Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231218/26/BP/Ga

Linz, 21.02.2011

 

Mitglied, Berichter/in, Bearbeiter/in:                                                                                                                    Zimmer, Rückfragen:

Mag. Dr. Bernhard Pree                                                                                    4A13, Tel. Kl. 15685

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom 21. Dezember 2010, GZ. Sich96-149-2009/WIM, wegen einer Übertretung nach dem Sicherheitspolizeigesetz, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 17. Februar 2011, zu Recht erkannt:

 

 

I.               Der Berufung wird mit der Maßgabe stattgegeben, als das im angefochtenen Straferkenntnis verhängte Strafausmaß auf eine Geldstrafe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 25 Stunden) und der diesbezügliche Beitrag zu den Verfahrenskosten I. Instanz auf
5 Euro herabgesetzt werden.

 

II.           Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entfällt die im Tatvorwurf angegebene Wortfolge: "Ich hoffe, Du hast einen Unfall und Du liegst im Blut." Im Übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis bestätigt. 

 

III.        Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I. und II.: §§24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allge­meines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu III.: § 65 VStG.


 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes des Bezirks Wels-Land vom
21. Dezember 2010, GZ Sich96-149-2009/WIM, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) auf Basis des § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes – SPG, eine Geldstrafe in Höhe von 200,00 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 100 Stunden) verhängt, weil er am 3. Mai 2009 von 15:32 Uhr bis 15:36 Uhr in X, den wegen Lärmerregung einschreitenden Beamten angeschrien, wild mit den Armen gestikuliert und den Beamten ua. mit folgenden Worten beschimpft habe: "Dich hat das gar nicht zu interessieren. Du belästigst mich. Das geht Dich nichts an, wie laut ich die Musik höre. Kümmere Dich um andere Sachen. Ich spreche Dich mit Du an, was bist Du überhaupt? Ich hoffe, Du hast einen Unfall und Du liegst im Blut. Sei froh, dass ich Steuern zahle, ansonsten könntest Du Sonntag nicht Dienst machen." Und sich dadurch trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen habe, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert habe. 

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als gegeben an.

 

Insbesondere werden die Aussagen der einvernommenen Zeugen wiedergegeben.

 

Der Zeuge X habe bestätigt, dass zwischen dem Bw und dem Beamten ein heftiger Streit bezüglich der Bezahlung einer Geldstrafe von 21,00 Euro stattgefunden habe (wobei der Zeuge mangels ausreichender Sprachkenntnisse den genauen Inhalt nicht verstanden habe), in dessen Verlauf der immer lauter und wütender werdende Bw von X zurückgezogen worden sei.

 

X habe angegeben, dass es aufgrund sprachlicher Mängel offensichtlich zu einem Missverständnis gekommen sei, was zum Notieren der Daten des Bw und zu dessen Anmerkung, dass er sich über den Beamten beschweren würde, geführt habe.

 

X, der angeführt habe, während dem in Rede stehenden Vorfall abgelenkt gewesen zu sein, gab an, den Bw, der grundsätzlich ein ruhiger Typ sei, aber schnell aufbrause, in der Folge beruhigt zu haben.

 

BI X habe angegeben, den Bw wegen Lärmerregung beanstandet zu haben, der jedoch nicht eingesehen habe, etwas Strafbares begangen zu haben. Der Bw habe - trotz Abmahnung - den Beamten beschimpft und wild mit den Händen gestikuliert. Der Bw habe sein Verhalten nicht eingestellt und durch die – im Spruch näher angeführten – Aussagen die Amtshandlung behindert. Der Bw habe nur mit Mühe von einer dritten Person zurückgehalten werden können. BI Schmidt habe schließlich den Bw über die beabsichtigte Anzeigeerstattung informiert, was dieser nur lachend zur Kenntnis genommen habe.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die gegenständliche – rechtzeitige – Berufung vom 10. Jänner 2011.

 

Darin wird vor allem die unrichtige Beweiswürdigung von Seiten der belangten Behörde gerügt, die sich nur allgemein und pauschal mit den betreffenden Aussagen auseinandergesetzt habe. Der Bw verfüge nicht über die entsprechenden Deutschkenntnisse, um die im Tatvorwurf angeführten Sätze zu bilden. Der Bw habe aber auch keinesfalls die Amtshandlung behindert.

