Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522611/2/Fra/Sta/Gr

Linz, 09.09.2010

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                    Zimmer, Rückfragen:

Johann Fragner, Dr., Hofrat                                                                              2A18, Tel. Kl. 15593

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des Herrn  X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 14.6.2010, Zl. F 10/144461, betreffend Abweisung des Antrages auf Austausch eines nicht von einem EWR-Staat ausgestellten Führerscheines in eine österreichische Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 23 Abs.3 Führerscheingesetz 1997 – FSG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid den Antrag des Berufungswerbers (Bw) vom 14. April 2010 (gemeint offenbar: 8. April 2010) auf Austausch seines nicht von einem EWR-Staat ausgestellten Führerscheins in eine österreichische Lenkberechtigung (beantragte Klasse: B) abgewiesen. Die Abweisung wird damit begründet, dass eine kriminaltechnische Untersuchung des vom Bw vorgelegten irakischen Führerscheindokumentes am 22. April 2010 ergeben habe, dass es sich bei dem vorgelegten Führerschein um eine Totalfälschung (das vorgelegte Führerscheinformular wurde zur Gänze im Kopierverfahren hergestellt) handelt.

 

2. Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 17. Juni 2010, richtet sich die am 28. Juni 2010 – und somit rechtzeitig – bei der Bundespolizeidirektion Linz eingebrachte Berufung. Der Bw bringt im Wesentlichen vor, dass er der Behörde zwei Schreiben der irakischen Botschaft vorgelegt habe, in denen bestätigt wird, dass sein Führerschein nicht gefälscht ist. Darin werde auch ausdrücklich angeführt, dass es sich um ein Originaldokument handle, auch wenn es nicht im herkömmlichen Verfahren ausgestellt worden ist. Die Behörde habe diese Stellungnahme nicht berücksichtigt und sich nur auf das Ergebnis der kriminaltechnischen Untersuchung bezogen. Dies verstoße gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung, demzufolge erst nach einer vollständigen Beweiserhebung die freie Beweiswürdigung eingesetzt werden darf. Es sei – auch vor dem Hintergrund der VwGH-Judikatur – wonach sogar die Aussagen eines Laien zur Entkräftung des Sachverständigengutachtens führen können, nicht ersichtlich, warum den Bestätigungsschreiben der irakischen Botschaft keine Beweiskraft zukommen solle und in die Erwägungen der Behörde nicht einfließt. Ob eine Urkunde als echt zu bewerten ist oder nicht, ist nach § 311 Abs.1 ZPO nach den Umständen des Einzelfalles zu ermessen. Dabei hätte auf jeden Fall berücksichtigt werden müssen, dass es sich im Falle des Iraks um ein kriegsgeschütteltes Land handelt, in dem Terror und Chaos herrschen. Es sei daher durchaus nachvollziehbar, dass eine Behörde im Irak Dokumente auch in einem nicht herkömmlichen Verfahren ausstellt und gebe es wohl auch vor dem Hintergrund der herrschenden Situation im Irak keinen Grund, an der Richtigkeit der Ausführungen der irakischen Botschaft zu zweifeln. Hätte die belangte Behörde den Sachverhalt richtig gewürdigt, hätte sie seinem Antrag stattgeben müssen.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz legte die Berufung samt Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vor. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Dieser hatte durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4.  Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in der Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz.

 

 

5. Aus dem vorliegenden Akt ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zu Grunde liegt.

 

Der Bw hat am 14. April 2010 den Antrag auf Austausch seines nicht von einem EWR-Staat ausgestellten Führerscheines in eine österreichische Lenkberechtigung – für die Klasse B – gestellt.

 

Dies Bundespolizeidirektion Linz leitete daraufhin Erhebungen zur Frage der Echtheit des vom Bw vorgelegten Dokumentes ein. Dieses Führerscheindokument wurde in der Folge kriminaltechnisch untersucht. Laut Untersuchungsbericht des Landespolizeikommandos für Oberösterreich, Landeskriminalamt, vom 22. April 2010, GZ. E1/16992/2010/1337, wurden folgende Untersuchungsmethoden angewandt: Untersuchung unter UV-Licht bei 366 nm, Untersuchung mittels Schräg- und Durchlichtprüfung, stereomikroskopische Untersuchung bei 10-80facher Vergrößerung, Untersuchung auf dem Bildanalysesystem unter Anwendung verschiedener Lichtquellen und Sperrfilter. Als Bewertungsgrundlagen wurde Vergleichsmaterial bzw. Dokumentationen von bereits untersuchten und beurteilten Formularen sowie Beschreibungen bzw. Dokumentationen in- und ausländischer Dienststellen herangezogen.

