Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-222439/12/Bm/Sta

Linz, 10.03.2011

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29.6.2010, Ge96-2462-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994, zu Recht erkannt:

 

I.                  Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II.              Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 29.6.2010, Ge96-2462-2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 367 Z1 iVm §§ 9 Abs.1 und 2, 16 Abs.1 und 39 GewO 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gem. § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der x mit Sitz in x, nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften der Gewerbeordnung eingehalten werden.

Die gewerberechtliche Geschäftsführerin für das reglementierte Gewerbe "Heizungstechnik (§ 94 Z 31 GewO 1994)" am Standort x, Frau x, geb. x, ist am 14.10.2009 ausgeschieden. Die x wurde mit Schreiben vom 19.10.2009 aufgefordert, bis spätestens 14.04.2010 einen neuen Geschäftsführer namhaft zu machen oder das Gewerbe ruhend- oder gänzlich abzumelden, da die Gewerbeausübung ohne Geschäftsführer nur sechs Monate lang möglich ist. Dieser Aufforderung wurde bis heute nicht nachgekommen, obwohl das Gewerbe nach wie vor ausgeübt wird (es wurde weder ruhend gemeldet noch gänzlich abgemeldet)."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und in dieser im Wesentlichen ausgeführt, dass nach der im Straferkenntnis zitierten Strafbestimmung derjenige eine Verwaltungsübertretung begehe, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 und 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 oder gemäß § 39 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers eines der im § 95 angeführten Gewerbe ausübe, ohne die Genehmigung der Bestellung eines Geschäftsführers erhalten zu haben.

Die Firma x bzw. Herr x habe nachweislich keine der in § 95 angeführten Gewerbe ausgeübt. Insofern sei hier auch keine Verwaltungsübertretung begangen worden.

Durch die nicht fristgerechte Beantragung der Abmeldung oder Löschung der angeführten Gewerbe habe die Bezirkshauptmannschaft keinen Anspruch auf ein Straferkenntnis und die Verhängung einer Geldstrafe.

Weiters werde festgehalten, dass die x keinen Standort, Büro oder Nebenstelle mit der Adresse x, habe. Demnach existiere auch keine der angeführten Gewerbeberechtigungen am Standort x, für die Firma x. Mit dem Eintritt des Bw als Geschäftsführer in die Gesellschaft und der gleichzeitigen Änderung der Firmierung und des Unternehmenszweckes sei der Firmensitz am Standort x. Hier seien zu keiner Zeit gegenständliche Gewerbeberechtigungen existent gewesen. Dem Bw seien auch keine Gewerbeberechtigungen bis zu dem Zeitpunkt der Strafverfügungen vom 26.4.2010 bekannt gewesen.

Angeführt werde, dass der Unternehmensgegenstand der x mit der "Planung, Gestaltung und Vertrieb von Wellnessanlagen sowie Freizeiteinrichtungen, Handel mit Waren aller Art und Beteiligung an Unternehmen sowie Gründungen von Gesellschaften" im Firmenbuch eingetragen sei. Dies decke sich keinesfalls mit der Eintragung gegenständlicher Gewerbeberechtigungen für "Gas- und Sanitärtechnik", "Kälte- und Klimatechnik", "Heizungstechnik" sowie "Technisches Büro für Gebäude- und Installationstechnik". Insofern habe die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck keinesfalls davon ausgehen können, dass die Gewerbe zu den gegenständlichen Gewerbeberechtigungen ausgeübt würden.

Der Verkauf einer Sauna oder eines Dampfbades habe mit der Ausübung der genannten Gewerbeberechtigungen nichts zu tun.

Auch sei die Darstellung eines fahrlässigen Verhaltens völlig unzutreffend. Zu einem Ungehorsamsdelikt gehöre die Kenntnis über den Sachverhalt. Der Bw habe bereits in vorherigen Einwendungen erläutert, dass er von den gegenständlichen Gewerbeberechtigungen bis zu dem Zeitpunkt der Strafverfügungen vom 26.4.2010 keinerlei Kenntnis gehabt habe. Zu einer Ungehorsamkeit oder einem fahrlässigen Verhalten habe es demnach nicht kommen können. Vorsorglich werde auch Berufung gegen die Höhe der verhängten Strafe erhoben. Das monatliche Nettoeinkommen des Bw liege bei 990 Euro, der Bw verfügt über kein Vermögen und ist der Bw sorgepflichtig für ein Kind.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt; da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 21.9.2010, zu welcher der Bw erschienen ist. Der Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat sich für die Teilnahme an der Verhandlung entschuldigt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

Mit Wirksamkeit 28.2.2003 wurde für die x die Gewerbeberechtigung für die Ausübung des Gewerbes "Heizungstechnik" begründet. Mit 19.10.2009 wurde die Bezeichnung des Gewerbeinhabers in x geändert; als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x fungierte der Bw seit 8.9.2009.

