Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100721/11/Fra/Fb

Linz, 04.11.1992

VwSen - 100721/11/Fra/Fb Linz, am 4. November 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 3. Kammer (Vorsitz: Mag. Gallnbrunner, Berichter: Dr. Fragner, Beisitzerin: Mag. Bissenberger) über die Berufung des G L, H, L vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H V Cstraße, L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion L vom 12. Juni 1992, AZ:VU/S/5629/91 W, betreffend Übertretung des § 5 Abs.1 i.V.m. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960, nach der am 14. Oktober 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird hinsichtlich des Schuldspruches und hinsichtlich des Ausspruches über die Barauslagen gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 keine Folge gegeben. Der Schuld- und Barauslagenausspruch wird somit bestätigt. Die verhängte Geldstrafe wird jedoch auf 13.000 S und die Ersatzarreststrafe auf 10 Tage herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 19 und 51 VStG sowie § 5 Abs.9 StVO 1960.

II. Der Kostenbeitrag für das Strafverfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 1.300 S. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 12.6.1992, AZ.VU/S/5629/1991 W, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 99 Abs.1 lit.a i.V.m. § 5 Abs.1 StVO 1960, 2.) § 7 Abs.1 StVO 1960, 3.) § 4 Abs.5 StVO 1960, 4.) § 99 Abs.2 lit.e i.V.m. § 31 Abs.1 StVO 1960 und 5.) § 9 Abs.1 StVO 1960 zu 1.) gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 18.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen), zu 2.) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage), zu 3.) gemäß § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage), zu 4.) gemäß § 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) und zu 5.) gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt, weil er am 20. November 1991 um 1.00 Uhr in L Kreuzung St.straße - Chemiezufahrt - B von der St.Pstraße, aus Richtung Fstraße kommend, nach links in die Zufahrt zur Chemie fahrend den PKW Patrouíllenfahrzeug 1.) in einem durch Alkohol beeinträchtigten und fahruntüchtigen Zustand gelenkt hat, 2.) er das Fahrzeug nicht so weit rechts gelenkt hat, wie dies unter Bedachtnahme auf die Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zumutbar und dies ohne Gefährung, Behinderung oder Belästigung anderer Straßenbenützer und dies ohne Beschädigung von Sachen möglich war - er kam nach links von der Fahrbahn ab und beschädigte eine Standsäule -. 3.) Er hat es unterlassen, nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle ohne unnötigen Aufschub zu verständigen, obwohl ein gegenseitiger Nachweis von Name und Anschrift mit dem Unfallbeteiligten (Unfallgeschädigten) unterblieben ist. 4.) Er hat eine Einrichtung zur Regelung und Sicherung des Verkehrs, nämlich ein Verkehrszeichen "Einfahrt verboten" mit Standsäule beschädigt, ohne daß von dieser Beschädigung die bei diesem Verkehrsunfall entstanden ist, die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder der Straßenerhalter unter Bekanntgabe der Identität des Beschädigers ohne unnötigen Aufschub verständigt wurde. 5.) Er hat eine dort auf der Fahrbahn angebrachte Sperrlinie überfahren.

Ferner wurde der Beschuldigte zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren in Höhe von 10% der Strafe sowie gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 zum Ersatz der Barauslagen für die klinische Untersuchung, Blutabnahme und Blutauswertung verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis wurde rechtzeitig Berufung erhoben. Die Erstbehörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen. Sie hat die Berufung samt Verfahrensakt dem unabhängigen Verwaltungssenat vorgelegt und somit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hat hinsichtlich des Faktums 1 (§ 99 Abs.1 lit.a i.V.m. § 5 Abs.1 StVO 1960) durch eine aus drei Mitgliedern bestehende Kammer zu entscheiden, weil hinsichtlich dieses Faktums eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde. Hinsichtlich der anderen Fakten ergeht, weil die verhängten Geldstrafen jeweils die 10.000 S-Grenze nicht überschreiten, eine gesonderte Entscheidung durch das zuständige Einzelmitglied.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. Oktober 1992 und durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt, wobei folgendes erwogen wurde:

