Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531089/8/Kü/Ba

Linz, 10.02.2011

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 6. Kammer (Vorsitzende: Dr. Ilse Klempt, Berichter: Mag. Thomas Kühberger, Beisitzer: Dr. Leopold Wimmer) über die Berufung der X, X, X, vom 21. Sep­tember 2010 gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. September 2010, UR-2006-876/2009, betreffend die Festsetzung der Höhe der Sicherstellung für die Reststoffdeponie der X zu Recht erkannt:

 

 

Die Berufung wird abgewiesen.

         

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm § 48 Abs. 2b Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002), BGBl. I Nr. 102/2002 idgF iVm § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008, BGBl. II Nr. 39/2008 idgF

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. September 2010, UR-2006-876/2009, wurde die Höhe der Sicherstellung für die auf näher bezeichneten Grundstücken bestehende Reststoff­deponie der X (im Folgenden: Bw) mit 839.939 Euro neu festgesetzt. Zudem wurden Auflagen hinsichtlich der offenen nicht abge­deckten Schüttfläche sowie der Sicherstellung nach der behördlichen Abnahme aller Stilllegungsmaßnahmen festgesetzt.

Begründet wurde die Entscheidung dahingehend, dass vom Amtssach­verständigen für Deponiebautechnik über Auftrag der Behörde für die Reststoffdeponie eine Neuberechnung der Sicherstellung mit einem vom Bundesministerium zur Verfügung gestellten Berechnungsprogramm durchge­führt wurde. Der Sachverständige gelangt zum Schluss, dass entsprechend den Bestimmungen der Deponieverordnung 2008 bei bestehenden Kompartimenten der bisher vorgeschriebene Sicherstellungsbetrag und die Rest­kapazität zu berücksichtigen sind und der nunmehr zu erbringende Sicher­stellungsbetrag 839.939 Euro beträgt.

 

Die Erstinstanz stützt ihre Entscheidung auf § 47 Abs.9 der Deponieverordnung 2008.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig von der X eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, die Vorschreibung einer Sicherstellung hin­sichtlich ihrer Höhe neu zu berechnen und insbesondere das derzeit noch freie Schüttvolumen entsprechend zu würdigen, dies in die Berechnungen einfließen zu lassen und damit die vorzuschreibende Sicherstellung zumindest spürbar zu verringern oder angesichts der an der Deponie zukünftig zu erwartenden Einnahmen auf eine Festsetzung derzeit überhaupt zu verzichten. Nach Meinung der Bw würde vom Sachverständigen bei der Bestimmung der Sicherstellung insbesondere die verbleibende Restkubatur der Deponie in einem wesentlich zu geringen Ausmaß bei der Festlegung der Höhe der Sicherheitsleistung berück­sichtigt. Nach einer aktuellen Berechnung der X & X GmbH betrage das Restvolumen bei der Deponie der X derzeit rund 284.400 m3, was bei einer Dichte von durchschnittlich etwa 1,2 Tonnen je m3 einer Resttonnage von rund 341.280 Tonnen entspreche. Gehe man von einem durchschnittlichen Preis von 30 Euro je Tonne an Nettoeinnahmen aus, würden sich zukünftige Gesamteinnahmen von mindestens Euro 10,238.000 errechnen.

 

Der angegebene Betrag von 30 Euro je Tonne sei durchaus realistisch, da die Bw und die X GmbH am 30.5.2008 eine Vereinbarung über die Rücklieferung von Abfällen und Schlacken an die Deponie der X abgeschlossen hätten, in welcher sich die X verpflichte, pro Kalenderjahr 15.000 Tonnen Abfälle abzuliefern und hierfür das vereinbarte Entgelt von anfänglich 25,93 Euro je Tonne inklusive Wiegegebühren, jedoch exklusive Steuern und sonstigen Abgaben in der jeweils geltenden Höhe zu bezahlen. Durch den bestehenden Vertrag mit der AVE seien langfristig nicht unerheb­liche Einnahmen beim Betrieb der Deponie zu erzielen. Eine Fortführung der Deponie auch für den unwahrscheinlichen Fall der Zahlungsunfähigkeit der Stadt mache daher den Sinn, den finanziellen Verlust der Stadt zu minimieren.

 

Hinzuweisen sei weiters darauf, dass seinerzeit die Kapazität der städtischen Deponie auch dafür ausgelegt gewesen sei, den bei der Kläranlage des X X und Umgebung anfallenden Klärschlamm dauerhaft deponieren zu können. Nachdem diese Möglichkeit seit 2004 aufgrund der damals in Kraft getretenen gesetzlichen Änderung weggefallen sei, stehe diese für die Ablagerung des Klärschlamms vorgesehene Kubaturdeponie zusätzlich für die Ablagerung von Abfällen zur Verfügung, wodurch sich die Laufzeit der Deponie nicht unerheblich verlängere. Diese Verlängerungslaufzeit fließe zum Nachteil der Stadt in die Berechnungen hinsichtlich der Höhe der vorzuschreiben­den Sicherstellungen ein.

