Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165767/10/Br/Th

Linz, 18.03.2011

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, vertreten durch Dr. X, Rechtsanwalt, X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 24. Jänner 2011, Zl. VerkR96-4318-2010, nach der am 18. März 2011 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

I.            Die Berufung wird im Schuldspruch als  unbegründet abgewiesen.  Im Strafausspruch wird der Berufung jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 50 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 18 Stunden ermäßigt wird.

 

II.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich auf 5 Euro;

        für das Berufungsverfahren entfällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010 – AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 111/2010;

Zu II. § 65 VStG;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Über den Berufungswerber wurde mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis  der Bezirkshauptmannschaft Schärding wegen der Übertretung nach § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs.3 lit.b StVO 1960 eine Geldstrafe von 200 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden verhängt, weil er am 10.08.2010, 07:00 Uhr, im Gemeindegebiet von Waldkirchen am Wesen, auf der L 1214 bei StrKm 14.000, als Lenker des LKW X mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei und nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle verständigt habe.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:

Der strafbare Tatbestand ist durch das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen.

 

Zur Rechtslage:

§ 4 Abs. 5 StVO:

Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Abs.1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung, darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs. 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.

 

Zur Sachlage:

Am 10.08.2010 um 07:15 Uhr erstattete Herr X Anzeige bei der Polizeiinspektion Waizenkirchen. Er gab an, dass er seinen Kastenwagen von der Kreuzung bei der Kfz-Werkstätte X in Waldkirchen am Wesen in Richtung Walbach gelenkt habe. Vor Ihm sei langsam (ca. 40 km/h) der Lkw, amtliches Kennzeichen X, ockerfarben, gefahren. Da genügend Sicht zum Überholen gewesen sei, habe er auf Höhe Schotterhaufen den Lkw überholen wollen. Während des Überholvorganges sei dieser Lkw immer weiter nach links gekommen und habe den rechten Außenspiegel seines Fahrzeuges gestreift. Er habe gehupt, doch der Lkw-Lenker sei unbeirrt weitergefahren. Den Überholvorgang habe er abgebrochen und habe sich hinter dem Lkw eingereiht. Auf einer langen Geraden habe er den Lkw dann überholt und den Lenker angehalten. Der Lenker des Lkw habe angehalten und sei ausgestiegen. Es sei zu einem kurzen Wortwechsel gekommen. Als der Lkw-Lenker den Schaden an der linken Seite seines VW-Transporters gesehen habe, habe er gesagt, dass hier auch eine Beschädigung sei und der Schaden am rechten Außenspiegel möglicherweise auch nicht von ihm verursacht worden sei. Der Lkw-Lenker sei dann mit der Bemerkung "das Ganze gehe Ihn nichts an" weitergefahren.

 

Aufgrund durchgeführter polizeilicher Erhebungen konnten Sie als Lenker des Lkw, amtliches Kennzeichen X, ausgeforscht werden. Am 10.08.2010 gaben Sie sohin auf der Polizeiinspektion Engelhartszell zu Protokoll:                                                                     

"Ich fuhr heute gegen 07:00 Uhr mit meinem LKW X, X, auf der L1214 aus Richtungen Waldkirchen/W. kommend in Richtung Eschenau. Kurz nach der Fa. Auto X überholte mich auf einem geraden Straßenstück ein Firmenbus. Zu diesem Zeitpunkt ist mir nicht aufgefallen, dass es angeblich zwischen meinem LKW und dem Firmenbus eine leichte Kollision gegeben haben soll. Erst ca. 2 Kilometer weiter stand der Firmenbus in einer Straßenausbuchtung und der Lenker deutete mir, ich solle anhalten. Ich dachte mir zuerst, er wolle nach dem Weg fragen. Als er zu meinem LKW kam, fragte er jedoch zuerst, ob ich etwas getrunken habe. Er erklärte mir, dass ich ihm während seines Überholvorganges seinen rechten Außenspiegel beschädigt haben soll. Ich stieg anschließend aus und ging zu seinem Fahrzeug. Ich stellte fest, dass der Firmenbus an der Fahrerseite stark, sowie der linke Außenspiegel leicht beschädigt war. Ich machte ihm gegenüber die Aussage, dass die Beschädigung des Außenspiegels möglicherweise vom Unfall (Fahrerseite) stammen könnte. Weiters wurde nicht mehr viel geredet. Er ging nachher zu seinem Fahrzeug und sagte noch, er würde ohnehin bei der Polizei in Waizenkirchen Anzeige erstatten. Ich würde ihm meine Daten auch nicht geben - ich muss dazu sagen, dass er mich nie um meine Daten gefragt hat. Jedenfalls fuhr er dann weg. Ich und mein Mitarbeiter, X, der als Beifahrer alles mitbekommen hat, blieben zurück. Da ich keinen Schaden an meinem Fahrzeug hatte, habe ich der Sache keine weitere Beachtung geschenkt. Ich dachte noch, dass er vermutlich versucht habe, mir den Schaden anzuhängen, und da ihm das nicht sofort gelungen war, ist er weitergefahren. Ich möchte nochmals angeben, dass nicht ich weggefahren bin, sondern der Zweitbeteiligte. Wenn er mich nach meinen Daten gefragt hätte, hätte ich ihm selbstverständlich diese bekannt gegeben. X kann jederzeit meine Aussage bestätigten."