 

Bei richtiger Beweiswürdigung wäre die belangte Behörde zu dem Schluss gekommen, dass der Tatbestand des § 82 SPG nicht erfüllt worden sei.

Überdies wendet sich der Bw gegen die verhängte Strafhöhe.

 

Abschließend stellt der Bw den Antrag:

1. das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu

2. eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und die beantragten Zeugen einzuvernehmen, in eventu

3. die verhängte Geldstrafe herabzusetzen.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 18. Jänner 2011 legte die belangte Behörde den bezug­habenden Verwaltungsakt vor.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Zusätzlich wurde am 17. Februar 2011 eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat durchgeführt.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Gegen den Bw fand am Sonntag dem 3. Mai 2009 von 15:32 Uhr bis 15:36 Uhr in X, eine von BI X durchgeführte Amtshandlung wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung nach § 3 Abs. 1 Oö. PolStG statt. Gegen diese Amtshandlung äußerte der Bw in ansteigender Intensität sowohl verbal als auch durch korrelierende Gestik vehement seinen Unmut. Dadurch störte bzw. verzögerte er den effizienten Ablauf der Amtshandlung. Der Bw wurde mehrfach vom Amtsorgan aufgefordert, das die Amtshandlung unterbrechende Verhalten einzustellen.

 

2.4.1. Im Beweisverfahren waren zunächst Tatzeit und Tatort außer Streit gestellt, genau wie die Tatsache, dass BI X gegen den Bw wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung in Form der ungebührlichen Erregung störenden Lärms gemäß § 3 Abs. 1 Oö. PolStG eine Amtshandlung durchführte.

 

2.4.2. Strittig war jedoch die Darstellung des Verhaltens des Bw im Zuge dieser Amtshandlung.

 

Der Zeuge X gab in der mündlichen Verhandlung – im Gegensatz zu seiner Aussage vor der belangten Behörde, in der er ua. ausgeführt hatte, dass der Bw zwar grundsätzlich ein ruhiger Typ aber aufbrausend sei und vom Zeugen während der Amtshandlung in der Folge beruhigt worden sei – an, dass das Gespräch "normal" geführt worden sei, er den Bw nur aufgrund der Länge der Diskussion zurückgezogen habe, und dass anscheinend das normale Reden des Bw für heimische Personen als zu laut empfunden würde. Eine aggressive Gestik von Seiten des Bw war dem Zeugen nicht erinnerlich.

 

Der Zeuge X gab in der mündlichen Verhandlung grundsätzlich an, dass der Bw im Gespräch mit dem Beamten nicht überreagiert hätte, räumte jedoch ein, dass der Bw etwas  aufgeregt gewesen sei, was aufgrund der hohen Temperaturen im Mai verständlich sei.

 

Der Bw selbst bestritt dem Beamten gegenüber, aggressiv aufgetreten zu sein, wie auch den Umstand, dass er entsprechend abgemahnt worden sei, räumte allerdings ein, von Haus aus eine lautere Stimme zu haben. Er betonte die im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Wortmeldungen nicht abgegeben zu haben. Klar dokumentierte er, dass ihm das Vorgehen des Beamten hinsichtlich der Verfolgung Lärmerregung nicht einsichtig gewesen sei. Insbesondere gab er an, dass er die Autorität des Beamten in dieser Sache während der Amtshandlung hinterfragte. Der Beamte habe gesagt: Ich bin Polizist (offensichtlich als Legitimation seines Auftretens), worauf der Bw ausführte angegeben zu haben: Na und, du bist Polizist.

 

