Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310425/9/Kü/Ba

Linz, 28.02.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X X, X, X, vom 14. Oktober 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 23. September 2010, UR96-10-3-2008, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 23. Sep­tember 2010, UR96-10-3-2008, wurden über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wegen Verwaltungsübertretungen nach § 79 Abs.1 Z 1 iVm  § 15 Abs.1 Z 2 und § 79 Abs.2 Z 3 iVm § 15 Abs.3 Z 2 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) Geldstrafen in Höhe von 730 bzw. 360 Euro sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen in Höhe von 216 Stunden bzw. 108 Stunden verhängt.

 

Dem Straferkenntnis lag folgender Tatvorwurf zugrunde:

"Sie haben im Zuge von Renovierungsarbeiten in der Wohnanlage 'X', X in X, Grundstück-Nr. X, KG. und Gemeinde X, zumindest in der Zeit von der 13. bis zur 15. Kalenderwoche 2008, festgestellt am 10.4.2008, U-UT-950504/2-2008-Br, anlässlich eines behördlichen Lokalaugenscheines unter Miteinbeziehung eines Amtssachverständigen für Abfallchemie der Abteilung Umwelt-, Bau- und Anlagentechnik beim Amt der Oö. Landesregierung, südlich des Wohnhauses aus den oberen Stockwerken, im Freien, auf den befestigten Platz zwischen dem Wohnhaus und der freistehenden Doppelgarage, eine Vielzahl von Abfällen, und zwar:

 

[Den Abfällen wurde je die Zuordnung nach Schlüsselnummern - SNr.: - gemäß der Abfallverzeichnisverordnung, BGBL II Nr. 570/2003, ÖNORM S2100, Abfallkatalog, Ausgabe 1. September 1997, angefügt.

 

Legende: ng = nicht gefährlicher Abfall; g = gefährlicher Abfall]

 

1.     a) + 1. b):  2 Stk. Kühlschränke auf den Erdboden geworfen, sodass diese schwer beschädigt wurden (SNr.: 35205 'Kühl- und Klimageräte mit FCKW- FKW- und KW-haltigen Kältemitteln (Propen, Butan)) g = gefährlicher Abfall,

 

2.      - Sperrmüll, wie 5 - 6 m3 Altholz, 1 Teppich, Teil eines Sofas (SNr.: 91401 "Sperrmüll") ng,

- 1 Stk. Waschmaschine, - wurde dadurch schwer beschädigt (SNr.: 35221 'Elektro- und Elektronik-Altgeräte mit einer Kantenlänge größer oder gleich 50 cm) ng = nicht gefährlicher Abfall.

- 2 Stk. Mikrowellenherde (SNr.: 35231 'Elektro- und Elektronik-Altgeräte mit einer Kantenlänge kleiner oder gleich 50 cm) ng = nicht gefährlicher Abfall,

- 1 Stk. PC-Drucker (SNr.: 35231 'Elektro- und Elektronik-Altgeräte mit einer Kantenlänge kleiner oder gleich 50 cm) ng = nicht gefährlicher Abfall, zusammen auf einem Haufen gelagert.

 

Zu 1 .a): Sie haben somit beim sonstigen Umgang mit gefährlichen Abfällen entgegen § 15 Abs. 1 Beeinträchtigungen öffentlicher Interessen nicht vermieden, obwohl beim sonstigen Umgang mit Abfällen Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) zu vermeiden sind, da unter anderem die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus nicht verunreinigt werden darf.

 

Zu 1. b): Sie haben dadurch gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 3 Z. 2 gelagert, obwohl Abfälle außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen.

 

Zu 2.) Sie haben dadurch nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs. 3 Z. 2 gelagert, obwohl Abfälle außerhalb von für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden dürfen."

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben, in eventu die verhängte Geldstrafe herabzusetzen. Begründend wurde festgehalten, dass der Bw zu dem im Straferkenntnis genannten Zeitpunkt / Zeitraum gleichsam als Hausmeister für den Grundeigentümer des Objektes, Herrn X X, tätig gewesen sei. Entgegen den Behauptungen der erkennenden Behörde habe nicht er im eigenen Namen und auf eigene Rechnung sondern lediglich auf Weisung bzw. nach den Vorgaben des Grundeigentümers für diesen gehandelt und sohin auch keine Verletzung nach dem genannten Gesetzesbestimmungen begangen bzw. zu verantworten.

 

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 23.11.2010, eingelangt am 2.12.2010, vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 8. Februar 2011, an welcher der Bw sowie als weiterer Beteiligter der Grund­eigentümer, Herr X X, teilgenommen haben.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Herr X X ist Eigentümer der Grundstücke Nr. X, X und X der KG X. Die Wohnanlage "X" mit der Adresse X, X, ist auf Grundstück Nr. X situiert.