Der gegenständliche Fall wurde sodann von der Polizeiinspektion Engelhartszell mit 02.10.2010 zur Anzeige gebracht. Am 19. Oktober 2010 wurde daraufhin eine Strafverfügung erlassen, gegen welche Sie mit Schreiben vom 25. Oktober 2010 Einspruch erhoben und am 17.11.2010 wie folgt Stellung genommen haben:

"Der Beschuldigte weist an dieser Stelle darauf hin, dass er die ihm mit der Strafverfügung vom 19.10.2010 zur Last gelegte Verwaltungsübertretung, konkret ein Verstoß gegen § 4 Abs. 5 StVO (Fahrerflucht), nicht begangen hat. Vielmehr ist es so, dass eine vom Anzeiger X behauptete Sachbeschädigung von Seiten des Beschuldigten ernsthaft bezweifelt wird. Darüber hinaus hat der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt eine Fahrerflucht im Sinne des § 4 Abs. 5 StVO zu verantworten. Am 10.08.2010 lenkte der Beschuldigte seinen Pkw auf der Schaumbergstraße von Waldkirchen/W. kommend in Richtung Eschenau/H. mit einer Fahrgeschwindigkeit von ca. 40 km/h. Ungefähr auf Höhe der Firma X wurde der Beschuldigte von dem Anzeiger mit dessen Kastenwagen überholt. Im Zuge dieses Überholungsmanövers hat weder der Beschuldigte, noch dessen Beifahrer, Herr X, eine Kollision mit dem Fahrzeug des Anzeigers bemerkt, weshalb sowohl der Anzeiger, als auch der Beschuldigte Ihre Fahrt entsprechend fortsetzten. Erst in einer Entfernung von' ca. 2 km von der ursprünglichen "Überholstelle" entfernt, hielt der Anzeigenerstatter den Beschuldigten plötzlich auf und behauptete eine Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen. Auffällig erschien sofort, dass das Fahrzeug des Anzeigers auf der gesamten linken Fahrzeughälfte starke Beschädigungen aufwies, weshalb auch der Schluss nahe liegt, dass die nunmehr behauptete Sachbeschädigung am rechten Außenspiegel des Fahrzeuges des Anzeigers von einem anderen Verkehrsunfall herrührt bzw. herrühren könnte. Ein weiteres Indiz für diese Theorie ist auch der Umstand, dass sowohl der Beschuldigte, als auch dessen Beifahrer keine Kollision wahrgenommen haben und dass auch am Lkw des Beschuldigten keinerlei wie auch immer gearteten Beschädigungen festgestellt werden konnten. Ausdrücklich wird an dieser Stelle festgehalten, dass sich der Beschuldigte zu keinem Zeitpunkt einer Identitätsfeststellung entziehen bzw. widersetzen wollte. Vielmehr war es so, dass ein Identitätsaustausch lediglich aufgrund des Verhaltens des Anzeigers nicht zu Stande gekommen ist. Dies deshalb, da dieser unter Verweis auf eine polizeiliche Anzeige plötzlich das Gespräch abbrach und umgehend den Gesprächsort verließ. Aufgrund dieses völlig unvermittelten "Aufbruchs" war es dem Beschuldigten gar nicht mehr möglich, seine Identität nachzuweisen. In dem Verhalten des Beschuldigten kann somit kein Verstoß gegen § 4 Abs.5 StVO erblickt werden. Zusammenfassend wird an dieser Stelle festgehalten wie folgt:

In Ermangelung einer der Strafverfügung vom 19.10.2010 zu Grunde liegenden vorangegangenen Kollision mit Sachschaden ist bereits aus diesem Grund eine Strafbarkeit gemäß § 4 Abs.5 StVO ausgeschlossen. Sollte die einschreitende Behörde dennoch zur Ansicht gelangen, dass derartige Kollision stattgefunden haben soll, was hiermit nochmalig ausdrücklich bestritten wird, so fehlt es jedenfalls an dem subjektiven Tatvorsatz des Beschuldigten, da sich dieser zu keinem Zeitpunkt einem Identitätsaustausch verweigert hat bzw. einen derartigen verhindern wollte. Das Scheitern eines Identitätsaustausches ist lediglich in der Sphäre des Anzeigers zu sehen." Beweisanträge wurden gestellt. Auch die Einstellung des Verfahrens wurde beantragt.

