Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165677/9/Bi/Kr

Linz, 24.02.2011

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des X, vom 11. Jänner 2011 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 10. Jänner 2011, VerkR96-2718-2010, wegen Übertretungen der StVO 1960, des FSG und des KFG 1967, aufgrund des Ergeb­nisses der am 10. Februar 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung zu Recht erkannt:

 

I.  Der Berufung wird im Punkt 1) insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass der Pkw am 12. Dezember 2010 um 6.55 Uhr in Walding nächst Gramastettner Straße 10 in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand nicht gelenkt sondern in Betrieb genommen wurde; die Geldstrafe wird auf 1.800 Euro herabgesetzt, die Ersatzfreiheitsstrafe bleibt unverändert.

      In den Punkten 2), 3) und 4) wird die Berufung abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich Schuld- und Strafaus­spruch bestätigt.

 

II. Im Punkt 1) ermäßigt sich der Verfahrenskostenbeitrag der Erst­instanz auf 180 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

      In den Punkten 2), 3) und 4) hat der Bw zusätzlich zum Verfahr­ens­kosten­beitrag der Erstinstanz Beträge von 2) und 3) jeweils 6 Euro und 4) 4,20 Euro, insgesamt 16,20 Euro, ds 20 % der verhängten Strafen, als Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren zu leisten.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51i, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: §§ 64ff VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurden über den Beschuldigten wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1) §§ 99 Abs.1 lit.b iVm 5 Abs.2 StVO 1960, 2) §§ 37 Abs.1 iVm 14 Abs.1 Z1 und 37 Abs.2a FSG, 3) §§ 102 Abs.5 lit.b iVm 134 Abs.1 KFG 1967 und 4) §§ 23 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 Geldstrafen von 1) 2.000 Euro (14 Tagen EFS), 2) und 3) je 30 Euro (12 Stunden EFS) und 4) 21 Euro (12 Stunden EFS) verhängt, weil er am 12. Dezember 2010 um 6.55 Uhr in 4111 Walding, Waldinger Straße L1508 nächst dem Haus Grama­stettner Straße 10,

1) sich nach Aufforderung durch ein besonders geschultes und von der Behörde hiezu ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht geweigert habe, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet werden habe können, dass er zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort den Pkw X, einen schwarzen Audi A6 Avant, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe,

2) es als Fahrzeuglenker unterlassen habe, den Führerschein trotz Verlangen eines Organes der Straßenaufsicht zur Überprüfung auszuhändigen,

3)  es als Lenker unterlassen habe, den Zulassungsschein des Pkw auf Verlangen der Straßenaufsicht zur Überprüfung auszuhändigen,

4) außerhalb eines Parkplatzes das Fahrzeug nicht am Rand der Fahrbahn zum Halten aufgestellt habe, obwohl sich dies aus Bodenmarkierungen oder Straßen­ver­kehrs­zeichen nicht ergeben habe.

Gleichzeitig wurden ihm Verfahrenskostenbeiträge von gesamt 208,10 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Am 10. Februar 2011 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung in Anwesenheit des Bw, des Vertreters der Erstinstanz X und der Zeugen  Meldungsleger X (Ml) und X (GI A) durchgeführt. Auf die mündliche Verkündung der Berufungsentscheidung wurde verzichtet.


 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er sei in letzter Zeit 19mal zur Untersuchung seiner Atemluft auf Alkoholgehalt aufgefordert worden und alle Untersuchungen hätten einen AAG von 0,0 mg/l ergeben. Er habe auch im ggst Fall vor der Fahrt keinen Alkohol konsumiert und sei komplett nüchtern gewesen. Ein deutscher Staatsbürger müsse in Österreich der  Aufforderung zur Unter­suchung der Atemluft nicht nachkommen. Er habe eine Blutprobe machen wollen, aber das sei ihm verweigert worden, obwohl es in Europa so üblich sei, dass man, wenn man keine Atemluftuntersuchung machen könne oder wolle, eine Blutprobe machen könne. Er sei auch im Gefängnis bei der Ärztin gewesen und habe eine Blutprobe machen wollen. Es seien aber drei Polizisten anwesend gewesen und diese seien nicht hinausgegangen, daher habe bei ihm keine Blutprobe gemacht werden können.   