2.4.3. Im Gegensatz dazu beschrieb der Zeuge X widerspruchsfrei die Situation äußerst glaubwürdig. Insbesondere führte er aus, wie der Bw die Amtshandlung wegen Lärmerregung, fortlaufend und in gesteigerter Intensität behinderte, indem er in türkischer und gebrochen deutscher Sprache - unter entsprechender Gestik – seinen Unmut über das Auftreten des Beamten auch durch Geschrei ausdrückte und diesen auch beschimpfte. Die geschilderte Beschimpfung, dass der Beamte froh sein solle, dass der Bw Steuern zahle und so dem Zeugen ermögliche am Sonntag Dienst zu tun, erscheint deshalb glaubwürdig, da der Bw während der mündlichen Verhandlung – wenn auch nicht mit gleichem Wortlaut – wiederum entschieden zum Ausdruck brachte, dass sich der Polizist um andere Dinge als die betreffende Lärmerregung hätte kümmern sollen. Dass der Gesprächsverlauf vehement und nicht amikal geführt worden sei, bestätigte im Übrigen auch der Zeuge X, der – aufgrund der Entfernung von ca. 50 bis 80 Metern zwar nicht den Wortlaut aber optisch die Situation verfolgen konnte. Er bestätigte das Vorliegen einer Streitsituation zwischen dem Beamten und den beim Auto Befindlichen, die durch eindeutige Gestik ausgedrückt hätten mit der Amtshandlung nicht einverstanden zu sein.

 

Der Zeuge X führte weiters glaubhaft aus (im Übrigen auch korrespondierend zu der Aussage des Zeugen X vor der belangten Behörde), dass der Bw von einer dritten Person beruhigt werden musste, die Fortführung der Amtshandlung in einem Gespräch aber nicht möglich war, weshalb er sie auch mit der Ankündigung einer Anzeigenerstattung frühzeitig beendet habe.

 

Hinsichtlich der Abmahnung bestehen an der Ausführung des Zeugen X ebenfalls keine Zweifel, der angab, den Bw mehrmals auf die Strafbarkeit seines aggressiven Verhaltens unter Bezugnahme auf die durchzuführende Amtshandlung hingewiesen zu haben. Dass sich der Zeuge X nicht an den genauen Wortlaut erinnern konnte, verleiht angesichts der knapp zwei Jahre zurückliegenden Situation sogar besondere Glaubwürdigkeit.

 

2.4.4. Im Ergebnis ist also festzuhalten, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass der Bw sowohl verbal (laut schreiend, schimpfend in türkischer und deutscher Sprache) als auch durch entsprechend korrelierende Gestik seinen Unmut über die gegen ihn geführte Amtshandlung ausdrückte.

 

Die von den Zeugen X (im Übrigen widersprüchlich zu seiner ersten Aussage) und X sowie vom Bw selbst in der mündlichen Verhandlung versuchte Relativierung des Verhaltens des Bw ist, nach Auffassung des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenates, als nicht zutreffend abzulehnen. Den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen X und X war daher diesbezüglich zu folgen.

 

Auch daran, dass der Beamte durch die verbalen Einwürfe des Bw während der Amtshandlung immer wieder unterbrochen wurde, weshalb er sie schließlich mit der Ankündigung der Anzeigenerstattung beendete, bestehen keine Zweifel und entsprechen auch der generellen Schilderung der Situation. Gleiches gilt – wie oben ausgeführt – für den Umstand, dass der Beamte mehrmals Abmahnungen aussprach, wenn er auch angab, dass der Bw diese Abmahnungen offensichtlich nicht habe zur Kenntnis nehmen wollen, diese akkustisch aber gehört habe. Daran, dass der Bw in der Lage ist, eine Abmahnung auch in sprachlicher Hinsicht zu verstehen, besteht nach der mündlichen Verhandlung für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates keinerlei Zweifel.

 

2.5. Da im angefochtenen Straferkenntnis im Einzelnen keine 2.000 Euro übersteigende Geld­strafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes-SPG, BGBl. Nr. 566/1991 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 114/2007, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert. An Stelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen, verhängt werden.

 

3.2. Aus dieser Bestimmung wird deutlich, dass für das Vorliegen einer diesbezüglichen Verwaltungsübertretung

-   ein aggressives Verhalten einer Person (hier) gegenüber einem Organ der     öffentlichen Aufsicht,

-   während dieses eine Amtshandlung durchführt,

-   trotz vorhergegangener Abmahnung beibehalten wird und

-   dabei die Amtshandlung behindert.

 

3.3.1. Im vorliegenden Fall ist zunächst völlig unbestritten, dass BI X (ein Organ der öffentlichen Aufsicht) eine Amtshandlung wegen Erregung ungebührlichen Lärms durchführte und dass diese Amtshandlung vom Bw nicht gänzlich verhindert wurde.

