Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-150828/2/Lg/Hue/Ba

Linz, 18.02.2011

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder über die Berufung der X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Grieskirchen vom 14. Jänner 2011, Zl. BauR96-115-2010, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene                   Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.       

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskosten.        

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 16 Abs.2, 19, 24, 45 Abs.1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über die Berufungswerberin (Bw) eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16 Stunden verhängt, weil sie als Lenkerin des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen X zu verantworten habe, dass sie am 23. März 2010 um 15.02 Uhr die mautpflichtige Innkreisautobahn A8, ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, benutzt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen betrage, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass die am mitgeführten Fahrzeuggerät hinterlegte EURO-Emissionsklasse nicht mit der für das am Fahrzeug angebrachte Kennzeichen nachgewiesenen EURO-Emissionsklasse übereingestimmt habe.

 

2. In der Berufung brachte die Bw mit näherer Begründung im Wesentlichen vor, dass sie ihren Arbeitgeber mehrmals angerufen hätte um ihm aufzufordern, die fehlenden Papiere der ASFINAG zu übermitteln und sie diesbezüglich auch eine GO-Box-Vertriebsstelle aufgesucht hätte. Dies könnten Zeugen bestätigen. Abschließend legte die Bw ihre Einkommens- und Vermögenssituation dar.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der ASFINAG vom 10. Juni 2010 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Demnach sei festgestellt worden, dass die am mitgeführten Fahrzeuggerät hinterlegte EURO-Emissionsklasse nicht mit der für das am Fahrzeug angebrachte Kennzeichen nachgewiesenen EURO-Emissionsklasse übereingestimmt habe.

 

Gegen die Strafverfügung vom 23. August 2010 brachte die Bw einen Einspruch ein.

 

Einer zusätzlichen ASFINAG-Stellungnahme vom 23. August und 25. November 2010 ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass am 2. März 2010 die Umstellung der nachweispflichtigen EURO-Emissionsklasse "5" verlangt und am 16. und 28. März 2010 unvollständige Nachweisdokumente übersandt worden seien. Eine Sperre der GO-Box sei am 8. April 2010 erfolgt. Am 5. Mai 2010 sei anhand der übersandten Nachweisdokumente die EURO-Emissionsklasse "5" ermittelt worden. Die Lenkerin des LKW sei gem. Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung bis zur Sperre der GO-Box durch zwei kurze Signaltöne auf die Notwendigkeit hingewiesen worden, umgehend eine GO-Box-Vertriebsstelle aufzusuchen.

 

Dazu wurde von der Bw – trotz eingeräumter Möglichkeit – keine Stellungnahme abgegeben.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.  

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

4.1 Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Es ist dafür Sorge zu tragen, dass die Kraftfahrzeuglenker ihre Fahrzeuge vor der Benützung von Mautstrecken mit diesen Geräten ausstatten können.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Nach Punkt 5.2 der Mautordnung hat der Kraftfahrzeuglenker seit Einführung der EURO-emissionsklassenabhängigen Bemautung mit 1. Jänner 2010 u.a.

·        die Hinterlegung einer bestimmten EURO-Emissionsklasse vor Ort an einer GO-Vertriebsstelle zu verlangen sowie

·        durch Prüfung der Fahrzeugdeklaration sicherzustellen, dass

-        das auf der GO-Box hinterlegte behördliche Kraftfahrzeugkennzeichen mit dem tatsächlich am Kraftfahrzeug angebrachten Kraftfahrzeugkennzeichen sowie

-        die GO-Box-Identifikationsnummer der mitgeführten GO-Box mit der auf der Fahrzeugdeklaration angeführten GO-Box-Identifikationsnummer übereinstimmt

andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gem. Punkt 10 erfüllt werden kann.