Die Erstbehörde stützt den hier zu beurteilenden Tatbestand auf die Anzeige vom 20.11.1991 sowie auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren, insbesondere auf die klinische Untersuchung durch den Polizeiarzt Dr. F sowie auf die Blutuntersuchung. Das ärztliche Gutachten von Dr. F habe ergeben, daß der Beschuldigte alkoholbeeinträchtigt und fahruntüchtig gewesen sei. Die vom Beschuldigten selbst verlangte Blutabnahme und Untersuchung des Blutes habe einen Blutalkoholwert - Mittelwert von 1,49 %o zum Abnahmezeitpunkt (5.45 Uhr) ergeben. Aufgrund des angegebenen Nachtrunkes sei im Führerscheinentzugsverfahren bei der Bundespolizeidirektion L ein Gutachten des medizinischen Sachverständigen Polizeichefarzt Dr. W eingeholt worden, in welchem dieser nach umfangreichen Berechnungen gutachtlich festgestellt habe, daß der Beschuldigte zur Tatzeit - unter Berücksichtigung des angegebenen Nachtrunkes - einen Blutalkoholwert von 1,33 %o aufgewiesen hätte.

Der Beschuldigte bestreitet nicht, zur Tatzeit den in Rede stehenden PKW gelenkt zu haben, behauptet jedoch, daß er zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles nicht alkoholisiert gewesen sei. Er habe vielmehr, wie er bereits in seiner ersten Einvernahme angegeben habe, vor Inbetriebnahme dieses PKW nur zwei Cola-Rum getrunken und sei nach dem Unfall wieder in die Altstadt zurückgegangen, wo er mehrere Cola-Rum konsumiert habe. Erst nach 4.00 Uhr früh sei er dann zur Unfallstelle zurückgekehrt, wo ihn dann Exekutivorgane einem Alkotest unterzogen haben. Zu diesem Zeitpunkt sei er alkoholisiert gewesen. Diese Alkoholisierung sei jedoch durch den Nachtrunk zustandegekommen. Diese Aussagen seien durch die im Führerscheinentzugsverfahren vernommenen Zeugen bestätigt worden. Insbesondere der Zeuge K G habe ausgesagt, daß er in der Zeit von 19.11.1991, 21.00 Uhr, bis zu ihrem gemeinsamen Aufbruch nach Mitternacht lediglich ein Cola-Rum getrunken und in der Folge nur mehr Kaffee und Cola konsumiert habe. Der Zeuge konnte ausschließen, daß er weitere alkoholische Getränke in dieser Zeit zu sich genommen habe. Der Zeuge Legmaier habe eindeutig angegeben, daß er nach dem Verkehrsunfall, nämlich ab 2.00 Uhr früh, weitere Cola-Rum konsumiert habe. Dies sei auch durch den Zeugen Z bestätigt worden. Das im angefochtenen Straferkenntnis zitierte Gutachten des medizinischen Sachverständigen Dr. W sei nun unter dem Aspekt dieser Zeugenaussagen zu betrachten. Der Sachverständige gehe nämlich von der unrichtigen Prämisse aus, daß er nach dem Verkehrsunfall lediglich vier Cola-Rum getrunken hätte. Er habe das in dieser strikten Form nie ausgesagt, sondern habe stets nur ungefähre Angaben gemacht. Lediglich daran, daß er vor dem Verkehrsunfall nur zwei Cola-Rum getrunken habe, konnte er sich eindeutig erinnern, was auch vom Zeugen G bestätigt worden sei. Der Sachverständige komme nun zum Schluß, daß selbst vier Cola-Rum lediglich einen Blutalkoholgehalt von 0,63 %o verursachen. Gehe man von seiner Verantwortung aus, daß er vor dem Verkehrsunfall nur zwei Cola-Rum getrunken habe, so ergebe sich daraus eindeutig, daß er eben zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalles nicht alkoholisiert gewesen sein konnte.

