch war dementsprechend zu berichtigen um zu vermeiden, dass sich durch eine erst viel spätere Zustellung eine unsachlich verlängernde und im Ergebnis auf eine Strafe hinauslaufende Entzugsdauer ergibt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein rechtlich beachtliches Kriterium; (s. Grundtner, KFG, 5. Auflage, E14 zu § 73 KFG, Seite 526,  VwGH v. 30.5.2001, 2001/11/0081 mit Vorjudikatur uva).

Damit war hier dem Kern die Berufung nicht statt zu geben, die Entzugsdauer nunmehr jedoch auf den Zeitpunkt der Bescheiderlassung abzustellen.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass im gegenständlichen Fall Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr.  B l e i e r

 

 

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