Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231118/2/BMa/Sic

Linz, 24.02.2011

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des Dr. X, vertreten durch Dr. X, Dr. X, Mag. X, Mag. X Rechtsanwälte, unter der gleichen Anschrift, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 23. Juni 2010, Zl. S-51.787/09-2, wegen Übertretung des Waffengesetzes (WaffenG) zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung wird stattgegeben, der erstinstanzliche Strafbescheid ersatzlos behoben und das Strafverfahren gegen den Berufungswerber eingestellt.

 

II.        Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm § 45 Abs. 1 Z1 VStG


 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 23. Juni 2010 wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) verhängt, weil er es als Inhaber eines Waffenpasses, unterlassen habe, den am 28. Juni 2005 erfolgten Wohnsitzwechsel von X, X nach X, X, innerhalb der gesetzlichen Frist von 4 Wochen schriftlich der das Dokument ausstellenden Behörde mitgeteilt zu haben.

Als Rechtsgrundlage wurde § 26 Waffengesetz angeführt.

 

Nach Darlegung des bisherigen Verfahrensganges kommt die belangte Behörde in der Begründung des Straferkenntnisses zum Schluss, dass der im Spruch genannte Tatbestand verwirklicht worden sei und der Berufungswerber diesen verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe. Insbesondere gelte dies auch, wenn – wie vom Berufungswerber behauptet – er bereits am 18. Oktober 2005 ein diesbezügliches Schreiben an die Bundespolizeidirektion Linz als ausstellender Behörde des Waffenpasses gesendet habe, dieses jedoch offensichtlich nicht eingelangt sei. Dieses Schreiben sei jedenfalls erst nach der gesetzlichen Frist von 4 Wochen abgesendet worden, sodass die Mitteilung jedenfalls nicht rechtzeitig erfolgt sei.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Berufungswerber im Wege seiner Vertreter am 28. Juni 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende – rechtzeitig eingebrachte (E-Mail vom 30. Juni 2010) – Berufung.

 

Darin wird der Antrag gestellt, das angefochtene Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 23. Juni 2010 ersatzlos zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Begründend wird ausgeführt, dass es sich bei dem angelasteten Delikt um ein Dauerdelikt handle, bei dem die Frist für die Verjährung gemäß § 31 Abs. 2 VStG von dem Zeitpunkt an zu berechnen sei, ab dem das strafbare Verhalten aufgehört habe.

 

Der Bw hätte jedenfalls im Oktober 2009 seine neue Anschrift bekannt gegeben, weshalb der Tatvorwurf, er hätte die vorgeschriebene Meldung nicht (und nicht etwa verspätet) erstattet verfehlt sei. Wegen der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung könne ihm die Tat auch nicht mehr angelastet werden.

 

Des weiteren hätte die Erstbehörde gegen die Begründungspflicht der §§ 58 und 60 AVG verstoßen, insbesondere weil sie nicht festgestellt habe, von welchen konkreten Sachverhaltsannahmen sie ausgegangen sei und auf welche Erwägungen sie diese Annahmen im Einzelnen gestützt habe. So hätte die Behörde keine Feststellungen darüber getroffen, ob der Bw bereits mit dem von ihm dargelegten Schreiben vom 18.11.2005 der Bundespolizeidirektion (Waffenamt) den Wohnsitzwechsel schriftlich mitgeteilt habe. Wenn auch die Behörde angibt, dieses Schreiben sei bei ihr nicht eingegangen und daher erschließbar davon ausgehe, dass im Jahr 2005 keine schriftliche Mitteilung erfolgt sei, so fehle es an konkreten Feststellungen dazu. Diese hätten jedoch jedenfalls getroffen werden müssen, da in rechtlicher Hinsicht die Absendung des Schreibens reiche, um einen verwaltungsstrafrechtlichen Vorwurf auszuschließen. Das Gesetz normiere ausdrücklich, dass die Meldung schriftlich, also im Postweg, zu erstatten sei.