Er habe kurz vorher einen Fahrgast in Gramastetten "ausgelassen", das sei um 5.45 Uhr gewesen und nicht um 6.55 Uhr. Den Fahrgast habe er um 5.00 Uhr im Empire abgeholt und nach Gramastetten gebracht, das dauere höchstens 30 Minuten. Der Ml habe sich um 1 Stunde geirrt, da er um 6.00 Uhr Feierabend habe. Dem Ml habe er auch den Führerschein gezeigt; anschließend habe dieser behauptet, er habe den Führerschein nicht gesehen. Den Zulassungsschein habe der Polizist nicht verlangt. Bei der PI Ottensheim hätten sich die Polizisten dann ohnehin alle Papiere angesehen. Er sei am äußerst rechten Fahrbahnrand gestanden und habe telefonieren wollen; dabei sei ihm die Zigarette hinunter­gefallen, die er aufheben habe wollen. In diesem Moment habe der Ml die Fahrertür aufgerissen, habe ihn an der linken Schulter gepackt und aus dem Fahrzeug gezogen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Durchführung einer öffentlichen münd­lichen Berufungsverhandlung, bei der beide Parteien gehört und die oben genannten Zeugen unter Hinweis auf die Wahrheitspflicht des § 289 StGB einvernommen wurden.

 

Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Der Bw ist deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz im Bezirk Rohrbach seit 2007. Am 12. Dezember 2010 gegen 6.55 Uhr fuhren der Ml und GI A mit einem Polizei­fahrzeug von Walding in Richtung Gramastetten. Beide hatten Nachtdienst gehabt und um 8.00 Uhr Dienstschluss; der Ml brachte GI A zur PI Gramastetten,  um anschließend zur PI Ottensheim zurückzufahren. Als beide Zeugen nahe beim Ortsende von Walding auf der Fahrbahnseite in Fahrtrichtung Orts­zentrum einen schwarzen Pkw mit beleuchtetem Taxischild, eingeschaltetem Licht und laufen­dem Motor, dessen Lenker mit gesenktem Kopf im Fahrzeug saß, sahen, blieb der Ml stehen und beide stiegen aus, um nachzu­sehen. Nach stärkerem Klopfen an die Seitenscheibe hob der Bw den Kopf und öffnete die Tür. Auf die Frage, ob ihm etwas passiert sei, antwortete er dem Ml, er habe nur ein bisschen geruht. Er wurde daraufhin vom Ml zu einer Lenker- und Fahrzeugkon­trolle aufgefordert und stieg aus. Dabei sahen beide Beamte eine offene fast leere Bierflasche in der Mittelkonsole und der Ml forderte den Bw zur Durchführung einer Atemluftalko­hol­untersuchung mittels – im Streifenfahrzeug mitgeführten – Alkomat auf. Der Bw verweigerte diese mit der Begründung, er müsse als deutscher Staatsbürger in Österreich keinen Alkotest machen. Da er trotz entsprechender Belehrung bei seiner Ansicht blieb, wurde sein Verhalten als Verweigerung gewertet.

Auf die Aufforderung des Meldungslegers, ihm Führerschein und Zulassungs­­schein zur Überprüfung auszuhändigen, nahm der Bw eine Karte aus seiner Brief­tasche und hielt sie so, dass sie der Meldungsleger sehen, aber nicht lesen konnte. Als der Meldungsleger daraufhin die Aushändi­gung der Karte verlangte, antwortete der Bw: "Die greifst mir nicht an!" und steckte die Karte ein. Im Zuge der Amtshandlung, die mit der Verhaftung des Bw endete, fielen zwei Zulass­ungs­scheine auf den Boden, die GI A später fand; dabei war auch der für den vom Bw gelenkten Pkw.

