Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522806/2/Br/Th

Linz, 22.03.2011

 

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, geb. X, X, X, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 24.02.2010, Zl. FE-131/2011, zu Recht:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der angefochtene Bescheid wird ersatzlos behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 7 Abs.1 Z2 u. Abs.3 Z9 iVm § 24 Abs.1 Z1 Führerscheingesetz – FSG, BGBl. I Nr. 120/1997, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2010;

§ 67d Abs.2 Z1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz – AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I
Nr. 111/2010.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat dem Berufungswerber die ihm von ihr am 19.02.2009, unter der ZI. F09053885, für die Klasse A u. B erteilte Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit für die Dauer von 4 (vier) Monaten, gerechnet ab Zustellung des Bescheides (den 28.2.2011) entzogen.

Ebenfalls wurde ihm für diese Dauer auch das Lenken eines Motorfahrrades, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges oder Invalidenkraftfahrzeuges verboten und ihm das Recht aberkannt von einer allfällig bestehenden ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.

Gleichzeitig wurde dem Berufungswerber die unverzügliche Ablieferung seines Führerscheins bei der Behörde aufgetragen.

Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gestützt wurde diese Entscheidung auf §§ 7, 24, 25, 29, 30, 32 FSG; 64 Abs. 2 AVG.

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus:

"Gem. § 24 Abs. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung ( § 3 Abs. 1 Z 2 bis 4 ) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen. Diese Voraussetzungen sind: Verkehrszuverlässigkeit, gesundheitliche Eignung und fachliche Befähigung zum Lenken von Kraftfahrzeugen.

 

Gem. § 30 Abs. 1 FSG kann Besitzern von ausländischen Lenkberechtigungen das Recht, von ihrem Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen, aberkannt werden, wenn Gründe für die Entziehung der Lenkberechtigung vorliegen. Die Aberkennung des Rechts, vom Führerschein Gebrauch zu machen, ist durch ein Lenkverbot entsprechend § 32 auszusprechen. Für die Aberkennung ist die Behörde zuständig, in deren örtlichem Wirkungsbereich der Führerscheinbesitzer seinen Aufenthalt hat; sie hat den Führerschein abzunehmen und bis zum Ablauf der festgesetzten Frist oder bis zur Ausreise des Besitzers zurückzubehalten, falls nicht gem. Abs. 2 vorzugehen ist. Hat der betroffene Lenker keinen Wohnsitz in Österreich, ist seiner Wohnsitzbehörde auf Anfrage von der Behörde, die das Verfahren durchgeführt hat, Auskunft über die Maßnahme der Aberkennung zu erteilen.

 

Gem. § 30 Abs. 3 FSG betrifft das Verfahren gemäß Abs. 1 den Besitzer einer in einem EWR-Statt erteilten Lenkberechtigung, der seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich hat, so hat die Behörde eine Entziehung auszusprechen und den Führerschein des Betroffenen einzuziehen und der Ausstellungsbehörde zurückzustellen. Die Behörde hat auch die Entziehung der Lenkberechtigung eines anderen EWR-Staates anzuordnen, wenn eine Person mit Wohnsitz in Österreich eine solche Lenkberechtigung zu einem Zeitpunkt erlangt hat, in dem in Österreich bereits die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit entzogen war. In diesem Fall ist die Lenkberechtigung bis zu jenem Zeitpunkt zu entziehen, zu dem die bereits angeordnete Entziehungsdauer endet. Hat eine Person mit Wohnsitz in Österreich, der die Lenkberechtigung in Österreich wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung entzogen wurde, trotzdem in einem EWR-Staat eine Lenkberechtigung erworben, so ist diese anzuerkennen, es sei denn, ein gemäß § 24 Abs. 4 eingeholtes amtsärztliches Gutachten bestätigt, dass die gesundheitliche Nichteignung nach wie vor besteht.

 

Gem. § 30 Abs. 4 FSG hat nach Ablauf der Entziehungsdauer der Betroffene einen Antrag auf Ausstellung eines österreichischen Führerscheines gemäß § 15 Abs. 3 oder, falls die Entziehungsdauer länger als 18 Monate war, auf Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung zu stellen.