 

Mit Niederschrift vom 16. Dezember 2010 wurde sodann Herr X zeugenschaftlich einvernommen. Dieser gab zur Protokoll:

Zu diesem Vorfall gebe ich als Zeuge an, dass ich laut Anzeige auf einer geraden Strecke einen Lkw überholen wollte. Dieser Lkw hat auch einen Anhänger mitgezogen. Während des Überholvorganges kam jedoch dieser Lkw mit seinem Anhänger immer mehr nach links. Zumindest hielt ich mich selbst während des Überholvorgangs so weit wie möglich linksseitig. Ich habe mitbekommen, wie der rechte Außenspiegel meines KFZ mit der Bordwand des Anhängers zusammen prallte. Ich sah sofort, dass deshalb der rechte Außenspiegel völlig zerbrach. Ich reihte mich wieder hinter den Lkw samt Anhänger ein. Angehalten hat der Lkw-Lenker (jetzt bekannt mit X) zunächst nicht. Ich habe mich durch die Lichthupe und Warnzeichen bemerkbar gemacht. Nach ca. 2 km hielten der Lkw-Lenker und ich an und hatten Kontakt. Ich habe ihn damit konfrontiert, dass er mir den rechten Außenspiegel beschädigt hat. Ich weiß nicht, ob der Lenker die Beschädigung meines Spiegels angesehen hat. Er sah aber jedenfalls die linke Fahrzeugseite des von mir gelenkten Fahrzeuges, welches von einem früheren Unfall richtigerweise beschädigt war. Daraufhin sagte der andere Lenker, dass ihn die Sache nicht interessiere. Ich habe ihm gegenüber nie behauptet, dass der Schaden links an meinem KFZ durch diesen konkreten Unfall herrührt, sondern nur von meinem beschädigten rechten Außenspiegel gesprochen. Ich habe nicht nach seinen persönlichen Daten gefragt, sagte aber, dass wir doch einen Unfallsbericht erstellen müssten. Dazu war der Lenker aber nicht bereit, worauf ich ihm ankündigte, dass ich dann bei der Polizei den Vorfall anzeigen muss. Es ist auch von meinem Arbeitgeber angeordnet, dass in solchen Fällen entweder ein Unfallsbericht zu erstellen ist oder die Polizei verständigt werden muss, da es sich allgemein um Leasingfahrzeuge handelt. Der Lenker machte aber nur die Bemerkung, dass ich dann eine Anzeige mache solle. Der Lenker stieg ihn sein KFZ und verließ den Anhalteort. Ich konnte mir noch das Kennzeichen X aufschreiben. Ich fuhr sodann direkt zur PI Waizenkirchen. Dort wurde der Unfall aufgenommen und wegen Zuständigkeit der PI Engelhartszell weitergeleitet. Zur PI Engelhartszell musste ich aber nicht fahren. Aus meiner Sicht trägt die Schuld am Zusammenstoß der beiden Fahrzeuge X, weil er während meines Überholvorganges immer weiter nach links geraten ist. Warum er nach links geraten ist, kann ich nicht sagen. Es lag kein Grund vor. Ich gehe auch davon aus, dass ev. am Anhänger des Unfallbeteiligten kein Schaden vorliegt. Ich glaube, ich habe keinen Schaden am Anhänger gesehen, muss aber auch eingestehen, dass ich selbst nicht gezielt nachgesehen habe. Mehr kann ich nicht sagen."

 

Mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 wurde Ihnen die Möglichkeit eingeräumt innerhalb 2-wöchiger Frist zum Zeugenprotokoll des X mit dem zusätzlichen Hinweis, dass von der Einvernahme des Zeugen X nach derzeitigem Verfahrenstand nicht in Erwägung gezogen werde, Stellung zu nehmen. Eine Äußerung dazu wurde der Behörde nicht bekannt. Das Verfahren wird daher ohne Ihre Anhörung weitergeführt.

 

In freier Beweiswürdigung kommt die Behörde zur Überzeugung, dass die Angaben des im Ermittlungsverfahren einvernommenen Zeugen der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können. Seine Aussagen waren schlüssig und es sind keine Umstände hervorgekommen, welche Zweifel an den Angaben aufkommen lassen würden. Es ist auch zu berücksichtigen, dass der Zeuge zur Wahrheit verpflichtet ist, eine falsche Zeugenaussage hätte für ihn strafrechtliche Konsequenzen.

Der Beschuldigte seinerseits kann sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand darf zwar nicht schlechthin gegen ihn gewertet werden, im gegenständlichen Fall ist es ihm jedoch nicht gelungen, den Tatvorwurf zu widerlegen.

 

Voraussetzung für die Meldepflicht des § 4 Abs. 5 StVO als objektives Tatbildmerkmal bei Eintritt wenigstens eines Schadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schaden ist, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätte kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (VwGH, 23.05.2002, 2001/03/0417). Im gegenständlichen Fall haben Sie selbst zugegeben, dass ein Fahrzeug (Kastenwagen) Sie überholt hat und bei einer späteren Anhaltung Sie von Herrn X auf die Beschädigung am rechten Außenspiegel im Zuge des Überholmanövers in Kenntnis gesetzt wurden. Ein Identitätsaustausch ist tatsächlich nicht erfolgt. Der Rechtslage nach bestand somit Ihrerseits die Verpflichtung, die nächste Polizeidienststelle von diesem Vorfall in Kenntnis zu setzen. Der bloße Hinweis des Herrn X, dass er ohnehin bei der Polizei in Waizenkirchen Anzeige erstatten werde, entbindet Sie nicht von Ihrer Meldepflicht.

 

Auf andere Einspruchsgründe war mangels Sachbezug nicht näher einzugehen.