 

Der Bw gab in der Verhandlung an, er habe gegen 5.00 Uhr einen Fahrgast vom Lokal Empire in St. Martin iM nach Gramastetten gebracht, der auch die Bier­flasche mitgebracht und im Auto zurückgelassen habe, weil sie ohnehin fast leer gewesen sei und er sie wohl als Müll betrachtet habe. Da die Fahrt nach Gramastetten höchstens 30 Minuten gedauert haben könne, könne es bei der Amtshandlung durch die beiden Beamten höchstens 6.00 Uhr, aber niemals 7.00 Uhr gewesen sein. Das hätten diese wohl verwechselt, weil sie um 6.00 Uhr "Feierabend" gehabt hätten – in der Verhandlung schränkte der Bw ein, er wisse nicht, wann die Beamten frei gehabt hätten. Im Übrigen müsse ein deutscher Staatsbürger in Österreich keinen Alkotest machen, sondern könne auch eine Blutabnahme verlangen; diese hätten ihm aber die Beamten verweigert. Er habe dem Ml auf sein Verlangen den Führerschein, der die Form einer Kreditkarte habe, ohnehin gezeigt und einen Zulassungs­schein habe dieser gar nie verlangt; überdies hätten die Beamten später bei der PI Ottensheim ohnehin sämtliche Papiere angesehen. Auch in der Berufungsver­handlung vertrat der Bw die An­sicht, er habe als deutscher Staatsbürger den Führerschein auch nicht auszu­händigen; das sei überall in der EU so, daher auch in Österreich.  

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat gelangt im Wege der freien Beweiswürdigung

zur Auffassung, dass die Aussagen der Polizeibeamten in der mündlichen Ver­hand­lung, sowohl was die Uhrzeit der Amtshandlung als auch den Abstellort des Pkw und die – vom Bw unbestritten bestätigte – Aufforderung zum Alkotest nach Auffindung der Bierflasche im Fahrzeug und die Weigerung des Bw, dieser Aufforderung nachzukommen mit der Begründung, er sei als deutscher Staats­bürger dazu nicht verpflichtet, sowie das bloße Herzeigen des Führerscheins, der Wahrheit entsprechen. Zur Uhrzeit der Amtshandlung haben beide Zeugen nach­voll­ziehbar und glaubhaft den Grund der Fahrt nach Gramastetten, nämlich den Dienst­schluss von GI A, wobei vor dem tatsächlich Verlassen der Dienststelle noch Schriftliches zu erledigen war, und die beabsichtige anschließende Rückkehr des Ml zur PI Ottensheim, um dort an diesem Sonntag um 8.00 Uhr aus dem Dienst zu gehen, dargelegt. Dass sich der Bw, der mit gesenktem Kopf am Lenker­sitz des mit laufendem Motor und eingeschalteten Scheinwerfern auf der rechten Seite der Gramastettner Straße stehenden Pkw saß, schon längere Zeit dort befunden hat, ist aus den Aussagen sowohl des Bw als auch der Zeugen nicht auszuschließen. Die Fahrtrichtung stimmt mit der Schilderung des Bw, er sei aus Gramastetten gekommen, über­ein, wobei aufgrund seiner Sitzposition auch die in der Berufungsverhandlung vom Ml dargelegte damalige Vermutung, der ihm bis dahin unbekannte Lenker könne zB einen Herzinfarkt erlitten haben, und daher habe er nachgesehen, nicht unglaubwürdig ist.

Die Aussage von GI A, der Ml habe den Bw zum Alkoholvortest aufgefordert, den dieser verweigert habe, haben sowohl der Ml als auch der Bw glaubhaft wider­legt; dem Bw war nach eigenen Ausführungen in der Berufungsverhandlung dieser Begriff völlig fremd und der Ml hat seine Vermutung der Alkoholbeein­trächtigung des Bw mit der fast leeren Bierflasche im Fahrzeug und dem atypischen Abstellort des Fahrzeuges begründet und auf den im Polizeifahrzeug mitgeführten Alkomat verwiesen. 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Zu Punkt 1) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 99 Abs.1 lit.b StVO 1960 begeht ua eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen.

Gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960 sind besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. ... Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Zweck dieser Bestimmung ist es, alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker von der Teilnahme am Straßenverkehr abzuhalten. Dazu ist die Feststellung, ob sich ein Lenker in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, in der vom Gesetz vorgesehenen Weise erforderlich, wobei nicht nur das Lenken eines Fahr­zeuges sondern auch dessen bloße Inbetriebnahme ausreicht. Welche Staats­bürgerschaft diese Person besitzt, ist in diesem Zusammenhang aus nahe­liegenden Überlegungen vollkommen irrelevant.

 

Nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens wurde der Bw auf dem Lenkersitz eines ohne erkennbaren Grund mit laufendem Motor auf der Fahrbahn stehenden Pkw angetroffen, wobei der Begriff "Inbetriebnahme" nicht nur als Tätigkeit im Sinne des Anlassens des Motors zu verstehen ist, sondern auch als Belassung des in Betrieb befindlichen Motors. Die unbestritten auf der Mittelkonsole im Fahrzeug liegende fast leere Bierflasche hat der Bw zwar als seinem Fahrgast von 5.00 Uhr Früh gehörig und als Müll zurückgelassen erklärt, jedoch ist auch eine Zuordnung zum Bw objektiv durchaus nicht auszuschließen. Sein in der Beru­fungs­verhandlung von den Zeugen absolut glaubhaft geschildertes aufbrausen­des Verhalten, das im übrigen auch in der Berufungsverhandlung ansatz­weise zu erkennen war, war situations­bedingt durchaus im Sinne der Vermutung einer Alkoholisierung zu deuten, ebenso die Abstellposition des Pkw mitten auf der Gramastettner Straße. Ob der Bw im Pkw tatsächlich geschlafen bzw "geruht" hat – von einer Zigarette oder einem Handy haben die Zeugen nichts gesehen – kann nicht mehr festgestellt werden. Seine Zeitan­gaben mögen im Hinblick auf den Fahrgast stimmen; jedoch wäre dann mit Rücksicht auf die Entfernungen anzunehmen, dass der Pkw samt Bw sicher schon eine Stunde dort gestanden ist. 

Völlig unbestritten ist, dass der Bw die mehrmals vom Ml berechtigterweise ausgesprochene Aufforderung zum Alkotest als solche verstanden und ebenso mehrmals einen solchen abgelehnt hat mit der Begründung, als deutscher Staatsbürger brauche er einen Alkotest nicht zu machen bzw könne er sich aussuchen, ob er einen Alkotest mache oder doch lieber eine Blutabnahme. Dabei ist dem Bw insofern eine Verwechslung unterlaufen, als er das kurz vorher bei der Erstinstanz abgeschlossene Verwaltungsstrafverfahren ebenfalls wegen Verweigerung des Alkotests mit dem Umstand, dass ihm aufgrund des negativen Ergebnisses der Blutuntersuchung kein Verfahren wegen Entziehung der Lenk­berechtigung stattfand und ihm der Führerschein wieder ausgefolgt wurde, vorschnell auf den ggst Vorfall übertragen hat.

 

Laut Vormerkungsverzeichnis hat der Bw bei der Erstinstanz eine einschlägige Vormerkung, datiert mit 6. Dezember 2010, dh 6 Tage vor dem ggst Vorfall in Walding, wobei eine Geldstrafe von 1.600 Euro, für den Fall der Uneinbringlich­keit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 336 Stunden (= 2 Wochen), dh die gesetzlich vorgesehene Mindeststrafe über ihn verhängt worden war. Laut Auskunft des Vertreters der Erstinstanz hat der Bw in diesem Fall nachträglich nachgewiesen, dass er tatsächlich nicht alkoholisiert war, sodass ihm die Lenkberechtigung nicht entzogen wurde.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Verweigerung der Atemluftuntersuchung auch dann strafbar, wenn durch die ärztliche Unter­suchung (Blutuntersuchung) das Nichtvorliegen einer Alkoholbeeinträchtigung festgestellt wurde (vgl ua E 24.2.2006, 2006/02/0037 mit Vorjudikatur).