Der unabhängige Verwaltungssenat geht aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens davon aus, daß der Beschuldigte jedenfalls am 19.11.1991 von ca. 21.00 Uhr bis ca. 21.30 Uhr ein Cola-Rum, eine Stunde vor der Lenkzeit nochmals ein Cola-Rum und nach dem unbestrittenen Lenkzeitpunkt von 1.00 Uhr am 20.11.1991 in der Zeit von ca. 2.00 Uhr bis gegen 4.00 Uhr etwa vier Cola-Rum konsumiert hat. Diese Annahmen stützen sich einerseits auf die Angaben des Beschuldigten am 20.11.1991 vor der Bundespolizeidirektion L (siehe Niederschrift der BPD L, VAbt-Verkehrsunfallkommando, Nstraße, vom 20. November 1991, VUS/91, Alkoholerhebungsbogen), andererseits auf seine Angaben anläßlich der Berufungserhebung. Diese Angaben sind nicht in sich widersprüchlich. Die Konsumation von einem Cola-Rum am 19.11.1991 von ca. 21.00 Uhr bis 21.30 Uhr wird zudem vom Zeugen G bestätigt. Was die Zeugen Z und L anbelangt, so war deren Vernehmung entbehrlich, da ohnehin von den Angaben des Beschuldigten hinsichtlich seines Alkoholkonsums nach der Lenkzeit ausgegangen wurde und zudem zu berücksichtigen ist, daß sich diese Zeugen bereits anläßlich deren Vernehmung (siehe Niederschriften der Bundespolizeidirektion Linz vom 6. Februar 1992, Fe-2119/91 und vom 24. Februar 1992, Fe-2119/91) nicht mehr konkret an den Alkoholkonsum des Beschuldigten erinnern konnten.

Die Angaben des Beschuldigten vor dem unabhängigen Verwaltungssenat anläßlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 14. Oktober 1992, daß er vor der Lenkzeit lediglich das eine Cola-Rum, welches vom Zeugen G bestätigt wurde, nämlich im Zeitraum von 21.00 Uhr bis 21.30 Uhr des 19.11.1991 und nach der Lenkzeit im Zeitraum von 2.00 Uhr bis 4.30 Uhr möglicherweise acht Cola-Rum konsumiert hat sind nun völlig unglaubwürdig, denn es widerspricht jeglicher Lebenserfahrung, daß sich der Beschuldigte nunmehr plötzlich nach einem so langen Zeitraum nach dem hier relevanten Vorfall plötzlich konkreter an seinen Alkoholkonsum erinnern kann, als während des ganzen Zeitraumes vorher. Darüber befragt, weshalb er ursprünglich vor der Bundespolizeidirektion L angegeben hat, daß er in der letzten Stunde vor der Lenkzeit noch ein Cola-Rum konsumiert hat und nach der Lenkzeit ca. vier Cola-Rum und er nun andere Angaben - wie oben erwähnt - macht, führte der Beschuldigte aus, daß die ursprünglich vor der Bundespolizeidirektion gemachten Angaben offenbar aufgrund seiner Alkoholisierung zustandegekommen seien. Diese Aussage läßt jedoch völlig offen, weshalb er sich nunmehr elf Monate nach dem hier zu beurteilenden Vorfall detaillierter an den Alkoholkonsum erinnern kann. Es läßt sich keine überzeugende Begründung hinsichtlich dieser widersprüchlichen Angaben in bezug auf den Umstand finden, daß der Beschuldigte noch anläßlich der Berufungserhebung am 2. Juli 1992 bei seinen ursprünglichen Angaben in bezug auf den Alkoholkonsum blieb. Der unabhängige Verwaltungssenat hält daher die Angaben des Beschuldigten anläßlich der mündlichen Verhandlung dahingehend, daß er vor der Lenkzeit lediglich ein Cola-Rum (im Zeitraum 21.00 Uhr bis 21.30 Uhr) und dahingehend, daß er nach der Lenkzeit acht Cola-Rum (im Zeitraum 2.00 Uhr bis 4.30 Uhr) konsumiert hat, für unglaubwürdig. Hier handelt es sich offenbar um eine Schutzbehauptung.