 

Gem. § 32 Abs. 1 FSG ist Personen, die nicht im Sinne von § 7 FSG verkehrszuverlässig oder   nicht   gesundheitlich   geeignet   sind,   ein   Motorfahrrad,   ein   vierrädriges

Leichtkraftfahrzeug oder ein Invalidenkraftfahrzeug zu lenken unter Anwendung der §§ 24 Abs. 4, 25 Abs. 1, 26 und 29 Abs. 1 bis 3 FSG entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit das Lenken eines derartigen Kraftfahrzeuges ausdrücklich zu verbieten oder nur zu gestatten, wenn vorgeschriebene Bedingungen eingehalten werden oder nur für eine bestimmte Zeit oder zur unter zeitlichen, örtlichen oder sachlichen Beschränkungen zu gestatten.

 

Gem. § 7 Abs. 1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1.     die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

2.     sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gem. § 7 Abs. 3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

 

eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;

 

Gem. § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.

 

Die Behörde geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

Am 02.02.2011 langte bei der BPD Linz als Kraftfahrbehörde eine Strafkarte des LG Linz vom 26.01.2011 ein, welcher zu entnehmen ist, dass Sie wegen §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB verurteilt worden sind.

 

Aufgrund dieser Verständigung wurde ein Verfahren zum Entzug Ihrer Lenkberechtigung eingeleitet und mit Schreiben vom 02.02.2011 das Urteil des LG Linz vom 17.01.2011, AZ: 23 Hv 178/10 i, angefordert.

Diesem Urteil ist zu entnehmen, dass Sie schuldig gesprochen wurden, am 04.07.2010 in Linz, eine männliche Person durch einen Schlag mit einem Barhocker, in Form eines Risses der linken Bizepssehne, wobei die Verletzung eine mehr als 24-tägige Berufsunfähigkeit zu Folge hatte und an sich schwer war, vorsätzlich am Körper schwer verletzt.

 

Sie haben dadurch das Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs. 1, 84 Abs. 1 StGB begangen und wurden zu einer Zusatzstrafe in der Dauer von 5 AA Monaten verurteilt. Gem. § 43 Abs. 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von 3 Jahren bedingt nachgesehen.

 

Mildernd bei der Strafbemessung waren Ihr Geständnis und das Mitverschulden des Opfers, erschwerend wurden 12 einschlägige Vorstrafen, rascher Rückfall, sowie die Berufsunfähigkeit über 24 Tage und der Umstand dass die Körperverletzung an sich schwer war, berücksichtigt.

 

Im Detail wird auf das Ihnen vollinhaltlich bekannte rechtskräftige Urteil verwiesen.

 

Mit Schreiben vom 09.02.2011 wurden Sie aufgefordert, sich zum beabsichtigten Entzug Ihrer Lenkberechtigung binnen 2 Wochen ab Zustellung schriftlich zu äußern. Diese Aufforderung wurde am 18.02.2011 durch Hinterlegung zugestellt.

 

Per Mail vom 23.02.2011 geben Sie zusammenfassend an, dass Sie Ihren Führerschein unbedingt benötigen, da Sie selbstständig sind und weisen darauf hin, dass dem Kläger eine Teilschuld zugesprochen wurde. Weiters geben Sie an, dass der Vorfall ein Zusammentreffen von blöden Verstrickungen war, welche leider zu einer Verletzung führten. Abschließend stellten Sie den Antrag, unter Hinweis auf Ihre berufliche Existenz, vom Entzug der Lenkberechtigung Abstand zu nehmen.

 

Die Behörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Die erkennende Kraftfahrbehörde ist an die rechtskräftige Entscheidung eines Gerichtes gebunden. Aufgrund des zitierten Urteiles ist daher davon auszugehen, dass Sie die Vergehen der Körperverletzung bzw. schweren Körperverletzung im Sinne des § 84 StGB begangen haben.

 

Gem. § 7 Abs. 3 Zif. 9 FSG liegt bei einer Person die Verkehrszuverlässigkeit nicht vor, wenn diese Delikte u.a. gem. § 84 bis 87 StGB oder wiederholt gem. § 83 StGB begangen hat.