 

Das Ergebnis der Untersuchung lässt sich dahingehend zusammenfassen, dass die urkundentechnischen Untersuchungen unter Berücksichtigung des derzeitigen Kenntnisstandes das Vorliegen einer falschen Urkunde ergaben, dass es sich um eine Totalfälschung handelt. Das Untersuchungsergebnis wird untermauert durch vorliegende am 12. November 2009 erhaltenen fachspezifischen Mitteilungen der Österreichischen Botschaft in Amman und der am 15. Dezember 2009 enthaltenen Erkenntnisse einer "Fact-Finding-Mission" innerhalb der EU Ratsarbeitsgruppe "Grenzen/gefälschte Dokumente", wonach im Irak keine Führerscheine mit abweichenden Druckverfahren amtlich ausgestellt werden bzw. seit März/April 2003 im Irak überhaupt keine Führerschein mehr amtlich ausgestellt wurden.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat in rechtlicher Hinsicht darüber wie folgt erwogen:

 

6.1. Gemäß § 23 Abs.3 FSG ist dem Besitzer einer in einem nicht EWR-Staat oder sonstigem Gebiet erteilten Lenkberechtigung ab Vollendung des 18. Lebensjahres auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn:

1. der Antragsteller nachweist, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Wohnsitz (§ 5 Abs.1 Z1) hatte; dieser Nachweis entfällt, wenn der Antragsteller die Staatsbürgerschaft des Ausstellungsstaates des Führerscheines besitzt und bei Begründung des Wohnsitzes (§ 5 Abs.1 Z1) in Österreich die ausländische Lenkberechtigung bereits besessen hat und die Behörde keine Zweifel am tatsächlichen Vorliegen des Wohnsitzes (§ 5 Abs.1 Z1) oder sechs-monatigem Aufenthaltes in dem betreffenden Staat zum Zeitpunkt des Erwerbes der Lenkberechtigung hat,

2. der Antragsteller seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z1) nach Österreich verlegt hat oder während seines Auslandsaufenthaltes behalten hat,

3. keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist und

4. entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs.4 nachgewiesen wird, oder

5. angenommen werden kann, dass die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Verordnung festzulegen, in welchen Staaten für welche Lenkberechtigung eine derartige Gleichartigkeit besteht.

 

6.2. § 23 Abs.3 FSG sieht sohin die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung an den Besitzer einer in einem nicht EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung vor. Der Antragsteller hat demnach nachzuweisen, dass er im Besitz einer ausländischen Lenkberechtigung ist. Nur wenn das Ermittlungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller im Besitz einer solchen Lenkberechtigung ist, kann ihm demnach gemäß § 23 Abs.3 FSG die Lenkberechtigung erteilt werden. Wichtigstes Beweismittel für einen solchen Nachweis ist regelmäßig der Führerschein, also die Berechtigung über die von der ausländischen Kraftfahrbehörde ausgestellte Urkunde.

 

Nach dem oa. Untersuchungsbericht handelt es sich beim vorgelegten Dokument um eine Totalfälschung. Dem Argument des Bw, er habe der belangten Behörde zwei Schreiben der irakischen Botschaft vorgelegt, in denen bestätigt wird, dass sein Führerschein nicht gefälscht ist, die belangte Behörde hätte diese Schreiben jedoch nicht berücksichtigt, ist zu erwidern, dass im oa. Untersuchungsbericht unter Bezugnahme zum vorgelegten Schreiben (Echtheitsbestätigung) der Botschaft der Republik Irak in Wien, Nr. 17/18 vom 12.4.2010, worin festgestellt wird, dass derartige "Bestätigungen" laut Auskunft des Büros des Bundeskriminalamtes Büro 6.2.3 (Urkundenuntersuchung) bereits wiederholt für total gefälschte irakische Führerscheine ausgestellt wurden. Diesen Schreiben kommt sohin nur untergeordnete Beweiskraft zu und ist nicht geeignet, die Schlüssigkeit des kriminaltechnischen Untersuchungsberichtes zu entkräften.

 

Mangels stichhaltigen Nachweises des Besitzers einer ausländischen Lenkberechtigung (von einem Nicht-EWR-Staat erteilten) fehlt es an der primären Voraussetzung für die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung nach § 23 Abs.3 FSG, weshalb die Berufung abzuweisen war.

 

Aus den genannten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

Dr. Johann Fragner

 

 

 

 

 

 

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