 

3. Der Landeshauptmann von Oberösterreich hat die Berufung mit Schreiben vom 11. Oktober 2010 dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Berufungsentscheidung vorgelegt.

 

Gemäß § 38 Abs.8 AWG 2002 entscheidet über Berufungen gegen Bescheide des Landeshauptmannes oder der Bezirksverwaltungsbehörde als zuständige Anlagenbehörde nach diesem Bundesgesetz der Unabhängige Verwaltungssenat des Bundeslandes.

 

Nach § 67a Abs.1 AVG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer, bestehend aus drei Mitgliedern, berufen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Gemäß § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden bzw. wurde von der Bw eine mündliche Verhandlung nicht beantragt.

 

Aufgrund des Berufungsvorbringens wurde der Sachverständige für Deponie­technik nochmals ersucht, in fachlicher Hinsicht zu prüfen, ob durch die von der Bw in der Berufung dargestellten Daten Änderungen an der fachlichen Berechnung vom 31. März 2010 vorzunehmen sind oder nicht. In seiner Stellungnahme vom 17. November 2010 führt der Sachverständige für Deponietechnik Folgendes aus:

 

"Bei meiner am 31. März 2010 erstellten Sicherstellungsberechnung wurde die Restkapazität der derzeit in der Ablagerungsphase befindlichen Deponie insofern berücksichtigt, soweit dies gemäß § 47 Abs. 9 der Deponieverordnung zulässig ist. Entsprechend dieser Bestimmung ist für die Berechnung der Sicherstellung das offene Volumen am 1. Jänner 2008 unter Anwendung des Anhangs 8 Punkt 2 der Deponieverordnung heranzuziehen. Darüber hinaus findet die Restkapazität keinen monetären Eingang in die Sicherstellungs­berechnung, da entsprechend der eingangs angeführten Richtlinie des Lebensministeriums eine Deponie, für welche der Deponieinhaber nicht mehr die entsprechenden Verpflichtungen wahrnimmt, ordnungsgemäß zu schließen ist. Dementsprechend können die in der gegen­ständlichen Berufung angeführten zukünftigen Gesamteinnahmen von 10.238.000 Euro nicht berücksichtigt werden, da die Deponie z.B. im Falle einer Insolvenz des Deponieinhabers geschlossen wird. Inwieweit es generell volkswirtschaftlich sinnvoll ist, eine dem Stand der Technik entsprechende Deponie zu schließen, welche noch über beachtliches Restvolumen verfügt, obliegt nicht meiner Beurteilung. Klarerweise würde sich jedoch das in der gegenständlichen Berufung angeführte Restvolumen von rund 284.400 m3 aufgrund der Ablagerungen laufend reduzieren. Dementsprechend müsste der Sicherstellungsbetrag laufend angepasst werden, da dadurch die zukünftigen Gesamteinnahmen laufend weniger werden würden.

Da entsprechend telefonischer Rücksprache vom 16. November 2010 mit Frau Mag. X X vom Lebensministerium kein diesbezüglicher Paradigmenwechsel zu erwarten ist und daher die Randbedingungen für Sicherstellungsberechnung unverändert bleiben, ergeben sich durch die in der Berufung dargestellten Daten keine Änderungen gegenüber meiner Sicherstellungsberechung vom 31. März 2010."

 

Diese Ausführungen des Sachverständigen wurden der Bw in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis gebracht und wurde von dieser mit Schreiben vom 3. Dezember 2010 geantwortet und abschließend festge­halten, dass die Berufung vollinhaltlich aufrecht bleibt und der Antrag auf eine neue Berechnung der Sicherheitsleistung – wie bereits im Berufungsvorbringen – wiederholt wird.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1 Gemäß § 48 Abs.2b AWG 2002 hat die Behörde die bescheidmäßig festgelegte Sicherstellung, insbesondere die Höhe, zu überprüfen und erforderlichenfalls bescheidmäßig anzupassen, wenn sich die rechtlichen Verpflichtungen, deren Erfüllung von der Sicherstellung umfasst ist, ändern. Eine Änderung der rechtlichen Verpflichtungen kann sich insbesondere durch eine Änderung der Verordnung gemäß § 65 Abs. 1 über Deponien oder durch eine Änderung des Genehmigungsbescheides ergeben.

