Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165314/7/Sch/Sta

Linz, 28.02.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, geb. am X, X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 13. Juli 2010, Zl. VerkR96-8379-2008, wegen Übertretungen nach dem Führerscheingesetz (FSG) und dem Kraftfahrgesetz (KFG), nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung am 22. Februar 2011 zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die hinsichtlich Faktum 1. des angefochtenen Straferkenntnisses festgesetzte Geldstrafe auf 20 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 6 Stunden sowie die bezüglich Faktum 2. festgesetzte Geldstrafe auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden.

 Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II.                Der Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz ermächtigt sich auf insgesamt 12 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: § 66 Abs.4  AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: § 64 ff VStG

 


 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. hat mit Straferkenntnis vom 13. Juli 2010, Zl. VerkR96-8379-2008, über Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. X wegen der Verwaltungsübertretungen

nach 1) § 37 Abs.1 iVm § 14 Abs.1 FSG und 2) § 98 Abs.1 KFG 1962 iVm § 58 Abs.1 Z2 lit. a KDV 1967 Geldstrafen

von 1.) 36 Euro (EFS 12 Stunden und 2.) 180 Euro (EFS 54 Stunden) unter Anwendung der Strafbestimmungen  1.) des § 32 Abs.2a FSG und 2.) des § 134 Abs.1 KFG 1967 verhängt, weil er am 13. Mai 2008 um 13:55 Uhr als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X im Gemeindegebiet von Weng i.I: auf der
B 148 bei Straßenkilometer 24.395

  1. den Führerschein nicht mitgeführt und
  2. beim Ziehen eines nicht zum Verkehr zugelassenen Anhängers die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h um 45 km/h überschritten habe.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Die Erstbehörde hat die Berufung samt Verfahrensakt vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Der Berufungswerber hat im Verwaltungsstrafverfahren unbestritten belassen bzw. letztlich im Berufungsverfahren außer Streit gestellt, dass er zum Vorfallszeitpunkt als Lenker eines Pkw zum einen den Führerschein nicht mitgeführt habe und zum anderen von ihm beim Ziehen eines nicht zum Verkehr zugelassenen Anhängers die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 10 km/h um 45 km/h überschritten worden ist.

 

Seine Einwendungen bewegen sich vielmehr im formellen Bereich. Im Einzelnen ist dazu Folgendes zu bemerken:

Der Berufungswerber rügt, dass das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nicht gemäß § 29a VStG von der Tatortbehörde – diese hat zuvor eine Strafverfügung erlassen – an die Wohnsitzbehörde des Berufungswerbers hätte abgetreten werden dürfen. Damit sei nicht, wie gesetzlich gefordert, eine wesentlich vereinfachte oder beschleunigte Verfahrensführung verbunden gewesen. Das Verwaltungsstrafverfahren vor Bezirksverwaltungsbehörden werde in aller Regel schriftlich geführt, dies auch dann, wenn der Beschuldigte rechtsanwaltlich vertreten sei. Im folgenden Fall befände sich sowohl die anzeigenlegende Polizeidienststelle im Sprengel der Tatortbehörde, ebenso der Kanzleisitz des Rechtsvertreters des Berufungswerbers. Zur Zeugeneinvernahme sei daher ein Rechtshilfeersuchen erforderlich, der Rechtsvertreter habe im Falle der Akteneinsicht einen größeren Anfahrtsweg zur Behörde zurückzulegen.

Demgegenüber bringt der Verwaltungsgerichtshof in seiner ständigen Judikatur zum Ausdruck, dass die grundsätzlich nur der Wohnsitzbehörde eingeräumte Möglichkeit des Vorgehens nach § 43 Abs.1 VStG eine erhebliche Erleichterung und Beschleunigung des Verfahrens erwarten lässt (vgl. etwa VwGH 25.1.1993, 92/10/0419).

Einer Verwaltungsstrafbehörde soll also offenkundig die Möglichkeit offen stehen, mit dem Beschuldigten eine mündliche Verhandlung abzuführen.

Gerade die mündliche Vernehmung des Beschuldigten gibt der Strafbehörde eher als eine bloß schriftliche Rechtfertigung die Möglichkeit, sich ein Bild von der maßgeblichen Sachlage einschließlich der Frage der Täterschaft zu verschaffen (VwGH 21.10.1992, 92/02/0244).

Dem Wohn- oder Dienstort von Zeugen, eine wohl ohnedies eher zufällige Komponente, bzw. dem Kanzleisitz des gewillkürten Rechtsvertreters kommt demnach in diesem Sinne keine Relevanz zu.

Entscheidend ist vielmehr die Möglichkeit einer Vorgangsweise im Sinne des § 43 Abs.1 VStG, aber auch die unmittelbare Kenntnis von allfälligen, bei einer Strafbemessung nach § 19 Abs.2 VStG zwingend zu beachtenden Vorstrafen (VwGH 17.3.1999, 97/03/0364).

 

Die von der Tatbehörde mit Mitteilung vom 5. November 2008 an die Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. verfügte Abtretung des Verwaltungsstrafverfahrens ist sohin rechtmäßig erfolgt, auf den dort enthaltenen Hinweis auf den eingebrachten Einspruch gegen die bereits erlassene Strafverfügung bzw. auf einen im Schreiben zitierten Erlass des Amtes der Oö. Landesregierung kommt es hiebei nicht an.