Gem. 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Absatz 1 genannten und im Absatz 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend. Sie haben aufgrund des zitierten Urteiles somit eine bestimmte Tatsache gesetzt, aufgrund derer Ihnen der Gesetzgeber die Verkehrszuverlässigkeit abspricht, unabhängig davon, ob bei der Verwirklichung dieser Tatsache ein Kraftfahrzeug verwendet wurde.

 

Vom Lenker eines Kraftfahrzeuges muss wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfällen eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt werden.

 

Bei Gewaltdelikten gem. § 7 Abs. 3 Zi. 9 FSG kommt es nicht darauf an, dass Sie im Zusammenhang mit dem Lenken von Kraftfahrzeugen begangen werden.

 

Im Sinne der Wertungskriterien des § 7 Abs. 4 FSG wurde zu Ihren Gunsten berücksichtigt, dass Sie sich seit 04.07.2010 (letzte Tatzeit) Wohl verhalten haben. Es ist jedoch anzuführen, dass Sie seit dem Jahr 1987 insgesamt 6mal wegen eines Gewaltdeliktes (Körperverletzung) verurteilt wurden.

 

Weiters ist anzuführen, dass Ihnen die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit im Jahr 2008 für die Dauer von 3 Monaten und im Jahr 2009 für die Dauer von 8 Monaten entzogen werden musste.

 

Unter Hinweis auf die dargelegten Umstände war Ihnen die Lenkberechtigung für den angeführten Zeitraum zu entziehen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit allfällige berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, kein wie immer geartetes Beweisthema.

 

Dass die Entziehung der Lenkberechtigung als Nebenwirkung mittelbar die Erwerbstätigkeit verhindert oder verhindern könnte, ist bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit sowie Festsetzung der Entziehungsdauer rechtlich bedeutungslos.

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer vor verkehrsunzuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern.

 

Nach diesem Sachverhalt sind Sie nicht verkehrszuverlässig. Nicht verkehrszuverlässigen Kraftfahrzeuglenkern ist die Lenkberechtigung zu entziehen bzw. ist das Lenken von Kraftfahrzeugen zu untersagen. Aufgrund der Verwerflichkeit des Verhaltens und der Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen die Taten begangen wurden, wird die Verkehrszuverlässigkeit erst nach Ablauf der festgesetzten Zeit wieder erlangt.

 

     Nicht verkehrszuverlässige Lenker von Kraftfahrzeugen stellen eine Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dar. Sie sind daher sofort von der Teilnahme am Straßenverkehr als Fahrzeuglenker auszuschließen."

 

 

2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht erhobenen Berufung. Darin vermeint er im Ergebnis mit diesem Führerscheinentzug noch eine Strafe dazu zu bekommen. Wegen seines Körperverletzungsdeliktes habe er neben der bedingten Strafe auch noch eine Geldstrafe von 7.000 Euro erhalten (gemeint wohl die 4.000 Euro zu leistendes Schmerzensgeld).

Darin sehe er eine Doppelverurteilung.

 

 

3. Der Verfahrensakt wurde dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt. Dieser hat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 67a Abs.1 Z2 AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte hier unterbleiben (§ 67d Abs.2 Z1 AVG).

Dem Verfahrensakt angeschlossen findet sich u.a. die Strafkarte vom 26.1.2011,  ein Auszug aus dem Strafregister (SC-Anfrage), ein Auszug aus dem Führerscheinregister, sowie ein Protokolls- u. Urteilsvermerk des LG Linz, AZ: 23 Hv 178/10i und die Ausführungen des Berufungswerbers im Rahmen des ihm gewährten Parteiengehörs v. 23.2.2011.

 

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt. Daraus ergibt sich unstrittig die für die Berufungsentscheidung wesentliche Faktenlage.

 

 

4. Zur Sache:

In Vermeidung von Wiederholungen wird auf den von der Behörde erster Instanz wiedergegebenen Sachverhalt verwiesen. Es kann dahingestellt bleiben durch welchen Anlass die Strafkarte (§ 3 Strafregistergesetz 1968) als das Entzugsverfahren auslösende Faktum an die Führerscheinbehörde gelangte.