 

Bei der Verwaltungsübertretung nach § 26 lit. c des Waffengesetzes handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei welchem zufolge § 5 Abs. 1 zweiter Satz  VStG das Verschulden des Täters vermutet werde, sofern er nicht glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen sei. Er hätte durch sein Vorbringen im Verwaltungsstrafverfahren und seine Beweisanträge dargelegt, dass er Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift erwarten ließ. Die Post sei im Normalfall zuverlässig, so dass er davon ausgehen habe dürfen, dass das Mitteilungsschreiben auch zugehen werde. Die Erstbehörde laste dem Bw daher zu Unrecht an, dass die Mitteilung im Behördenakt nicht einliege, da er ja davon ausgehen habe können, dass sein im Postwege abgefertigter Brief in den Akt Eingang finde. Wäre eine entsprechende Feststellung erfolgt, so hätte ihm die Verwaltungsübertretung nicht angelastet werden dürfen. Daher sei der Begründungsmangel der Erstbehörde verfahrensrelevant und der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet.

 

Auch liege ein beachtlicher Verfahrensmangel der Erstbehörde vor, da die beantragte Einvernahme der Zeugin zum Beweis für die Absendung des Poststückes unbegründet übergangenen worden sei. Auch aus diesem Grund wäre mit Verfahrenseinstellung vorzugehen gewesen.

 

Bei der Strafbemessung hätte die Erstbehörde die Ihrer Ermessensentscheidung zu Grunde liegenden  Erwägungen nicht ausreichend aufgezeigt. Weder das Tatsachengeständnis noch die Sorgpflichten für drei minderjährige Kinder wären strafmildernd berücksichtigt worden. Der erstinstanzliche Bescheid sei zudem auch deswegen rechtswidrig, weil das Vorliegen bzw. Nichtvorliegen der Voraussetzungen der §§ 20 und 21 VStG nicht ausreichend begründet worden wären. Insbesondere wäre die Behörde verpflichtet gewesen, die einem Verbotsirrtum nahe kommenden Umstände strafmildernd zu berücksichtigen. Zuletzt sei auch die Bemessung der Ersatzfreiheitsstrafe rechtswidrig erfolgt und hätte diese anstatt mit 36 Stunden bloß mit 10 Stunden festgesetzt werden dürfen.

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG). Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden, weil bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs. 2 Z 1 VStG).

 

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat geht in seiner Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt aus:

 

Die Bundespolizeidirektion Linz hat dem Berufungswerber am 17. Oktober 1994 einen Waffenpass ausgestellt. Am 28. Juni 2005 hat der Bw seinen Wohnsitz von X nach X, beides X verlegt. Eine schriftliche Meldung darüber ist bei der zuständigen Behörde nicht eingelangt bzw. im Akt des Bw nicht vorhanden. Am 30. September 2009 wurde die Wohnsitzänderung des Bw vom Waffenamt der BPD Linz festgestellt und die Anzeige gem. § 26 lit. c WaffenG an das Strafamt erstattet. Aufgrund des Einspruchs des Bw gegen die diesbezügliche Strafverfügung vom 28. Dezember 2009 wurde das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet. Im Zuge dessen brachte der Bw erstmals in seiner Stellungnahme vom 16. Februar 2010 vor, er habe am 18. Oktober 2005 ein Schreiben an die Bundespolizeidirektion Linz in der Nietzschestraße 33, 4020 Linz, gerichtet und unter dem Betreff "Waffenpass" die Wohnsitzverlegung bekannt gegeben. Er legte dabei ein mit "18.10.2005" datiertes nicht unterzeichnetes Schriftstück auf Geschäftspapier der "X Rechtsanwälte OG" des oben angeführten Inhalts vor.

 

Vom Waffenamt der BPD Linz wurde nach nochmaliger Überprüfung am 19. März 2010 festgestellt, dass sich im Waffenakt des Bw keine Wohnsitzänderungsmeldung befindet. Nach nochmaliger Stellungnahme des Bw verhängte der Polizeidirektor von Linz mit Straferkenntnis vom 23. Juni 2010 über ihn wegen Übertretung des § 26 Waffengesetz eine Strafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden). Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die gegenständliche Berufung.

 

Betreffend der in der Berufungsschrift angeführten Bekanntgabe der neuen Wohnadresse im Oktober 2009 ist festzuhalten, dass jedenfalls laut der vorgelegten Kopie der Waffenpass, der die mit 9.10.2009 datierte Bestätigung gemäß § 5 Abs 2 2. WaffV enthält, bereits mit der Adresse "X" auf den Bw ausgestellt wurde.