 

3.3.2. Weiters erfordert § 82 Abs. 1 SPG das Vorliegen eines aggressiven Verhaltens.

 

 

"Aggressiv" bedeutet so viel wie "angreifend" oder "angriffslustig". "Aggression" meint einen Überfall, einen Angriff oder feindseliges Verhalten. Unter aggressivem Verhalten ist ein sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten anzusehen. Das Vertreten eines Rechtsstandpunktes, mag dies auch in entschiedener Weise geschehen, stellt eine angemessene Reaktion, nicht aber ein ungestümes Benehmen dar (vgl. Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, A.5.1. f zu § 82).

 

Weiters ist unter einem aggressiven Verhalten ein solches zu verstehen, durch das die jedem Staatsbürger gegen das Einschreiten eines obrigkeitlichen Organs zuzubilligende Abwehr vermeintlichen Unrechts derart überschritten wird, dass diese Abwehr zufolge des Tones des Vorbringens, der zur Schau gestellten Gestik oder durch beides zusammen als "aggressives Verhalten" gewertet werden muss. Solches liegt etwa vor, bei "Gebrauch lautstarker Worte verbunden mit heftiger Gestik gegenüber einem Sicherheitswachebeamten". 

 

So kann unter aggressivem Verhalten auch ein "sowohl in der Sprache als auch in der Bewegung der gebotenen Ruhe entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten" angesehen werden. In diesem Sinne reicht nach ständiger Rechtsprechung bereits allein das "Schreien mit einem Aufsichtsorgan" auch noch nach erfolgter Abmahnung zur Erfüllung des Tatbestandes aus (VwGH vom 20.12.1990, 90/10/0056; siehe auch Hauer/Keplinger, Kommentar zum Sicherheitspolizeigesetz3, Fn. 14 zu § 82  mit weiteren Verweisen). Da das Gesetz lediglich "aggressives Verhalten" verlangt, bedarf es keiner "besonderen" Aggressivität um den Tatbestand zu erfüllen.

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei, dass der Bw – angesichts eines relativ "geringfügigen" Verstoßes, der ihm vorgeworfen wurde –völlig überzogen reagierte und den einschreitenden Beamten massiv verbal attackierte. Ein Schreien und Gestikulieren wäre im vorliegenden Fall keinesfalls angebracht gewesen, weshalb das Verhalten des Bw nicht als verständliches, bloß entschiedenes Vertreten seines Rechtsstandpunktes gewertet werden kann, sondern im Sinne der obigen Darstellungen als aggressiv qualifiziert werden muss. Auch der Einwand, dass es sich bei der Reaktion des Bw um eine – durch sprachliche Missverständnisse verursachte – Fehlinterpretation der Situation gehandelt haben könnte, ist angesichts des Auftretens des Bw entschieden abzulehnen.

 

Im Ergebnis ist das Verhalten des Bw demnach klar als ungerechtfertigt aggressiv zu bezeichnen.

 

3.3.3. Hinsichtlich der ebenfalls in § 82 Abs. 1 SPG geforderten vorausgegangenen Abmahnung ist zunächst anzumerken, dass für eine solche keine exakte wörtliche Determinierung besteht. Dem Adressaten muss jedenfalls klar gemacht werden, dass er sein strafbares Verhalten einzustellen und damit die Behinderung der Amtshandlung aufzugeben hat. Diese Abmahnung muss dem Bw grundsätzlich so vorgetragen werden, dass er sie auch wahrnehmen kann. Der Erfüllung dieser Verpflichtung steht jedoch nicht entgegen, wenn der Adressat zwar akustisch und sprachlich in der Lage ist die "Botschaft" zu erhalten, jedoch dem aussprechenden Organ keinerlei diesbezügliche Aufmerksamkeit schenken will und somit nicht aufnahmebereit ist.

 

Im vorliegenden Fall hat das Amtsorgan – wie im Sachverhalt festgestellt – zwar mehrfach eine Ermahnung ausgesprochen, wobei diese Ermahnungen vom Bw jedoch nicht zur Kenntnis genommen wurden. Grundsätzlich wäre der Bw jedoch sowohl akustisch als auch sprachlich in der Lage gewesen, die Abmahnung entgegenzunehmen, weshalb dieses Tatbestandselement des § 82 Abs. 1 SPG als erfüllt anzusehen ist.