Bei der kraftfahrrechtlichen Beurteilung der Verkehrsunzuverlässigkeit im Zusammen­hang mit der Verweigerung der Atemluftalkoholuntersuchung ist aber im Rahmen der Wertung ein positiver Nachweis, nicht durch Alkohol beein­trächtigt gewesen zu sein, zugunsten des Betroffenen zu berücksichtigen (vgl E 14.3.2000, 99/11/0075 ua).

Der Bw hat bei seinem Verhalten aber nicht bedacht, dass im ggst Fall eine Blutabnahme, um die er sich im übrigen selbst zu kümmern gehabt hätte, nicht möglich sein könnte. Laut Verfahrensakt wurde er aufgrund seines Verhaltens bei der Amtshandlung verhaftet und bis 29. Dezember 2010 in der Justizanstalt Linz wegen § 201 Abs.1 iVm § 15 StGB und § 269 StGB (LG Linz, 19 HR 279/10t) angehalten. Ihm gelang daher im ggst Fall kein Nachweis der Nichtbe­einträchti­gung durch Alkohol.

 

Da aber das tatbildmäßige Verhalten des Bw mit der unbestrittenen tatsächlichen Verweigerung des Alkotests dem Ml gegenüber bereits erfüllt war, wobei zum damaligen Zeitpunkt laut Vertreter der Erstinstanz das Straferkenntnis vom
6. Dezember 2010, VerkR96-2617-2010, ihm gegenüber bereits mündlich verkün­det worden war, sodass ihm die fehlende Relevanz seiner Begründung bereits bekannt sein musste, konnte er sich auch nicht mehr erfolgreich auf einen Irrtum im Hinblick auf das Argument seiner deutschen Staatsbürgerschaft berufen. 

Der Bw hat daher zweifellos den ihm zur Last gelegten Tatbestand mit der Maßgabe erfüllt, dass er nicht beim Lenken wohl aber bei der Inbetriebnahme des Pkw angetroffen worden war, und da ihm die Glaubhaftmachung mangelnden Verschuldens im Sinne des § 5 Abs.1 VStG nicht gelungen ist, hat er sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 von 1.600 Euro bis 5.900 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlich­keit von zwei bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.  

 

Die Erstinstanz hat laut Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses die ein­schlägige Vormerkung von 6. Dezember 2010 als straferschwerend gewertet und Milderungsgründe nicht gefunden. Aus der Sicht des Unabhängigen Verwaltungs­senates war aber die Rechtsmittelfrist hinsichtlich des Straferkennt­nisses vom 6. Dezember 2010 noch nicht abgelaufen, sodass dieses am
12. Dezember 2010 noch nicht in Rechtskraft erwachsen war. Damit ist diesbezüglich keine Verwertbarkeit als Erschwerungsgrund gegeben, wohl aber das 2. gleich­artige Verhalten des Bw innerhalb von sechs Tagen trotz entsprechender Rechtsbelehrung zu berücksichtigen und eine geringfügige Herabsetzung der verhängten Strafe diesmal noch gerechtfertigt. Der Bw weist, bezogen auf den Stichtag 12. Dezember 2010, einige nicht einschlägige Vormerkungen auf, weshalb der Milder­ungs­grund der Unbescholtenheit ausscheidet. Er hat in der mündlich erhoben­en Berufung seine finan­ziellen Verhältnisse mit einem Einkommen mit 1.200 Euro und fehlenden Sorgepflichten angegeben, wobei seine Pension in Zukunft nach allerdings unüberprüfbaren Angaben in der Berufungsverhandlung niedriger ausfallen werde als der bisherige "Pensionsvor­schuss". Im Ergebnis war daher die Strafe herabzusetzen, wobei es dem Bw freisteht, unter Nachweis seiner tatsächlichen Einkommensverhältnisse bei der Erstinstanz um die Möglich­keit, die Geldstrafe in Teilbeträgen zu bezahlen anzusuchen.