 

Nach § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 hat die Behörde für Kompartimente, die sich am 1. März 2008 in der Vorbereitungs- oder Ablagerungsphase befinden, bis spätestens 31. Oktober 2010 gemäß § 48 Abs. 2b AWG 2002 die bestehenden Sicherstellungen im Hinblick auf die in dieser Verordnung oder aufgrund dieser Verordnung im Bescheid festgelegten Auflagen und Verpflichtungen unter Anwendung des Anhangs 8 Punkt 2 zu überprüfen und erforderlichenfalls anzupassen. Für die Berechnung ist das offene Volumen am 1. Jänner 2008 heranzuziehen. Eine Erhöhung der Sicherstellung hat der Deponieinhaber zum 1. Jänner 2011 zu leisten.

 

5.2. Der Zweck der Regelungen des § 44 Deponieverordnung 2008 über finanzielle Sicherstellungen besteht darin, durch die Vorgabe allgemeiner Kriterien für die Berechnung der finanziellen Sicherstellungen die Vergleichbarkeit und Transparenz sowie die Wettbewerbsgleichheit zwischen den österreichischen Deponien zu verbessern. § 47 Abs.9 Deponieverordnung 2008 legt daher für be­stehende Deponien der Behörde die Verpflichtung auf, unter Anwendung des Anhangs 8 Punkt 2 die bestehenden Sicherstellungen zu überprüfen und erforder­lichenfalls anzupassen.

 

In Beachtung dieser Vorgabe der Deponieverordnung hat die Erstinstanz den Sachverständigen für Deponietechnik beauftragt, anhand der im Anhang 8 Punkt 2 der Deponieverordnung 2008 vorgegebenen Kriterien die bestehende Sicherheits­leistung für die gegenständliche Deponie einer Überprüfung zu unterziehen. Dieser Aufforderung ist der Sachverständige durch seine fachliche Stellungnahme vom 31. März 2010 nachgekommen. Der wesentliche Inhalt dieser Stellungnahme wurde bereits von der Erstinstanz in der Begründung der ange­fochtenen Entscheidung dargestellt, weshalb an dieser Stelle darauf verwiesen werden kann.

 

Zum Berufungsvorbringen, wonach die verbleibende Restkubatur der Deponie in einem wesentlich zu geringen Ausmaß bei der Festlegung der Höhe der neuen Sicherheitsleistung berücksichtigt worden sei, wurde nochmals der Sachver­ständige für Deponietechnik zur fachlichen Beurteilung herangezogen. Vom Sachverständigen wurde zu diesem Einwand nachvollziehbar auf Anhang 8 Punkt 2 der Deponieverordnung verwiesen und festgehalten, dass aufgrund der Richtlinie des Bundesministeriums die Restkapazität keinen monetären Eingang in die Sicher­stellungsberechnung zu finden hat. Dementsprechend können auch die zukünftigen Gesamteinnahmen nicht berücksichtigt werden.

 

Gemäß § 48 Abs.2 AWG 2002 dient die Sicherstellung zur Erfüllung der mit der Genehmigung verbundenen Auflagen und Verpflichtungen insbesondere für die ordnungsgemäße Erhaltung und Stilllegung oder Schließung der Deponie ein­schließlich der Nachsorge. Grundsätzlich wird davon auszugehen sein, dass eine Deponie, für welche der Deponieinhaber nicht (mehr) die entsprechenden Verpflichtungen wahrnimmt (z.B. im Fall der Insolvenz), seitens der Behörde nicht weiterbetrieben, sondern ordnungsgemäß geschlossen wird. Bei den zu besichernden Maßnahmen ist insbesondere von jenen Maßnahmen auszugehen, die für die Stilllegung und Nachsorge erforderlich sind (vgl. Richtlinie des Bundes­ministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zur Berechnung von finanziellen Sicherstellungen für Deponien, Seite 5).

 

Ausgehend von diesem Verständnis der Sicherstellung ist dem Vorbringen der Bw zu entgegnen, dass der für künftige Ablagerungen von Abfällen erzielbare Erlös kein Kriterium für die Berechnung der Sicher­stellung im Sinne des Anhang 8 Punkt 2 zur Deponieverordnung darstellt. Vom Sachver­ständigen für Deponietechnik wurde daher richtigerweise in seine Berechnung vom 31. März 2010 dieser erzielbare Erlös nicht aufgenommen.

 

Insgesamt ist daher davon auszugehen, dass die X durch die vorge­nommene Neuberechnung der Sicherstellung sowie die bescheidmäßige Vorschreibung durch den Landeshauptmann von Oberösterreich nicht in ihren Rechten verletzt worden ist, weshalb die Berufung abzuweisen war.

 

6. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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