 

3.3.4. Es ist nach dem Wortlaut des § 82 Abs. 1 SPG nicht erforderlich, dass die Amtshandlung durch das aggressive Verhalten tatsächlich gänzlich verhindert wird. Tatbildmäßig ist hier zweifelsfrei schon, dass ein geordneter Ablauf bzw. Verlauf einer Amtshandlung merklich gestört und verzögert wird.

 

Im vorliegenden Fall hat das aggressive Verhalten des Bw jedenfalls den einschreitenden Beamten bei der Durchführung der Amtshandlung derart gestört, dass er schließlich die ursprüngliche Absicht der Erledigung der Angelegenheit mittels Organmandat (aufgrund des Verhaltens des Bw) nicht weiter verfolgen konnte und die Amtshandlung durch die Ankündigung einer Anzeige frühzeitig beendete. Die verbalen und gestikulativen Äußerungen des Bw haben fraglos das Maß erreicht, das eine Qualifikation als die Amtshandlung behindernd zwingend nach sich führt.

 

3.3.5. Es ist im vorliegenden Fall somit die objektive Tatseite eindeutig gegeben. Hinsichtlich der behaupteten Äußerungen des Bw nach Ende der Amtshandlung betreffend des Wunsches, dass das Amtsorgan einen Verkehrsunfall haben und im Blut liegen solle, ist festzustellen, dass diese Äußerung wohl rein zeitlich erst nach Beendigung der Amtshandlung durch die Ankündigung der Anzeigeerstattung und beim Verlassen des Tatorts durch den Beamten erfolgt war, weshalb sie nicht mehr im eigentlichen Sinne zur Erfüllung des Delikts herangezogen werden kann.

 

3.4. Das SPG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Für eine derartige Annahme liegen jedoch keine Anhaltspunkte vor. Der Bw nahm in Kauf, dass sein Verhalten nicht den gesetzlich normierten Rücksichtspflichten entsprach und scheint auch jetzt noch das Unrecht seiner Handlungsweise nicht einsehen zu wollen. Eine Berufung auf allfällige mentalitätsbezogene Besonderheiten könnte angesichts der an den Tag gelegten Intensität des Verhaltens wohl nicht ins Treffen geführt werden.

 

Ein derartiges Verhalten kann ohne Zweifel als zumindest grob fahrlässig eingestuft werden, weshalb auch die subjektive Tatseite als erfüllt anzusehen ist.

 

3.5. Hinsichtlich der Strafhöhe ist zunächst anzumerken, dass die belangte Behörde in ihren Überlegungen der grob fahrlässigen Begehungsweise nach Ansicht des Oö. Verwaltungssenates zumindest teilweise das an sich schon tatbestandsmäßige Verhalten als besonders schwerwiegend qualifizierte. In diesem Sinn erscheint aber eine verhängte Geldstrafe von über 90 % des maximalen Strafrahmens angesichts einer Erstbegehung der Tat als zu hoch bemessen.

 

Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine überlange Verfahrensdauer als besonderer Milderungsgrund zu werten (vgl zB. VfGH-Erk vom 9. Juni 2006, Zl. B 3585/05).

 

Das Strafverfahren dauert mittlerweile nunmehr schon knapp zwei Jahre und damit vor dem Hintergrund des Art 6 EMRK zu lange, weil weder der von der belangten Behörde betriebene Verfahrensaufwand, noch besondere rechtliche Schwierigkeiten eine solche Dauer rechtfertigen. Von 19. Mai 2010 bis zur Bescheiderlassung am 21. Dezember 2010 (7 Monate) sind dem Akt keine Verfahrensschritte von Seiten der belangten Behörde zu entnehmen.

 

Deshalb war die überlange Verfahrensdauer hier mildernd im vorgenommenen Ausmaß zu berücksichtigen und die Strafe dementsprechend herabzusetzen.

 

Darüber hinaus war eine Anpassung bzw. Verringerung des Beitrags zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde wie auch der Ersatzfreiheitsstrafe vorzunehmen.

 

3.6. Eine Anwendung des § 21 VStG kam allein schon wegen der nicht als geringfügig einzustufenden Schuld des Bw nicht in Betracht.

 

3.7. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gem. § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Bernhard Pree

 

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