Die nunmehr verhängte Strafe entspricht den Bestimmungen des § 19 VStG, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft von der Begehung solcher Übertretung abhalten.

 

Zu den Punkten 2) und 3) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 14 Abs.1 Z1 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs. 5 KFG 1967 den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein oder Heeresführerschein auf Fahrten mitzuführen und auf Verlangen die entsprechenden Dokumente den gemäß § 35 Abs. 2 zuständigen Organen – hier der Bundespolizei – zur  Über­prüfung auszuhändigen.

Gemäß § 102 Abs.5 lit.b KFG 1967 hat der Lenker ua den Zulassungsschein auf Fahrten mitzuführen und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes oder der Straßenaufsicht auf Verlangen zur Überprüfung auszuhändigen.

 

Abgesehen davon, dass nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens der Ml sowohl den Führerschein des Bw als auch den Zulassungsschein des auf das auf Wechsel­kennzeichen X zugelassenen Pkw ausdrücklich verlangt hat, erfüllt das bloße In-die-Luft-Halten eines Führerscheins nicht den Zweck der Bestimmung, nämlich die Möglichkeit des Ml zur Überprüfung der Daten des Lenkers. Der Zulassungs­schein wurde am Ende der Amtshandlung von GI A zufällig auf dem Boden liegend gefunden. Der Bw hat daher zweifellos beide ihm zur Last gelegten Tatbestände erfüllt, wobei seine Begründung in der Berufungs­ver­handlung, als deutscher Staatsbürger müsse er sich nicht aus­weisen, völlig verfehlt und ins Reich der Fantasie zu verweisen ist.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 37 Abs.1 iVm Abs.2a FSG von 20 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbring­lich­keit von bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Strafrahmen des § 134 Abs.1 KFG 1967 reicht bis 5.000 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die Erstinstanz in beiden Punkten den ihr bei der Strafbemessung zukommenden Ermessens­spielraum in irgendeiner Weise überschritten hätte. Angesichts des oben beschrie­benen Verhaltens des Bw bei der Amtshandlung ist die Verhängung einer geringfügig über der Mindeststrafe liegenden Strafe gerechtfertigt.

 

 

Zu Punkt 4) des Straferkenntnisses:

Gemäß § 23 Abs.2 StVO 1960 ist ein Fahrzeug außerhalb von Parkplätzen, sofern sich aus Bodenmarkierungen oder Straßenverkehrszeichen nichts anders ergibt, zum Halten und Parken am Rand der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand abzustellen.

Da gerade die Abstellposition des Pkw mitten auf dem in Richtung Ortszentrum Walding führenden Fahrbahnhälfte der Gramastettner Straße den Zeugen auffiel und der unmittelbare Grund für die Nachschau war, ist dem Argument des Bw, er habe ganz ordnungsgemäß sein Fahrzeug am äußerst rechten Fahrbahnrand zum telefonieren abgestellt, keine Glaubwürdigkeit beizumessen. Er hat daher auch in diesem Punkt den ihm zur Last gelegten Tatbestand erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass der Strafrahmen des § 99 Abs.3 StVO 1960 bis 726 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbringlichkeit bis zwei Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Die von der Erstinstanz verhängte Strafe entspricht den Bestimmungen des § 19 VStG, hält generalpräventiven Überlegungen stand und soll den Bw in Zukunft zur Einhaltung der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen bei der Wahl seines Pkw-Abstellortes anhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 


Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

Beschlagwortung:

 

Verweigerung des Alkotests weil deutscher Staatsbürger -> Abweisung bei Schuldspruch, aber Strafherabsetzung, weil Vormerkung noch nicht rechtskräftig

 

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