 

3. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 31 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist (Abs. 1). Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich sechs Monate. Die Frist ist ab dem Zeitpunk zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt (Abs. 2). Sind seit diesem Zeitpunkt drei Jahre vergangen, darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden (Abs. 3).

 

Beim Straftatbestand des § 26 lit. c WaffenG handelt es sich – wie der Berufungswerber richtig ausführt – um eine Dauerdelikt, bei dem die Frist für die Verjährung gemäß § 31 Abs 2 VStG von dem Zeitpunkt zu berechnen ist, an dem das strafbare Verhalten aufgehört hat (vgl. das Erkenntnis des VwGH vom
17. Dezember 2003, Zl 2000/20/0322, mwH).

 

Gemäß § 32 Abs. 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis hat.

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat (Z 1), die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist (Z 2), die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung (Z 3), den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche (Z 4) sowie im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten (Z 5) zu enthalten.

 

Dies bedeutet, dass die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist (VwGH 5. 12. 1983, 82/10/0125). Tatort und Tatzeit sind daher möglichst präzise anzugeben.

 

Der Spruch eines Straferkenntnisses hat auch die Anführung des Zeitpunktes der Begehung der Tat und, falls es sich um einen Zeitraum handelt, dessen Anfang und Ende in einer kalendermäßig eindeutig umschriebenen Art zu umfassen (VwGH 6. 11. 1995, 95/04/0122). Bei einem Dauerdelikt sind Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens im Spruch des Bescheides anzuführen (VwGH  29. 09. 2000, 98/02/0449, sowie die umfangreichen Nachweise bei Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts6, 1530).

 

Bei der vom Bw begangenen Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Dauerdelikt, weil er durch das Unterlassen der Meldung des Wohnsitzwechsels einen rechtswidrigen Zustand herbeigeführt und in der Folge aufrechterhalten hat. Im Spruch des bekämpften Bescheides ist aber nur der Beginn der Tatzeit erkennbar: dem Bw wurde nämlich vorgeworfen, er habe den am 28. Juni 2005 erfolgten Wohnsitzwechsel nicht binnen 4 Wochen bekannt gegeben. Das exakte Ende der angelasteten Tatzeit kann jedoch weder aus dem Spruch noch aus der Begründung des bekämpften Straferkenntnisses abgeleitet werden. Auch wurde in keiner der Verfolgungshandlungen der von der Behörde angenommene Tatzeitraum näher konkretisiert, was dem Bw eine wirksame Verteidigung zumindest erschwert hat. 

 

Insbesondere hat die belangte Behörde auch nähere Feststellungen zum vorgelegten (nicht unterzeichneten) Schreiben der "X Rechtsanwälte OG" aus dem Jahr 2005 an die Bundespolizeidirektion Linz unterlassen. Hätte der Tatzeitraum durch Absendung dieses besagten Schreibens zu diesem Zeitpunkt geendet, wäre die Verfolgungsverjährung eingetreten und hätte diese unterlassene Feststellung somit allenfalls auch Auswirkungen auf den weiteren Verfahrensverlauf haben können.

 

Jedenfalls konnte davon ausgegangen werden, das bei der Ausstellung des neuen Waffenpasses, d.h. vor der Bestätigung gem. § 5 Abs 2 2. WaffV vom 9.10.2009, der Behörde der neue Wohnsitz des Bw bereits bekannt gegeben und damit die Deliktsbegehung beendet war.

 

Es ist nicht ersichtlich, dass die belangte Behörde innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach diesem Zeitpunkt eine den oben angeführten Kriterien entsprechende taugliche Verfolgungshandlung gesetzt hätte. Auch vom unabhängigen Verwaltungssenat konnte eine solche wegen Zeitablaufs nicht mehr nachgeholt werden.

 

Der Berufung war daher schon aus diesem Grund gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, der Bescheid der belangten Behörde aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Ergebnis waren dem Berufungswerber nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Mag. Gerda Bergmayr-Mann

 

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