 

4. Weiters erblickt der Berufungswerber eine unsachliche Ungleichbehandlung darin, dass beim Ziehen von nicht zum Verkehr zugelassenen Anhängern im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes eine Geschwindigkeit von 25 km/h eingehalten werden dürfe, beim Ziehen eines solchen Anhängers mit einem Pkw aber nur eine solche von 10 km/h, obwohl beim Ziehen eines landwirtschaftlichen Anhängers größere Gefahren für die Verkehrssicherheit schon auf Grund der Abmessungen ausgingen.

In einer Äußerung an die Berufungsbehörde, datiert mit 16. Februar 2011, führt der Berufungswerber diese Bedenken noch weiter aus. Insbesondere verweist er auf die Stammfassung des § 58 Abs.1 Z2 lit. a KDV 1967, wo die 10 km/h-Beschränkung nur beim Ziehen von nicht zum Verkehr zugelassenen Anhängern mit Zugmaschinen, nicht aber mit Pkw, gegolten habe.

Nach Ansicht der Berufungsbehörde ist diese historische Betrachtungsweise wenig zielführend, aktuell ist die Regelung des § 58 Abs.1 Z2 lit.a KDV 1967 eben so, dass diese Bestimmung die Fahrgeschwindigkeit mit 10 km/h beschränkt, wenn mit Kraftfahrzeugen nicht zum Verkehr zugelassene Anhänger gezogen werden.

Nach Ansicht der Berufungsbehörde stand es dem Verordnungsgeber frei, die Rechtslage insofern zu bereinigen, als die Unterscheidung im Hinblick auf Zugmaschinen nicht mehr aufrecht erhalten wurde. Dieser Umstand erscheint nicht unsachlich, zumal an nicht zum Verkehr zugelassene Anhänger geringere technische Anforderungen gestellt werden als an zugelassene (vgl. § 104 Abs.8 lit.b KFG 1967 iVm § 62 Abs.1 KDV 1967). Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die Wirksamkeit der Bremsanlagen.

Möglicherweise hat den Verordnungsgeber auch die Zunahme der Verkehrsdichte zu dieser Maßnahme geführt.

Dem Berufungswerber ist zwar beizupflichten, dass beim Ziehen von nicht zum Verkehr zugelassenen Anhängern im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes eine Fahrgeschwindigkeit von 25 km/h erlaubt ist, da gelten aber die zusätzlichen Einschränkungen des § 62 Abs.4 KDV 1967. Auch hier wird deshalb keine unsachliche Unterscheidung erblickt.

Seitens der Berufungsbehörde werden daher Bedenken an der Gesetzmäßigkeit des § 58 Abs.1 Z2 lit. a KDV 1967, wie sie der Berufungswerber hegt, nicht geteilt.

 

Der Berufung konnte sohin bezüglich Faktum 2. des angefochtenen Straferkenntnisses dem Grunde nach kein Erfolg beschieden sein. Im Hinblick auf Faktum 1. finden sich in der Berufungsschrift zum Sachverhalt keine Ausführungen, hier hegt der Berufungswerber auch keine formalrechtlichen Bedenken. Die gesetzliche Mitführpflicht im Hinblick auf das Dokument "Führerschein" scheint also beim ihm Akzeptanz zu finden.

 

5. Zur Strafbemessung:

Wenn der Berufungswerber vermeint, dass die Geldstrafe bezüglich Faktum 1. des Straferkenntnisses mit 20 Euro, also der gesetzlichen Mindeststrafe gemäß § 37 Abs.2a FSG, und jene bezüglich Faktum 2. mit 100 Euro festzusetzen sei, so wird dieser Meinung beigetreten. Der Berufungswerber erläutert die Problematik der überlangen Verfahrensdauer im Rechtsmittel unter Hinweis auf einschlägige EGMR-Judikatur ausführlich, welche gegenständlich auf Grund der Tatsache, dass seit dem Vorfall (13. Mai 2008) bis zur Erlassung des Straferkenntnisses (datiert mit 13. Juli 2010) und in der Folge bis zur  Berufungsentscheidung ein geraumer Zeitraum verstrichen ist, vorliegt. Auch die Bestimmung des § 34 Abs.2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG nimmt auf diesen Umstand Bedacht. Ein weiterer Milderungsgrund, etwa jener der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit lag nicht vor.

Die vom Berufungswerber für angemessen und ausdrücklich angeführten Strafbeträge von 20 Euro bzw. 100 Euro werden sohin auch von der Berufungsbehörde für plausibel erachtet.

Die Bestimmungen des § 20 und 21 Abs.1 VStG wurden vom Berufungswerber nicht angesprochen. Auch nach Ansicht der Berufungsbehörde können diese gegenständlich nicht Anwendung finden, da die Voraussetzungen nicht vorliegen.

Den von der Erstbehörde angenommenen persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers, insbesondere seinem monatlichen Einkommen von etwa 1.300 Euro, wurde in der Berufung nicht entgegengetreten. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass er zu Bezahlung der Verwaltungsstrafen ohne weiteres in der Lage sein wird.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

 

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