 

Bei der Bemessung es Strafausmaßes wurde als mildernd die bisherige Unbescholtenheit gewertet. Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Der verhängte Strafsatz ist auch Ihren persönlichen Verhältnissen entsprechend bemessen anzusehen: monatliche Nettoeinkünfte von 1.500,- Euro, für Gattin zu sorgen, kein Vermögen.

 

Die vorgeschriebenen Kosten sind in der zitierten Gesetzesstelle begründet."

 

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung tritt der Berufungswerber dem Straferkenntnis mit folgenden Ausführungen entgegen:

"In umseits bezeichnetem Verwaltungsstrafverfahren erhebt der Einschreiter durch seinen Rechtsvertreter gegen den Bescheid der BH Schärding vom 24.1.2011 zu VerkR96-4318-2010, zugestellt am 28.1.2011, sohin innerhalb offener Frist,

 

Berufung

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat.

 

Aufgrund des angefochtenen Bescheides wurde über den Einschreiter gemäß § 4 Abs.5 iVm § 99 Abs. 3 lit b StVO iVm § 64 VStG 1991 in der geltenden Fassung eine Geldstrafe in der Höhe von € 220,- verhängt.

 

Die Behörde begründet die Verhängung dieser Strafe damit, dass der Ein­schreiter gegen § 4 Abs. 5 StVO verstoßen hat, weil er nach einer Streif­kollision mit einem ihn überholenden Fahrzeug nicht unmittelbar die nächstge­legene Polizeidienststelle verständigte.

 

Aus diesen Gründen ist die BH Schärding fälschlicherweise der Ansicht, dass der Einschreiter gegen § 4 Abs. 5 StVO verstoßen hat und somit entsprechend streng zu bestrafen ist.

 

Gegen diesen Bescheid richtet sich nunmehr die Berufung des Einschreiters.

 

Als Berufungsgründe werden Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichti­ge Beweiswürdigung geltend gemacht.

 

1.   Zur Mangelhaftigkeit des Verfahrens wird ausgeführt wie folgt:

 

Die erstinstanzliche Behörde ist ohne Durchführung eines ordnungsgemäßen Beweisverfahrens in der gegenständlichen Angelegenheit zu dem Ergebnis gelangt, dass die Angaben des im Ermittlungsverfahrens einvernommenen Zeugen, welcher auch der Geschädigte sein soll, ausreichen, um die dem Ein­schreiter angelastete Verwaltungsübertretung als erwiesen ansehen zu kön­nen.

 

Hätte die erstinstanzliche Behörde ein gesetzmäßiges Ermittlungsverfahren unter Einhaltung der Verfahrensgrundsätze des AVG durchgeführt und nicht die entsprechenden verfassungs- und verwaltungsgesetzlich normierten Rech­te des Einschreiters verletzt, so wäre sie zu einem gegenteiligen Ergebnis ge­langt.

Bezüglich der vom Einschreiter in seiner Stellungnahme vom 17.11.2010 be­antragten Einholung eines Kfz-SV Gutachtens sowie der Einvernahme des Zeugen X gilt folgendes auszuführen:

 

Die Prüfung der Frage, ob gegenständliche Beschädigung am Fahrzeug des Zeugen überhaupt vom Lkw des Einschreiters herrühren, kann nur nach Ein­holung eines Gutachtens eines Sachverständigen aus dem Kraftfahrwesen beurteilt werden. Die Notwendigkeit der Beiziehung eines Sachverständigen ist daher bereits in der Natur der Sache gelegen, weshalb die erstinstanzliche Behörde von Amtswegen verpflichtet gewesen wäre, gemäß § 52 AVG Befund und Gutachten eines Sachverständigen über das Vorliegen bzw. die Ursache der Beschädigung am rechten Außenspiegel des Zeugen einzuholen.

 

Wenn ein derartiges Sachverständigengutachten eingeholt worden wäre, so hätte sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens herausgestellt, dass, entgegen der Ansicht der erstinstanzlichen Behörde, es tatsächlich niemals zu der angeblichen Kollision zwischen dem Fahrzeug des Zeugen und dem Fahrzeug des Einschreiters gekommen ist.

 

Selbst wenn tatsächlich eine Streifkollision zwischen den Fahrzeugen stattge­funden hat, wäre es durchaus möglich, dass die Kollision für den Beschuldig­ten in der Fahrgastzelle überhaupt nicht wahrnehmbar war. Dies vor allem deshalb, da am Lkw des Beschuldigten keinerlei Schäden festgestellt werden konnten und am Pkw nur ein äußerst geringer Schaden lediglich im Bereich des rechten Außenspiegels eingetreten sei. Wenn überhaupt, lag nur eine ganz geringe und in der Fahrgastzelle seines Lkws nicht wahrnehmbare Kollision vor. Wenn für den Beschuldigten eine etwaige Kollision überhaupt nicht wahrnehmbar war, dann kann diesem insbesondere in subjektiver Hinsicht § 4 Abs. 5 mangels Verschulden nicht angelastet werden.

