Linz, 04.03.2011
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 28. Februar 2011 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 16. Februar 2011, VerkR21-92-2011/LL, wegen Entziehung der Lenkberechtigung ua, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und die im angefochtenen Bescheid festgesetzte Entziehungsdauer von vierzehn Monaten bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß §§ 24 Abs.1, 26 Abs.2 Z2, 3 Abs.2, 32 Abs.1 und 30 Abs.1 FSG die von der BH Linz-Land am 4. Dezember 2006, Zl. 06486654, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von 14 Monaten, gerechnet ab 30. Jänner 2011 (Datum der FS-Abnahme), entzogen, für die Dauer des Entziehung der Lenkberechtigung ein Lenkverbot für Motorfahrräder, vierrädrige Leichtkraftfahrzeuge und Invalidenkraftfahrzeuge ausgesprochen und das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen. Gleichzeitig wurde gemäß §§ 8 und 24 Abs.3 FSG angeordnet, dass er sich vor Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten eine Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen habe, ein amtsärztliches Gutachten über die gesundheitliche Eignung und überdies zur Erstattung des amtsärztlichen Gutachtens eine verkehrspsychologische Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle zu bringen habe, wobei die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung dieser Anordnungen ende. Gemäß § 64 Abs.2 AVG wurde einer allfälligen Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 16. Februar 2011.
2. Ausdrücklich nur gegen die Entziehungsdauer wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).
3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, der Führerschein sei wichtig für seine Arbeit als X-Mitarbeiter. Er habe zweimal im Monat am Wochenende Dienst, habe ein Arbeitshandy und bekomme zu Hause einen Anruf, wenn ein Zug kaputt sei. Er müsse dann Teile aus dem Lager holen und weitergeben für die Reparatur.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.
Daraus geht hervor, dass dem 1985 geborenen Bw, dem bereits in der Zeit vom 25.2. bis 25.6.2007, dh für vier Monate, die Lenkberechtigung wegen einer Alkoholisierung über 0,8 mg/l AAG gemäß § 99 Abs.1 lit.a StV0 1960 entzogen werden musste, mit – in Rechtskraft erwachsenem – Straferkenntnis der Erstinstanz vom 16. Februar 2011, VerkR96-5606-2011, wegen Übertretung gemäß §§ 99 Abs.1 lit.a iVm 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 2.100 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 17 Tagen auferlegt wurde, weil er am 29. Jänner 2011 um 23.50 Uhr den Pkw X im Stadtgebiet von Linz bis auf Höhe Unionstraße 25 gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden hat (1,10 mg/l AAG).
Laut Anzeige hat der Bw zu dieser Zeit insofern einen Parkschaden verursacht, als er beim Ausparken mit der rechten vorderen Stoßstange seines Pkw mit der linken hinteren Tür des gegenüber dem Haus Unionstraße 25 abgestellten Pkw X kollidierte. Aufgrund der auffälligen Alkoholisierung des Bw holten die Geschädigten die Polizei. Nach einem Alkoholvortest mit dem Ergebnis von 1,35 mg/l ergab der am 30. Jänner 2011 um 1.18 Uhr durchgeführte Alkotest (PI Kleinmünchen, X, geeichter Siemens Alkomat Nr.W368) einen günstigsten Atemalkoholwert von 1,10 mg/l, den der Bw mit "einigen Bier" erklärte.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.
Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z1 FSG zu gelten, wenn jemand ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.
Gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 %o oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt.
Gemäß § 26 Abs.2 Z2 FSG ist, wenn beim Lenken oder der Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf mindestens zwölf Monate zu entziehen.
Unter Zugrundelegung des günstigeren Alkotestergebnisses von 1,10 mg/l AAG ist – vom Bw unbestritten – davon auszugehen, dass er eine Übertretung gemäß § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 begangen und damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z1 FSG verwirklicht hat.
Der Bw ist nicht unbescholten, er hat bereits am 25. Februar 2007 ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen, dh innerhalb der letzten fünf Jahre zurückgerechnet vom 29. Jänner 2011. Daraus folgt eine vom Gesetzgeber zwingend festgelegte Mindestentziehungsdauer von zwölf Monaten.
Gemäß § 7 Abs.4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.
Diese Bestimmung steht der Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer nicht entgegen, wenn Umstände vorliegen, die auf Grund der Verwerflichkeit und Gefährlichkeit der strafbaren Handlung die Prognose der Verkehrsunzuverlässigkeit für einen darüber hinausreichenden Zeitraum rechtfertigen und somit die Festsetzung einer längeren Entziehungsdauer erforderlich machen (VwGH 24.4.2007, 2004/11/0001; 17.11.2009, 2009/11/0023, mit Vorjudikatur).
Dabei ist – abgesehen davon, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes Alkoholdelikte zu den schwersten Verstößen gegen Verkehrsvorschriften gehören, zumal alkoholbeeinträchtigte Lenker für sich alleine schon eine hohe potenzielle Gefährdung der Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen, weil sie infolge ihrer herabgesetzten Konzentrations-, Beobachtungs-, und Reaktionsfähigkeit nicht in der Lage sind, die kraftfahrspezifischen Leistungsfunktionen zufriedenstellend auszuüben – vor allem der hohe Alkoholisierungsgrad des Bw – 1,10 mg/l Atemalkoholgehalt entspricht immerhin 2,20 %o Blutalkoholgehalt – und die Verursachung eines Verkehrsunfalls mit Sachschaden im Zustand dieser Alkoholbeeinträchtigung in die Wertung gemäß § 7 Abs.4 FSG mit einzubeziehen. Der Bw ist beim Ausparken gegen einen geparkten Pkw gestoßen und hat dort einen auf der Fotobeilage der Anzeige sichtbaren Sachschaden verursacht. Geparkte Autos sind ebenso wie Bäume als berechenbare Fixpunkte im Verkehrsgeschehen einzuordnen, dh es ist nicht einer überraschenden Änderung der zu beachtenden Verkehrssituation zu rechnen, Seitenabstände sind leicht abzuschätzen und eine vorausschauende Fahrweise ist damit einwandfrei möglich. Der beim Bw gemessene Atemalkoholwert lässt auch darauf schließen, dass er unkontrolliert in größeren Mengen Alkohol getrunken hat, wobei ihm bewusst sein musste, dass er noch nicht zu Hause war und noch ein Kraftfahrzeug lenken werde. Vom Inhaber einer Lenkberechtigung muss zumindest verlangt werden, dass er sich dessen bewusst ist und nur "überschaubare" Mengen trinkt oder eben eine gewisse Zeitspanne vor der Abfahrt nur mehr nichtalkoholische Getränke zu sich nimmt.
All diese Überlegungen hatten in die Wertung mit einzufließen, sodass insgesamt gesehen die Festsetzung der Entziehungsdauer mit vierzehn Monaten im Sinne einer Prognose, wann der Bw die Verkehrszuverlässigkeit wiedererlangt haben wird, für ausreichend aber zweifellos auch geboten und unabdingbar erachtet wird. Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern (vgl VfGH 14.3.2003, G203/02; VwGH 18.3.2003, 2002/11/0062; 6.4.2006, 2005/11/0214; uva).
Die vom Bw in der Berufung geltend gemachten Argumente, er brauche den Führerschein dringend für seine Arbeit, weil er im Fall eines Nachtdienstes bei einem Anruf sofort ins X-Lager fahren und dort für die Reparatur von Zügen benötigte Teile holen und überbringen müsse, sind zwar durchaus nachvollziehbar und verständlich, jedoch insofern unbeachtlich, als ihm schon bei seinem Alkoholkonsum am 29. Jänner 2011 die Wichtigkeit einer gültigen Lenkberechtigung für eben den geschilderten Fall eines Nachtdienstes bekannt war und er sein Verhalten und vor allem seinen Alkoholkonsum danach richten hätte können und müssen.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes haben private und berufliche Umstände bei einer Entziehung der Lenkberechtigung aus Gründen des öffentlichen Interesses, ua verkehrsunzuverlässige Lenker von der Teilnahme am Straßenverkehr auszuschließen, außer Betracht zu bleiben (vgl E 24.8.1999, 99/11/0166; 14.11.1995, 95/11/0300; uva).
Es war daher im Anfechtungsumfang spruchgemäß zu entscheiden.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
1. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 2007 + VU (Parkschaden)
2. § 99 Abs.1 lit.a StVO 1960 2011 + VU (Parkschaden) = 14 Monate FE -> bestätigt