Dem Sachverhalt ist noch hinzuzufügen, dass die zur Verurteilung des Berufungswerbers führende Körperverletzung von seinem Streitgegner offenbar mitverschuldet wurde. Nicht übersehen wird andererseits, dass laut Protokoll- und Urteilsvermerk der Berufungswerber am 17.1.2011 zu einer 5 ½  monatigen Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Die Strafe wurde jedoch unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

Dem Opfer und Streitgegner wurde vom Berufungswerber offenbar durch einen Schlag mit einem Barhocker ein Sehnenriss mit einer mehr als 24-tägigen Gesundheitsschädigung zugefügt. Als strafmildernd wurde das reumütige Geständnis und das Mitverschulden des Opfers gewertet. Erschwerend jedoch u. a. 12 einschlägige Vorstrafen. Als durchaus problematisch wäre in diesem Zusammenhang eine Wertung der bis in das Jahr 1989 zurückreichenden Körperverletzungsdelikte bzw. ein wertender Rückgriff auf solche in einem aktuellen Verfahren iSd § 1 Abs.1 Datenschutzgesetz iVm § 6 Tilgungsgesetz 1972 zu sehen (s. auch Bescheid der Datenschutzkommission v. 20.5.2005, K120.956/0003-DSK/2005). Nicht zuletzt hatte die hier offenbar verfahrensauslösende Straftat keinen wie immer gearteten Zusammenhang mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges.

Mit dem scheinbaren Berufungsvorbringen, wonach das Entzugsverfahren nicht zusätzlich als Strafe zur Wirkung gebracht werden dürfe, ist der Berufungswerber letztlich im Recht.

 

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Zur Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 Abs.1 u. Abs.3 Z9 FSG:

Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

  1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

  2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs.1 hat gemäß Abs.3 insbesondere zu gelten, wenn jemand:

         .......

9. eine strafbare Handlung gegen Leib und Leben gemäß den §§ 75, 76, 84 bis 87 StGB oder wiederholt gemäß dem § 83 StGB begangen hat;

 

Der § 7 Abs.4 FSG lautet:

Für die Wertung der in Abs.3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

Als verfehlt erachtet  die Judikatur jedoch die präsumtive Annahme, ein Betroffener werde sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen, wenn eine im § 7 Abs.3 Z9 FSG genannte strafbaren Handlung begangen wurde (vgl. VwGH 13.12.2005, 2004/11/0081 mit Hinweis auf VwGH vom 25.11.2003, Zl. 2003/11/0240, mwN).

Inwieweit diese bestimmte Tatsache (Körperverletzung) iSd Abs.6 leg.cit. bereits einmal als Begründung der Verkehrsunzuverlässigkeit herangezogen wurde, lässt sich dem im Akt erliegenden Führerscheinregisterauszug nicht entnehmen.

Das nunmehr neun Monate zurückliegende zur strafgerichtlichen Verurteilung führende Verhalten des Berufungswerbers stand mit dem Lenken eines Kraftfahrzeuges jedenfalls nicht in Zusammenhang. Die Berufungsbehörde vermag daher keinen stichhaltigen Grund für eine noch drei Monate fortbestehende Verkehrsunzuverlässigkeit sehen (§ 25 Abs.3 erster Satz FSG); ebenso findet sich kein sachlich begründbarer Anhaltspunkt eine Handlung iSd § 7 Abs.1 Z1 oder 2 FSG befürchten zu müssen.

Das sich der Berufungswerber in der Vergangenheit mehrfacher gerichtlich strafbarer Handlungen  schuldig gemacht hat, lässt ebenfalls nicht auf dessen gegenwärtig noch bestehende Verkehrsunzuverlässigkeit schließen. Wenn selbst zwei Alkofahrten innerhalb der vergangenen drei Jahre zu einem Entzug mangels Verkehrszuverlässigkeit von insgesamt neun Monaten führten, lässt die hier dem Berufungswerber zuzurechnende Aggressionshandlung, welche nicht zuletzt auf das Mitverschulden seines Opfers beruhte, nicht eine Wertung und Schlussfolgerung auf eine Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose im Ergebnis von insgesamt zwölf Monaten zu.