 

Diese offenen Fragen können aber einzig und alleine nur von dem beantrag­ten Amtssachverständigen geklärt werden. Die BH Schärding wäre daher ver­pflichtet gewesen, dem Antrag des Beschuldigten folgend einen Kfz-SV im Ermittlungsverfahren beizuziehen.

 

Neben der Beiziehung einen Sachverständigen aus dem Gebiet des Kraft­fahrwesens hätte die erstinstanzliche Behörde darüber hinaus den Zeugen X, einvernehmen müssen. Da dieser sehr wohl maßgebliche Aussagen zu gegenständlicher Angelegenheit treffen kann Nachdem aber die Behörde rechtswidrigerweise diese Beweismittel außer Acht gelassen und dem Einschreiter somit jegliche Möglichkeit genommen hat, sich in gegenständlichem Verfahren zu verteidigen, konnte sie aufgrund eigener verfahrensrechtlicher Fehler nicht in der Lage sein, eine rechtmäßige Entscheidung zu treffen.

 

Hätte die belangte Behörde also einen Sachverständigen aus dem Gebiet des Kraftfahrwesens bestellt und den Zeugen X einvernommen, so hätte sie dadurch nicht nur die gesetzlich normierten Rechte des Einschreiters gewahrt, sondern wäre sie mit Sicherheit auch zu dem Ergebnis gelangt, dass es entweder gar nie zu einer wie hier behaupteten Kollision zwischen beiden Fahrzeugen gekommen ist bzw. dass die hier behauptete Kollision so minimal war, dass der Einschreiter gar nicht in der Lage war, diese wahrzunehmen.

 

 

2.   Zur unrichtigen Beweiswürdigung wird ausgeführt wie folgt:

 

Bekämpft wird insbesondere nachstehende erstinstanzliche Feststellung:

 

„In freier Beweiswürdigung kommt die Behörde zur Überzeugung, dass die Angaben des im Ermittlungsverfahren einvernommenen Zeugen der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können. Seine Aussagen wären schlüssig und es seien keine Umstände hervorge­kommen, welche Zweifel an den Angaben aufkommen lassen wür­den. Es sei auch zu berücksichtigten, dass der Zeuge zur Wahrheit verpflichtet sei, eine falsche Zeugenaussage würde für ihn straf­rechtliche Konsequenzen haben. Der Beschuldigte seinerseits könne sich in jede Richtung verteidigen. Dieser Umstand dürfe zwar nicht schlechthin gegen Ihn gewertet werden, im gegenständlichen Fall sei es ihm jedoch nicht gelungen, den Tatvorwurf zu widerlegen."

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens hätte die erstinstanzliche Behörde diese Feststellung nicht treffen dürfen, zumal hiefür keine ausrei­chenden Beweisergebnisse vorliegen. Als einziger Anhaltspunkt für diese Feststellung liegt lediglich die Aussage des Zeugen X vor. Entge­gen den Angaben des Meldungslegers hat hingegen der Einschreiter mehr­fach beteuert, dass er keinerlei Kollision mit dem Fahrzeug des Meldungs­legers bemerkt hat. Es liegen daher zwei sich widersprechende Aussagen vor, denen gleiches Gewicht zukommt. Die Begründung der erstinstanzlichen Behörde, wonach angeblich die Angaben des Zeugen bzw. Meldungslegers glaubwürdiger sind, da er als Zeuge zur Wahrheit verpflichtet ist und eine falsche Zeugenaussage für ihn strafrechtliche Konsequenzen hätte, während sich der Beschuldigte seinerseits in jede Richtung verteidigen könne, sind keinesfalls nachvollzieh­bar und schlüssig. Der Umstand, dass sich der Einschreiter seinerseits in jede Richtung verteidigen kann, darf seitens der Behörde' niemals dahingehend ausgelegt werden, dass den Angaben des Einschreiters weniger Glauben zu schenken ist, als denen des Meldungslegers bzw. Zeugen.

 

Bei einer richtigen Beweiswürdigung kann man nur zu dem Ergebnis kommen, dass widersprechende Aussagen über die angebliche Kollision der beiden Fahrzeuge vorliegen, denen gleiches Gewicht zukommt. Entsprechend ständi­ger Judikatur ist in diesem Fall der Grundsatz „in dubio pro reo" anzuwenden, da die für und gegen den Beschuldigten sprechenden Umstände gleiches Gewicht haben, weshalb im Zweifel davon auszugehen ist, dass es zu keiner­lei Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen gekommen ist,

 

Allein schon aus diesem Grund hätte daher die belangte Behörde im Zuge der Beweiswürdigung nicht mit Sicherheit zu der Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfs kommen dürfen. Aufgrund der gleichwertigen sich widerspre­chenden Aussagen kann jedenfalls nicht mit der für ein Strafverfahren erfor­derlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen hat.

 

Darüber hinaus hat es die Behörde in rechtswidriger Art und Weise verab­säumt, die seitens des Einschreiters weiters angebotenen Beweise (Kfz-SV Gutachten, Zeuge X) einzuholen. Hiedurch hat die Behörde maß­gebliche Verfahrensvorschriften eklatant verletzt und ist sie aufgrund des von ihr mangelhaft geführten Beweisverfahrens zu einer unrichtigen Beweiswürdi­gung gelangt.