 

Seit Einführung der EURO-emissionsklassenabhängigen Bemautung mit 1. Jänner 2010 werden Kraftfahrzeuge zunächst der höchsten Tarifgruppe (Tarifgruppe C) zugeordnet. Für das jeweilige Kraftfahrzeugkennzeichen wird grundsätzlich die EURO-Emissionsklasse 0 oder 1 im Zentralsystem hinterlegt, wenn nicht durch den Kraftfahrzeuglenker ausdrücklich die Eintragung einer anderen EURO-Emissionsklasse verlangt wird.

 

Bei Anmeldung zum Mautsystem, Deklaration der EURO-Emissionsklasse oder Datenänderung ist daher vom Kraftfahrzeuglenker an einer GO-Vertriebsstelle ausdrücklich eine bestimmte EURO-Emissionsklasse zu verlangen. Dazu ist es erforderlich, die GO-Box an der GO-Vertriebsstelle vorzulegen. An der Vertriebsstelle wird die Rechtmäßigkeit der Hinterlegung der verlangten EURO-Emissionsklasse nicht geprüft, der Nachweis der Rechtmäßigkeit der verlangten EURO-Emissionsklasse ist daher zu diesem Zeitpunkt nicht erforderlich.

 

Die vom Kraftfahrzeuglenker ausdrücklich verlangte EURO-Emissionsklasse wird an der GO-Vertriebsstelle auf der GO-Box und im Zentralsystem hinterlegt und ist damit unmittelbar tarifrelevant. Dem Kraftfahrzeuglenker wird nach Hinterlegung der verlangten EURO-Emissionsklasse eine Fahrzeugdeklaration der ASFINAG ausgehändigt, die

·        die verlangte und hinterlegte EURO-Emissionsklasse,

·        das auf der GO-Box hinterlegte behördliche Kraftfahrzeugkennzeichen sowie

·        die auf der GO-Box hinterlegte GO-Box-Identifikationsnummer

ausweist.

 

Der Kraftfahrzeuglenker hat sofort nach Aushändigung der Fahrzeugdeklaration zu prüfen, ob

hinterlegt wurde bzw. ist.

 

Wurde die Hinterlegung einer EURO-Emissionsklasse verlangt, so ist die Rechtmäßigkeit der verlangten und hinterlegten EURO-Emissionsklasse der ASFINAG grundsätzlich durch geeignete Dokumente  nachzuweisen. Über die Verpflichtung zur Nachweisbringung wird der Kraftfahrzeuglenker durch einen Kundenbeleg hingewiesen, der dem Kraftfahrzeuglenker an der GO-Vertriebsstelle in deutscher Sprache und – soweit vorhanden – in der Landessprache der Nationalität des Kraftfahrzeugkennzeichens, ansonsten in englischer Sprache, übergeben wird.

 

Die Nachweisprüfung erfolgt nicht vor Ort an der GO-Vertriebsstelle sondern zentral durch die ASFINAG. Die erforderlichen Dokumente sind der ASFINAG binnen 14 Kalendertagen (einlangend), gerechnet ab Hinterlegung der vom Kraftfahrzeuglenker verlangten EURO-Emissionsklasse zu übermitteln.

 

Wenn aus den übermittelten Nachweisdokumenten hervorgeht, dass die nachgewiesene EURO-Emissionsklasse im Falle einer künftigen Änderung der Tarifgruppenzuordnung die Entrichtung eines niedrigeren Mauttarifes bedingt, wird der Kraftfahrzeuglenker zunächst mit zwei kurzen Signaltönen (siehe Punkt 8.2.4.3.1) aufgefordert, eine GO-Vertriebsstelle aufzusuchen, um die in der GO-Box hinterlegte EURO-Emissionsklasse ändern zu lassen. Wird trotz Signalisierung keine GO-Vertriebsstelle aufgesucht, so wird in weiterer Folge die GO-Box aktiv gesperrt, wobei diese Sperre dem Kraftfahrzeuglenker mit vier kurzen Signaltönen (siehe Punkt 8.2.4.3.2) bekannt gegeben wird.