Unter Zugrundelegung des vom unabhängigen Verwaltungssenat für glaubwürdig angesehenen Alkoholkonsums hat der medizinische Amtssachverständige bereits im erstinstanzlichen Verfahren und im Berufungsverfahren ausgeführt, daß bei dem Nachtrunk von vier Cola-Rum in dem behaupteten Zeitraum der Beschuldigte zum Lenkzeitpunkt einen Blutalkoholgehalt von über 0,8 %o aufgewiesen hat. Weiters hat er überzeugend dargelegt, daß die Angaben des Beschuldigten betreffend seines Alkoholkonsums, nämlich ein Cola-Rum am 19.11.1991 um 21.00 Uhr bis 21.30 Uhr (alternativ dazu ein weiteres Cola-Rum eine Stunde vor der Lenkzeit) und vier Cola-Rum im Zeitraum von 2.00 Uhr bis 4.30 Uhr des Tattages (alternativ dazu acht Cola-Rum in diesem Zeitraum), nicht mit dem gemessenen und unbestritten gebliebenen Blutalkoholgehalt um 5.45 Uhr des Tattages in Einklang zu bringen sind. Der unabhängige Verwaltungssenat schließt daraus, daß die Angaben des Beschuldigten bezüglich seines Alkoholkonsums vor dem Lenkzeitpunkt nicht vollständig waren. Die Behauptung des Nachtrunks von ca. vier Cola-Rum, welche vom unabhängigen Verwaltungssenat im Zweifel für den Beschuldigten als erwiesen angesehen wurden, kann ihn auch nicht - wie oben ausgeführt - entlasten. Es war daher der Schuldspruch zu bestätigen.

Zur Strafbemessung:

Vorerst ist festzustellen, daß die sogenannten "Alkoholdelikte" Übertretungen darstellen, welche einen erheblichen Unrechtsgehalt aufweisen. Es kann als bekannt vorausgesetzt werden, daß diese Delikte zu den gröbsten Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung zählen, weil sie in besonderem Maße geeignet sind, die durch die Strafdrohung geschützten Interessen der Verkehrssicherheit zu gefährden bzw. zu schädigen. Unter diesem Aspekt kann der Erstbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie eine Geldstrafe verhängt hat, welche zwar das Doppelte der Mindeststrafe beträgt, sich jedoch noch im unteren Bereich des zweiten Drittels der höchstmöglichen Geldstrafe bewegt. Die Erstbehörde hat zudem zum Zeitpunkt der Fällung ihres Straferkenntnisses, zwei einschlägige Vormerkungen als erschwerend zu berücksichtigen gehabt. Mildernde Umstände hat sie ebenfalls zu Recht nicht anerkannt. Da jedoch zum Zeitpunkt dieser Entscheidung eine einschlägige Vormerkung bereits als getilgt anzusehen war, führte dies zu einer entsprechenden schuldangemessenen Reduzierung der verhängten Strafe.

Eine weitere Herabsetzung konnte im Hinblick auf die aufgezeigten Kriterien, dem doch auch erheblichen Alkoholgehalt des Beschuldigten und insbesondere auch aus spezialpräventiven Überlegungen nicht erfolgen. Die aktenkundige soziale und wirtschaftliche Situation des Beschuldigten wurde berücksichtigt und läßt unter dem Aspekt der oben genannten Kriterien keine weitere Strafreduzierung zu.

zu II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Gallnbrunner

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