 

Vom Grundeigentümer X X wurde mit Wirkung vom 1.9.2007 die Nutzung des Wohngebäudes mit Bestandvertrag an Frau X X und Frau X X übertragen. Bei Frau X handelt es sich um die Mutter des Bw, bei Frau X X um die Freundin des Bw. In der Folge wurden von diesen Personen Mietverträge mit Mietern des Objektes X abgeschlossen. Beim Objekt handelt es sich um ein ehe­maliges Hotel mit einer Gesamtwohnfläche von ca. 2.000 m2, sodass in etwa 150 Leute dort wohnen konnten.

 

Der Bw war ab diesem Zeitraum 2007 gleichsam als Hausmeister im Objekt X tätig.

 

In der Folge ist es immer wieder vorgekommen, dass neu einziehende Mieter bzw. auch bestehende Mieter Abfälle wie Kühlschränke, Altholz, Teppiche, Sofas, Waschmaschinen, Mikrowellenherde oder sonstige Elektrogeräte auf einem befestigten Platz vor dem Wohnhaus X gelagert haben. Teilweise wurden diese Abfälle von den Mietern aus den Fenstern oder Balkonen geworfen und dann zu einem Haufen geschlichtet.

 

Im April 2008 wurde von Vertretern der Bezirks­hauptmannschaft Wels-Land beim X ein Lokalaugenschein vorge­nommen. Von den Organen der Bezirkshauptmannschaft wurden die im Freien gelagerten Abfälle in Augenschein genommen und wurde dem Bw aufgetragen, diese Abfälle zu entsorgen. Vom Bw wurde gegenüber dem Behördenorgan kundgetan, dass er diese Abfälle dort nicht gelagert hat, allerdings wurde von ihm zugesichert, für die Entsorgung dieser Abfälle Sorge zu tragen. In der Folge hat der Bw diese im Freien gelagerten Abfälle entsorgt.

 

Auch nach der vom Bw vorgenommenen Entsorgung haben Mieter auf der gegenständlichen Fläche vor dem Wohnhaus wiederum Abfälle ver­schiedenster Art gelagert.

 

Der Bw hat immer in Abstimmung mit dem Grundeigentümer gehandelt. Auch vom Grundeigentümer wurde der Bw ersucht, die Abfälle, welche auf Freiflächen rund um den X gelagert werden, zu entsorgen.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den glaubwürdigen und nachvollziehbaren Aussagen des Bw in der mündlichen Verhandlung, welche auch vom Grundeigen­tümer bestätigt werden. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat haben sich keine Anhaltspunkte ergeben, an den Ausführungen zu zweifeln. Insbesondere aufgrund der Anzahl der Mieter, welche im X wohnen konnten, sowie dem regelmäßigen Kommen und Gehen neuer Mieter, erscheinen die Schilderungen des Bw als dem wahren Sachverhalt entsprechend.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstraf­verfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

Dem Bw wird angelastet, entgegen der Bestimmung des § 15 AWG 2002 sowohl gefährliche als auch nicht gefährliche Abfälle auf einem näher bezeichneten Grundstück im Freien gelagert zu haben. Am 10. April 2008 wurde von der Behörde ein Lokalaugenschein durchgeführt und wurden diese Abfälle im Freien gelagert vorgefunden. Eine Einvernahme des Bw hinsichtlich seiner Verant­wortlichkeit bezüglich der abgelagerten Abfälle ist im erstinstanzlichen Verfahren unterblieben. Zu den angelasteten Verwaltungsübertretungen des § 79 Abs.1 Z 1 sowie § 79 Abs.2 Z 3 AWG 2002 ist festzuhalten, dass diese Verwaltungsüber­tretungen nur derjenige zu verantworten hat, der entweder selbst die Ablagerung von Abfällen vorgenommen hat oder diese veranlasst hat. Im Berufungsver­fahren ist jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür zu ermitteln gewesen, wonach der Bw selbst die Ablagerungen der Abfälle vorgenommen hat bzw. die Mieter, von denen die Abfälle im Zuge von Wohnungssanierungen dort gelagert wurden, das Einverständnis des Bw zur Lagerung dieser Abfälle erhalten hätten. Vielmehr ist davon auszugehen, dass durch eigenmächtige Handlungen von Mietern diese Abfälle auf der unbefestigten Fläche vor dem Wohnhaus X gelagert wurden. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich daher, dass sich nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisen lässt, dass die beim X vorgefundenen Abfalllagerungen vom Bw verursacht wurden. Bei der gegebenen Sachlage war daher im Zweifel gemäß Art. 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die dem Bw angelasteten Verwaltungs­übertretungen nicht erwiesen sind und ihm daher nicht angelastet werden können. In diesem Sinne war der Berufung Folge zu geben, das gegen­ständliche Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

VwSen-310425/9/Kü/Ba vom 28. Februar 2011

 

Erkenntnis

 

AWG 2002 §15 Abs3;

AWG 2002 §79

 

 

Eine Verwaltungsübertretung nach § 79 Abs 1 Z 1 bzw § 79 Abs 2 Z 3 AWG 2002 kann nur derjenige begehen, der entgegen der Bestimmung des § 15 Abs 3 AWG 2002 selbst die Lagerung bzw Ablagerung der Abfälle vorgenommen hat oder diese Lagerung oder Ablagerung veranlasst hat.

 

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