 

 

5.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich mit der Beurteilung der Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von Personen, die vergleichbare strafbare Handlungen gegen Leib und Leben begangen hatten, schon vielfach beschäftigt. Etwa in seinem Erkenntnis vom 30.6.1992, Zl. 91/11/0124, das eine Person betraf die eine absichtliche schwere Körperverletzung (Schuss gegen die Schulterregion eines Dritten) begangen hatte und nach §§ 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB bestraft worden war. Schon in diesem Fall hielt der Verwaltungsgerichtshof die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit selbst schon  für die Dauer von insgesamt 15 Monaten als verfehlt.

Im Erkenntnis des VwGH vom 28.6.2001, Zl. 2001/11/0114, das einen Beschwerdeführer betraf der einem Dritten durch mehrere Faustschläge gegen den Kopf und den Oberkörper eine schwere Verletzung zugefügte und aus diesem Grund wegen des Vergehens der schweren Körperverletzung gemäß §§ 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB und darüber hinaus wegen des Verbrechens der versuchten schweren Nötigung nach §§ 15, 105 Abs.1 und 106 Abs.1 Z1 StGB verurteilt worden war, wobei die verhängte Freiheitsstrafe ebenfalls bedingt nachgesehen wurde, hielt der Verwaltungsgerichtshof etwa die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit für eine Dauer von 18 Monaten für verfehlt. Der Verwaltungsgerichtshof bezog sich dabei jedoch auf die bisherige Unbescholtenheit des Betreffenden.

In seinem Erkenntnis vom 23.4.2002, Zl. 2001/11/0346 wiederum, darin betraf es eine Person, die als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs.1 StGB und der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs.1 StGB, der Körperverletzung nach § 83 Abs.1 StGB, der Nötigung nach § 105 Abs.1 für schuldig erkannt und zu einer Freiheitsstrafe von 20 Monaten, davon 14 Monate bedingt nachgesehen, verurteilt worden war (der Betreffende hatte vier Mittäter dazu bestimmt, dass diese einem Dritten durch Schläge mit einer Metallrute und mit Holzknüppeln näher umschriebene schwere Verletzungen zugefügt hatten), erachtete der Verwaltungsgerichtshof u.a. im Hinblick auf mangelnde Vorstrafen und mangelnde frühere Entziehungen der Lenkberechtigung des Betreffenden die Annahme einer Verkehrsunzuverlässigkeit für mehr als 25 Monate als verfehlt und gab zu erkennen, dass die Behörde von einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von weniger als 18 Monaten hätte ausgehen müssen.

Im Erkenntnis vom 25.11.2003, Zl. 2003/11/0240, das wiederum eine Person betraf, der neben dem Verbrechen des schweren sexuellen Missbrauchs von Unmündigen nach § 205 Abs.1 und nach § 206 Abs.1 StGB überdies zwei Vergehen der schweren Körperverletzung nach §§ 83 Abs.1 und 84 Abs.1 StGB (eine davon eine an sich schwere Verletzung herbeiführend) zur Last fielen und die zwei Verurteilungen, eine zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe in der Dauer von 15 Monaten und eine zu einer bedingt nachgesehenen Geldstrafe erlitten hatte, hielt der Verwaltungsgerichtshof die von der Behörde vertretene Annahme einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit für mehr als 16 Monate für verfehlt.

Das Höchstgericht bemerkt in diesem Zusammenhang wiederholt, dass die Zuordnung der in § 7 Abs. 4 Z3 FSG genannten strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben zu jenen bestimmten Tatsachen, aufgrund welcher gemäß § 7 Abs. 2 leg. cit. auf eine Sinnesart des Betreffenden geschlossen werden kann, deretwegen er sich weiterer schwerer strafbaren Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert würden, zumindest in verallgemeinernder Form verfehlt ist. Die Begehung der in § 7 Abs. 4 Z3 FSG genannten strafbaren Handlungen weist vielmehr auf eine Sinnesart hin, aufgrund der anzunehmen ist, dass der Betreffende im Sinne des § 7 Abs.1 FSG beim Lenken von Kraftfahrzeugen die Verkehrssicherheit gefährden werde, insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit. Zutreffend ist wohl ein Standpunkt, welcher von Kraftfahrzeuglenkern wegen der im Straßenverkehr häufig auftretenden Konfliktfälle eine nicht zu Gewalttätigkeiten neigende Sinnesart verlangt (Hinweis auf VwGH 27. Mai 1999, Zlen. 98/11/0136 und 98/11/0198). Dies kann aber nur im engen sachlichen u. zeitlichen Zusammenhang mit einer Tat erfolgen.