 

Hätte die Behörde sowohl den Zeugen X einvernommen, als auch ein Sachverständigengutachten aus dem Bereich des Kraftfahrwesens einge­holt, so wäre sie jedenfalls zu dem für den Einschreiter positiven Ergebnis gelangt, dass es zu keinerlei Kollision zwischen dem Fahrzeug des Einschrei­ters und dem des Zeugen X gekommen ist.

Selbst für den Fall der Feststellung einer leichten Streifkollision, wäre es dem Einschreiter möglich gewesen, aufgrund eines Kfz- SV Gutachtens sowie der Aussage des Zeugen X nachzuweisen, dass diese Kollision von solch geringer Intensität war, dass sie jedenfalls nicht vom Einschreiter bemerkt werden musste, weshalb es bereits an einem subjektiven Tatvorsatz des Be­schuldigten, sich einem Identitätsaustausch zu verweigern oder diesen zu ver­hindern, fehlte. Das Scheitern eines Identitätsaustausches ist lediglich in der Sphäre des Anzeigers zu sehen, dass dieser unter Verweis auf eine polizeili­che Anzeige plötzlich das Gespräch abbrach und umgehend den Gesprächs­ort verließ, ohne einen etwaigen Identitätsaustausch mit dem Einschreiter an­zusprechen.

 

Hätte die Behörde also die seitens des Einschreiters angebotenen Beweise aufgenommen und somit nicht gegen grundlegende Verfahrensvorschriften eklatant verstoßen, so wäre es gar nicht zu einer unrichtigen Beweiswürdigung gekommen, weil die Behörde dann festgestellt hätte, dass nach Aufnahme sämtlicher Beweise keinerlei Gründe für die Fortführung des Verwaltungsstraf­verfahrens gegen den Einschreiter gegeben sind.

 

Die erstinstanzliche Behörde hätte daher - ausgehend von einem ordnungs­gemäßen Ermittlungsverfahren und einer darauf aufbauenden richtigen Beweiswürdigung - das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Beschuldigten zur Einstellung bringen müssen.

 

Der Beschuldigte stellt nunmehr folgende

 

Berufungsanträge:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat möge

1.          der gegenständlichen Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid der BH Schärding vom 24.1.2011 zu VerkR96-4318-2010, nach etwaiger Verfahrensergänzung aufheben und das Verwaltungsstrafver­fahren zur Einstellung bringen;

2.          in eventu, den angefochtenen Bescheid aufheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Behörde erster Instanz zurückverwei­sen;

3.          in eventu, in Anwendung des § 21 VStG mit einer Ermahnung vorgehen oder gemäß        § 20 VStG eine bedeutend geringere Geldstrafe verhängen;

4.          eine mündliche Berufungsverhandlung (gegebenenfalls im Amtsgebäude der BH Schärding) anberaumen.

 

Schärding, 10.2.2011/E/N                                                  X

 

 

3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Verlesung des erstbehördlichen Verfahrensaktes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Im Zuge der Vorbreitung der Berufungsverhandlung wurde im Wege des Fahrzeughalters die Spiegelhöhe des überholenden Fahrzeuges festgestellt. Dessen Lenker, X, wurde angesichts dessen urlaubsbedingten Ortsabwesenheit am Verhandlungstag von der Berufungsbehörde bereits am 8.3.2011 abgesondert als Zeuge einvernommen.  Das Ergebnis wurde dem Rechtsvertreter vorab schriftlich zur Kenntnis gebracht.

Beigeschafft wurde ein Luftbild von der behaupteten Unfallörtlichkeit. Fotos wurden vom Zeugen X vorgelegt und zum Akt genommen.

Anlässlich der aus verfahrensökonomischen Gründen am Gemeindeamt  Suben durchgeführten Berufungsverhandlung  wurde die vorweg durchgeführten Verfahrensinhalte verlesen, X, der Beifahrer im Beschuldigtenfahrzeug als Zeuge und der Berufungswerber als Beschuldigter einvernommen.

Ein Vertreter der Behörde erster Instanz nahm an der Berufungsverhandlung ebenfalls teil.

 

 

3.1. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer Berufungsver­handlung war trotz der € 500,-- nicht übersteigenden Geldstrafen antragsgemäß und in Wahrung der durch Art. 6 EMRK zu garantierenden Rechte erforderlich (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

4. Folgender Sachverhalt ist als erwiesen anzusehen:

Der Berufungswerber lenkte am 10.8.2010 um 07:00 Uhr den oben angeführten Lkw auf der L1214 in südlicher Richtung. Kurz nachdem er nach rechts in diesen Straßenzug eingebogen war versuchte der unmittelbar danach in diese Straße links  Einbiegende Zeuge X den Lkw des Berufungswerbers zu überholen. Das Überholmanöver musste jedoch abgebrochen werden, weil der Berufungswerber mit seinem Lkw immer weiter nach links gelangt sein soll. Dabei kam es zum Kontakt mit dem rechten Außenspiegel des überholenden Fahrzeuges mit der Bordwand des vom Berufungswerber gelenkten Lastkraftwagen. Dies blieb vom Berufungswerber jedoch unbemerkt.