 

Punkt 5.2.2.1.4 der Mautordnung besagt: Werden innerhalb der 14tägigen Einmeldefrist keine Nachweisdokumente übermittelt, so wird die GO-Box gesperrt. Diese Sperre wird dem Kraftfahrzeuglenker mit vier kurzen Signaltönen (siehe Punkt 8.2.4.3.2) signalisiert. Beim Aufsuchen der nächsten GO-Vertriebsstelle wird auf der GO-Box aufgrund der mangelnden Nachweiserbringung die EURO-Emissionsklasse 0 automatisch hinterlegt und die Sperre aufgehoben. Für den Zeitraum gerechnet ab Verlangen und Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse wird der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht.

 

Punkt 5.2.2.1.5 der Mautordnung besagt: Werden die Nachweisdokumente nicht rechtzeitig innerhalb der Einmeldefrist übermittelt, so wird mit Ablauf der Einmeldefrist die GO-Box gesperrt, wobei auf diesen Fall die Regelung des Punktes 5.2.2.1.4 angewendet wird. Nachträglich einlangende Nachweisdokumente werden wie ein neuer Antrag behandelt.   

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.1 der Mautordnung gelten folgende Signale als Information für den jeweiligen Nutzer:

Ein kurzer Signalton: Die Mautentrichtung wird auf Basis der eingestellten Kategorie bestätigt.

Zwei kurze Signaltöne: Die Mautentrichtung hat auf Basis der eingestellten Kategorie ordnungsgemäß stattgefunden, aber das Mautguthaben (nur im Pre-Pay-Verfahren) ist unter den Grenzwert in der Höhe von 30 Euro gefallen (der Nutzer hat für eine rechtzeitige Aufbuchung von Mautwerten zu sorgen), das Mautguthaben verfällt innerhalb der nächsten zwei Monate (nur im Pre-Pay-Verfahren), oder die GO-Box wird zur Kontrolle (zum ASFINAG Maut Service Center oder an die nächste GO Vertriebsstelle) zurückgerufen.

 

Gemäß Punkt 8.2.4.3.2 der Mautordnung sind vier kurze Signal-Töne vom Nutzer zu beachtende akustische Signale: Es hat keine Mautentrichtung stattgefunden, weil insbesondere vom Nutzer Bestimmungen der Mautordnung Teil B nicht beachtet wurden, oder bei GO-Box Sperre aufgrund technischer Mängel bzw. festgestellter Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit der Mauteinhebung. In diesem Fall hat dann jeder Nutzer seiner Nachzahlungsverpflichtung im Sinne von Punkt 7.1 im vollen Umfang nachzukommen, andernfalls der Tatbestand der Mautprellerei gemäß Punkt 10 verwirklicht wird.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht
(Abs. 6).

 

4.2. Unbestritten ist, dass die Bw die Lenkerin des Kfz zur Tatzeit war, die vom Arbeitgeber der Bw gewünschte und von der ASFINAG umgestellte EURO-Emissionsklasse "5" nicht innerhalb der vorgeschriebenen 14-Tages-Frist mit den entsprechenden Dokumenten nachgewiesen und die Bw mittels zwei Piepssignalen der GO-Box gebeten worden ist, eine GO-Box-Vertriebsstelle aufzusuchen. Weiters unbestritten ist, dass die GO-Box zur Tatzeit nicht gesperrt war und am 5. Mai 2010 die erforderlichen Unterlagen für eine Einstellung der EURO-Emissionsklasse "5" bei der GO-Box der ASFINAG vorgelegt wurden.

 

Punkt 5.2.2.1.4 der Mautordnung erklärt zum strafbaren Verhalten, dass für den Zeitraum gerechnet ab Verlangen und Hinterlegung der falschen EURO-Emissionsklasse der Tatbestand der Mautprellerei verwirklicht wird. Dies ist im gegenständlichen Fall jedoch nicht der Fall, da die vom Arbeitgeber der Bw  gewünschte und von der ASFINAG umgestellte EURO-Emissionsklasse "5" dem gegenständlichen LKW entspricht. Die erforderlichen Nachweise wurden lediglich verspätet vorgelegt.

 

Es war deshalb spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

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