     Der Beschwerdeführer  machte in einem der oben zitierten Judikate im Rahmen seiner Verfahrensrüge offenbar mit Erfolg geltend, dass die belangte Behörde keine Sachverhaltsfeststellungen getroffen habe, die eine Wertung der bestimmten Tatsache gemäß § 7 Abs. 5 FSG und damit eine Prognose über die Dauer der Verkehrszuverlässigkeit ermöglicht hätten.

Auch hier liegen aus der Sicht der Berufungsbehörde solche Tatsachen zumindest nicht sachlich nachvollziehbar vor, sodass ein Rückschluss auf eine Verkehrsunzuverlässigkeit über insgesamt bis zu einem Jahr nach der Straftat – insbesondere vor dem Hintergrund der zuletzt offenbar unauffälligen Verkehrsteilnahme – nicht zulässig ist.

 

 

5.2. Diesem Entzug könnte daher letztlich weder ein Sicherungscharakter anderer Verkehrsteilnehmer vor einer verkehrsunzuverlässigen Person, noch eine erzieherischen Dimension betreffend den Berufungswerber im Sinne der Verkehrssicherheit zugedacht werden (s. VwGH 24.6.2003, 2003/11/0141 mwN). Vielmehr liefe dieser Entzug insbesondere vor dem Hintergrund der zwischenzeitig verstrichenen Zeit auf eine reine Zusatz- oder Nebenstrafe hinaus bzw. könnte vom Berufungswerber wohl auch nur mehr als solche empfunden werden. Sollte die Behörde erster Instanz von der Überlegung der Verhängung einer Art Nebenstraffe getragen worden sein, wäre dies ein völlig verfehltes Rechtsverständnis.

Betreffend die Annahme einer Gefahr in Verzug und den damit dringenden Schutzbedarfes der Öffentlichkeit vor einem vermeintlich verkehrsunzuverlässigen Lenker kann hier daher nicht auf harte Fakten gestützt gesehen gelten. Diesbezüglich ist auf eine als gesichert anzunehmende Judikatur zu verweisen (VwGH 29.9.2005,  2005/11/0123).

 

Was ferner die Wertung der bestimmten Tatsache im Sinn des § 7 Abs.4 FSG iVm § 7 Abs. 3 FSG anlangt, ist es bei (vier) Vorstrafen wegen des Vergehens der vorsätzlichen Körperverletzung von wesentlicher Bedeutung, dass diese durchschnittlich 1 ½ Jahrzehnte zurückliegen (1989, 2 x 1995 und 1998). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erk. vom 24.02.2005, Zl. 2003/11/0266, mwH) ist, wie oben festgestellt,  nicht zuletzt auch der Umstand der Mitschuld des Opfers als Wertungskriterien nach § 7 Abs. 4 FSG von Bedeutung.

 

Der zu vermutende Schluss der belangten Behörde im Rahmen ihrer Wertung zum Nachteil des Berufungswerbers über eine vermeintlich gewalttätige Einstellung bzw. "gefährliche Sinnesart zur Begehung von Gewaltdelikten" rechtfertigen zu können lässt sich in diesem Umfang auf die Verkehrszuverlässigkeit nicht übertragen.

Demnach ist die dem die dem angefochtenen Bescheid  zugrunde liegende Auffassung, der Berufungswerber  sei sieben Monate nach der begangenen Körperverletzung noch für weitere vier Monate als verkehrsunzuverlässig anzusehen gewesen, als sachlich unbegründet und daher rechtswidrig festzustellen (VwGH 20.2.2001, 2000/11/0260 mit Hinweis auf VwGH 1999/05/27,98/11/0136 und  1999/05/27, 98/11/0198).

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge­richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. B l e i e r

 

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