Wie aus dem vom Zeugen X vorgelegten und noch am Vorfallstag aufgenommenen Bildmaterial ersichtlich ist verläuft der Straßenzug in einer leichten Steigung.

Der Anzeiger überholte nach etwa zwei Kilometer den LKW und hielt diesen an. Etwas erregt und wenig freundlich konfrontierte er den Berufungswerber zuerst mit dem Hinweis ob er den Alkohol getrunken hätte. X informierte den Berufungswerber über den stattgefundenen Streifkontakt und den dabei zerstörten Außenspiegel. Ebenfalls wies er darauf hin eine Schadensmeldung für die Firma zu benötigen und die Polizei darüber zu verständigen. Der Berufungswerber erklärte dazu sinngemäß, das Ganze ginge in nichts an, der Zeuge könne machen was er wolle.

Den Mitfahrer (X) im Lkw konnte X auf Grund der Höhe des Lkw  nicht sehen.

Dies wird im Ergebnis auch vom Zeugen X bestätigt, wobei von einer Streifung auch der Zeuge nichts bemerkte.

 

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Vom Streifkontakt der hier verfahrensbeteiligten Kraftfahrzeugen hier mit Blick auf die Aussage von X wohl auszugehen. Über das Verschulden ist jedoch im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu befinden. Zu bemerken ist jedoch, dass  der Berufungswerber diesen seitlichen Kontakt mit seiner linken Bordwand, welcher im Zuge eines versuchten und folglich abgebrochenen Überholmanövers seitens des Anzeigers X (Zeugen) offenkundig nicht bemerkte.

Andererseits ist aber auch erwiesen, dass der Berufungswerber über diese Tatsache vom Zweitbeteiligten, nachdem er etwa zwei bis drei Kilometer nach der Vorfallsörtlichkeit angehalten und in wohl unfreundlicher Art den Berufungswerber über den Streifkontakt in Kenntnis gesetzt wurde.

Selbst wenn, wie vom Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung durchaus glaubhaft dargetan wurde, er der Auffassung war, es habe sich um eine willkürliche Behauptung des Zweitbeteiligten gehandelt, konnte er das behauptete Ereignis zumindest nicht gutgläubig ausschließen. Das er insbesondere durch die auch linksseitige Beschädigung des zweitbeteiligten Kleinlastkraftwagens in seiner Auffassung zusätzlich bekräftigt worden sein mag, darf anderseits auch nicht übersehen werden.

Der Berufungswerber verantworte sich im Rahmen der Berufungsverhandlung zusammenfassend abermals dahingehend, dass er von X zur Bekanntgabe seiner Identität nicht aufgefordert worden sei. Dieser sei im übrigen auch vor ihm weggefahren. Dies mit dem Hinweis die Polizei Waizenkirchen zu verständigen. Daher habe er der Sache keine weitere Beachtung geschenkt und auch keine Veranlassung getroffen. Da schließlich X sich vor ihm vom Ort der Konfrontation entfernte, sah er  keinen Grund für eine Meldung seinerseits bei der Polizei. Hinsichtlich dieses seiner Ansicht ohne sachliche Grundlage aufgestellte Behauptung einer Unfallbeteiligung seines Lkw´s habe er keinen Grund für eine Meldung seinerseits gesehen.

Die Berufungsbehörde erachtet es daher durchaus glaubwürdig, dass der Berufungswerber tatsächlich der Überzeugung war, der ihm eher aggressiv gegenüber tretende X habe ihm den behaupteten Schaden bloß anzuhängen versucht. Dies mag durchaus vom Umstand des vom Berufungswerber am Zweitbeteiligten Kraftfahrzeug auf dessen rechten Seite festgestellten Blechschadens erhärtet worden sein, wobei an seiner linken Bordwand offenbar keine Kontaktspur sichtbar war.

 

 

4.2. Diese Darstellung wurde ebenfalls vom Mitfahrer und den Zeugen X bestätigt. Dieser schilderte ebenfalls durchaus lebensnah, dass dieses angebliche Überholmanöver auch von ihm nicht bemerkt wurde. Als der Lenker  des Klein-LKW´s  mit Salzburger Kennzeichen schließlich durch Handzeichen sie anhielt, habe er zum Berufungswerber noch gemeint, dieser werde wohl nach dem Weg fragen wollen.

In weiterer Folge habe er jedoch mitbekommen, dass ein Streifkontakt behauptet wurde. Dieser Klein-Lkw fuhr nach der etwa fünf bis zehn Minuten dauernden "Unterhaltung" mit dem Berufungswerber plötzlich weg. Er selbst sei nicht aus dem Lkw ausgestiegen und anschließend habe man sich keine Gedanken darüber gemacht, ob von diesem Vorfall allenfalls doch die Polizei verständigt werden hätte sollen.  

Dem gegenüber wird im Rahmen dessen abgesonderten Vernehmung vom Zeugen X ebenfalls durchaus glaubwürdig dargelegt, dass es beim versuchten Überholen, kurz nachdem er nach links in diesen Straßenzug eingebogen war, zu einem Streifkontakt mit der Bordwand des Lkw´s gekommen ist, nachdem dieser etwas nach links gezogen haben soll.  Nach der ebenfalls nach zwei Kilometer beschriebenen Anhaltung, habe er vorerst den LKW-Lenker mit den Worten "ob er den angesoffen sei" konfrontiert. Dies bedauerte der Zeuge anlässlich seiner Aussage ausdrücklich. Er räumt sogar ein, dass der Lkw-Fahrer sichtlich keinen derartigen Eindruck machte, wohl aber kurz angebunden gewesen sei. Er habe dem Lkw-Lenker erklärt eine Meldung für die Firma zu benötigen, wobei dieser meinte das Ganze ginge ihm nichts an. Ebenfalls vermeinte dieser Zeuge sich durchaus vorstellen zu können, dass die Streifung vom LKW-Lenker unbemerkt blieb.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Als Verkehrsunfall gilt jedes plötzliche, mit dem Straßenverkehr ursächlich zusammenhängende Ereignis anzusehen, welches sich auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zuträgt und einen Personen- oder Sachschaden zur Folge hat (VwGH 20.4.2001, 99/02/0176 u.a.).

Die Anhalte- und Meldepflicht setzt einerseits einen Vorfall (Verkehrsunfall) und andererseits ein Wissen (müssen) eines solchen voraus. Dabei ist aber nicht unbedingt das positive Wissen vom Verkehrsunfall und vom ursächlichen Zusammenhang erforderlich, sondern es genügt – da der Anwendungsbereich des § 4 StVO in diesem Zusammenhang nicht ausdrücklich auf die Schuldform des Vorsatzes beschränkt ist (§ 5 VStG) – wenn die betreffende Person bei gehöriger Aufmerksamkeit den Verkehrsunfall und den ursächlichen Zusammenhang hätte erkennen können (siehe Pürstl - Somereder, Kommentar zur StVO, 11. Auflage, S 69 Rn 34, sowie – unter vielen – VwGH 23.5.2002, 2001/03/0417, VwGH 13.2.1991, 90/03/0114 mit Hinweis auf VwGH 9.9.1981, 81/03/0125 u. VwGH 31.1.1986, 85/18/0367, VwGH 14.09.1983, 82/03/0144).

Außer Streit steht hier, dass der Berufungswerber vom Unfallgegner über den Streifkontakt mit seinem Fahrzeug informiert wurde.

Unbeachtlich ist es aus welchem Grund der Nachweis der Identität, der  durch Vorweisung amtlicher Unterlagen zu erfolgen hätte, unterblieben ist (VwGH 22.9.1969, 0275/69).

Der Berufungswerber irrt daher, wenn er der Auffassung nachzuhängen schien, bei Ankündigung des Zweitbeteiligten die Polizei zu verständigen treffe ihn die Meldepflicht des § 4 Abs.5 StVO 1960  nicht mehr (s. insb. VwGH 30.4.1992, 92/02/0101). Ebenfalls ist es unbeachtlich ob der Zweitbeteiligte durch früheres Wegfahren einen beabsichtigt gewesenen Identitätsaustausch nicht mehr ermöglichte. Entscheidend ist ausschließlich ob ein solcher stattgefunden hat. Nur dann würde sich die Meldepflicht erübrigen.

Ob diese Rechtsauslegung als praxisnah  zu bezeichnen  hat dahingestellt zu bleiben.

Auch die Verschuldensfrage berührt die Meldepflicht nicht.

 

 

6. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die  nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung  der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

 

 

6.1. Gegen dieses dem § 4 Abs.5 StVO zu Grunde liegendem Schutzziel wurde vom Berufungswerber dennoch zuwider gehandelt, wie dieses aufwändig geführte Verfahren geradezu illustrativ aufzeigt.   Das dieses von bloß geringem Verschulden umfasst war und sich der Berufungswerber angesichts des wohl unverständlich unkooperativen Verhaltens seines Unfallgegners diesbezüglich über die gebotene Verhaltensweise nicht gänzlich im Klaren gewesen sein mag, ist aber bei der Verschuldensprüfung sehr wohl von Relevanz.  So hätte diese Unterlassung auch jedem durchaus wertverbundenen Verkehrsteilnehmer ebenso unterlaufen können.

Mit der nunmehr auferlegten Geldstrafe konnte mit Blick auf den Milderungsgrund der grundsätzlichen Einsichtigkeit und bisherigen Unbescholtenheit des Berufungswerbers das Auslangen gefunden werden. Auch präventive Überlegungen stehen der nunmehr ausgesprochenen Geldstrafe nicht entgegen.

Die Behörde kann  iSd § 21 VStG von der Verhängung einer Strafe jedoch  nur dann absehen, wenn neben dem geringfügigen Verschulden des Beschuldigten, auch die Folgen der Übertretung nur unbedeutsam sind. Wenn wohl  hier ein bloß geringer Verschuldensgrades evident ist, können mit Blick auf das oben Gesagte die Folgen dieser Unterlassung nicht als bloß geringfügig abgetan werden.

 

Im Schuldspruch musste der Berufung daher ein Erfolg versagt bleiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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