In der Zeit vom 1.8.2009 bis 14.10.2009 war als gewerberechtliche Geschäftsführerin Frau x bestellt. Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 19.10.2009 wurde die x aufgefordert bis spätestens 14.4.2010 einen neuen Geschäftsführer namhaft zu machen oder das Gewerbe ruhend – oder gänzlich abzumelden. Von der x wurde dieser Aufforderung bis zum 29.6.2010 nicht nachgekommen.

Unter der Internetadresse x (die auch zum Tatzeitpunkt bestanden hat) findet sich die Homepage der x, worin sich das Unternehmen als Komplettanbieter für Wellnessanlagen mit Niedrigenergie darstellt. Auf der Homepage ist der Tätigkeitsumfang des Unternehmens nur sehr vage umschrieben, jedenfalls ersichtlich ist, dass Planung und Vertrieb von Wellnessanlagen durchgeführt werden soll.

Vom Bw wurde vorgebracht, dass von der x im angeführten Tatzeitraum keine gewerblichen Tätigkeiten ausgeübt wurden, sondern lediglich Vorbereitungshandlungen für den Aufbau des Unternehmens, deren Geschäftszweig im Firmenbuch mit Planung, Gestaltung und Vertrieb von Wellnessanlagen und Freizeiteinrichtungen beschrieben ist.

 

Das hier entscheidungswesentliche Beweisergebnis ergibt sich zum einen aus dem Gewerberegister, dem Firmenbuchauszug sowie dem Internetauftritt und den Aussagen des Bw in der mündlichen Verhandlung vom 21.9.2010.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 367 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, wer trotz der gemäß § 8 Abs.2 oder 3 oder gemäß § 9 oder gemäß § 16 Abs.1 bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines Geschäftsführers ein Gewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs.4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs.2 entsprechenden Geschäftsführers erstattet zu haben.

 

Gemäß § 9 Abs.1 GewO 1994 können juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften (offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) Gewerbe ausüben, müssen jedoch einen Geschäftsführer (§ 39) bestellt haben.

 

Nach § 9 Abs.2 leg.cit. darf das Gewerbe, wenn der Geschäftsführer ausscheidet, bis zu Bestellung eines neuen Geschäftsführers, längstens jedoch während 6 Monaten weiter ausgeübt werden. Die Behörde hat diese Frist zu verkürzen, wenn mit der weiteren Ausübung des Gewerbes ohne Geschäftsführer eine besondere Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen verbunden ist oder in den vorangegangenen zwei Jahren vor dem Ausscheiden des Geschäftsführers das Gewerbe insgesamt länger als 6 Monate ohne Geschäftsführer ausgeübt wurde.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist Voraussetzung für die Erfüllung des Verwaltungsstraftatbestandes des § 367 Z1 GewO 1994, dass die Gewerbeinhaberin von der erteilten Gewerbeberechtigung im Tatzeitraum auch Gebrauch gemacht hat, das heißt, das Gewerbe in dieser Zeit auch tatsächlich ausgeübt hat.

 

Eine solche tatsächliche Ausübung des im Straferkenntnis genannten Gewerbes wird vom Bw ausdrücklich bestritten und konnte im durchgeführten Beweisverfahren auch nicht nachgewiesen werden, dass von der bestehenden Gewerbeberechtigung "Heizungstechnik" durch Durchführung von entsprechenden Tätigkeiten  auch Gebrauch gemacht wurde. 

 

Allerdings darf in diesem Zusammenhang nicht übersehen werden, dass nach § 1 Abs.4 GewO 1994 das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten wird.

Vom Verwaltungsgerichtshof wird hiezu in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, dass der Tatbestand einer gewerblichen Tätigkeit erfüllt ist, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter dem Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird.

Die genannte Homepage ist jedenfalls geeignet, die darin aufscheinenden Ankündigungen einem nicht eingeschränkten Kreis von Personen bekannt zu machen. Die Homepage lässt für diese Personen auch den Eindruck zu, dass durch das Unternehmen die gewerbliche Tätigkeiten des Planens und Vertriebes von Wellnessanlagen entfaltet werden; darüber hinaus sind die Ankündigungen aber zu wenig konkret, um jedenfalls den Eindruck vermitteln zu können, dass von der x auch Tätigkeiten entfaltet werden, die dem Gewerbe "Heizungstechnik" zugehörig sind. 

 

Sohin liegt auch unter Anwendung des §1 Abs. 4 GewO 1994 kein solches Beweisergebnis vor, das mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit den Schluss zulässt, dass das Gewerbe "Heizungstechnik" - wie vom Verwaltungsgerichtshof als Voraussetzung für die Erfüllung des Verwaltungsstraftatbestandes des § 367 Z1 GewO 1994 gesehen - durch die Gewerbeinhaberin im genannten Tatzeitraum auch ausgeübt wurde.

 

Demgemäß war sohin nach dem Grundsatz in dubi pro reo das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten (§ 66 Abs.1 VStG).

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum